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ARD Ratgeber Recht: Gasrebellen auf der sicheren Seite

<< < (13/18) > >>

superhaase:

--- Zitat von: \"uwes\" ---Das LG Düsseldorf http://www.zner.org/pdf/200602U14.pdf hat hier meines Erachtens im Grundsatz richtig entschieden. Wer die Schlussrechnung des Versorgungsunternehmens unverhältnismäßig kürzt, also über den Betrag der Erhöhung hinaus, der kann sich gegen eine Sperre wohl nicht mit Erfolg wehren. Ich sehe nicht, wie das bei der Kürzung von Abschlagszahlungen anders gesehen werden könnte.
--- Ende Zitat ---

Das gilt aber nur, wenn man nur die Erhöhung des Gaspreises als unbillig gerügt hat. Ausdrücklich im Urteil so bezeichnet. Bei Unbilligkeitseinwand gegen den gesamten Gaspreis gilt analog ein Kürzungsrecht für den Gesamtpreis. Quot erat demonstrandum.
Es ist natürlich leichtsinnig bis dumm, nur der Erhöhung zu widersprechen, dann gar nichts zu bezahlen, und es auch noch bzgl. Gassperre auf einen Richterspruch ankommen zu lassen. Da war wohl kein (sachkundiger) Rechtsanwalt dabei.

RR-E-ft:
@uwes

Da hat superhaase recht.

Für Hörer von Radio Vatican, die im schriftlichen Lateinisch nicht mehr ganz so sattelfest sind, genügt einfach die Abkürzung q.e.d.

Das LG Düsseldorf hat - wie das Bundeskartellamt auch - darauf hingewiesen, dass man nur soweit kürzen darf, wie man die Unbilligkeit überhaupt eingewandt hatte.

Hatte man nur die Erhöhung als unbillig gerügt und sich lediglich  insoweit auf die Unverbindlichkeit gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB berufen, ist der Rest selbstverständlich immer noch verbindlich.

Einen solchen Rest kann es nicht geben, wenn man die gesamte Tariffestsetzung insgesamt als unbillig rügt.

Davon gehen wir doch immer schon aus, weshalb der Rest bisher auch nur noch unter Vorbehalt gezahlt wurde.

Alles andere würde ja bedeuten, dass ein Teil trotz Unbilligkeitseinrede weiter verbindlich bliebe, sozusagen ein "billiger Anteil" (so, lediglich in diesem Punkt unzutreffend Frau Ambrosius).

Der Gesamtpreis kann aber nun einmal nur insgesamt der Billigkeit entsprechen oder aber nicht, also dann nur insgesamt verbindlich sein oder aber nicht oder insgesamt fällig sein oder aber nicht.

So, wie es keine partiellen Schwangerschaften gibt, gibt es auch keine teilweise Verbindlichkeit und Fälligkeit. Mein hoher Respekt verbot mir, dies so eindeutig Frau Ambrosius in diesem Punkt zu entgegnen.

Darüber besteht indes sonst Einigkeit. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB lässt schon nichts anderes zu. Die Vorschrift lautet ja nicht, dass die Bestimmung für den anderen nur soweit verbindlich sei, wie sie der Billigkeit entspricht.

Es wäre ja auch sonst schlicht unmöglich, einen billigen Preis von einem unbilligen eindeutig abzugrenzen. Es gibt nun einmal nur die Entscheidung hop oder top, ja oder nein, schwarz oder weiß.

Ist die einseitige Leistungsbestimmung unbillig, war sie von Anfang an insgesamt unwirksam und kann dann allenfalls gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch gerichtliche Bestimmung ersetzt werden, wenn und soweit dafür die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen, welche an anderer Stelle schon mehrfach umfassend beleuchtet wurden.

Man muss § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB genau lesen und verinnerlichen. Der lautet nämlich gerade auch nicht, dass die Bestimmung unverbindlich ist, wenn sie unbillig ist, sondern dass sie nur verbindlich ist, wenn sie der Billigkeit entspricht.


Das ist ein gravierender Unterschied.

