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Autor Thema: Amtsgericht Bad Doberan  (Gelesen 6061 mal)

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Offline Stadt/Versorger

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Amtsgericht Bad Doberan
« am: 28. Mai 2007, 22:04:48 »
Ich habe gegenüber den Stadtwerken Neubukow alle bisherigen Preiserhöhungen
und Tarifumstellungen als unbillig gerügt und meine Zahlungen entsprechend gekürzt, dh. auf den Preis ,der bei erstmaliger Entnahme von Fernwärme  zu zahlen war. Der Vertrag kam seinerzeit durch Abnahme von Fernwärme aus dem Netz zustande. Preisgleitklauseln waren nicht vereinbart und auch nicht in den „Allgemeinen Anschlussbedingungen „ der Stadtwerke enthalten.
Mit der Tarifumstellung (innerhalb der ersten Vertragslaufzeit von 10 Jahren) ist damals auch eine Preiserhöhung erfolgt. Weitere Preiserhöhungen folgten, so dass wir nunmehr weit über dem Bundesdurchschnitt liegen.(ich denke die Stadtwerke Neubukow sind mit dem Fernwärmepreis der Spitzenreiter in Deutschland)
Die Stadt Neubukow hat nach fast 10 Jahren einen Anschluß- und Benutzerzwang für Fernwärme eingeführt um die eigenen Stadtwerke vor dem Bankrott zu retten. Meiner Forderung auf Vorlage der entsprechenden Kalkulation kamen die Stadtwerke nur widerwillig nach . Ich habe auch nur einen Auszug aus der Kalkulation erhalten, die ich nicht nachvollziehen konnte.
Aufgrund der Kürzung der Abschlagszahlungen meinerseits auf og. Niveau haben mich die Stadtwerke verklagt.
Im  Verlauf der ersten Verhandlung vor dem Amtsgericht Bad Doberan musste der Geschäftsführer der Stadtwerke zugeben, dass die mir übergebenen Kalkulationsunterlagen nicht vollständig wären .(obwohl in der Klageschrift so behauptet) Die Kalkulation könne ich ohne entsprechende Erklärung ohnehin nicht verstehen.
Daraufhin schlug das Gericht vor, dass ich mich mit dem Geschäftsführer der Stadtwerke treffen sollte, zwecks Einsicht in die Unterlagen ,um vielleicht einen Vergleich zustimmen zu können.
Diesem Vorschlag bin ich dann gefolgt und habe mir ca. 1  h die Erläuterungen des Geschäftsführers zur Kalkulation angehört. Entsprechende Einkaufsrechnungen für die Energiekosten wurden mir –auf meine Nachfrage- nicht vorgelegt und die Kalkulation war insgesamt nicht in der Schnelle nachvollziehbar.
Im Verlaufe des Gespräches bot mir der Geschäftsführer eine Kürzung des Anschlusswertes für das Hauses um 1/3 an ,um den Grundpreis zu senken.
In der 2. Verhandlung habe ich dann gegenüber dem Gericht erklärt, dass die mir erstmals übergebenen Kalkulationsunterlagen seitens der Stadtwerke nicht die vollständige  bzw. nachvollziehbare Kalkulation darstellt. Seitens des Gerichtes wurde angefragt ,wie ich zu einem Vergleich stehen würde, denn die Stadtwerke wären mir mit der Senkung des Anschlusswertes bereits entgegen gekommen.
Ich habe mich jedoch noch nicht entschieden ,denn mit einem Vergleich hätte ich immer noch keine Klarheit über die Billigkeit des Fernwärmepreises. Auch nach einer Senkung des Anschlusswertes  liegt der Preis mit ca. 13Ct./Kwh immer noch ca. doppelt so hoch wie der Preis für Erdgas . Allerdings habe ich den Eindruck gewonnen, dass die Stadtwerke keinen großen Gewinn machen dh. sie brauchen den Preis. (um nicht pleite zu gehen  denn zuwenig Abnehmer und zu großer Investitionsaufwand = Planungsfehler ?)
Damit stehe ich vor einigen Problemen . Sollte sich bei einer Billigkeitsprüfung des Fernwärmepreises seitens des Gerichtes tatsächlich herausstellen ,dass der Fernwärmepreis angemessen dh. hauptsächlich zur Kostendeckung heranzuziehen ist, muß ich diesen sicherlich als „billig“ akzeptieren und nach - und weiterzahlen. Gleichzeitig wäre der mir angebotene Vorteil der Senkung des Anschlusswertes dahin.
Da die Stadtwerke keine Preisgleitklauseln verwenden, (obwohl in der mir übergebenen Kalkulation eine aufgeführt war, die aber auf  meine Nachfrage an den Geschäftsführer nur „irrtümlich „aufgeführt war, weshalb er letztendlich auch zugeben musste das die mir übergebenen Kalkulationsunterlagen nicht die richtigen wären) greift  m.E. auch nicht AVBF §24 (3). Ich mich also auch nicht auf eine Begrenzung des Fernwärmepreises auf ortsübliche Preise berufen (hat der Gesetzgeber hier etwas übersehen ? es kann doch nicht mit zweierlei Maß gemessen werden ? )
Auch habe ich den Eindruck, dass das Gericht (und mein Anwalt auch) gern einen Vergleich sehen würden.
Jedenfalls hat das Gericht mit Zusendung des Protokolls der letzten Sitzung auf den Hinweisbeschluß vom 14.3.2007 des BGH AZ VIII ZR 36/06 extra hingewiesen.(Das war wohl ein Wink mit dem Zaunpfahl)
Mein Anwalt meint nun, dass das Amtsgericht uns mit diesem Beschluß darauf hinweisen will, das auch für den Verbraucher erhebliche Risiken in einem solchen Rechtsstreit bezüglich der Beweislast und der letztlich damit verbundenen Kosten bestehen. Ich möge die bisherigen Erörterungen prüfen.
Das Gericht hat am 15.6.2007 einen Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt.
(Wie die aussieht steht in den Sternen ?!)
Jetzt stehe ich natürlich vor der Entscheidung ob ich weitermache oder „kaufmännische Gesichtpunkte“ zur Grundlage meiner Entscheidung mache, dh. einem Vergleich zustimme.

M.Harms

Offline RR-E-ft

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Amtsgericht Bad Doberan
« Antwort #1 am: 28. Mai 2007, 22:23:28 »
@Stadt/Versorger

Ihr Fall liegt völlig anders als der Fall BGH VIII ZR 36/06:

Sie müssen die Uerteile des BGH vom 15.02.2006 - VIII ZR 138/05 = NJW 2006, 1667, 1670 Rn. 28 f. zu Rate ziehen, wie auch das BGH- Urteil v. 11.10.2006 - VIII ZR 270/05.

Wurde in einem Fernwärmelieferungsvertrag keine Preisänderungsklausel vereinbart, sind Preiserhöhungen nach Vertragsabschluss unzulässig, auf eine Billigkeit kommt es nicht an.

Wurde eine Preisänderungsklausel vereinbart, muss diese sich an § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV messen lassen, d. h. unabhängig von den Kosten besteht eine Begrenzung durch die Verhältnisse auf dem regionalen Wärmemarkt (vgl. auch Energiedepesche Sonderheft).

Unbedingt auch LG Neuruppin, ZMR 2006, 290 und Held, NZM 2004, 169 ff.dem Gericht vorlegen!

Es wäre schön, wenn Ihr Beitrag in einen anderen Thread verschoben werden könnte.

 

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