@ 3-Liter-Fan
Hauptsache das ganz große Pathos.
Kleiner geht´s nicht.
Und dabei mit einer vollkommen unbewiesenen These über die eigene Rolle in der Geschichte.
WIR sind Helden, so wie es nach dem Krieg im Osten Deutschlands merkwürdigerweise nur antifaschistische Widerstandskämpfer gab. Die anderen waren im Krieg geblieben oder in den Westen gegangen.
Immer auf der Seite der Sieger der Geschichte und immer die ganz großen Paraden....
http://www.wirmachenmusik.de/fpx/meiselmusik/musikplayer.php?file=http://www.wirmachenmusik.de/fpx/barbarossa/edba01361-2_01.ram&play=1Hauptsache Aktionismus und Hauptsache
alle dabei!
Vielleicht ein Fußmarsch über den Leipziger Stadtring gegen die Ölpreiskopplung und sonstige Ungerechtigkeiten, sich etwa an Strommasten und Gasleitungen anketten und gegen den Bösewicht Weltenergiemarkt protestieren...
Ab jetzt jeden Sonntag, weil man sonst nichts zu tun hat, und wenn das nicht ausreicht, auf die Woche ausweiten. Es komme aber bitte niemand auf die Idee, vor Gasübergabestationen aus Protest auch noch Kerzen aufzustellen.
Heute den Schirm nicht zu Hause vergessen!
Es liegt wohl am heutigen Tag.
Ich weiß nicht, wer mit WIR gemeint sein soll.
Ich war in dieser bewegten Zeit auch hier.
Ob es auch an mir ganz persönlich lag, dass es die DDR nicht mehr gibt, vermag ich nicht zu beurteilen.
Auch die DaDaR Täterä hatte sich letztlich sachlich und insbesondere juristisch erledigt. Schließlich gab es Wahlen auf gesetzlicher Grundlage und danach einen Einigungsvertrag zwischen den beiden deutschen Staaten. Hätten sich dabei Hitzköpfe auf irgend einer Seite durchgesetzt, wäre das Ergebnis wohl ein anderes gewesen. Gerade das sollte man dabei auch nicht vergessen. Schließlich gab es auch Verfechter einer "Chinesischen Lösung". Möglicherweise wäre dann die DDR heute noch da, ebenso wie das Regime in Peking. (Was für eine Hypothese!).
Möglicherweise würden WIR (wer immer das sei) dann noch gemeinsam mit dem Oktoberklub und den Siegern der Geschichte schmettern "
Da sind WIR aber immer noch und der Staat ist noch da,...."
http://www.amazon.de/gp/music/clipserve/B000025XRO001019/1/ref=mu_sam_ra001_019/303-7458040-4058666Die Schlote würden noch qualmen.
Man könnte sich über alles beklagen, nur nicht über zu hohe Energiepreise (Strom 8 DDR- Pf/ kWh). Mit einem Wartburg- und Trabi- freien Sonntag hatte die Mehrzahl der Bevölkerung auch kein Problem.... :roll: Man säße womöglich bei molligen 27 Grad in kurzen Hosen in einer überheizten Wohnung und risse das ohnehin schlecht gedämmte Fenster auf, damit die Wärme endlich raus kann. Karibisches Raumklima statt Reisefreiheit.
Es gäbe keine "profithungrigen" Energiekonzerne, sondern VEB Energiekombinate, in denen fleißige Werktätige der Energiewirtschaft entbehrungsreich Großes leisten, um die Energieversorgung des Landes aufrechtzuerhalten und sicherzustellen:
http://www.mdr.de/doku/archiv/geschichte/1700201.htmlDen Film sollte man geshen haben. Die Sowjetunion lieferte subventioniertes Erdöl an die DDR. Diese verhökerte es um der Devisen willen an den Westen. Der "große Bruder" wurde darüber sauer und verlangte fortan "Weltmarktpreise", die sich die DDR selbstredend nicht leisten konnte.
Dann kam es zur Energiekrise, weil man wieder auf minderwertige, teils schwefelhaltige, teils salzige, teils nasse einheimische Kohle setzen musste, die im Winter steinhart gefror.....
Zur Wendezeit wurde dann das staatliche Energievermögen privatisiert, weil entsprechende Sachzwänge bestanden:
http://library.fes.de/fulltext/fo-wirtschaft/00292001.htmAber lassen wir das.Also der Protest kann vollkommen bequem sein:
Man sitzt in der gut geheizten Wohnung, wendet schriftlich die Unbilligkeit gegen die geforderten, einseitig festgelegten Energiepreise ein, rechnet die gekürzten Rechnungs- und Abschlagsbeträge aus und zahlt fortan bis auf weiteres nur diese.
Ich kenne niemanden, der bisher mit diesem bequemen, sachlichen wie rechtskonformen Protest bisher nicht gut gefahren wäre.
Das lässt sich nicht nur sonntags, sondern an jedem Tag einfach und bequem bewerkstelligen und natürlich lohnt sich dabei auch das Weitersagen, so dass sich möglichst viele beteiligen.
Man braucht nur Zettel, Stift, Briefumschlag, Briefmarke, viele Nerven
und ist nicht darauf angewiesen, dass schon wieder das ganze
Volk mobilisiert wird.
Der Begriff
Volk passt in diesem Zusammenhang wohl sowieso nicht, weil alle Energieverbraucher in Deutschland - vollkommen unabhängig von ihrer Nationalität - von dem überhöhten Preisniveau betroffen sind.
"Wir sind das Volk" meinte eine Abgrenzung zwischen WIR hier unten und IHR da oben.
Den Menschen war immer wieder mit der "
Rotlichtlampe" eingetrichtert worden, alle Macht ginge vom Volke aus, alles zum Wohle des Volkes.....
Irgendwann glaubten die Menschen wohl daran und wollten die Verkünder der entsprechenden Botschaften beim Wort nehmen..... Möglicherweise also nur ein Missverständnis, das durch die anhaltende Propaganda des DDR- Staates verursacht worden war. :roll:
Damit scheint es auch erklärlich, dass kaum jemand, der der DDR- Propaganda nicht ausgesetzt war, auf die Idee käme, auf der Straße rumzumarschieren und lauthals darauf hinzuweisen, dass er und seine Nachbarn schließlich "DAS VOLK" seien. Diesen würde es möglicherweise sogar komisch anmuten.
Die Propaganda der DDR, die man ja gerade tapfer überwunden haben will, wirkt also gerade in diesem Satz "WIR SIND DAS VOLK" möglicherweise immer noch fort.
Aber WER sitzt nun WO oben und bestimmt über die Höhe der Energiepreise?
Die Bundesregierung weist die Verantwortung von sich, weil die Energiewirtschaft privatwirtschaftlich organisiert ist.
http://dip.bundestag.de/btd/16/024/1602436.pdfWELCHER Anspruch ergibt sich gegen WEN daraus, wenn WIR das Volk sind?
WER sollte der Adressat WELCHEN konkreten Protestes sein?
Gehört dieser Adressat nicht wie WIR zum Volk?
Bekommt dieser überhaupt mit, wenn man am Sonntag die Gasheizung auslässt?
Woher sollte der dann wissen, was damit gemeint sein soll, dass man fortan sonntags in der Kälte hockt, ob man nicht etwa nur sich und seine Familie abhärten will......
Holt man sich nicht vielleicht nur unnütz einen Schnupfen?
Nach alldem überzeugt mich die Idee nicht.
Sie erscheint unausgegoren.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt