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Autor Thema: Hitzewelle treibt Strompreise an  (Gelesen 13572 mal)

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Offline ElCattivo

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Hitzewelle treibt Strompreise an
« Antwort #15 am: 26. Juli 2006, 18:11:25 »
Zitat von: \"taxman\"
taxman:
Wieso verstehe ich Sie dann nicht ?  :oops:


Keine Ahnung. Ich meinte, aus Ihrem Posting herausgelesen zu haben, dass auch Sie die Ansicht vertreten, dass man nicht einerseits liberalisieren kann, um dann gleichzeitig hintenherum doch wieder mit Regulierung zu beginnen, z.B. in dem man noch nicht einmal einen einheitlichen Marktpreis für das Großhandelsprodukt gestattet.

Offline ElCattivo

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Hitzewelle treibt Strompreise an
« Antwort #16 am: 26. Juli 2006, 18:30:15 »
Zitat von: \"RR-E-ft\"
@ElCattivo

Wie konnte ich nur die Einpreisung der zum Großteil unentgeltlich zugteilten Zertifikate außer Acht lassen. Ich teile die Auffassung von Markert, abgedruckt in ZNER 2006, 119.

Habe ich nicht gelesen. Wenn er sich für eine weitestgehende Versteigerung einsetzt, hat er mich auf seiner Seite. Das überrascht Sie vielleicht, da es nicht gängige Meinung der Branche ist. Ganz persönlich halte ich das dennoch für gerechtfertigt.
Sollte er dagegen die EVU verteufeln, weil diese unverschämterweise kostenlos zugeteilte Zertifikate in ihre Grenzkostentableaus einfließen lassen, kann ich nur den Kopf schütteln. Ich will jetzt nicht noch einmal mit Opportunitätskosten anfangen, nur soviel: Was unterscheidet dieses ganze Thema eigentlich von der Grenzbodentheorie, welche Ricardo schon vor zwei Jahrhunderten aufgestellt hat? Genau: Nichts!


Zitat von: \"RR-E-ft\"
Sie sprechen immer von einem Marktpreis.
Ein solcher kann sich erst bei wirksamen Wettbewerb bilden, den es bis heute aufgrund der bestehenden Marktbeherrschung bei der Stromerzeugung nicht gibt. Allein deshalb gibt es eine so große Diskrepanz zwischen Stromerzeugungskosten und den Großhandelspreisen.

Wiederum: Sie stellen eine These in den Raum, die mir allein schon wegen der riesigen Handelsumsätze einer großen Zahl sehr verschiedeninteressierter Unternehmen nicht gerechtfertigt erscheint. Aber so langsam wiederhole ich mich.

Zitat von: \"RR-E-ft\"
Ich bin mir nicht sicher, ob alle Stadtwerke es genauso sehen, dass sich die Strompreise bereits in einem fairen Wettbewerb bilden und sie deshalb bereits zu günstigen Preisen Strom kaufen können oder sich nicht eher einem als solchem empfundenen Preisdiktat gegenüber sehen.

Weiß ich natürlich auch nicht. Aus Gesprächen mit Kollegen großer Stadtwerke (d.h. mit eigenen Handelsabteilungen incl. Marktanalysten usw.) kann ich Ihnen aber berichten, dass man dort kaum etwas von bzgl. konkreter Manipulationsvorwürfe hört. Dies beschränkt sich tatsächlich auf Verbraucherverbände, Politiker, Journalisten usw.

Offline hollmoor

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Hitzewelle treibt Strompreise an
« Antwort #17 am: 26. Juli 2006, 18:31:50 »
@ElCattivo

Wie wärs mit Entspannung beim schwimmen?
Gruß aus der Lüneburger Heide

Offline RR-E-ft

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Hitzewelle treibt Strompreise an
« Antwort #18 am: 26. Juli 2006, 19:39:09 »
@ElCattivo

Pfaffenberger ist ja wohl unverdächtig, den Verbraucherschützern oder Bild & Co nach dem Munde zu reden.

Dessen Ansichten muss man gewiss nicht teilen.
Ich teile diese auch nicht.

Eine Überlegung von ihm kann man jedoch wohl aufgreifen, nur eben anders anwenden.

