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Billigkeitskontrolle von Gaspreisen (Stand)

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RR-E-ft:
An dieser Stelle nochmals ganz deutlich:


Es geht nicht um die Billigkeit der Preiserhöhung, sondern immer um die Billigkeit der geforderten Preise, insgesamt bestehend aus Grund- und Arbeitspreis.

Man sollte  als Verbraucher immer wieder ganz klar zum Ausdruck bringen, dass man die jeweils geforderten Preise insgesamt als unbillig rügt.

Sonst läuft man Gefahr, dass Gerichte die Situation falsch beurteilen (so LG Heilbronn, nachdem angeblich nur eine einzelne Preiserhöhung als unbillig gerügt war).

§ 315 BGB findet auf einseitig bestimmte Preise unmittelbar Anwendung (BGH NJW 2006, 684), wobei der Anfangspreis nicht weniger einseitig bestimmt ist:

http://www.pontepress.de/pdf/200504U3.pdf

Auf eine Monopolstellung oder eine Angewiesenheitslage kommt es dabei nicht an, sondern nur darauf, dass die Preise einseitig fetgesetzt wurden. Dem Bestimmungsopfer ist es nicht zuzumuten, selbst ein der Billigkeit entsprechendes Entgelt zu bestimmen ( BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 8/05, Tz. 21, ZNER Heft 2006, 136 ff. mit Anmerkung Markert):

http://www.pontepress.de/pdf/200602U2.pdf

Selbst eine analoge Anwendung des § 315 BGB kommt auf Gaspreise in Betracht:

Bei der Gasversorgung handelt es sich um Leistungen der Daseinsvorsorge (BGH, ZNER 2005, 150):

http://www.pontepress.de/pdf/200502BGH10_02_2005.pdf

Im Bereich der Daseinsvorsorge gilt das Kostendeckungsprinzip (BGH, Urt. v. 21.09.2005 - VIII ZR 7/05; KG Berlin, WuM 2005, 257; Cromme DVBl. 2001, 757 ff.).


Nach der Rechtsprechung des  BGH vom 13.12.2005 - KVR 13/05 (ZNER 2006, 142 f.)

http://www.pontepress.de/pdf/200602U4.pdf

und dem Beschluss des OLG Düsseldorf vom 23.11.2005 (ZNER 2006, 47 [50]):

http://www.pontepress.de/pdf/200601U4.pdf


haben Stadtwerke und Regionalversorger in ihren angestammten Versorgungsgebieten gegenüber Haushalts- und Kleinkunden (HuK) weiter eine Monopolstellung inne und sind keinem Wettbewerb ausgesetzt, ein solcher steht auch nicht absehbar zu erwarten.


Der BGH hat ganz klar ausgeführt:

"Solange nicht davon ausgegangen werden kann, dass für die Gasnetze ein nicht nur rechtlich abgesichertes, sondern auch praktisch handhabbares Durchleitungssystem besteht, das anderen Weiterverteilern die Möglichkeit einräumt, Nachfrager zu Wettbewerbsbedingungen zu beliefern, verfügen Gasversorgungsunternehmen in ihren herkömmlichen Versorgungsgebieten auch weiterhin über ein natürliches Monopol."


Eine notwendige Kooperationsvereinbarung nach § 20 Abs. (1b) Satz 5 EnWG wurde nach aktuellen BGW/ VKU- Angaben von noch keinem einzigen Unternehmen der deutschen Gaswirtschaft bisher unterzeichnet, für die vollständige Marktöffnung sind erst noch weitere Schritte notwendig.

http://www.bgw.de/pdf/0.1_resource_2006_7_13_2.pdf

Mit anderen Worten:

Die vollständige Marktöffnung ist nach wie vor nicht erfolgt, obschon bereits mit dem EnWG 1998 zum 28.04.1998 angeordnet.

Nur Trippelschritte:

http://www.energate.de/news/84689

http://www.bgw.de/de/presse/pressemitteilungen/article_2006_7_10.html
http://www.bgw.de/de/presse/pressemitteilungen/article_2006_7_10.html?&pagelayout=print

http://www.vik-online.de/index.php?id=71&backPID=71&tt_news=79

Es wurden bisher auch keine Gas- Netzentgelte genehmigt, so dass bisher gar kein handhabbares Durchleitungssystem besteht, welches Wettbewerbern eine Versorgung von Letztverbrauchern mit Erdgas überhaupt ermöglichen könnte.  

Die Marktöffnung ist bisher weiter unvollständig.

§ 30 AVBV erfasst den Einwand der Unbilligkeit einseitiger Leistungsbestimmungen nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht:

http://www.pontepress.de/pdf/200602U6.pdf

http://www.pontepress.de/pdf/5_BGH_U_v_30_4_2003.pdf


Man sollte zudem das Gaspreis- Urteil des OLG Karlsruhe vom 28.06.2006 mit übersenden und einen entsprechenden Nachweis der Billigkeit der Preise fordern.

Aus diesem Urteil ergibt sich eindeutig, dass kein fälliger Zahlungsanspruch ohne die Offenlegung der Preiskalkulation besteht.

Dies gilt nach diesem Urteil auch für Sondervertragskunden, auch nach zunächst vollkommen vorbehaltlosen Zahlungen:

http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=3660

Oft sind jedoch auch schon die Preisanpassungsklauseln und andere nach der BGH- Rechtsprechung selbst gem. § 307 BGB unwirksam:

http://www.pontepress.de/pdf/200602U13.pdf

http://www.pontepress.de/pdf/200504U4.pdf

http://www.pontepress.de/pdf/200503U15.pdf

http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=3701

http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=3591




Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

RR-E-ft:
Hanau kommt in seinem aktuellen Aufsatz "Die Billigkeitskontrolle von Gaspreisen", ZIP 2006, S. 1281 ff. zu dem Ergebnis, dass sich bei  Tarifkunden eine einseitige Preisänderungsbefugnis aus § 4 AVBGasV ergibt, auf welche entsprechend der neuesten BGH- Rechtsprechung im "Lichtblick"- Urteil § 315 BGB (ggf. von Anfang an) direkt zur Anwendung kommt.

Der Gaspreis ist demnach bei Tarifkunden ein einseitig bestimmter  Kostenpreis, dessen Kontrolle es erfordert, die Preiskalkulation offen zu legen.

Zudem dem Ergebnis der direkten Anwendung des § 315 BGB auf Gastarifpreise kommt auch erneut Markert in ZNER 2006, 138 [139 ff.] mit überzeugender Begründung im Anschluss an das Urteil des BGH vom 07.02.2006 - KZR 8/05 (ZNER 2006, 136):

http://www.pontepress.de/pdf/200602U2.pdf

Hinsichtlich von Gastarifkunden, auf welche die AVBGasV direkt Anwendung findet, überzeugt dies.

Hinsichtlich sog. Norm- Sonderkunden, bei denen die Bestimmungen der AVBGasV in den Vertrag einbezogen wurden, dürfte die entsprechende Bestimmung nach § 4 AVBV hingegen an § 307 BGB gemessen nach der neusten BGH- Rechtsprechung (BGH NJW-RR 2005, 1717) keinen Bestand haben, so dass eine entsprechende Klausel insoweit unwirksam wäre, keine Preiserhöhungen darauf gestützt werden können.

Dementsprechend sind m.E. auch die Urteile der LG Bremen (ZIP 2006, 1301) und LG Dresden vom 31.06.2006 zu verstehen, wonach § 4 AVBGasV kein Recht zu einseitigen Preisänderungen gibt (eben da, wo die Vorschrift keine direkte Anwendung findet).

Im Anschluss an Arzt, Fitzner, ZNER 2005, 305 ff. ist davon auszugehen, dass einer unwirksamen Klausel nicht erst zur Wirksamkeit verholfen werden darf, § 306a BGB.  

Sollte eine Preisänderungsklausel nach § 305 BGB wirksam einbezogen sein und diese dann auch nicht gem. § 307 BGB unwirksam sein, wird sich die Preisänderung im Zweifel an § 315 BGB messen lassen müssen.

Dabei ist wiederum die Preiskalkulation offen zu legen, wobei hinsichtlich etwaiger Geheimhaltungsbedürfnisse abzuwägen sei.

Hanau räumt überzeugend auf mit den vielen nicht nachvollziehbaren Thesen in der wahren Veröffentlichungsflut zu § 315 BGB.

Zum letzteren  Ergebnis gelangt auch ein neuer Beschluss des LG Hamburg vom 07.07.2006, nach welchem E.ON Hanse auch nach dem letzten Schriftsatz bisher den notwendigen Beweisantritt noch nicht geführt hat.

Das LG Hamburg hält weiter daran fest, dass der Gasversorger die Billigkeit der erhöhten Preise grundsätzlich durch Offenlegung der Preiskalkulation nachzuweisen hat.

Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass es selbst kein Sachverständigengutachten einholen wird, wenn das Unternehmen die Einholung eines solchen nicht beantragt bzw. entsprechende Tatsachen unter entsprechende Beweisangebote stellt und dass es dem Gericht bisher und wohl auch weiterhin ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht möglich sein wird, die Billigkeit der erhöhten Preise zu beurteilen. (Dies ginge zu Lasten des Gaslieferanten).

Es wird immer enger für den Versorger.

Auch im o. g. Aufsatz von Hanau wird ganz deutlich, wie wichtig es ist, nicht die Preiserhöhung, sondern die erhöhten Preise in ihrer Gesamtheit  als unbillig im Sinne des § 315 BGB zu rügen.

Das ist ein kleiner, aber ganz gewichtiger Unterschied.

Man kann gar nicht oft genug darauf hinweisen.





Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

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http://www.ewerk.hu-berlin.de/content/ewerk/ausgabe.php?message_id=459&type=info

http://www.ewerk.hu-berlin.de/content/ewerk/ausgabe.php?type=ueber_uns

http://rsw.beck.de/rsw/shop/default.asp?sessionid=34AE2C4FD7D643969D51D30513418880&docid=189307

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http://forum.energienetz.de/viewtopic.php?t=4283

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