Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Stromvertrag,Kündigung,Grund-,Ersatzversorger, §§ 36,38 EnWG
enerveto:
Stromvertrag, Kündigung, Grund-, Ersatzversorger, §§ 36,38 EnWG2005
Sehr geehrter Herr Fricke!
Nachfrage – zur Sicherheit und mit der Bitte um Nachsicht -:
1. Unter dem Titel „Neue Hintertür der Versorger?“ schreiben Sie am 04.02.2006 ua.:„Grundversorger ist zukünftig, wer die meisten Kunden in einem Netzgebiet versorgt. ...
Auch kann sich kein Versorger einfach aus seiner gesetzlichen Versorgerpflicht stehlen.“
2. Unter dem Titel „Strompreiserhöhung der AVU Gevelsberg“ schreiben Sie am 24.02.2006 ua.:
„Wenn der Vertrag gekündigt wurde, ist er beendet. ... Es kommt vielmehr ohne
Neuabschluss eines Vertrages bei fortgesetztem Strombezug zu einer sog. Ersatzversorgung für die Dauer von drei Monaten.“
3. Unter dem Titel „E.ON nimmt Sperrandrohung zurück! – dafür jetzt Kündigung“ schreiben Sie am 26.02.2006 ua.:
„Wenn ein Sondervertrag zulässigerweise gekündigt ist, werden Sie weiterversorgt.
Entweder vom Grundversorger bzw. ohne Vertrag für die Dauer von drei Monaten vom
Ersatzversorger, der mit dem Grundversorger identisch ist.“
4. Unter dem Titel „RWE“ schreiben Sie am 24.03.2006 ua.:
„Die Ersatzversorgung endet automatisch nach Ablauf von drei Monaten. ...
Danach gibt es allenfalls ein Interimsverhältnis...“
5. Unter dem Titel „Stromvertrag, Kündigung, Grund-, Ersatzversorger, §§ 36,38 EnWG“ schreiben Sie am 05.04.2006 ua.:
„Fazit: Der Haushalts-Kunde muss in der Grundversorgung versorgt werden und darf nicht auf andere Stromanbieter verwiesen werden.“
Vertragliche Voraussetzungen und bisheriger Ablauf einer Auseinandersetzung:
Der regionale Versorger versorgt – marktbeherrschend - die meisten Kunden im Netzgebiet und hatte neben dem Allgemeinen Tarif mehrere so genannte Sondervertragsmodelle („Bestpreis-Modelle“).
Der Versorger hat diese „Sondertarife“ aufgegeben und die entsprechenden
Stromlieferungsverträge schriftlich und fristgemäß zum 31.03.2006 gekündigt. Die
Weiterversorgung ab 01.04.06 soll nach den Allgemeinen Versorgungsbedingungen
(Grundversorgung) zum gültigen Allgemeinen Tarif erfolgen.
Der Verbraucher hat schriftlich vorsorglich der Versorgung zum Allgemeinen Tarif
widersprochen und eine Weiterversorgung zu Preisen verlangt, die vom Versorger gemäß §§ 315, 316 BGB zu bestimmen sind.
Der Versorger schreibt: „ ...Wegen dem Wegfall des bisherigen Tarifes und der Ablehnung des Allgemeinen Tarifes falle der Verbraucher ab 01.04.06 in die Ersatzversorgung nach § 38 EnWG zu den Preisen des Allgemeinen Tarifes. Dieses Rechtsverhältnis ende nach § 38 EnWG spätestens drei Monate nach Beginn der Ersatzversorgung. Hierzu wird eine
kurzfristige Stellungnahme erbeten.“
Der Versorger schreibt – ohne angemessene Antwortfrist - schon kurz danach:
„Der Stromvertrag ist fristgerecht gekündigt. Der Verbraucher lehne die Weiterführung des Stromlieferungsvertrages im Rahmen der Grundversorgung zu den veröffentlichten
Bedingungen des Allgemeinen Tarifes ab. Ein Grundversorgungsverhältnis für die
Stromlieferung besteht daher ab 01.04.06 nicht, stattdessen befinde sich der Verbraucher im gesetzlichen Schuldverhältnis der Ersatzversorgung nach § 38 Abs. 1 Satz 1 EnWG. Dieses Rechtsverhältnis ende nach § 38 EnWG spätestens drei Monate nach Beginn der
Ersatzversorgung. Der Verbraucher solle sich innerhalb dieser Frist um einen
Energielieferungsvertrag bemühen.“
Der Verbraucher schreibt: „ ...Der Grundversorgung selbst widerspreche ich nicht.
