Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
ARD Ratgeber Recht: Gasrebellen auf der sicheren Seite
RR-E-ft:
@Free Energy
Zunächst ging es darum, sich gegen unberechtigte Preiserhöhungen zur Wehr zu setzen.
Dabei ist es vollkommen egal, ob Preiserhöhungen deshalb unwirksam sind, weil schon kein wirksames vertragliches Recht zu einseitigen Preiserhöhungen besteht (Sondervertragskunden, § 307 BGB) oder diese infolge Unbilligkeit der erhöhten Preise unverbindlich und somit unwirksam sind (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB).
Bis dahin also alles im grünen Bereich.
Soll es um mehr gehen, als lediglich die Preiserhöhungen, hat man weitere Umstände in den Blick zu nehmen.
Ich möchte mal in dem Bild bleiben, jedoch nicht von einer Dschungeltour, sondern einer Bergtour reden.
Ich gehöre keiner Pfadfinderorganisation an und kann nur davon berichten, welchen Weg ich gehe und dass ich auf diesem Weg bisher gut und unbeschwert vorankomme.
Welche Wege andere jeweils weiter gehen können, entscheidet sich nach der ganz konkreten Vertragssituation eines jeden einzelnen, die man jeweils von einem Anwalt prüfen lassen kann und wohl auch prüfen lassen sollte.
Weil die Rechtsanwaltschaft sich nicht als Pfadfinderorganisation versteht, werden Anwälte für die Prüfung des konkreten Einzelfalles ein angemessenes Entgelt verlangen, haften dann jedoch auch für den entgeltlich erteilten Rat, wofür sie eine Haftpflichtversicherung vorhalten, falls ihre Mandanten durch eine Falschberatung zu Schaden kommen sollten.
Eine entsprechende Wegbeschreitung nach individueller anwaltlicher Beratung kann man also ggf. mit einer Bergführung unter fachlicher Anleitung verstehen, wobei der erfahrene Bergführer auch noch Teil der eigenen Seilschaft ist, also ein Sicherheitsseil angelegt ist, welches halten soll, wenn man doch einmal ausrutscht und zu fallen droht.
Wenn man weiß, dass eine Bergtour auch Risiken bergen kann, und man steigt jemandem, den man für einen erfahrenen Bergführer hält, einfach hinterher, ohne sich von diesem einzeln beraten und führen zu lassen, ohne sich vertrauensvoll auf dessen Seilschaft eingelassen zu haben, so hat man keinen Grund, sich bei diesem zu beschweren, wenn man ihn beim Hintersteigen zwar noch sieht, jedoch selbst ggf. an eine Weggabelung gerät und nicht weiß, ob der Vordermann auf seiner Tour nun links oder rechts lang weiter gestiegen war.
Die Entscheidung, sich selbst auf den Weg zu machen, hatte man also selbst eigenverantwortlich getroffen, als man jemanden vor sich loswandern sah. Bei dieser Eigenverantwortung verbleibt es für die gesamte eigene - im Ergebnis ungeführte - Bergtour.
Dies schließt nicht aus, dass Bergwanderer, die keiner gemeinsamen Seilschaft angehören, sich nicht hie und da austauschen und sich auch gegenseitig helfen, wenn der eine sieht, dass ein anderer auf Abwege gerät oder ein Wetterumsturz droht und der andere womöglich darauf nur unzureichend vorbereitet erscheint.
Trotzdem bleiben die Bergkraxler eigenverantwortlich unterwegs, jeder mit seinem ganz eigenen Gottvertrauen, welches umso größer sein muss, wenn man gerade keinen erfahrenen Bergführer in der eigenen Seilschaft - also am eigenen Seil und Karabinerhaken - hat.
Wie oben aufgezeigt, würde ich nach anderen Bergwanderern am Berg zurück blicken und feststellen, dass diese allesamt bisher auf sicheren Wegen unterwegs waren, weil sie möglicherweise auf vorbeschrittenen Wegen unterwegs sind und sich an den bereits eingeschlagenen Haken eigenverantwortlich selbst absichern konnten.
Wenn Sie mehr erwarten, erwarten Sie zuviel, weil ich jedenfalls eben kein Mitglied in einer Pfadfinderorganisation bin.