Bitte zunächst notwendigerweise hier lesen:

http://www.welt.de/data/2005/08/29/767009.html

Beim erzeugten Strom verhält es sich ggf. nicht anders als bei den Zertifikaten, was die Marktgägngigkeit anbelangt.

Würden nun alle Strommengen über die Börse gehandelt, würde das Handelsvolumen dort deutlich ausgeweitet.

Durch das größere Angebot wären die Preise schon weniger volatil.
Geringere Preisschwankungen wären ein Wert an sich, weil der Markt insgesamt träger wird, weniger zu nervösen Reaktionen neigt.  

Zugleich könnte wohl das Preisniveau sinken (wie der Zertifikatepreis nach Paffenberger)

Alle Stromhändler hätten die gleichen Chancen.

Jeder könnte sehen, wie sich die Preise entwickeln.

Man könnte dann ggf. von einem Marktpreis sprechen, weil das gesamte Angebot auf die gesamte Nachfrage trifft.

Wenn hingegen nur eine Spitzennachfrage auf ein von anfang an  begrenztes Angebot trifft, müssen die Preise höher liegen.

Legt man bisher alle außerbörslichen Preise an diese Preise an, sind die Preise insgesamt zu hoch, weil sie sich gerade nicht über ein vollkommenes Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage gebildet haben.

Dieser Umstand wäre sogar systemimmanent, wenn niemand Strom billiger anbieten sollte, als zu den entsprechenden Börsennotierungen, wie Sie es aufzeigten. Er wäre ohne jedwede Manipulation zu verzeichnen.

Eine Manipulation könnte man in dem praktizierten System an sich erblicken.

Dieser Ansatz käme ohne Verstaatlichung und allem anderen aus, allein dadurch, dass man den Marktgesetzen Geltung verschafft.

Der notwendige staatliche - regulierende - Eingriff bestünde in der Anordnung eines Börsenzwanges für die erzeugten Strommengen.

Selbstredend nicht für alle Strommengen, so dass der Mini- BHKW- Betreiber nicht an der EEX handeln muss, aber für die wesentlichen Strommengen.

Es gäbe noch nicht einmal einen Nachteil für die Konzerne, die ihren Strom ja sowieso immer zu Marktpreisen absetzen wollen und auch den Kunden gegenüber die Preise wohl so kalkulieren, als wären sie über die Börse gehandelt.

Dann sind sie es tatsächlich.

Wenn die Marktpreisbildung tatsächlich jetzt schon funktionieren sollte,  würde sich gar nichts dadurch ändern.

Es steht jedoch zu erwarten, dass im Sinne der Industrie und der Verbraucher positive Effekte gezeitigt werden.

Es hätte also nur Vorteile und wäre zudem vollkommen marktkonform.
 
Manche meinen, mann müsste auch die importierten Gasmengen an einem virtuellen Handelspunkt auf die Nachfrage aller Gashändler treffen lassen.

Bei Strom ist das wegen der physikalischen Gegebenheiten noch viel einfacher.

Was denken Sie als anerkannter Marktverfechter darüber?

Wenn man die inländischen  Stromerzeuger zum Handel über die Börse zwingt, müsste man dann im Gegenzug die Nachfrage aus dem Ausland dort ausgrenzen bzw. beschränken, damit nicht etwa die Chinesen  alles wegkaufen und hier das Licht ausgeht?






Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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Offline ElCattivo

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Hitzewelle treibt Strompreise an
« Antwort #19 am: 26. Juli 2006, 20:16:24 »
Zitat von: \"RR-E-ft\"
@ElCattivo
Pfaffenberger ist ja wohl unverdächtig, den Verbraucherschützern oder Bild&Co nach dem Munde zu reden.
Dessen Ansichten muss man gewiss nicht teilen.
Ich teile diese auch nicht.
Eine Überlegung von ihm kann man jedoch wohl aufgreifen, nur eben anders anwenden.
Bitte zunächst notwendigerweise hier lesen:
http://www.welt.de/data/2005/08/29/767009.html

Na da eint uns ja mal was. Ich schätze ihn ebenso wenig, allein schon deshalb, weil er einfach jedem nach dem Munde redet, der ihn bezahlt.
In diesem Interview gibt es allerdings eine Theorie, bei der ich ihm (wie oben schon geschrieben) folge:

DIE WELT: Die Grünen schlagen deshalb vor, Emissionszertifikate nicht mehr gratis zu verteilen, sondern staatlich zu versteigern.
Pfaffenberger: Das kann man machen, aber das wird den Strompreis nicht senken. Der Strompreis wird immer steigen und der Kunde muß es auf jeden Fall bezahlen. Die Frage ist nur wer es kriegt: Der Staat oder die Stromerzeuger.


Ich nehme aber an, sie meinten eher folgendes Zitat:
Es ist tatsächlich ein Ärgernis, wenn die Konzerne den aktuellen Börsenwert der Zertifikate als entgangenen Verkaufserlös interpretieren und dies als Kosten bei den Strompreisen draufschlagen. Denn in diesem Denkmodell ist die Fiktion drin, daß alle Zertifikate denselben Wert haben. Den haben sie aber nicht. Denn der Börsenwert der Zertifikate würde auf nahezu Null sinken, wenn RWE oder E.on wirklich alle ihre Gutscheine zeitgleich auf den Markt werfen würden. Tatsächlich werden aber nur wenige Zertifikate gehandelt. Der daraus entstehende Börsenpreis wird maßgeblich für alle Zertifikate und wird dann auch für alle Zertifikate auf die Stromkunden überwälzt.

Nunja, jetzt weiß ich auch gleich wieder, weshalb ich ihn so wenig schätze. Es ist wirlklich eine Schande, wenn ein Professor so einen Käse schreibt. Was würde denn bitte passieren, wenn RWE & Co. alle ihre Zertifikate auf den Markt schmissen? Richtig, in Deutschland ginge das Licht aus, denn ebendiese Zertifikate brauchen si für Stromerzeugung genauso dringend wie beispielsweise den Brennstoff. Damit wären wir auch gleich wieder beim Grund, weshalb die Zertifikate selbstverständlich in die Grenzkosten mit einzukalkulieren sind, ganz gleich ob sie nun kostenlos zugeteilt oder ersteigert wurden. Fakt ist doch, dass ich als Erzeuger vor der Wahl stehe, das Zertifikat zu verkaufen und den Strom am Markt zu kaufen oder eben ihn - unter Verbrauch eines Zertifikates - selbst zu erzeugen. Da muss ich doch mit dem Klammerbeutel gepudert sein, wenn ich den Wert des Zertifikates bei der Ermittlung der Grenzkosten außen vor lasse.
Und noch einmal: Grenzboden nach Ricardo, ich bleibe dabei.


Zitat von: \"RR-E-ft\"

Beim erzeugten Strom verhält es sich ggf. nicht anders als bei den Zertifikaten, was die Marktgägngigkeit anbelangt.
Würden nun alle Strommengen über die Börse gehandelt, würde das Handelsvolumen dort deutlich ausgeweitet.
Durch das größere Angebot wären die Preise schon weniger volatil.
Geringere Preisschwankungen wären ein Wert an sich, weil der Markt insgesamt träger wird, weniger zu nervösen Reaktionen neigt.  

Per Termin wird - wie schon gesagt - bereits heute ein vielfaches des tatsächlichen Verbrauchs bewegt. Und auch die 15% am Spotmarkt sind nur die EEX-Mengen. Hinzu kommen weitere Spot- und Kurzfristmengen über Broker.

Zitat von: \"RR-E-ft\"

Zugleich könnte wohl das Preisniveau sinken (wie der Zertifikatepreis nach Paffenberger)

Wieso das denn? Wegen der zusätzlichen Anbieter? Ich fürchte, Sie vergessen dabei, dass im selben Ausmaß auch die Nachfrager auf den Markt kommen, die ja nun außerhalb der Börse keinen Strom mehr bekommen.

Zitat von: \"RR-E-ft\"

Alle Stromhändler hätten die gleichen Chancen.
Jeder könnte sehen, wie sich die Preise entwickeln.
Man könnte dann ggf. von einem Marktpreis sprechen, weil das gesamte Angebot auf die gesamte Nachfrage trifft.

Alles heute schon gegeben.
Welcher Händler ist benachteiligt?
Die Preise sind längst öffentlich, deren Entwicklung ebenso, sogar die Angebots- und Nachfragekurven (Spot) sowie Orderbücher (Termin) werden von der EEX veröffentlicht.
Was wollen Sie denn noch?

