Immer wieder stellt sich die Frage, wie es sich bei unwirksamen Preisänderungsklauseln verhält.
Nach dem Urteil des BGH vom 22.12.2003 - VIII ZR 90/02, dort unter II 2 a) gilt folgendes:
Nach herrschender Meinung ist in Fällen, in denen eine Lücke in vorformulierten Verträgen nicht auf Einbeziehungs- oder Inhaltskontrollschranken ( §§ 305 ff BGB) beruht, eine ergänzende Vertragsauslegung zulässig.http://www.agfw.de/fileadmin/dokumente/rec/BGH_031222_VIIIZR90-02.pdfDies bedeutet im Umkehrschluss, dass für eine ergänzende Vertragsauslegung dann schon kein Platz ist, wenn die Lücke erst und gerade auf Einbeziehungs- oder Inhaltskontrollschranken beruht.
Alles andere liefe schon dem Verbot der
geltungserhaltenden Reduktion zuwider (§ 306a BGB).
AGB-rechtlich unzulässige und deshalb unwirksame AGB- Klauseln in Sonderverträgen können schon nicht nach § 306 II BGB durch die Regelungen der AVBV ersetzt werden:
Bei diesen handelt es sich ausweislich des Wortlautes nach § 1 Abs. 1 Satz 2, Absatz 2 AVBV in jedem Falle nur um Regelungen gegenüber
Tarifkunden, gelten also gerade nicht gegenüber Sondervertragskunden.
Insbesondere § 4 AVBV verhält sich auch lediglich zur Änderung allgemeiner Tarife.
Im Strombereich handelt es sich um die nach § 12 BTOElt genehmigten Tarife, Erhöhungen bedurfen einer beördlichen Genehmigung nach § 12 II BTOElt.
Im Gasbereich handelt es sich weiterhin um die vormals in der BTOGas geregelten Pflichttarife: Grundpreistarif (Tarif
G) und Klainverbrauchstarif (Tarif
K) (vgl. im Einzelnen
Arzt/ Fitzner, ZNER 2005, 305 ff.,
Säcker, RdE 2006, 65, [69/70]).
Die Bestimmung des § 4 Abs. 2 AVBV gibt kein Recht zu einseitigen Leistungsbestimmungen, sondern setzt eine vertragliche Abrede voraus und bestimmt eine zusätzliche Wirksamkeitsvoraussetzung.
Mithin handelt es sich auch um keine dispositiven gesetzlichen Regelungen, von denen etwa in Sonderverträgen erst abgewichen werden könnte oder wird, weil sie für diesen Bereich von Anfang an schon nicht gelten.
Auch eine
Leitbildfunktion der Bestimmungen der AVBV kommt nicht in Betracht (vgl. nur BGH NJW 2005, 2919):
In dieser Entscheidung hat der BGH klargestellt, dass eine dem § 30 AVBV nachgebildete Vertragsklausel eine unangemessene Beanchteiligung im Sinne des § 307 BGB darstellt, weil damit gegen den elementaren Rechtsgedanken des § 315 BGB verstoßen wird.
In Verträgen mit Verbrauchern sind an die Ausgewogenheit und Klarheit der Erhöhungsklauseln strenge Anforderungen zu stellen.
Klauseln, die dem Verwender eine Preiserhöhung nach freiem Belieben gestatten, sind unwirksam (BGHZ 82, 24; BGH NJW 83, 1604; BGH NJW 85, 856); die Möglichkeit, die Preisänderung im Einzelfall gem. § 315 Abs. 3 BGB überprüfen zu lassen, steht der Anwendung von § 307 BGB nicht entgegen (BGH NJW 80, 2518).
Die Klausel muss Grund und Umfang der Erhöhung konkret festlegen (BGH aaO; BGH NJW 86, 3135; OLG düsseldorf BB 97, 699).
Unwirksam ist eine Erhöhungsklausel, wenn sie keine nochvollziehbare Begrenzung enthält und eine Ausweitung des Gewinns zulässt ( BGH NJW 90, 116; OLG Köln, NJW-RR 95, 758), wenn die Klausel auf die Erhöhung der Kostensätze einer nicht offen gelegten Kalkulation abstellt (OLG Düsseldorf, DB 82, 537; OLG Celle BB 84, 808).
Der Grundsatz, dass die Änderungskriterien konkret bezeichnet und die Interessen des anderen Teils angemessen berücksichtigt werden müssen, gilt auch für Energielieferungsverträge ( Ebel, DB 82, 2607; Kunth/ Wollburg, BB 85, 230)
Eine unwirksame Klausel fällt ersatzlos weg; die entstehende Lücke wird nicht etwa über § 315 BGB geschlossen (Schimansky, WM 01, 1169/ 1175; a.A. Habersack, WM 01, 753).
Im Gegensatz dazu hat das AG Dresden in einem Urteil vom 19.05.2006 - 112 C 6396/05, eine wegen Verstoß gegen § 307 BGB unwirksame Preisanpassungsklausel hinsichtlich gestiegener Bezugskosten durch die Regelung des § 315 BGB ersetzt.
Dies ist m. E. aus vorgenannten Gründen wohl nicht haltbar, als auch § 315 BGB von sich aus kein Anpassungsrecht beinhaltet und begründet, sondern nur zur Anwendung kommt, wenn ein solches überhaupt
wirksam vereinbart wurde.
Dies steht auch im Gegensatz zu den Urteilen der LG Bremen vom 24.05.2006, LG Berlin vom 19.06.2006 und LG Dresden vom 30.06.2006.
Das eine isolierte Anwendung von § 315 BGB allein auf
gestiegene Bezugskosten nicht möglich ist, ergibt sich bereits aus der BGH- Rechtsprechung (BGH NJW-RR 2005, 1717), auf welche das AG Dresden in seiner Entscheidung ausdrücklich Bezug nimmt.
Eine Rückforderungs- und Feststellungsklage eines Verbrauchers wurde mit diesem Urteil des AG Dresden abgewiesen.
Das AG Dresden beurteilte dabei auch das Verhältnis zwischen Feststellungs- und Leistungsklage entgegen der neueren BGH- Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 07.02.2006 - KZR 8/05).
Das v.g. Urteil ist berufungsfähig.
Ob Berufung eingelegt wurde, ist nicht bekannt.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt