Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Horrende Erhöhungen der Abschlagszahlungen durch EVU!  (Gelesen 5778 mal)

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Offline Fabio

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Horrende Erhöhungen der Abschlagszahlungen durch EVU!
« am: 27. November 2004, 13:02:31 »
Hallo!
Umzugsbedingt bin ich seit April 2003 per Mietvertrag an den jetzigen Energieversorger gebunden. Meine Abschlagszahlung wurde im Okt. 2003 für die Periode 2004 neu ermittelt. Sie wurde um 87,88% erhöht (plus einer Nachzahlung) !!!

Jetzt im Okt. 04 wurde die Abschlagszahlung für die Periode 2005 wieder neu ermittelt: sie wurde um 30,65% (plus einer deutlichen Nachzahlung) wieder erhöht !!

Das ist offen gesagt: WAHNSINN!

Daher meine Fragen:

1. Gibt es eine konkrete Angemessenheit / Billigkeit in der Anhebung der Abschlagsbeträge der Energieversorger? Welche Kriterien kann ich als Maßstab ansetzen?

2. Kann ich mich nun noch nachträglich zur Wehr setzen (trotz geleisteter Zahlungen bis Okt. 2004!) und, wie das hier schon unlängst anklang, die überhöhten Abschläge der Vergangenheit z.B. mit der jetzigen Nachzahlungsforderung für die Periode 2004 (plus ggf. nä. Abschlagszahlungen) verrechnen?

3. Kann ich dementsprechend die zukünftigen Abschlagszahlungen für die Periode 2005 von mir aus anpassen? Auch hier die Frage nach dem Maßstab!?

Widerspruch habe ich bereits Mitte November gegen beide Jahresrechnungen (2003 und 2004) eingelegt, ebenso dabei den Nachweis der Billigkeit für die Erhöhungen beider Perioden verlangt.

Wäre für eine schnelle Hilfe sehr, sehr dankbar!!
Fabio

Offline RR-E-ft

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Horrende Erhöhungen der Abschlagszahlungen durch EVU!
« Antwort #1 am: 29. November 2004, 17:02:40 »
Wenn gegen die vorangegangenen Verbrauchsabrechnungen vor der Zahlung die Unbilligkeit der geforderten Tarife eingewandt wurde, so sind diese Rechnungen unverbindlich und deshalb nicht fällig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung auf eine Zahlungsklage des Versorgers, innerhalb derer er seine Kalkulation vollständig offen legen muss.

Bis zum Nachweis muss grundsätzlich nicht gezahlt werden.

Nähere Infos u.a. unter

www.strom-magazin.de

dort unter Marktplatz und Anbieterwechsel.

Wenn bereits gezahlt wurde, muss der Kunde einen Rückforderungsprozess wegen unbillig überhöhter Preise führen.


Dieser ist etwas schwieriger zu bewerkstelligen, aber nicht volkommen aussichtslos.

Für den Kunden gilt das Aufrechnungsverbot des § 31 AVBV, weshalb er bei erfolgten Überzahlungen im Zweifel immer einen Rückerstattungsprozeß füheren muß.

Es ist kein Fall bekannt geworden, wo ein Versorger freiwillig gezahlt hätte.

Sollten sich die derzeitigen Preiserhöhungen nach den Ermittlungen der Kartellbehörden als ungerechtfertigt erweisen, erhalten die Kunden, die selbst nicht die Unbilligkeit einwandten, ihr zuviel gezahltes Geld wohl nicht zurück. Die Preise werden allenfalls für die Zukunft wieder gesenkt.


Der Staat wird die unberechtigt erlösten Gewinne bei den Versorgungsunternehmen abschöpfen.

Diese landen jedoch nicht bei den Verbrauchern, sondern im \"schwarzen Loch\" des Bundeshaushalts.


Deshalb müssen die Verbraucher sich selbst zur Wehr setzen.

Jeder einzeln und doch nicht allein, weil es u.a. hier Hilfe gibt und zum anderen sich zum Beispiel in Paderborn schon eine Bürgerinitiative gegründet hat, die sich auch rechtlich beraten läßt.


