Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Sonderverträgen kündigen?

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Greylupo0:
Danke für die schnelle Antwort.

Jetzt aber doch bitte noch den erbetenen Hinweis: Muß ich den neuen Preisen überhaupt widersprechen, nachdem die Erhöhung mit einem "Neuvertrag" verknüpft wurde? Wenn ich das neue teurere "Angebot" nicht annehme, gelten de jure doch noch die alten Konditionen?
Stellt sich die Frage, ob man der vom Versorger ausgesprochenen Kündigung nicht mit den von Böge gelieferten Argumenten widersprechen sollte.
Was meinen Sie....?

uwes:

--- Zitat von: \"Greylupo0\" ---Wenn ich das neue teurere "Angebot" nicht annehme, gelten de jure doch noch die alten Konditionen?
--- Ende Zitat ---


Einen Sondervertrag kann das Versorgungsunternehmen unter Beachtung von Fristen und Formen (Schriftform - eigenhändige Unterschrift) kündigen.

Dadurch kommt aber kein Vertragsende zustande, sondern das Versorgungsunternehmen muss weiter beliefern.
Es gilt jedoch dann "nur" noch der Tarif für die Grundversorgung aber eine grundsätzliche Verpflichtung, diskriminierungsfrei zu liefern. (§ 19 Abs. 4 GWB)

Sollten die Gerichte an der - bislang reichlich wenig begründeten - Auffassung festhalten, dass im Rahmen der Grundversorgung dem Unternehmen ein einseitiges angemessen auszuübendes Bestimmungsrecht (im Hinblick auf den Preis) gem. § 315 BGB zustehe (anderer Auffassung LGe Dresden und Berlin), dann ist der Unbilligkeitseinwand eröffnet.

Die "alten" Konditionen gelten nur dann, wenn sie "billig" im o.g. Sinne sind.

RR-E-ft:
@uwes

Hinsichtlich der bisherigen Tarifkundenversorgung und nunmehrigen Grundversorgung haben sich LG Berlin und LG Dresden gerade nicht geäußert.

Sie haben sich nur zutreffend dazu geäußert, dass sich aus § 4 AVBV gegenüber Sondervertragskunden kein einseitiges Preisänderungsrecht ergeben kann. Punkt. Mehr nicht.

Dies entspricht der BGH- Rechtsprechung, vgl. etwa BGH, Urteil vom 25.02.98 (Az.: VIII ZR 276/96)


aa) Allerdings hält die angegriffene Klausel einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG – entgegen der Ansicht der Revision – nicht bereits deshalb stand, weil sie der Bestimmung des § 6 Abs. 1 AVBEltV entspricht und diese eine gesetzliche Regelung im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG darstellt, an deren "Leitbild" sich eine Inhaltskontrolle auszurichten hätte. Die "gesetzliche Regelung, von der abgewichen wird", umfaßt die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, d. h. neben den (dispositiven) Gesetzesbestimmungen auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten (vgl. BGHZ 89, 206, 211; 100, 157, 163; 121, 13, 18 m.w.Nachw.). Die Rechtsgrundsätze müssen jedoch, um ein "Abweichen" durch Allgemeine Geschäftsbedingungen überhaupt zu ermöglichen, in dem jeweiligen Vertragsverhältnis grundsätzlich Geltung erlangen. Daran fehlt es für die AVBEltV im Verhältnis zu Sonderkunden der Energieversorgungsunternehmen. Unmittelbar gelten sie hier bereits deshalb nicht, weil sich die dem Verordnungsgeber durch § 7 Abs. 2 Energiewirtschaftgesetz eingeräumte Regelungskompetenz zum Erlaß der AVBEltV auf den Bereich der Tarifkunden beschränkt hat (vgl. Schmidt-Salzer in Herrmann/Recknagel/ Schmidt-Salzer aaO Rdnr. 329). Eine analoge Anwendung der AVBEltV auf die Sonderkunden der Energieversorgungsunternehmen kommt im Hinblick darauf, daß § 23 Abs. 2 Nr. 2 AGBG sonst gegenstandslos wäre, ebenfalls nicht in Betracht.

Für § 4 AVBV kann in Bezug auf Sondervertragskunden nichts anderes gelten.



Dass gegenüber Tarifkunden ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gem. § 315 BGB besteht, wurde vom BGH immer wieder klar ausgeführt (BGH NJW 2003, 1449; BGH NJW 2003, 3131; BGH NJW 2005, 2919, jeweils m.w.N.).

Daran bestand nie ein Zweifel.

uwes:

--- Zitat von: \"RR-E-ft\" ---Hinsichtlich der bisherigen Tarifkundenversorgung und nunmehrigen Grundversorgung haben sich LG Berlin und LG Dresden gerade nicht geäußert.
--- Ende Zitat ---


Das hat niemand behauptet. Aber ich bin durchaus des Lesens mächtig.
Die beiden Gerichte haben nach Feststellung der Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel die Frage geprüft, ob § 4 AVBGasV ein Änderungsrecht begründet. Dabei kam es für diese Prüfung ersichtlich überhaupt nicht auf einen Unterschied zwischen Tarif- und Sondervertragskunden an. Sie interpretieren in die Entscheidung meines Erachtens eine Bedeutung hinein, die so einschränkend gar nicht gemeint war.

Greylupo0:
Ich bin ob der ins Detail gehenden Diskussion eigentlich erstaunt, daß keiner der Fachleute auf den § 242 BGB kommt. @Jroettges hat in seinem heutigen Beitrag zum Thread doch das Stichwort gegeben: Mißbräuchliche Änderungskündigung, die sogar das Kartellamt verfolgt!! Es ist doch schon mehr als auffällig, wenn ein VU das "geänderte EnWG" (so Orig.-Ton bei mir) zum vermeintlichen Anlaß nimmt, Verträge "anzupassen", also zu kündigen, um im gleichen Atemzug ein neues Angebot mit für den Kunden um 15% teureren Bezugspreisen zu machen. Nein, für mich steht fest, daß das neue Vertragsangebot einer Weiterversorgung zu geänderten Konditionen nur dazu dienen soll, den Einwand nach §§ 305, 307 und 315 BGB auszuhebeln. Das aber ist im Sinne von § 242 mißbräuchlich, zumal das VU hier in puncto Nachtstrom eine marktbeherrschende, weil allein anbietende Stellung einnimmt.
Müßte man also das VU nicht auffordern, die Kündigung zurückzunehmen oder für unwirksam zu erklären, mit der Androhung auf Feststellung zu klagen?

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