Auch ein erfahrender Bergführer muss sein Auskommen haben, um auch nach der nächsten Winterpause noch entsprechende Touren für alle Interessierten anbieten zu können. Dieses Auskommen kann er schlecht finden, wenn ihm alle nur hinterhersteigen, ohne mit ihm einen entgeltlichen Vertrag geschlossen zu haben.
Selbst ein erfahrener Bergwanderer wie Reinhold Messmer hat seine Berichte über seine vielen interessanten Bergtouren gar nicht verschenkt, sondern verkauft. Man könnte ihn natürlich anrufen, fragen, ob er Pfadfinder ist und deshalb sein Kartenmaterial und seine Erfahrungsberichte allen Interessierten, die es ihm gleich tun wollen, unentgeltlich zur Verfügung stellt. Sebst wenn der das machen würde, würde ich nicht selbst allein damit die entsprechenden Touren nachsteigen.
Deshalb bleiben Bergtouren indes nicht nur erfahrenen Bergführern vorbehalten. Lässt man diese weiter allein am Berg kraxeln, hat man selbst gar nichts davon, wenn diese es schaffen und sich in das Gipfelbuch eintragen dürfen, man selbst nur von unten mit einem Fernrohr beobachten darf. Dann fehlt einem selbst das erhabene Natur- und Erfolgserlebnis. Wenn man schon auf der Tour ist, kann es auch vorkommen, dass man mal zweifelt, Angst bekommt, an Umkehr denkt. Erfolge verzeichnet, wer es schafft, diese Zweifel und Selbstzweifel und Erregeungszustände immer wieder zu überwinden.
So ist das nun einmal am Berg. Aber wie immer: "Der Berg ruft" :wink:
"Man" kann vieles, fast alles.
Aber wer soll das wohl konkret sein?
Ein selbstloser Pfadfinder, der sich auf den Gotteslohn freut?
Ich habe auch nur ein BGB, in welchem die §§ 307 und 315 BGB ganz dick unterstrichen sind. Auch ich möchte noch Zeit finden, mich zu bewegen und etwas (anderes) zu tun.:wink:
AKW NEE:
@Free Energy
RR-E-ft hat Folgendes geschrieben:
--- Zitat ---Zunächst ging es darum, sich gegen unberechtigte Preiserhöhungen zur Wehr zu setzen.
Dabei ist es vollkommen egal, ob Preiserhöhungen deshalb unwirksam sind, weil schon kein wirksames vertragliches Recht zu einseitigen Preiserhöhungen besteht (Sondervertragskunden, § 307 BGB) oder diese infolge Unbilligkeit der erhöhten Preise unverbindlich und somit unwirksam sind (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB).
--- Ende Zitat ---
Nach allem was bisher hier auf den verschiedenen Seiten zu lesen ist, kann der § 315 sowohl bei "Normalkunden" als auch bei Sondervertragskunden angewendet werden. Bisher war die Empfehlung die Zahlungen auf Grundlage der Preise von 2004 zu kürzen. Der hier diskutierte Ansatz geht über diese Empfehlung hinaus. Spätestens ab diesem Punkt müssen die Sonderverträge anders betrachtet werden.
Grundsätzlich wird mit der Anwendung des § 315 die Gesamtforderung nicht fällig! Für den "Normalkunden" gilt dies uneingeschränkt.
Der Sondervertragskunde hat dagegen bei Abschluss des Vertrages per Unterschrift einen bestimmten Preis für die kWh und einen Grund- oder Arbeitspreis anerkannt. Der auf Grundlage dieser anerkannten Preise errechnete Gesamtbetrag ist für den jeweiligen Abrechnungszeitraum fällig. Aus diesem Gesamtbetrag würde sich auch der monatliche Abschlag errechnen.
Die ersten Infos von RR-E-ft mit Handlungsaufforderungen waren hier doch sehr eindeutig. Die Empfehlung im letzten Beitrag in dieser Frage doch lieber vorher einen Anwalt zu befragen halte ich für sinnvoll, relativiert aber die vorherige Eindeutigkeit einwenig.
Gruß
uwes:
--- Zitat von: \"RR-E-ft\" ---Man sollte ggf. bei seinem Versorger nachfragen, ob man nun in der Grundversorgung als Tarifkunde versorgt wird oder aber als Sondervertragskunde.
--- Ende Zitat ---
Ich bin allerdings nicht der Auffassung, dass der Versorger rechtlich in der Lage ist, mit einer solchen Einschätzung die Einstufung des Kunden als Sondervertrags- oder Tarifkunde vornehmen zu können.
