Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Wenn der Versorger nur Einkaufspreissteigerungen weitergibt?  (Gelesen 15569 mal)

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Offline Wusel

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Ich habe das Problem, dass mein Versorger offensichtlich nur die Einkaufspreissteigerungen weiter gegeben hat.
Dies wurde durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auf Grundlagen der Verträge und der entsprechenden Gasbezugsrechnungen  bestätigt (Kopie der Bescheinigung liegt mir vor).

Aufgrund dieser Offenlegung soll ich nun zahlen (unter Berufung auf die Urteile Heilbronn und Goslar). Ich bin da noch ziemlich unschlüssig, da die Angaben sehr plausibel zu sein scheinen. Ich könnte zwar weiter verweigern, da die Billigkeit ja bekanntlich gerichtlich festgestellt werden muss. Aber das ist hier nicht die Frage, sondern es würde mich folgender grundsätzliche Sachverhalt interessieren:

Gesetzt den Fall, die Angaben stimmen (ich finde sie recht einleuchtend), dann muss ich zahlen.
Dann könnte nur noch eine Unbilligkeit der Preise des Vorlieferanten (EON Avacon) bestehen - aber ich habe nur mit der EVI einen Vertrag und kann dagegen nichts tun!!!

Und ich habe den Eindruck, dass viele kleine örtliche Versorger TATSÄCHLICH nur in etwa die Preiserhöhungen des Vorlieferanten weitergeben. Und der tatsächliche \"Übeltäter\" ist in Wahrheit der Vorlieferant (bei mir z.B. EON-Avacon)?!?

WAS DANN ???
Dann ist doch allen Endkunden dieser örtlichen Versorger die Hände gebunden - denn gegen die Unbilligkeit der Vorlieferantenpreise kann man ja nichts tun.

Oder??

Gruß
Wusel

Offline DieAdmin

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Wenn der Versorger nur Einkaufspreissteigerungen weitergibt?
« Antwort #1 am: 05. März 2006, 18:29:19 »
Hallo Wusel,

wenn du das Gefühl hast, das \"deine\" EVI nur die ihr vorgegebenen Preise gibt, warum wehrt sie sich nicht gegenüber ihren Vorlieferanten? Soweit ich hier im Forum gelesen hab, kann auch sie die Preise für unbillig erklären und vom Vorlieferanten entsprechende Nachweise fordern!!

Das sie das nicht tut, zeigt doch, auf welcher Seite sie steht.

Ach übrigens, mein Vertragspartner ist auch eine EVI. Allerdings hat diese EON-Zweigstelle ihren Sitz in Waltershausen

Gruß aus Thüringen

Offline Cremer

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Wenn der Versorger nur Einkaufspreissteigerungen weitergibt?
« Antwort #2 am: 05. März 2006, 22:59:11 »
@Wusel,

lesen Sie die Threads der vergangene Zeit, ebenso blätteren Sie auf den Seiten vom energienetz.de und erkundigen sich dort, insbesondere lesen Sie die Threads von RR-E-Ft
MFG
Gerd Cremer
BIFEP e.V.

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Offline Wusel

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Wenn der Versorger nur Einkaufspreissteigerungen weitergibt?
« Antwort #3 am: 06. März 2006, 09:34:12 »
Natürlich könnte die EVI beim Vorlieferanten Unbilligkeitseinwände geltend machen. Aber das kann ich doch nicht einfordern. DAS ist das Problem! Die EVI wird mich immer auf ihre Verträge mit dem Vorlieferanten verweisen und das war´s dann.

Und solange die EVI nur Preiserhöhungen des Vorlieferanten weitergibt, muss ich zahlen.

Gruß
Wusel

Offline hollmoor

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Wenn der Versorger nur Einkaufspreissteigerungen weitergibt?
« Antwort #4 am: 06. März 2006, 09:41:35 »
@Wusel

Nun bist mittlerweile in drei Themenbereichen vertreten,mit etwa den gleichen Fragen.Bleib mal in einem Themenblock!Vielleicht in \"Grundsatzfragen\"
Gruß aus der Lüneburger Heide

Offline Wusel

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Wenn der Versorger nur Einkaufspreissteigerungen weitergibt?
« Antwort #5 am: 06. März 2006, 10:00:34 »
hmm... ich habe zu meinen Problemen drei unterschiedliche Fragen gestellt, die meines Erachtens richtig eingeordnet sind. Nur eine Frage hat Grundsatzcharakter, nämlich diese.
Eine andere Frage war die zu den vorgelegten Zahlen (= versorgerspezifisches Thema), die dritte Frage war die zur richtigen Formulierung des Widerspruchs (= eiliges aktuelles Thema).