Zitat von: \"RR-E-ft\"

Wenn hingegen nur eine Spitzennachfrage auf ein von anfang an  begrenztes Angebot trifft, müssen die Preise höher liegen.
Legt man bisher alle außerbörslichen Preise an diese Preise an, sind die Preise insgesamt zu hoch, weil sie sich gerade nicht über ein vollkommenes Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage gebildet haben.

Was meinen Sie eigentlich die ganze Zeit mit Spitzennachfrage?

Zitat von: \"RR-E-ft\"

Der notwendige staatliche - regulierende - Eingriff bestünde in der Anordnung eines Börsenzwanges für die erzeugten Strommengen.

Ja genau. Dann aber bitte auch sämtliche Nachfrager verpflichtend an die Börse. Mal im Ernst, jetzt geht wohl der Regulierungswahn mit Ihnen durch. Sind Sie sicher, dass Sie im Kern für Liberalisierung sind und falls ja, wie bringen Sie das mit Ihren Theorien in Einklang?

Offline taxman

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Hitzewelle treibt Strompreise an
« Antwort #20 am: 26. Juli 2006, 20:46:38 »
Sorry ElCattivo, nur zu meinem Verständnis:

Zitat von dir:
Fakt ist doch, dass ich als Erzeuger vor der Wahl stehe, das Zertifikat zu verkaufen und den Strom am Markt zu kaufen oder eben ihn - unter Verbrauch eines Zertifikates - selbst zu erzeugen.

1. Also in dem einen Fall hat der Erzeuger den Ertrag aus dem Verkauf des Zertifikates und den Aufwand aus dem Einkaufes des Stromes.

2. Im anderen Fall hat er nur den Aufwand, da er den Strom selbst produziert und gibt hierfür sein Zertifikat her.

A: Zwischenfrage: Was ist, in der Regel, billiger? Den Strom zu kaufen oder selbst zu produzieren? Und Strom zu kaufen ist doch kein Tagesgeschäft, oder?

B: Jetzt meinst du, dass der Erzeuger im 2. Fall dafür, dass er keinen Aufwand hatte, diesen auch noch auf den Endverbraucher umlegen kann. Sorry, ich verstehe es nicht. Sorry nochmals, ich wills aber! Daher bemühe dich bitte mir es in verständlichen Worten zu erklären.
pin.energiepreise@yahoo.de

Dort treffen sich Kunden der Stadtwerke Walldorf, Heidelberg, Hockenheim, Weinheim, Neckargemünd, MVV und Erdgas Südwest!

Offline RR-E-ft

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Hitzewelle treibt Strompreise an
« Antwort #21 am: 26. Juli 2006, 21:21:21 »
@ElCattivo

Dass man den angeordneten Handel über einen Markt als Regulierungswahn geißelt, wäre mir neu.

Wenn alle Strommengen über die Börse gehandelt werden, dann müssten selbstredend auch die Nachfrager (Stromhandelsgesellschaften, nicht Einzelkunden!) dort kaufen, wo denn sonst.

Nachfrager sind also die, die heute ab Kraftwerk kaufen.


Unter Stromhandelsgesellschaften verstehe ich zugleich die Vertriebsgesellschaften der Regionalversorger/ Stadtwerke, die ggf. ihre Nachfrage im Konzern/ Verbund  bündeln werden.

Die Inlandsnachfrage ist relativ stabil.
Das Angebot wohl nicht minder.

Wenn an der Börse jedoch nur der geringere Teil des Inlandsangebotes gehandelt wird und auf diesen geringen Teil des Angebotes dann eine kurzfristig steigende Nachfrage, etwa aus dem Ausland trifft, dann müssen sich die Preise wohl dramatisch nach oben bewegen.

(Koppelt man das außerbörsliche Handelsvolumen vertraglich an die Börsenpreise, steigt das Preisniveau insgesamt wohl stärker, als wenn es nur den börslichen Handel gäbe- systemimmanent.)


Würde man das Handelsvolumen an der Börse jedoch bedeutend ausweiten, das gesamte Inlandsangebot über diesen Markt lenken, dann müsste sich dort ein Marktpreis einstellen.

Dieser sich dann einstellende Marktpreis sollte wohl niedriger liegen als der jetzige "Marktpreis".