"Streng am Gesetz arbeiten."

uwes:
@Superhaase

Es ist völlig richtig, dass das LG Düsseldorf "nur" einen Widerspruch des Antragstellers gegen die Gaspreiserhöhungen vorliegen hatte.

Ich halte dennoch die Entscheidung für korrekt und in der Sache richtig. Die Versorgungssperre ist dem Versorgungsunternehmen grundsätzlich erlaubt. Erhebt jemand Einspruch gegen die Billigkeit des Gesamtpreises, so führt das nach meiner Auffassung jedoch nicht dazu, dass nunmehr überhaupt kein Rechnungsbetrag mehr fällig ist.
Die o.g. Einrede hat doch letztlich den Zweck, das Gericht darauf aufmerksam zu machen, dass eine Erhöhung des Gaspreises denknotwendigerweise erst dann in Betracht zu ziehen ist, wenn zuvor der Sockelbetrag als angemessen bezeichnet werden konnte. Dass auch dieser sich letztlich als zu Hoch erweisen kann, liegt in der Natur der Sache. Da man den vorherigen Preis jedoch immer ohne Einwand gezahlt hatte, sehe ich die Versorgungssicherheit gefährdet, wenn plötzlich alle Kunden auf die Idee verfielen, gar nicht mehr zu zahlen. Da jedoch die Gefährdung der Versorgungssicherheit (auch) zur Begründung für das Recht einer Versorgungssperre herangezogen werden kann, würde ich grundsätzlich einem solchen Unterfangen des Versorgers keine Rechtswidrigkeit bescheinigen.

RR-E-ft:
@uwes

Die Entscheidung ist auch vollkommen korrekt, nur Ihr Schluss daraus ist eben unzutreffend.

Entschieden nein.

Eine Versorgunseinstellung ist nicht grundsätzlich erlaubt. Grundsätzlich besteht vielmehr eine gesetzliche und vertragliche Lieferverpflichtung.

Nur ganz ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen darf die Versorgung nach vorheriger Androhung eingestellt werden. Wie das Bundeskartellamt vollkommen zutreffend ausführt, liegen diese Voraussetzungen nach Unbilligkeitseinrede schon nicht vor, soweit die Unbilligkeit eingewandt wurde und der Kunde sich auf die Unverbindlichkeit berufen hat.

Es geht schlicht nicht mehr um eine Preiserhöhung und deren Billigkeit, sondern um die Billigkeit des Gesamttarifes, der insgesamt neu festgelegt und veröffentlicht wurde.

Auf einen enthaltenen Sockel kann es dabei schlicht nicht ankommen.

Sonst stünde der Bestandskunde schlechter als der Neukunde, bei dem es schon ger keinen Sockel geben kann.

Beide unterliegen indes zweifelsohne als Tarifkunden ein und der selben einseitig festgelegten Tariffestsetzung, die insgesamt als unbillig gerügt werden kann (vgl. BGH NJW 2003, 3131).

Dann hätte der neu hinzu tretende Tarifkunde, der sich von Anfang an insgesamt auf die Unbilligkeit der Tariffestsetzung beruft, bis auf weiteres nichts zu zahlen, der Tarifkunde, der zwei Monate länger dabei ist und ggf. schon eine Rechnung bezahlt hat, jedoch weiter einen Preissockel.

Absurd. Willkürlich.

Es wurde doch schon so oft herausgestellt, dass es einen solchen geschützten Preissockel schlicht und ergreifend nicht gibt, so auch Frau Ambrosius.

Die einseitige Bestimmung liegt doch bekanntlich in der öffentlichen Bekanntmachung.

Bekannt gemacht werden die gesamten Tarife, die fortan zugleich und gleichermaßen für Neu- und Bestandskunden gelten, nicht jedoch Preiserhöhungen.

Versorgungssicherheit wiederum ist etwas ganz anderes.

Niemand hindert doch den Versorger daran, seine Kalkulation nachvollziehbar öffentlich bekannt zu geben (vgl. nur LG Mönchengladbach, RdE 2006, 170).

