Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen

Wie geht es weiter und wann gibt es ein Ende?

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Rotam:
Hallo liebe Gemeinschaft,
wie wird es eigentlich weitergehen oder wie wird es Enden?
Wie viele hier, habe ich die Billigkeit des Gaspreises bei meinem Versorger in Frage gestellt. Es gab den üblichen Briefaustausch und zum Schluß untersagte eine Richterin die angedrohte Gassperre und legt fest dass die erhöhten Gaspreise nur zu zahlen sind oder auch nicht, wenn die Kalkulation offengelegt wird und anschließend die Stadtwerke oder der Kunde recht bekommt.
Die Frage ist, wann wird das sein oder kann es auch ein anderes Ende geben? Wird sich das noch über Jahre hin ziehen oder sollte man gegen die Stadtwerke als Einzelperson oder mit mehreren verklagen?

RR-E-ft:
@Rotam

Wann haben einseitige, nicht nachvollziehbare und prüffähige Preiserhöhungen ein Ende?

Nach der Offenlegung der Kalkulation ist vor der Offenlegung der nächsten Kalkulation.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

gas-wucher:
Zu Gut deutsch: Der §315 ist der Alptraum aller GVU\'s, da sie letztlich mit ihren Gaspreisforderungen im rechtsfreien Raum stehen...... Zumindest bis zur Marktöffnung im Oktober....

Danach müßte die geniale Strategie nochmal neu überdacht werden, wenn es beim Gas dann so laufen sollte wie beim Strom: Marktöffnung, aber quasi ein Einheitspreis, der das Doppelte der Grenzkosten (Stromeinkaufspreis+Durchleitungskosten+Abrechnungskosten) - also mitnichten ein Marktpreis (!) - aber formal kein Monopol......

RR-E-ft:
@gas-wucher


Es ist eine gestrickte und umso mehr wohl gepflegte Legende, dass § 315 BGB nur bei Monopolen Anwendung findet.

Diese Annahme ist juristisch unhaltbar.

Alle einseitigen Leistungsbestimmungen eines Vertragspartners, in welchem zivilrechtlichen Vertrag auch immer, unterliegen im Zweifel der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB.

Bei einseitigen Preiserhöhungen gilt § 315 BGB immer, auch beim Zeitungsabo und bei Kabel-TV- Gebühren, oder bei der Miete.

In letzterem Fall ist es unerheblich, ob Lieschen Müller lediglich  eine kleine Abstellkammer auf ihrem Anwesen vermietet oder ob es sich um ein regional marktbeherrschendes Wohungsunternehmen handelt.

Wenn Lieschen Müller als Vermieter nach dem abgeschlossenen Vertrag über die Höhe der zu zahlenden  Miete allein bestimmen können soll, dann muss der Mieter geschützt werden, weil er sich ja dieser einseitigen Bestimmung vertraglich unterworfen hat und nicht schutzlos sein darf, wenn diese Unterwerfung unter fremden Willen missbräuchlich vom zur Leistungsbestimmung Berechtigten ausgenutzt wird. Das gilt umso mehr, wo Lieschen Müller so pfiffig war, den Vertrag sogleich auf lange Zeit abzuschließen. Die sonst unbedarft erscheindende Lieschen Müller könnte sonst Mondpreise bestimmen: Vertrag ist Vertrag und Verträge sind einzuhalten, basta.




Der Gesamtpreis unterliegt immer da einer Billigkeitskontrolle, wo der Leistungserbringer einem gesetzlichen Kontrahierungszwang unterliegt, also gesetzlich zum Vertragsschluss verpflichtet ist und sich einseitig bestimmter, \"jeweils geltender Tarife\" anhand von Preisblättern bedient.

Ein solcher gesetzlicher Kontrahierungszwang ist - als Einschränkung der Privatautonomie - die große Ausnahme und besteht deshalb schon nur in den Bereichen, wo die Leistungsnachfrager auf eben eine solche Leistungserbringung angewiesen sind.

Weil diese Angewiesenheit besteht, besteht jedoch auch die Gefahr der missbräuchlichen Ausnutzung.


Siehe hier:

Statement Frau Richterin am BGH Ambrosius zu § 315 BGB


§ 315 BGB ist keine Vorschrift für Monopole, sondern gilt für jedweden schuldrechtlichen Vertrag zwischen zwei Vertragspartnern.

Er gilt auch nicht allein bezogen auf Preise, sondern für alle Formen von einseitigen Leistungsbestimmungen.

Genial war es allein, die Rechtslage so zu vernebeln, dass selbst gestandene Juristen teilweise der Auffassung sind, die Vorschrift käme allein bei Monopolen und Angewiesenheitslagen zur Anwendung.


Das ist schlicht falsch, wie eine Auseinandersetzung mit der Entstehungsgeschichte des BGB deutlich aufzeigt.

Wo man keine Argumente hat, da muss man eben Verwirrung stiften.

Und dies ist bisher vielfach gelungen.

Indes: Die Nebel lichten sich, wie das \"Lichtblick\"-Urteil zeigt.


Freundliche Grüße
aus Jena




Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Cremer:
@gas-wucher,

und den § 315 BGB gibt es schon seit ca. 80 Jahren, damals Reichsgesetzbuch

Bereits 1925 hatte ein Stromunternehmen gegen seinen Vorlieferanten den § 315 geltend gemacht.

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