Freundliche Grüße
aus Jena


Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline Fabio

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Horrende Erhöhungen der Abschlagszahlungen durch EVU!
« Antwort #2 am: 30. November 2004, 06:48:34 »
Vielen Dank für Ihre Antwort Herr Fricke!
Bei mir ergaben sich dennoch einige weitere Fragen.

Zitat von: \"RR-E-ft\"
Wenn gegen die vorangegangenen Verbrauchsabrechnungen vor der Zahlung die Unbilligkeit der geforderten Tarife eingewandt wurde, so sind diese Rechnungen unverbindlich und deshalb nicht fällig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung auf eine Zahlungsklage des Versorgers, innerhalb derer er seine Kalkulation vollständig offen legen muss.

Bis zum Nachweis muss grundsätzlich nicht gezahlt werden.


Herr Fricke, verstehe ich Sie da also richtig: wenn ich VOR der Zahlung Widerspruch wegen Unbilligkeit der Forderungen eingelegt habe, ist die Jahresrechnung unverbindlich und daher in Gänze nicht fällig!?  Also auch nicht die Rechnung gemindert um die jeweiligen Erhöhungen erstatten und den Gasversorger wegen dieser Jahresrechnung klagen lassen?

Zu den neuangesetzten mtl. Abschlägen konkret nachgefragt: wenn der Gasversorger die neuen Abschläge um über 30% erhöht (wie in meinem Fall), soll ich damit am besten so verfahren, dass ich diese als überhöht und wegen Unbilligkeit ebenso nicht anerkenne und nur den alten Abschlagsbetrag entrichte?

DANKE vielmals für eine zweite Antwort!

Grüße aus Frankfurt a.M
Fabio

Offline RR-E-ft

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Horrende Erhöhungen der Abschlagszahlungen durch EVU!
« Antwort #3 am: 30. November 2004, 14:45:07 »
Wenn der Einwand der Unbilligkeit gegen die Verbrauchsabrechnung vor zahlung erhoben wird, ist diese tatsächlich zur Gänze unverbindlich und nicht fällig. Weil Energie aber nun einmal ihren Preis hat, sollte man den Preis, den man für angemessen hält, zahlen.

Der Versorger muss dann klagen wie bei der verweigerten Preiserhöhung.

Damit können die Verbraucher nur den Preis zahlen, den sie für angemessen halten und somit selbst die Preise bestimmen, bis die Versorger klagen und dabei ihre Preiskalkulation vollständig offen legen.

Nochmals:

Einwand der Unbilligkeit gem. § 315 BGB-> Unverbindlichkeit -> keine älligkeit -> keine Verletzung einer zahlungsverpflichtung -> kein anlass zu einer Versorgungseinstellung gem. § 33 Abs. 2 AVBV -> im Zahlungsprozess \"sofortiges\" Anerkenntnis möglich -> Versorger trägt alle Prozesskosten, bekommt keine Verzugszinsen, Mahnkosten etc. zugesprochen.

Das ist die Strategie. Die Aktion heißt energiepreise-runter.de und nicht energiepreise-stabil.de.

Es lassen sich also nicht nur Preiserhöhungen stoppen, sondern auch Preise senken. Das ganze nennt sich \"Macht der Konsumenten\".

Wir können demnach die Preise selbst bestimmen, bis die Preiskalkulationen unserer Versorger offen liegen.

Ich hoffe, es ist wegen dieser Erkenntnis niemand geschockt.
Auch die strom- und Gassperre kann wohl somit als abgeschafft gelten, da der Schuldner nur die Unbilligkeit einwenden muss und schon sind die Forderungen bis auf weiteres gar nicht mehr verbindlich und fällig.

Hierzu gibt es gerade in verschiedenen Teilen Deutschlands Pilotverfahren bei Gerichten. Und es läuft ausgesprochen gut.

Nach den Angaben der Anwälte der Versorger in diesen Prozessen wissen die Versorger bisher noch nicht, wie sie mit der von ihnen erwarteten \"Welle\" umgehen sollen.

Den Verbänden der Versorgungsunternehmen, VDEW und BGW hatte ich dies schon längstens in entsprechenden Schreiben, die hier im FORUM nachzulesen sind, mitgeteilt.


Sagt es allen Leuten!



Freundliche Grüße
aus Jena


Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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