Der Anspruch auf die Stromversorgung gemäß §§ 36 EnWG Abs. 1, 5 AVBV ist die eine
Sache, der Einwand der Unbilligkeit gemäß § 315 BGB gegen die Preise des Allgemeinen Tarife eine andere rechtliche Angelegenheit. Die von Ihnen daraus unterstellte
Ersatzversorgung nach § 38 EnWG zu den Preisen des Allgemeinen Tarifs ist daraus nicht abzuleiten. Insoweit endet auch das Rechtsverhältnis nicht spätestens drei Monate nach
Beginn der Ersatzversorgung.
Danach kein weiterer Schriftwechsel.
Der Verbraucher hat nicht die Absicht den Versorger zu wechseln, weil sich u.a. vermutlich aufgrund der hohen Netznutzungsentgelte kein preiswerterer Versorger anbietet.
Selbst wenn der Strompreis des regionalen Versorgers preiswert ist, heißt das aber noch nicht, dass er auch „billig“ im Sinne von § 315 BGB ist. Das festzustellen, ist ja Gegenstand des Einwandes gem. § 315 BGB. Ein „erzwungener“ Versorgerwechsel bringt den
Verbraucher auf einen „Verschiebebahnhof“ ohne ein „Ziel“ zu erreichen.
Aufklärungsbedarf
Befindet sich der Verbraucher nach der Kündigung ab 01.04.2006 in der Grundversorgung oder in der Ersatzversorgung?
Was folgt, falls sich der Verbraucher in der Ersatzversorgung befindet, keinen
Versorgerwechsel veranlasst, und diese Ersatzversorgung automatisch nach drei Monaten endet (s.oben)?
Mit freundlichen Grüßen
RR-E-ft:
@enerveto
Allgemeine Tarife und Grundversorgertarife wie auch der Ersatzversorgungstarif werden vom EVU durch öffentliche Bekanntmachung jeweils neu einseitig bestimmt, unterliegen deshalb der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB.
Der Versorger ist nicht berechtigt, einen Stromlieferungsvertrag nach Unbilligkeitseinwand zu kündigen, wenn ihn eine gesetzliche Versorgungspflicht gem. § 36 EnWG trifft, vgl. nur Urteil des LG Mönchengladbach in der Urteilssammlung.
Gegen die unberechtigte Kündigung muss man sich ggf. gerichtlich zur Wehr setzen.
Auch Energieaufsichts- und Kartellbehörden sollen EVU in Einzelfällen bereits darauf aufmerksam gemacht haben, dass in solchen Konstellationen, in denen eine gesetzliche Versorgungspflicht besteht, eine Kündigung nach Unbilligkeitseinwand unzulässig ist.
Siehe hier:
E.ON nimmt Sperrandrohung zurück! - dafür jetzt Kündigung
Nach Beendigung einer Ersatzversorgung folgt bei weiterem Bezug ein sog. Interimsverhältnis, bei dem das EVU einseitig den Preis bestimmen darf. Der einseitig bestimmte Preis unterfällt wiederum der Billigkeitskontrolle gem. § 315 BGB.
Ich kann hier nicht jedes Mal aufs Neue umfangreiche Stellungnahme abgeben, wofür ich um Verständnis bitte.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
enerveto:
Stromvertrag, Kündigung, Grund-, Ersatzversorger, §§ 36,38 EnWG2005
@RR-E-ft
Nachtrag – ohne nachtragend zu sein -:
Der „Stromwiderstand“ ist m.E. für „Otto-Normal-Energieverbraucher“ eine schwierigere „Baustelle“.