Nach der letzten, von ihnen zitierten, Rechtsprechung zählen zu den Sondervertragskunden wohl eher diejenigen, bei denen Laufzeit- und/oder Kündigungsregelungen - häufig im Zusammenwirken mit Preisänderungsklauseln - in zusätzlichen Vertragsbedingungen enthalten sind und somit die AVBGasV erheblich ergänzen bzw. abändern -mithin Sondervereinbarungen enthalten.
RR-E-ft:
@AKW NEE
Da haben Sie mich vollkommen zutreffend verstanden.
Es gibt bei Bergtouren unterschiedliche Schwierigkeitsgrade. Nicht alle Touren sollte man unangeseilt und ungeführt unternehmen. Es kommt immer auf die individuelle Vorbereitung, die eigene Kondition und das Material an. Man sollte nur die Touren unternehmen, die man sich selbst zutraut.
Wesentlich dafür ist, dass man sich über die verschiedensten Varianten informiert.
Mancher fährt lieber mit der Seilbahn hinauf, trinkt auf der Hütten einen Kaffe, genießt die Aussicht, macht ein Foto und reist wieder ab.
Wem auch die Seilbahn nicht geheur ist, der kann sich nur einen Bildband kaufen oder einen Fernsehbericht ansehen. Wie im richtigen Leben.
@uwes
Es muss grundsätzlich eine objektive Unterscheidung möglich sein.
Diese fällt schwer. Gängige Definition:
Sondervertragskunde ist, wer nicht Tarifkunde ist (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AVBV).
Klar ist die Sache, wenn ein als solcher bezeichneter Sondervertrag abgeschlossen wurde, dessen Vertragsinhalt an irgend einer Stelle (Vertragslaufzeit u. ä.) von den Bestimmungen der §§ 2 bis 34 AVBV abweicht. Ebenso klar ist die Sache, wenn der Versorger Allgemeine Tarife von sog. Sonderpreisen unterscheidet.
uwes:
--- Zitat von: \"AKW NEE\" ---Nach allem was bisher hier auf den verschiedenen Seiten zu lesen ist, kann der § 315 sowohl bei "Normalkunden" als auch bei Sondervertragskunden angewendet werden.
--- Ende Zitat ---
Wer hat das so behauptet? Bitte noch einmal genau nachlesen, damit nicht durch solche etwas voreilige Schlüsse die Leser dieses Forums verwirrt werden.
Ich kann verstehen, dass einige "Nichtjuristen" mit dem Thema ihre Schwierigkeiten haben. Manchmal hilft aber ein genaueres Lesen weiter. Und wer im Forum nicht genau liest, sondern einzelne Sätze aus dem Zusammenhang herausnimmt, der möge ins Gesetz schauen. Die Vorschrift des § 315 BGB http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__315.html setzt zunächst voraus, dass einer Vertragspartei das Recht eingeräumt worden ist, "die Leistung zu bestimmen".
Fehlt es an dieser Voraussetzung, so ist § 315 BGB gar nicht anwendbar, da auch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht - mithin z.B. ein Preisänderungsrecht - gar nicht besteht.
§ 315 BGB hilft bei Sondervertragskunden nur dann weiter, wenn im Rahmen des Vertrages ein (oben genanntes) Preisbestimmungsrecht vertraglich vereinbart ist.
Gibt es allerdings eine Preisänderungsklausel, dann ist im Hinblick auf den Preis eben eine Vereinbarung mit genauer Definition, unter welchen Voraussetzungen der Preis angepasst werden soll, getroffen worden, so dass es an der Einräumung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechtes fehlt.
Schwierig wurde es zuletzt - hier in Bremen - als man sich mit der Frage befassen musste, ob eine Preiserhöhung bei Sondervertragskunden mit unwirksamer Preisänderungsklausel dennoch z.B. anhand der AVBGasV möglich wäre.
Diese Frage wurde vom LG Bremen verneint.
http://www.zner.org/pdf/200602U13.pdf
Auch das LG Berlin und das LG Dresden hatten in den dort entschiedenen Fällen in der AVBGasV keine Grundlage für eine Preiserhöhung erblicken können.
Dort wo aber kein (einseitiges Leistungs-/Preis-) bestimmungsrecht vereinbart wurde, kann es denknotwendigerweise auch keinen Unbilligkeitseinwand geben.
Ist doch eigentlich verständlich - oder?
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