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Umdenken nach dem Bremer Urteil gefragt?

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Monaco:
Liebes Forum,

nach der Entscheidung des Landgerichts Bremen zur Nichtigkeit der (letzten) Preiserhöhungen wegen Intransparenz der Preisanpassungsklausel muss sich uns doch jetzt die Frage stellen, ob die Strategie ggf. zu ändern ist.

Schließlich hat die Mehrheit der Preisverweigerer stets (nur) Widerspruch auf Basis §315 BGB eingelegt. Das vorliegende Urteil geht auf eine Angemessenheit (Billigkeit) der Preise grundsätzlich jedoch gar nicht ein.

Somit scheint die Frage (an unsere Rechtsexperten) erlaubt, ob sich unsere Argumentation nun in eine andere Richtung bewegen sollte oder zukünftig parallel neben dem Einspruch nach §315 auch die fehlende Transparenz der Vertragsklauseln beinhalten sollte.

Da sich beide Sachverhalte zumindest teilweise widersprechen (entweder ist eine Preiserhöhung wegen fehlender Transparenz nichtig oder sie ist zwar berechtigt, aber nicht in dieser Höhe ...) scheint hier Aufklärung nötig.

Ich persönlich würde eine Formulierung wie " ... Widerspruch wegen Intransparenz der Preisgleitklausel, ersatzweise Widerspruch nach §315 BGB ..." für einigermaßen fragwürdig halten.

Schließlich sollte man doch wissen, was man will.

Und jetzt beginnt es auch eine Glaubensfrage zu werden!
Entweder man ist bereit, einen fairen und angemessenen (billigen) Preis zu bezahlen, oder man möchte Formulierungsfehler in einem Vertrag zu seinen Gunsten ausnutzen.

Bei allen "Freundlichkeiten" der Gasversorger in den vergangenen Monaten drängt sich einem zwangsläufig das Letztere auf. Aber ist es auch das, was wir alle wollten ...


Mit freundlichen Grüßen

Monaco.

RR-E-ft:
@Monaco

Ich hatte einen Musterbrief entwickelt, in welchem an erster Stelle der Nachweis zur Berechtigung der einseitigen Preiserhöhung und erst an zweiter Stelle ein Nachweis über Erforderlichkeit und Angmessenheit (Billigkeit) gefordert wurde.

In der Reihenfolge hat aus meiner Sicht auch die Prüfung zu erfolgen. Das ist nicht fragwürdig, sondern kunstgerecht (lege artis).

Einen metaphysischen Willen (wenn es einen solchen denn gäbe) wird man nicht ergründen können. Für Glaubensfragen sind andere zuständig.

Wer um die hohen Gewinne der Branche weiß, wird wohl nicht bereit sein, mehr zu zahlen, als rechtmäßig gefordert werden kann.

Das schließt ein, dass Preiserhöhungen nicht auf unwirksame Klauseln gestützt werden können. Es schließt jedoch ebenso ein, dass auch bei wirksamen Klauseln die Preise oft schon längstens unbillig überhöht sind, weil sie es auch früher schon waren.

Nur eine echte Gemeinschaft kann eine (gemeinsame) Strategie verfolgen. Bisher gibt es nur wenige Gruppen, die ggf. jeweils für sich Strategien entwickeln können und sich untereinander beratschlagen.

Einen Musterbrief abzuschicken und Zahlungen zu kürzen, bedeutet ja noch nicht, tatsächlich etwas gemeinsam im Sinne einer actio zu bewirken.

Es ist doch vielmehr so, dass sich die meisten dafür entschieden haben, als "Einzelkämpfer" (wie euphemisch, vielleicht eher sog. "Schläfer") der Dinge zu harren, die da ggf. kommen mögen, also ganz bewusst passiv zu bleiben und gerade nicht aktiv zu werden.

Andere werden es schon irgendwo, irgendwann (vielleicht) richten.

Die bisherigen mutigen Kläger tragen ihr Risiko allein.
Alle anderen warten ab.