Ich dachte, dass es so übersichtlicher sei.  :oops:

Gruß
Wusel

Offline DieAdmin

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Wenn der Versorger nur Einkaufspreissteigerungen weitergibt?
« Antwort #6 am: 06. März 2006, 13:09:39 »
Hallo Wusel,

dich scheint ja wirklich sehr und lange die Frage zu beschäftigen, ob und wie sich dein Energieversorger gegen den Vorlieferanten zur Wehr setzen sollte.

Dazu hatte nämlich schon mal Herr Fricke sich geäußert, allerdings ist das ne Weile her: Frage zu Preisen der Zwischenhändler, Gasversorger etc.

Offline Wusel

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Wenn der Versorger nur Einkaufspreissteigerungen weitergibt?
« Antwort #7 am: 06. März 2006, 13:29:00 »
ja ich hatte die Hoffnung, dass sich in der Zwischenzeit diesbezüglich was verändert hätte - aber leider Fehlanzeige.
Wenn der örtliche Versorger nur die völlig überzogenen Preiserhöhungen des Vorlieferanten 1:1 weiter gegeben hat, hat der Endkunde scheinbar immer noch KEINERLEI Möglichkeiten, sich zu wehren.

Dies ganze sicherlich sehr trickreich vom Vorlieferanten, selber die Preise unbillig in den Himmel zu treiben, um dann über die örtlichen Versorger, an die er selbst (!) beteiligt ist, diese Steigerungen nur 1:1 weiterzugeben.

Der Endkunde KANN folglich nichts machen und der örtliche Versorger  wird mit Sicherheit niemals gegen den Vorlieferanten (der an dem örtlichen Versorger ja beteiligt ist) vorgehen.
Super  :x

Gruß
Wusel

Offline Graf Koks

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Wenn der Versorger nur Einkaufspreissteigerungen weitergibt?
« Antwort #8 am: 06. März 2006, 14:59:00 »
@wusel:


Es kommt nicht auf die Frage der Weitergabe von Kosten an. Maßstab der Billigkeitsprüfung i.S.d. § 315 BGB ist immer der Gesamtpreis. Denn aufgrund von Kompensationseffekten trägt eine Prüfung allein der Erhöhungsmargen nicht; zudem besteht der dringende Verdacht, dass in der Vergangenheit erfolgte Senkungen des Ölpreises nicht an die Gaskunden weitergegeben wurden.   Es ist daher völlig irrelevant, ob im Einkauf Kostensteigerungen bestehen, zumal es beim besten Willen nicht angeht, dass die Kunden für die weitere Erfüllung von unwirksamen (vgl. Bundeskartellamt) Langfrist- Lieferverträgen finanziell geradestehen.

Gerade auf diesen Langfristverträgen beruht aber das exorbitant hohe Preisniveau in der BRD.


M.f.G. aus Berlin
der Graf

Offline Schöfthaler

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Wenn der Versorger nur Einkaufspreissteigerungen weitergibt?
« Antwort #9 am: 06. März 2006, 21:21:44 »
@Graf Koks

Ja, so sehen wir das doch alle im Netz - aber offenbar können Gerichte (so das LG Heilbronn) zu anderen Schlüssen kommen: Dort wird die Gaspreiserhöhung ausdrücklich als billig erachtet und entschieden, nur weil der Versorger plausibel darlegen konnte, dass er nur die Bezugspreiserhöhungen weitergegeben hat.

Natürlich hoffen wir alle darauf, dass die Revision in diesem Heilbronner Fall diese Einschätzung wieder kassiert. Aber dennoch teile ich die Sorge von Wusel, dass uns die Gerichte hier etwas im Stich lassen könnten.
E.R.N.A. - Energie-Rebellen Neckar-Alb
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Offline Graf Koks

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Wenn der Versorger nur Einkaufspreissteigerungen weitergibt?
« Antwort #10 am: 06. März 2006, 21:40:48 »
@Schöftaler:

Das LG Heilbronn steht hier ziemlich alleine. Es gibt eine ganze Reihe von anderen Entscheidungen, in denen richtigerweise der Gesamtpreis geprüft wurde. Schließlich soll der ja auch bezahlt werden und nicht nur ein Teil davon. Für diese willkürliche Trennung gibt es keine Stütze.


Ich halte es für ausgeschlossen, dass der BGH die Verbraucher im Stich lässt.


