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Autor Thema: Erneute Sperrandrohung: Welche Möglichkeit?  (Gelesen 8575 mal)

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Offline David-719

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Erneute Sperrandrohung: Welche Möglichkeit?
« am: 02. Februar 2006, 01:54:55 »
Hallo,

seit Januar 2005 hatte ich wie vorgeschlagen meine Stromrechnung gekürzt und nur noch Vorauszahlungen auf Basis der früheren Preise geleistet. Seither hat mich der Energieversorger mehrfach gemahnt und im Mai 2005 auch die Einstellung der Energieversorgung angedroht. Ich wies ihn auf die Rechtswidrigkeit hin und erteilte ihm Hausverbot. Seither hatte ich im wesentlichen Ruhe, wenn man von der zweimonatlichen Zusendung einer Rechnung mit Überweisungsträger absieht.
Nun erhielt ich wiederum eine Drohung mit Stromabschaltung. Insgesamt hatte ich 36,30 € weniger überwiesen als verlangt. Dennoch verlangt der Stromversorger jetzt 82,36 € von mir. Das sind 127 % mehr!

Nun habe ich mehrere Möglichkeiten:
1.   Ich wiederhole meinen Hinweis auf die Rechtslage und das Hausverbot.
2.   Ich reagiere auf die Mahnung und drohe meinerseits mit 3. oder 4.
3.   Ich stelle einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung.
4.   Ich erhebe (Unterlassungs-)Klage in der Hauptsache und beantrage, es dem Versorger zu untersagen, den Strom abzuschalten oder damit zu drohen. (Dafür würde sprechen, daß die Gerichtskosten (und damit das Risiko) für ein Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz genauso hoch sind wie für ein Hauptsacheverfahren und die Gegenseite sich sicherlich auch schon durch die Zustellung einer Klageschrift von ihrem rechtswidrigen Verhalten abbringen lassen würde. Dagegen spricht der höhere Arbeitsaufwand (Darlegungs- und Beweislast) im Hauptsacheverfahren.

a)   Welche Möglichkeit ist die richtige, oder gibt es noch andere/bessere?
b)   Ein befreundeter Jurist hatte mir gesagt, beim Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung sei die Hauptsache nicht der vom Versorger behauptete Zahlungsanspruch, sondern mein Anspruch auf Unterlassung der Abschaltung. Ist das richtig?
c)   Wie hoch ist der Streitwert, wenn der Klagegegenstand die Unterlassung der Stromabschaltung ist?
d)   Für die Möglichkeit 3 (einstw. Verfügung) habe ich folgenden Text entworfen. Kann man den so lassen?
e)   Ich bin Mitglied im BDE und habe auch in den Prozeßkostenfonds eingezahlt. Nützt mir das jetzt irgendwie?

Schon mal vielen Dank für die Antwort(en)!

Gruß
David


Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung

In Sachen

xxx
– Antragsteller –
gegen

Süwag Energie AG
Bismarckstraße 2
71634 Ludwigsburg
gesetzlicher Vertreter:
Dr. jur. Klaus-Peter Balthasar
– Antragsgegnerin –
wegen Unterlassung

beantrage ich den Erlaß einer einstweiligen Verfügung:
1.   Die Antragsgegnerin hat es zu unterlassen, die Energiezufuhr an den Antragsteller einzustellen oder damit zu drohen.
2.   Der Antragsgegnerin wird angedroht, für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro oder, falls dies nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festzusetzen.
3.   Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Begründung:

I.
Mit Schreiben vom 16.02.2005 (s. Anl. 1) hat der Antragsteller die Rechtmäßigkeit der Energiepreiserhöhungen der Antragsgegnerin seit 2001 bestritten und die Antragsgegnerin unter Berufung auf § 315 BGB aufgefordert, die Angemessenheit dieser Preiserhöhungen zu begründen. Bis zur Darlegung der Billigkeit hat sich der Antragsteller freiwillig bereiterklärt, zusätzlich zum bisherigen Preis einen Aufschlag von 2 % pro Jahr zu bezahlen, ohne jedoch dadurch die Billigkeit in dieser Höhe anzuerkennen.
Seither hat der Antragsteller zu den vorgesehenen Terminen per Dauerauftrag Abschlagszahlungen an die Antragsgegnerin geleistet, die sich aus den Arbeits- und Grundpreisen von 2001/2002 zuzüglich eines Aufschlags von 2 % pro Jahr und dem Jahresverbrauch des Jahres 2004 ergeben. Dieser Betrag liegt monatlich 3,025 Euro unter der von der Antragsgegnerin verlangten Abschlagszahlungen. (Anzahl und Höhe der Zahlungen können bei Bedarf durch die Vorlage von Kontoauszügen nachgewiesen werden.)

II.
Seither überzieht die Antragsgegnerin den Antragsteller mit Mahnungen (über Beträge, deren Zusammensetzung nicht ausgewiesen wird) und Drohungen (s. Anl. 2). Nachdem der Antragsteller die Antragsgegnerin auf die Rechtswidrigkeit und Strafbarkeit solcher Drohungen sowie die ständige Rechtsprechung des BGH hierzu (30.04.2003; Az: VIII ZR 279/02) hingewiesen und ihr Hausverbot erteilt hatte (s. Anl. 3), stellte die Antragsgegnerin diese zunächst ein.
Mit Schreiben vom 25.01.2006 (s. Anl. 4) fordert die Antragsgegnerin nun vom Antragsteller einen Betrag von 82,36 Euro, obwohl der Antragsteller nur 36,30 Euro weniger an die Antragsgegnerin gezahlt hat als diese forderte. Damit ist die Forderung der Antragsgegnerin – selbst wenn man die Rechtmäßigkeit der verlangten Energiepreise unterstellt – um 127 % überhöht. Mit demselben Schreiben droht die Antragsgegnerin dem Antragsteller außerdem wiederum die Einstellung der Energiezufuhr an, obwohl ihr bekannt ist, daß sowohl die Einstellung als auch die Drohung damit unzulässig sind. Damit hat sie zum Ausdruck gebracht, daß sie sich durch außergerichtliche Mittel nicht von diesem rechtswidrigen Verhalten abhalten läßt. Daher war der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung geboten.

III.
§ 315 BGB schützt in Vertragsverhältnissen, bei denen der eine Teil die Leistung einseitig festsetzen kann, den anderen Teil davor, daß diese Festsetzung willkürlich oder nicht nachvollziehbar erfolgt. Die Antragsgegnerin hat jederzeit die Möglichkeit, den ausstehenden Betrag beim Antragsteller einzuklagen. Dann prüft das Gericht die Billigkeit der Preisgestaltung. Wäre die Antragsgegnerin von der Rechtmäßigkeit ihrer Preisgestaltung selbst überzeugt, würde sie ein solches Verfahren nicht scheuen. Sie zieht es jedoch vor, ihre Kunden mit rechtswidrigen Mahnungen und Drohungen einzuschüchtern und zu zermürben.

IV.

Zuständig ist das Amtsgericht xxx, da der Ort der zu unterlassenden unerlaubten Handlung am Wohnsitz und allgemeinen Gerichtsstand des Antragstellers wäre..

V.
Wert: 82,36 Euro (der von der Antragsgegnerin behauptete Anspruch gegen den Antragsteller)

Offline RR-E-ft

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Erneute Sperrandrohung: Welche Möglichkeit?
« Antwort #1 am: 02. Februar 2006, 11:07:22 »
Die Einstellung der Versorgung ist bei diesem Kleckerbetrag schon unverhältnismäßig im Sinne von § 33 Abs. 2 AVBEltV.

Das gilt vollkommen unabhängig davon, dass die Voraussetzungen einer Einstellung mangels Fälligkeit, Schuldnerverzug, Verletzung einer Zahlungspflicht nicht vorliegen.