Der sich dann bildende Marktpreis sollte demnach m. E. näher an den Stromerzeugungskosten liegen und mithin reeller sein als jetzt.

Ich meine, dass die Höhe des Preisniveaus  aus v. g. Gründen deshalb auch vom Handelsvolumen abhängt.

Die dabei angestellte Überlegung ist ähnlich wie die bei der räumlichen Ausweitung der Regelzonen....

Kurzum:

1.

Um so größer das Marktvolumen, um so geringer die Volatilität des Marktes - wohl unstreitig.

2.

Um so größer das Marktvolumen, um so geringer die (wenn Sie wollen auch nur theoretische) Möglichkeit der Manipulation - wohl auch unstreitig.

3.

Um so größer das Marktvolumen, um so vollkommener der Wettbewerb, um so näher die Marktpreise mithin nach aller Theorie an den Grenzkosten.  


Was daran so grundsätzlich falsch sein sollte, vermag ich bisher nicht zu erkennen.

Wenn die außerbörslichen Vertragspreise heute angeblich schon so aussehen sollen wie die Börsenpreise, dann sollte nicht so viel dagegen sprechen.

Es wäre wohl der mildeste regulative Eingriff, der die Großhandelspreise den Wettbewerbspreisen angleicht.

Welchen Weg gäbe es sonst?


Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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Offline ElCattivo

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Hitzewelle treibt Strompreise an
« Antwort #22 am: 26. Juli 2006, 21:42:57 »
Zitat von: \"taxman\"
Sorry ElCattivo, nur zu meinem Verständnis:

Zitat von dir:
Fakt ist doch, dass ich als Erzeuger vor der Wahl stehe, das Zertifikat zu verkaufen und den Strom am Markt zu kaufen oder eben ihn - unter Verbrauch eines Zertifikates - selbst zu erzeugen.

genau

Zitat von: \"taxman\"

1. Also in dem einen Fall hat der Erzeuger den Ertrag aus dem Verkauf des Zertifikates und den Aufwand aus dem Einkaufes des Stromes.

genau

Zitat von: \"taxman\"

2. Im anderen Fall hat er nur den Aufwand, da er den Strom selbst produziert und gibt hierfür sein Zertifikat her.

die hergabe des (werthaltigen) zertifikates verursacht ebenso kosten (oder aufwand), genau genommen opportunitätskosten

Zitat von: \"taxman\"

A: Zwischenfrage: Was ist, in der Regel, billiger? Den Strom zu kaufen oder selbst zu produzieren? Und Strom zu kaufen ist doch kein Tagesgeschäft, oder?

kann man nicht pauschal beantworten, da es von vielen faktoren abhängt (brennstoffpreis, co2-preis, wirkungsgrad, strompreise etc.)
und ja, stromkauf ist (auch) tagesgeschäft, eigentlich sogar stundengeschäft, vgl. day-ahead-auktion an der eex (http://www.eex.de)

Zitat von: \"taxman\"

B: Jetzt meinst du, dass der Erzeuger im 2. Fall dafür, dass er keinen Aufwand hatte, diesen auch noch auf den Endverbraucher umlegen kann. Sorry, ich verstehe es nicht. Sorry nochmals, ich wills aber! Daher bemühe dich bitte mir es in verständlichen Worten zu erklären.


er hatte zwar keinen aufwand, das ist aber unwichtig. der punkt ist, dass das zertifikat einen wert hat. der erzeuger steht also vor der wahl, den wert des zertifikates in "seinen" strompreis einzukalkulieren oder eben nicht. fakt ist aber, dass er für die erzeugung dieses stroms definitiv ein zertifikat vorweisen muss.
Es ist genau dasselbe wie mit dem Brennstoff. Auch diesen benötigt er zwingend für die Erzeugung. Aber wer käme schon auf die Idee, die Brennstoffkosten nicht in den Preis einzukalkulieren? (Bevor jetzt ein Einwand kommt: Selbstverständlich spiegele ich soweit möglich meine Brennstoffbezugspreise ebenso am Brennstoffmarktpreis, um zu checken, ob ich ggf. mit einem Verkauf des Brennstoffs ein noch besseres Geschäft machen kann.)
noch ein beispiel: du bekommst eine cd geschenkt, die du (warum auch immer) nicht gebrauchen kannst. nun kannst du diese natürlich weiterverschenken. du kannst sie aber auch bei ebay verkaufen. dort wirst du wahrscheinlich auch einen gewissen betrag dafür erhalten. für den käufer ist es dabei völlig unerheblich, ob du die cd zuvor geschenkt bekommen hast oder diese selbst gekauft hast. am wert der cd ändert das nichts.