Wenn nur all jene, die von den bereits laufenden Prozessen auch profitieren möchten (und das sind wohl nicht wenige), nur ein klein wenig Solidarität mit den Klägern bekunden wollten, müssten etwa die bei den Verbraucherzentralen extra geführten Spendenkonten längst überquellen.

Daran, dass es mit den Spenden für die Sammelklagen nicht weit her ist, kann man erkennen, dass es eine wirkliche Solidargemeinschaft nicht gibt, die meisten nur Trittbrettfahrer sind, welche die anderen die Kastanien aus dem Feuer holen lassen wollen, man kann ja in der Zeitung lesen, wie es denen ergangen ist.

Unter diesen Bedingungen werden sich leider immer noch zu wenige bereit finden, auf eigenes Risiko für andere den "Minenhund" zu spielen, um für eine notwendige gerichtliche Klärung zu sorgen.

Aber so war es wohl immer.

Von Solidaritätsbekundungen und warmen Worten statt notwendiger Spenden können die richtungweisenden Verfahren an den Landgerichten schlecht getragen werden. Alles andere ist Augenwischerei.

Es sind nicht nur Politiker aller Coleur, die sich gern mit ins Bild drängeln, wenn irgendwo eine Fernsehkamera läuft, im übrigen aber nichts (materiell) beizutragen haben....

"Wir" waren meist noch mutig genug, einen Musterbrief abzuschicken, nun lauern wir, wie es den anderen wohl vor den Gerichten ergeht.

Ganz prima. So mutig, edel und erhaben haben wir uns selten gefühlt.
"Wir" sind die Helden unserer Zeit, unversehens im Widerstand, gar "David gegen Goliath"....

Darüber sollten "wir" uns mal gemeinsam abstimmen....

Statt ewige Palaver abzuhalten, sollte man vielleicht daran denken, dass von den vielen Gaspreisrebellen, die es wohl geben soll, wenigstens jeder einen einzigen Euro beisteuert, damit eine materielle Basis geschaffen wird, um die notwendigen "Schlachten" zu schlagen und darüber nachdenken, wie man ein entsprechendes Spendenaufkommen  bewerkstelligen könnte.  

Bisher hat wohl jeder halbwegs aktive Tierheimverein ein besseres Spendenaufkommen.

In diesem Sinne bedarf es wohl dringend eines Umdenkens.

Wenn man sich die Zahl der Widersprüche und die Höhe der Spendenaufkommen vergegenwärtigt, dann ist da einfach eine so große Diskrepanz, dass von einer Gemeinschaft, die eine gemeinsame Strategie verfolgt, (bisher) keine Rede sein kann.

Ich lasse mich gern vom Gegenteil überzeugen.

Der Widerspruch liegt für mich darin, der etablierten Energiewirtschaft Mitnahmeeffekte vorzuwerfen und andererseits selbst nur auf dem Trittbrett zu stehen, wie es leider viele tun:

http://www.akademie.de/private-finanzen/sparen-altersvorsorge-vermoegensbildung/tipps/sparen-vermoegen-altersvorsorge/erhoehung-gaspreise-rueckerstattung-sichern.html

Wer sollte wohl  wie einen "fairen" Gaspreis ermitteln, wenn nicht ein Gericht anhand der Kalkulationen?

Wenn man den Vorstandsvorsitzenden der E.ON Ruhrgas auf der Bilanzpressekonferenz richtig verstanden hat, dann sind die Gaspreise immer noch vollkommen unfair viel zu niedrig. Alle anderen Gasversorger werden dem wohl zustimmen....




Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Monaco:
@RR-E-ft

Hasenfüße und Trittbrettfahrer sind immerhin Leute, die sich mit der Materie bereits beschäftigt haben. Selbst wenn Sie sich noch nicht zutrauen, ein gewisses Risiko einzugehen. Wenn wenigstens 10% der Nichtwiedersprüchler zu Hasenfüßen mutierten, wäre das schon eine erhebliche Errungenschaft.

Muß man nicht erst das Stadium des (interessierten) Trittbrettfahrers durchmachen, um nachher als Rebell aufzutreten?