Sie sollten eine einstweilige Verfügung mit Hilfe eines Anwalts vor Ort beantragen und sich nicht allein auf den Weg zum Gericht machen.

Verweisen Sie auf die bekannten Beschlüsse AG Bad Kissingen etc. pp.


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline David-719

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Erneute Sperrandrohung: Welche Möglichkeit?
« Antwort #2 am: 26. Februar 2006, 02:27:52 »
Hallo,

ich habe nun eine einstweilige Verfügung beantragt. Das Amtsgericht Backnang hat für den kommenden Donnerstag, 02. März, eine mündliche Verhandlung angesetzt.

Das wäre kein Beinbruch, aber in seiner Verfügung schreibt das Gericht:
Zitat
..., dass derzeit nicht glaubhaft gemacht ist, dass sich die Antragsgegnerin entgegen dem bereits ausgesprochenen Hausverbot rechtswidrig Zugang zur Absperreinrichtung verschaffen wird, anstelle des Versuchs, einen dahingehenden Duldungstitel gegen den Antragsteller zu erwirken, wie sie ihm in der vorgelegten 2. Mahnung ankündigt.


1. War das Hausverbot also ein Fehler?
2. Wäre es richtiger gewesen, eine Klage in der Hauptsache einzureichen? (Davon war mir von unterschiedlichen Seiten abgeraten worden; das sei vielmehr \"ein klassischer Fall für eine einstweilige Verfügung\".)
3. Ist es richtig, daß ich gegen ein abweisendes Urteil keine Rechtsmittel habe (Streitwert: < 100 Euro)?
4. (Wichtigste Frage:) Gibt es in der Gegend (Großraum Stuttgart oder so) einen Anwalt, der sich mit dem Thema auskennt (die hiesigen Anwälte kann man vergessen)?

Schon mal vielen Dank für die Hilfe!

Gruß
David

Offline Cremer

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Erneute Sperrandrohung: Welche Möglichkeit?
« Antwort #3 am: 26. Februar 2006, 12:32:11 »
David -719,

Punkt 2: richtig, keine Klage in der Hauptsache.
Punkt 4: Schauen Sie in der Liste der Rechtsanwälte auf den Energienetzseiten nach. Dort finden Sie nach Postleitzahlen geordnet. Fragen Sie bei der Initiative von Stuttgart und Bad Herrenberg nach
MFG
Gerd Cremer
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Offline RR-E-ft

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Erneute Sperrandrohung: Welche Möglichkeit?
« Antwort #4 am: 26. Februar 2006, 18:41:19 »
@David-719

Warum lassen Sie sich nicht von einem Anwalt vertreten.

Es soll an einer Glaubhaftmachung mangeln, d. h. an einem enstsprechenden Vortrag, welcher mit eidesstattlicher Versicherung glaubhaft gemacht ist.

Aus der Entscheidungssammlung sollten Sie sich die entsprechenden Beschlüsse LG Düsseldorf  vom 04.01.2006 und LG Bonn dahernehmen.

Zudem sollten Sie das Gericht auf die Entscheidungen

AG Bad Kissingen, WuM 2005, 594
AG München, WuM 2005, 595
AG Marienberg, WuM 2005, 595

hinweisen.

Danach ist das Versorgungsunternehmen schon nicht zur Androhung der Versorgungseinstellung berechtigt und hat diese zu unterlassen.


Nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Versorgungunterbrechung  ausßerhalb des Grundstücks vorgenommen werden kann, was man mit einem Hausverbot gerade nicht wirksam abwehren kann.

Das hatten Sie wohl bisher nicht vorgetragen/ glaubhaft gemacht.

Sie sollten nicht ohne Anwalt, den Sie sich vor Ort suchen, antreten.

Im Übrigen liest Ihr Versorger hier sicher mit....


Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
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Offline David-719

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Erneute Sperrandrohung: Welche Möglichkeit?
« Antwort #5 am: 27. Februar 2006, 01:34:03 »
Zitat
Warum lassen Sie sich nicht von einem Anwalt vertreten.

Mit den hiesigen Anwälten habe ich leider keine guten Erfahrungen gemacht. (Auf die Gefahr hin, daß die hier mitlesen, aber das glaube ich nicht.) Die einzigen Erfolge, die ich bisher vor Gericht hatte, habe ich ohne Anwalt erreicht. Angesichts des hohen Kostenrisikos will ich daher nur einen Anwalt nehmen, der sich mit dem Thema auskennt. Wenn Sie nicht so weit weg wären, ...

Zitat
Es soll an einer Glaubhaftmachung mangeln, d. h. an einem enstsprechenden Vortrag, welcher mit eidesstattlicher Versicherung glaubhaft gemacht ist.

Heißt das, ich kann/muß meine Angaben nochmals eidesstattlich versichern, obwohl sie durch Urkunden bewiesen sind?

Zitat
Zudem sollten Sie das Gericht auf die Entscheidungen
AG München, WuM 2005, 595
hinweisen.

München: Ist das 133 C 15392/05? Die hatte ich schon in der Antragsschrift. Desgl. einen sehr ähnlichen Beschluß aus Frankfurt/Main.

Zitat
Nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Versorgungunterbrechung ausßerhalb des Grundstücks vorgenommen werden kann, was man mit einem Hausverbot gerade nicht wirksam abwehren kann.

Das hatten Sie wohl bisher nicht vorgetragen/ glaubhaft gemacht.

Danke für den Tip!! Darauf war ich bisher noch nicht gekommen.

Zitat
Sie sollten nicht ohne Anwalt, den Sie sich vor Ort suchen, antreten.

Deswegen suche ich ja hier und anderswo - leider bislang erfolglos. Wegen so einer popeligen Sache will bestimmt kein Anwalt von weiter als Stuttgart hierher kommen.

Zitat
Im Übrigen liest Ihr Versorger hier sicher mit....

Daher habe ich hier auch nicht alles geschrieben, was ich noch im Petto habe. Trotzdem habe ich ein wenig das Gefühl, das Gericht sei eher gegen mich gestimmt.

Sie haben mir auf jeden Fall schon viel weitergeholfen. Falls ich noch Fragen habe (und keinen Anwalt finde), melde ich mich nochmal.

Je nachdem, wie es ausgeht, halte ich Sie auf dem laufenden.

Herzliche Grüße
David

Offline David-719

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Erneute Sperrandrohung: Welche Möglichkeit?
« Antwort #6 am: 27. Februar 2006, 01:38:13 »
Zitat von: \"Cremer\"
David -719,
Punkt 4: Schauen Sie in der Liste der Rechtsanwälte auf den Energienetzseiten nach. Dort finden Sie nach Postleitzahlen geordnet. Fragen Sie bei der Initiative von Stuttgart und Bad Herrenberg nach

Da war ich natürlich schon: Für ganz Baden-Württemberg sind da nur drei Anwälte aufgeführt. In Heilbronn, Albstadt und Freiburg.
Wegen der Reisekosten und den relativ geringen Verdienstaussichten für den Anwalt alles viel zu weit weg.
Habe auch schon mit einem Mitglied der Protestgruppe gesprochen. Die konnten mir auch nur ein wenig weiterhelfen. Nun versuche ich es noch bei der Verbraucherzentrale.

Trotzdem einstweilen vielen Dank!

Gruß
David

Offline RR-E-ft

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Offline Cremer

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Erneute Sperrandrohung: Welche Möglichkeit?
« Antwort #8 am: 28. Februar 2006, 13:02:24 »
@David-719

kontaktieren Sie ggf. die Verbraucherzentrale, die können Ihnen Anwälte in der Nähe nennen.
MFG
Gerd Cremer
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