Offline RR-E-ft

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Hitzewelle treibt Strompreise an
« Antwort #23 am: 26. Juli 2006, 22:02:13 »
@ElCattivo

Es handelt sich um Opportunitätskosten.

Die Frage, der das Bundeskartellamt, nachgeht ist nun die, ob es unter Wettbewerbsbedingungen möglich ist, diese einzupreisen, mithin bei gleichem realem Aufwand höhere Preise zu fordern.

Im harten Wettbewerb strebt ja jeder danach, seine Kosten zu senken und sich mit einem geringeren Preis gegen seine Wettbewerber durchzusetzen.

Wenn also im Wettbewerb das Bestreben dahin geht, reale Kosten zu senken, um am Markt überhaupt wettbewerbsfähige Preise bieten zu können, dann mutet es merkwürdig an, dass demgegenüber in einem Bereich, der nicht gerade von Wettbewerb geprägt ist, sogar lediglich kalkulatorische Kosten in die Preise eingerechnet werden können, was Preiserhöhungen zur Folge hat, die dann auch noch am Markt durchgesetzt werden können.

Das Bundeskartellamt prüft mithin die naheliegende Frage, ob diese Durchsetzung dieser höheren Preise nicht auf die marktbeherrschende Stellung des Oligopols zurückzuführen ist, ohne eine solche nicht möglich wäre.

Sollte das Bundeskartellamt zu der Auffassung gelangen, dass es sich beim Einpreisen um das missbräuchliche Ausnutzen einer marktbeherrschenden Stellung handelt, dann wird es entsprechende Folgen zeitigen.

Man bedenke dabei, dass es im harten Wettbewerb vorkommt, dass selbst tatsächliche Kosten aufgrund der Wettbewerbssituation nicht in die Preise einkalkuliert werden können, Preise in Unterdeckung angeboten werden müssen.

Das ist die zentrale Frage dabei.

Dass in der Theorie Opportunitätskosten als solche grundsätzlich anerkannt werden, ist davon deutlich zu unterscheiden.

Es geht also keinesfalls um eine moralische Frage dergestalt, ob es redlich ist, Geschenke zu verkaufen.

Die Frage ist, ob man andere aufgrund seiner besonderen Stellung dazu zwingen kann, diese Geschenke zu bezahlen zu Preisen, die man selbst aufruft !!!

Eine geschenkte CD, die man selbst nicht gebrauchen kann, bei e-bay zu versteigern, ist demgegenüber harmlos.

Entsprechend unterschiedlich fallen die Sanktionen aus.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
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Offline Fidel

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« Antwort #24 am: 26. Juli 2006, 23:00:33 »
Moin:

@Cremer

Zitat
es heißt AKW sondern KKW.

Es wird nur mit dem Kern eines Atoms "gearbeitet" nicht mir dem ganzen Atom,

deshalb KKW


So, so. Und warum heißt es denn "Atombombe" und nicht "Kernbombe"?

Gruß
Fidel

Offline Cremer

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« Antwort #25 am: 26. Juli 2006, 23:26:18 »
@Fidel,

bei einer Atombombe versachmelzen zwei Atome

bei einem Kernkraftwerk wird der Kern eines Atoms gespalten.

Bei Reaktionen sind exotherm.
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

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Offline Fidel

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« Antwort #26 am: 26. Juli 2006, 23:37:47 »
Moin:

@Cremer

Zitat
bei einer Atombombe versachmelzen zwei Atome

bei einem Kernkraftwerk wird der Kern eines Atoms gespalten.


Auch bei einer Atombombe erfolgt eine Kernspaltung. Das Verschmelzen von Atomkernen geschieht bei der Wasserstoffbombe.

Gruß
Fidel

Offline ElCattivo

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« Antwort #27 am: 27. Juli 2006, 10:00:52 »
Zitat von: \"RR-E-ft\"
@ElCattivo
Es handelt sich um Opportunitätskosten.