Er ist doch gar nicht unbedingt darauf angewiesen, erst zu klagen, um die Kalkulation offen zu legen. Es ist doch ein Irrglaube, dass das nur vor Gericht möglich wäre. Man darf den Versorgern an dieser Stelle nicht auf den Leim gehen.

An welcher Stelle sollte denn die Versorgungssicherheit gefährdet sein, wenn sich der Versorger selbst gegenüber Vorlieferanten kess auf Unbilligkeit beruft, zudem potente Gesellschafter als Gewährsträger zur Verfügung stehen und auch sonst satte Polster vorhanden sind.

Insolvenz eines Unternehmens gefährdet die Versorgungssicherheit gerade nicht (so auch schon zutreffend KG Berlin, RdE 1997, 239). Preisgünstigkeit der Versorgung kommt vor dem Interesse am Unternehmenserhalt.

Dann kommt ein anderes Unternehmen. Die ganze Welt ist voller Erdgaslieferanten, die liebend gern in das Geschäft einsteigen und an die Stelle treten würden. Gazprom Germania Bremen. "Dobroi djen i drushba."

Die Versorgung geht immer weiter, auch wenn einzelne Wettbewerber unterwegs auf der Strecke bleiben. Auch das ist Wettbewerb. Die Grundversorger kommen und gehen, die Grundversorgung bleibt und die Versorgungssicherheit ebenso.

Dem Kunden darf das herzlich egal sein. Die Versorgung ist sicherer als die Rente. Interessiert es denn wirklich, wie der Laden heißt und wer die Gesellschafter sind. Interessiert mich sonst beim Einkauf auch nicht.

Wenn ein Bäcker schließt, gibt es trotzdem weiter frische Brötchen.
Die Versorgung ist gesichert.

Dass werden wir ganz bestimmt nicht erleben, dass der Zahlungsprotest zum Zusammenbruch der Gasversorgung führt. Zu komisch, wie man sich von absurden Argumenten der Gegenseite leicht gefangen nehmen lässt. Ich musste schon beim Aufsatz von Salje in der et herzlich lachen:

Aktuelle \"Argumente\" der Gaswirtschaft



Prof. Salje, aaO.:

"Da nach der Rechtsprechung ein Entgelt so lange nicht fällig ist, bis das fordernde Unternehmen die Billigkeit seiner Preisbestimmung bewiesen hat (BGHZ 41, 271, 279 f. - Milchgeldkürzungen; BGHZ 97, 212,213 - Zinsänderungsklausel), muss der Gasversorger liefern, ohne eine Kompensation zu erhalten"... "Gelingt es dem Versorger nicht, einen deratigen Liquidtätsengpass durch Kredite oder mit Hilfen der Muttergesellschaft zu überwinden, ist die Insolvenz unausweichlich."

Das kommt davon, wenn man die Verbraucher ärgert.

Diese Frage haben Gerichte also längst entschieden.

Es lag noch nie am Zahlungsprotest:

http://focus.msn.de/finanzen/steuern/schwarzbuch/das-geld-ist-weg_aid_24918.html   :shock:

AKW NEE:
@uwes
@RR-E-ft

uwes schrieb:


--- Zitat ---Dass auch dieser sich letztlich als zu Hoch erweisen kann, liegt in der Natur der Sache. Da man den vorherigen Preis jedoch immer ohne Einwand gezahlt hatte, sehe ich die Versorgungssicherheit gefährdet, wenn plötzlich alle Kunden auf die Idee verfielen, gar nicht mehr zu zahlen
--- Ende Zitat ---


Ich als Kunde möcht die Billigkeit der Preise insgesamt überprüfen lassen. Dazu muss der Versorger seine Kalkulationen offen legen. Es gibt keinen Hinderungsgrund dies zu tun, den ich als Kunde zu verantworten habe. Wenn der Versorger sich weigert dies zu tun, muss er auch die eventuellen Konsequenzen tragen. Wenn hier einer die Versorgungssicherheit gefährdet ist es der Versorger und nicht der Kunde. Auch treibt der Kunde den Versorger nicht in die Insolvenz, sondern der Versorger begeht eigenverantwortlich wirtschaftlichen Selbstmord.

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