Umfangreiche Stellungnahmen werden nicht immer erwartet – im Gegenteil...
Die Befolgung eines Bibelzitats wäre aber übertrieben: „Eure Rede sei ja, ja, (oder) nein, nein, was darüber ist, das ist vom Übel“ (Matthäus 5,37).
Zu fünf m.E. z.T. widersprüchlichen oder unvollständigen Kommentaren gab es zwei Nachfragen, weil ein Versorger nicht „wegen“ Unbilligkeitseinwand gekündigt hat. Der Versorger hat alle seine „Sonder/Bestpreistarife“ wieder aufgegeben und die so genannten Sonderverträge m.E. rechtmäßig gekündigt. Es geht nicht darum, sich gegen eine unberechtigte Kündigung zu wehren, sondern um die Frage, ob sich der Verbraucher mit vorherigem „Sondervertrag“ nach einer derartigen (berechtigten) Kündigung in der Grundversorgung oder in der Ersatzversorgung befindet und welche Maßnahmen ein Versorger ggf. nach Ablauf einer Ersatzversorgung durchführen kann, wenn vom Verbraucher kein Versorgerwechsel veranlasst wird.
Aber vielleicht ist „keine Antwort“ manchmal auch eine Antwort oder es wurden nur die falschen Fragen gestellt...
Wer interessiert sich noch dafür?
Mit freundlichen Grüßen
RR-E-ft:
@enerveto
ja, ja.
nein, nein.
In einem Sondervertrag muss der Preis alle Kosten gedeckt und einen Gewinn enthalten haben, sonst wäre es ein unzulässiger Dumpingpreis gewesen.
Deckte der Strompreis aber schon alle Kosten ab und ließ auch einen Gewinn zu, kann unter sonst gleichen Bedingungen ein höherer Preis nicht preisgünstig im Sinne von so billig wie möglich sein.
Folglich wäre der Allgemeine Tarif auf den selben Abnahmefall angewandt offensichtlich unbillig.
Deshalb muss man den Allgemeinen Tarif, zu dem eine Versorgungspflicht besteht, als unbillig rügen und nur die alten Preise weiterzahlen.
Man kann also dem Grundversorger gegenüber die Unbilligkeit der geforderten Allgemeinen Preise für den unveränderten Abnahmefall rügen.
Allein durch die günstigeren Sonderpreise ist doch schon indizietrt, dass die Allgemeinen Tarife für die gleichen Abnahmefälle unbillig kalkuliert sind.
Richtigerweise wird man der Grundversorgung nicht widersprechen, in diese wechseln und danach die geforderten Preise mit obiger Begründung als unbillig rügen.
Über die Allgemeinen Tarife/ Preise gibt es keine Verhandlungen, so dass es auch keine Einigung darauf gibt. Vielmehr werden die Allgemeinen Preise als Tarife vom Grundversorger gestellt und unterliegen allein deshalb der Billigkeitskontrolle.
Diese Aussage werden Sie in den genannten Beiträgen schon oft gefunden haben.
so, so.
Ggf. noch offene Fragen, werden ggf. nunmehr hier beantwortet:
Neuer AVBV- Entwurf hebelt § 315 BGB aus ?!!
Anmerkung:
Der Versorger müsste also sog. durchlässige Zonenpreismodelle anbieten, wie es sie beim Erdgas teilweise schon gibt, vgl. etwa EMB Erdgas Mark Brandenburg, Tarif EMB Klassik 1/ 2/ 3 um jeweils - untereinander - der Billigkeit entsprechende Allgemeine Preise zu haben.
Bei dieser Überlegung gehen bisher aber nur wenige mit.
Das werden m. E. die gerichte zu klären haben, wenn diese Fragen anstehen. Insoweit gibt es schon BGH- Rechtsprechung, welche in diese Richtung deutet (Stromdiebstahl I).
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
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