Echt wahr?

Zitat von: \"RR-E-ft\"

Die Frage, der das Bundeskartellamt, nachgeht ist nun die, ob es unter Wettbewerbsbedingungen möglich ist, diese einzupreisen, mithin bei gleichem realem Aufwand höhere Preise zu fordern.
...
Das Bundeskartellamt prüft mithin die naheliegende Frage, ob diese Durchsetzung dieser höheren Preise nicht auf die marktbeherrschende Stellung des Oligopols zurückzuführen ist, ohne eine solche nicht möglich wäre.

Es gibt tausende Anbieter und Nachfrager auf dem CO2-Zertifikatemarkt, der im übrigen kein deutscher, sondern ein europäischer ist. Ein Oligopol sieht wohl anders aus. Aber wahrscheinlich meinten Sie den Strommarkt. In dem Fall gibt es in allen anderen Ländern um uns herum (wohlgemerkt auch Skandinavien, UK usw.) wohl auch Oligopole, denn die Preise entwickeln sich dort kein bißchen anders. Teilweise fielen die Preisanstiege dort sogar noch stärker aus. Aber wahrscheinlich geht das ja auch alles auf die Kappe der bösen deutschen Oligopolisten ...

Zitat von: \"RR-E-ft\"
Die Frage ist, ob man andere aufgrund seiner besonderen Stellung dazu zwingen kann, diese Geschenke zu bezahlen zu Preisen, die man selbst aufruft !!!

Ich kann keinerlei Zwang erkennen, aber ich wiederhole mich.
Und noch einmal: Wie stehen Sie zur Grenzbodentheorie Ricardos?

Zitat von: \"RR-E-ft\"
Eine geschenkte CD, die man selbst nicht gebrauchen kann, bei e-bay zu versteigern, ist demgegenüber harmlos.

Was Sie nicht sagen. Womöglich habe ich ja deshalb mit "Ein Beispiel" eingeleitet?  :roll:

Offline ElCattivo

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« Antwort #28 am: 27. Juli 2006, 10:15:53 »
Zitat von: \"RR-E-ft\"
@ElCattivo
Dass man den angeordneten Handel über einen Markt als Regulierungswahn geißelt, wäre mir neu.

Erstaunlich. Liberalisierung bedeutet nach meinem Verständnis die Befreiung von Beschränkungen und Vorschriften. Regulierung ist insofern gewissermaßen das Gegenteil von Liberalisierung. Sie schlagen nun eine Vorschrift nach der anderen vor und wollen dieses und jenes zwangsweise vorschreiben und wundern sich dann allen Ernstes wenn man dies als "Regulierungswahn" bezeichnet? Mir fehlen die Worte.

Zitat von: \"RR-E-ft\"
Wenn alle Strommengen über die Börse gehandelt werden, dann müssten selbstredend auch die Nachfrager (Stromhandelsgesellschaften, nicht Einzelkunden!) dort kaufen, wo denn sonst.

Na dann mal zu. Die Börse wird\'s freuen. Schließlich haben Sie gerade ein Monopol geschaffen, Glückwunsch. Heute läuft es so, dass die Börse mit etlichen Brokern im Wettbewerb steht, was dem Markt sicherlich gut tut. Aber wenn Sie meinen, ein Monopol kann das besser ...
Ein wirklich gutgemeinter Rat: Vergessen Sie das. Nicht nur, dass die Überwachung dieses Verordnungsmonsters ziemlich aufwändig wäre, enorme Handelsgebühren anfielen und überhaupt erst einmal sämtliche Anbieter und Nachfrager eigene Handelsabteilungen aufbauen müssten ist mir auch kein einziges Beispiel bekannt, wo so etwas auch nur versucht, geschweige denn erfolgreich praktiziert worden wäre.

Offline RR-E-ft

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« Antwort #29 am: 27. Juli 2006, 11:35:33 »
@ElCattivo

Danke für die Antworten.

Oligopole, wo auch immer, verhalten sich wirtschaftlich rational, wenn sie ihren Gewinn maximieren.

Dafür gibt es keine moralische Kategorie.

In Deutschland wurden die gestiegenen Großhandelspreise mit der Einpreisung der kostenlos zugeteilten Zertifikate durch die Konzernen begründet.