Wer hätte denn noch vor 3 Jahren gedacht, dass man so einfach seine Gas- oder Stromrechnung um 10, 20, 30% kürzt? Ich jedenfalls nicht. Vielleicht weil es eben immer so war, dass man seine Rechnungen pünktlich und vollständig bezahlt. Es bedarf immer eines gewissen Anstoßes. Und es wird auch immer die "Nichtwiedersprüchler" geben, die sich mit Ihrem Schicksal (zwar murrend) abfinden.

Dennoch ist diese Entwicklung nicht ohne. Immerhin zeigt doch ein gewisser Teil der Bevölkerung, dass er mit bestimmten Entwicklungen nicht einverstanden ist. Heute nur 80% der Gasrechnung, morgen nur 75% Abwassergebühr. Und übermorgen nur die halbe Kfz-Steuer.

Es wird langsam Zeit, dass sich einzelne Lenker (Politiker ...) einmal grundsätzlich darüber Gedanken machen. Ohne allzu politisch werden zu wollen: Es ist noch gar nicht so lange her, da ist schon einmal ein System zerbrochen. Und gerade weil Einzelne die Hasenfüße ablegten und damit auch andere motivierten, es ihnen gleich zu tun.

In diesem Sinne

mit freundlichen Grüßen

Monaco.

RR-E-ft:
@Monaco

So hasenfüßig kann wohl gar keiner sein, dass er die laufenden Prozesse nicht etwa mit Spenden/ Spendensammlungen unterstützen könnte.

Was sollte denn für besonderer Mut dazu gehören?

Besteht dabei wirklich ein Risiko ( etwa Enttarnung der "Schläfer" anhand der Überweisungen) ?!!

Mich ärgert, dass viele einfach andere vorturnen lassen, ohne selbst irgend etwas beizutragen.

Würde sich das ändern, könnten noch viel mehr Verfahren auf den Weg gebracht werden, um für die notwendige Klärung zu sorgen.

Denn ob die Gaspreiserhöhungen in Erfurt berechtigt, erforderlich und angemessen waren, kann weder in Hamburg, noch in Heilbronn, noch in Bremen oder sonstwo gerichtlich entschieden werden.

Und so ist es allerorten in Deutschland.

Die Gasversorger lassen die Klärung ersichtlich ausfallen.

Ein "Sturm im Wasserglas" mehr nicht.

Wenn 99 Prozent der Kunden überhöhte Preise zahlen, kommt es auf das eine Prozent der widersprechenden Kunden gar nicht an, ohne dass sich etwas ändert.

Bei realistischer Betrachtung ist das so.

Und man kennt den "billigen" Gaspreis, den ein Gericht zu bestimmen hat, immer noch nicht.

Vielleicht sollte es nicht nur das Ziel sein, die Preiserhöhungen selbst nicht zu zahlen, sondern den "billigen" Gaspreis zu bestimmen und somit ggf. das überhöhte Gaspreisniveau insgesamt und dauernd zu senken.

Erst das hätte doch entsprechende Effekte.

Nur allein die Rechnungen zu kürzen, könnte demgegenüber nichts anderes als egoistischer Selbstzweck sein. Man schont seine eigene Geldbörse, weiter nichts.

Aber immerhin.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

DieAdmin:
Hallo Herr Fricke,


--- Zitat ---statt notwendiger Spenden können die richtungweisenden Verfahren an den Landgerichten schlecht getragen werden.
--- Ende Zitat ---


Da ich auch im FOrum der Verbraucherzentrale Thüringen mitlesen, gabs dort mal eine Anfrage:

http://www.vzth.de/phpBB2/viewtopic.php?t=285

und da war auch mal seitens der VZ etwas von einen Spendenaufruf (der in Vorbereitung sein sollte) zu lesen, aber leider wurde dieser Beitrag später gelöscht. Warum auch immer. Schade ich hätte gern.

Oder gibts irgendwo ein zusammenfassende Liste? Denn ich bin überzeugt, dass hier viel zusammen kommen würde. Zeigt es doch die Spendenfreudigkeit der Internetgemeinde bei einem Forum, dass sich gegen eine Abmahnung wehrt. Über 16.000 Euro sind zusammengekommen.

Schöne Grüße

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