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Autor Thema: Lobbyverband VDEW zur Strompreiskontrolle  (Gelesen 2637 mal)

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Offline RR-E-ft

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Lobbyverband VDEW zur Strompreiskontrolle
« am: 04. September 2006, 12:26:30 »
Niemand hätte erwartet, dass die  deutsche Stromwirtschaft begeistert ist, wenn sie auch weiterhin teilweise einer staatlichen Preiskontrolle unterworfen werden soll.

Will man einen Sumpf trocken legen, soll man deshalb schließlich nicht die Frösche fragen. Was die quaken werden, weiß man schon vorher.

Der Lobbyverband übetrifft sich diesmal selbst mit seinen "Argumenten":

http://www.strom.de/wysstr/stromwys.nsf/WYSInfoDokumentePunkt2Lookup/86F042D7BD680E81C12571DF00325E3A?OpenDocument

http://www.strom.de/wysstr/stromwys.nsf/files/Meller2.2003.370dpi.jpg/$FILE/Meller2.2003.370dpi.jpg

Der Wettbewerb kann durch die Höchstpreisgenehmigungen in keiner Weise betroffen sein.

Ein brancheninterner  Wettbewerb um immer schneller und höher steigende Strompreise, wie ihn sich der Lobbyverband wohl vorstellt, war nie vorgesehen und schon gar nicht geschützt.

In einen Wettbewerb um sinkende Kosten und sinkende Preise sind die etablierten Stromversorger gar nicht erst eingetreten.

Es waren die Monopolisten, die durch überhöhte Netzentgelte den Verbrauchern den Anreiz zu einem Versorgerwechsel genommen und den Wettbewerb zum Erliegen gebracht haben, allesamt VDEW- Mitgliedsunternehmen.

Die Aussage, dass EVU nicht einmal ihre Beschaffungskosten decken könnten, treibt das Ganze auf die Spitze.

Meines Erachtens ist ein Verband, der sich mit solchen Aussagen positioniert, in der Diskussion nicht mehr ernst zu nehmen.



Wenn der Lobbyverband schon das Energiewirtschaftsgesetz bemüht, dann beginne man bei §§ 1, 2 EnWG mit der Lektüre- wo eine möglichst preisgünstige, effiziente Energieversorgung zu verbraucherfreundlichen Bedingungen gefordert ist:

http://www.gesetze-im-internet.de/enwg_2005/index.html


Demnach handelt es sich bei Strompreisen auch und gerade im Wettbewerb um kostenbasierte Preise.

Auch die Angst vor Einheitspreisen ist nicht nachvollziehbar, bildet sich doch bei wirksamen Wettbewerb gerade ein einheitlicher Marktpreis als Grenzkostenpreis heraus.

Eigentlich ist es doch vollkommen unverständlich, dass ein und die selbe Ware Strom auf einem einheitlichen, funktionierenden deutschen Strommarkt überhaupt unterschiedliche Preise haben kann, zudem mit den großen Preisunterscheiden zwischen den einzelnen Bundesländern.

Der Lobbyverband will offensichtlich nicht nur durch die derzeitigen Zustände der Marktvermachtung durch vier Konzerne die Marktgesetze aufgehoben wissen, sondern auch noch die letzten Kontrollen, welche die Strompreise überhaupt noch begrenzt halten könnten, außer Kraft gesetzt sehen.

Kein Kunde wird durch behördlich genehmigte Allgemeine Tarife daran gehindert, zu einem günstigeren Stromlieferanten zu wechseln.

Noch nie führte die Strompreisgenehmigungspflicht dazu, dass Energieversorger am Hungertuch nagen mussten. Die tatsächliche Entwicklung in den vergangenen Jahren mit stetig steigenden Gewinnen bei den Konzernen und auch den Stadtwerken belegt eindeutig das Gegenteil.


Seit 1998 war es keinesfalls die staatliche Strompreisaufsicht, die den Wettbewerb bremste. Im Gegenteil behauptete der VDEW immer wieder, dass der Stromwettbewerb in Deutschland wunderbar, um nicht zu sagen vorbildlich funktioniere.

Solche Aussagen fallen nun möglicherweise einer - wodurch auch immer ausgelösten - Amnesie anheim:

http://www.mvv-business.de/de/pub/fachartikel/wettbewerb.cfm

http://www.energie-auskunft.de/index.php?phpurl=stromnachrichten.php?ID=15580

Nach Einschätzung des Energieexperten Dr. Bloemer,  seines Zeichens Vorstandsvorsitzender der E.ON Thüringer Energie, funktionierte der Stromwettbewerb bisher einwandfrei:

http://www.verivox.de/News/ArticleDetails.asp?aid=8615

Andere sehen das deutlich anders, sehen jedoch nicht die staatliche Preisaufsicht als Ursache:

http://www.welt.de/data/2006/09/04/1022202.html

Noch nie führte die Strompreisaufsicht zu Einheitspreisen, wie die bisherige Preisspreizung bei den Allgemeinen Tarifen deutlich zeigt:

http://www.verivox.de/News/ArticleDetails.asp?aid=15976

http://www.verivox.de/News/ArticleDetails.asp?aid=15966


Nach der neueren Argumentation des Lobbyverbandes wäre die europäische Energiewirtschaft längst im sportlichem Wettbewerb zu Gast bei Freunden, wenn die Energiepreise nur ungebremst noch weit höher lägen.

Es müsste sich nur noch rumsprechen, dass hier die Dummen leben, die jeden Preis zahlen, den man ihnen vorgibt. Man könnte mit den Preisen bis an die Grenzen des sittenwidrigen Wuchers  und sogar bis an die Verbotsgrenze der Kartellrechtswidrigkeit gehen. Das sollten die einzigen Grenzen sein, die man Stromversorgern allenfalls noch setzen können sollte.

Preisgünstigkeit der Energieversorgung verlangt indes anderes.

Wenn sich ein solcher Lobbyverband vorgeblich Sorgen macht, dass der bisher nicht vorhandene Wettbewerb noch weiter gebremst werden könnte, so erinnert dies ggf. ein wenig daran, wie sich das Reichspropagandaministeruim dereinst um den Frieden in Europa und in der Welt sorgte.

Offline Fidel

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