Diese haben diesen Grund selbst angegeben und tatsächlich gibt es eine entsprechende Korrelation.

Was die Ursache gestiegener Preise anderswo auf der Erde waren, kann deshalb dahinstehen.

Und es geht um den Strommarkt, genauer den Großhandelsmarkt, welcher nach der Einschätzung der EU weiter ein nationaler ist.

Fraglich also, ob man unter Wettbewerbsbedingungen die Großhandelspreise für Strom mit der Begründung der Einpreisung lediglich kalkulatorischer Kosten hätte erhöhen können.

Wie aufgezeigt, verhält man sich im harten Wettbewerb eigentlich entgegengesetzt.

Die unentgeltlich zugeteilten Zertifikate hätten eigentlich zu einem Wettbewerbsvorteil der so um Milliarden beschenkten Konzerne führen müssen, der auf einem Wettbewerbsmarkt wirksam eingesetzt, wohl dazu hätte führen müssen, dass ceteris paribus selbt Konzerne, welche die Zertifikate kaufen mussten und einen tatsächlichen Aufwand hatten, diesen nicht über die Preise vollständig an die Marktgegenseite hätten weitergeben können.

So stellt man sich das eben vor, wenn man von einem wirksamen Wettbewerb ausgeht.

Weil es eben anders lief, deutet vieles darauf hin, dass es zum einen keinen wirksamen Wettbewerb gibt und zum anderen gerade diese Situation von marktbeherrschenden Unternehmen (bereits ab 30 Prozent Marktanteil)  dazu benutzt wurde, Preise gegenüber der Marktgegenseite durchzusetzen, wie sie bei wirksamen Wettbewerb gerade nicht durchsetzbar gewesen wären.

Sollte sich dies bestätigen, läge gerade darin das missbräuchliche Ausnutzen einer marktbeherrschenden Stellung. dabei wurde auch in den Blick genommen, ob andere Branchen, die im Wettbewerb stehen, tatsächliche oder nur kalkulatorische Kosten durch den Emissionshandel über die Preise an ihre Kunden weiterreichen konnten.

Es ist nicht auszuschließen, dass es dabei Branchen gibt, welche selbst einen tatsächlichen Aufwand nicht weitergeben konnten, weil der harte Wettbewerb es eben nicht zulässt.

Das Einpreisen ist genauso wirtschaftlich rational wie die Preissetzung eines Monopolisten im Cournot´schen Punkt seiner Nachfragekurve. Diese Rationalität schließt also den Missbrauch gerade nicht aus.

Man wird sehen, ob, wann und mit welchem ergebnis das Bundeskartellamt ggf. handelt.

Markert hat die Empfehlung abgegeben, mit Verweis auf die Kartellrechtswidrigkeit, die ja immer zugleich auch eine Unbilligkeit im Vertragsverhältnis darstellt, ähnlich wie die wehrhaften Gaskunden zur Selbsthilfe überzugehen, und Rechnungsbeträge deshalb zu kürzen.

Das fand ich das Imposante an seiner Stellungnahme in ZNER 2006, 119, [121].

Wo dies im Einzelfall möglich sein sollte, sollte man daran denken, wenn man im Wettbewerb steht und Kosten senken muss, kann dies ein probater Weg sein. Nicht anders verhält es sich wohl mit der Mehrerlösabschöpfung durch Netznutzer, wenn dies der Bundesnetzagentur nicht gestattet sein soll [so schon Säcker, RdE 2006, 65 ff.).

Es sind also ggf. u. a. auch die nachgelagerten Netzbetreiber und Stromhandelsgesellschaften, die sich § 315 BGB nutzbar zu machen hätten, wenn der harte  Wettbewerb es von ihnen erfordert.

Wie wir nun jeweils zu welchem Klassiker stehen, dürfte ihre Urlaubszeit aufzehren. Dafür sind wir wohl einfach zu belesen.

Ich besorge, Sie könnten im Urlaub am Baggersee liegen und sich dort weiter vervollkommnen und sich dadurch mir gegenüber einen Vorteil verschaffen. :wink:

Passend zum Thema:

http://www.vea.de/pre03/pr250706.html

Zum ursprünglichen Thema dieses Threads:

http://www.zfk.de/news/news.html#Anchor-Der-14210


Freundliche Grüße
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Thomas Fricke
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