M.f.G.
Graf Koks

Offline Schöfthaler

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Wenn der Versorger nur Einkaufspreissteigerungen weitergibt?
« Antwort #11 am: 06. März 2006, 22:05:49 »
Zitat
Es gibt eine ganze Reihe von anderen Entscheidungen, in denen richtigerweise der Gesamtpreis geprüft wurde.

Vielleicht stehe ich jetzt auf dem Schlauch - aber wenn die Billigkeit des Gesamtpreises schon häufiger überprüft wurde, welche Ergebnisse gab es dann? Wurden irgendwo schon \"billige Erdgaspreise\" gerichtlich festgesetzt, und zwar unterhalb der Forderung der Versorgungsunternehmen?
E.R.N.A. - Energie-Rebellen Neckar-Alb
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Offline Wusel

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Wenn der Versorger nur Einkaufspreissteigerungen weitergibt?
« Antwort #12 am: 07. März 2006, 09:35:47 »
Es gibt einige Entscheidungen, in denen z.B. eine Sperrungsandrohung für nichtig erklärt wurde oder z.B. der Nachweis der Billigkeit der Presie dem Versorger auferlegt wurde.

Ich habe auch schon eine Entscheidung gelesen, in dem entschieden wurde, dass der Kunde seinen alten Preis weiterzahlt. Dies aber nur deswegen, weil der Versorger seine Berechnungen NICHT ausreichend offengelegt hat.

Leider gibt es aber auch einige Entscheidungen, in dem genau das Gegenteil entschieden wurde zum Nachteil des Endkunden.

Gibt es aber denn wirklich schon Entscheidungen, in denen der Gesamtpreis tatsächlich auf Billigkeit hin überprüft wurde und aufgrund dessen ein niedrigerer Gesamtpreis gerichtlich festgelegt wurde?

Nachdem ich die Energienetz-Urteilssammlung gelesen habe, bin ich der Meinung, dass die Entscheidungslage der Gerichte doch längst nicht so eindeutig ist, wie hier immer behauptet wird. Der Anteil der für den Endverbraucher wirklich positiven Urteile überwiegt nur knapp.

Gruß
Wusel

Offline RR-E-ft

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Wenn der Versorger nur Einkaufspreissteigerungen weitergibt?
« Antwort #13 am: 07. März 2006, 12:01:17 »
@Wusel
@Schöfthaler

Es gab bisher ersichtlich noch nie den Fall, dass ein Gericht einen \"billigen\" Preis bestimmen konnte/ bestimmt hat.

Das macht die Sache ja gerade so spannend.

Zahlungsklagen wurden deshalb jeweils vollständig abgewiesen, vgl. Urteile LG Mannheim, LG Neuruppin, AG Karlsruhe, AG Neuenahr-Ahrweiler, so auch schon OLG München, NJW-RR 1999, 421 und BGH NJW-RR 1992, 183 ff. oder zugesprochen, etwa KG Berlin, Urteil vom 15.02.2005.

Wenn Sie den Gesamtpreis als unbillig rügen, geht der Streit bei einer Zahlungsklage gerade nicht lediglich um die Angmessenheit der Preiserhöhung.

Die Situation ist deshalb eine andere als beim LG Heilbronn, wo die Angemessenheit einer Preiserhöhung zu prüfen war.

Zu hohe Vorlieferantenpreise widersprechen einer energiewirtschaftlich- rationellen Betriebsführung und können deshalb nicht zu billigen Preisen führen.

Es sind eben nicht alle Kosten des Versorgers berücksichtigungsfähig.

Darüber gibt es vielfältige wie umfangreiche Aufsätze und Dissertationen, so dass es unmöglich ist, Ihnen das hier zu vermitteln.

Wenn Sie eine letzte Gewissheit fordern, so muss ich Ihnen leider mitteilen, dass es eine solche nicht geben kann:

Amtsgerichtliche Entscheidungen bei einem Streitwert unter 600 EUR sind regelmäßig nicht berufungsfähig, bedürfen nur eingeschränkt einer Begründung. Man kann jedoch wegen grundsätzlicher Bedeutung die Zulassung der Berufung beantragen.

Man könnte es auch anders ausdrücken:

In bestimmten Gerichtsverfahren ist über dem entscheidenden Richter \"nur noch der Himmel\".

Gerade Amtsrichter sind daran interessiert, ihre Verfahren schnell zu erledigen. Eine schnelle Erledigung versprechen also vollständige Klageabweisung oder vollständige Verurteilung, nicht jedoch die aufwendige Bestimmung eines billigen Preises....

Genau die gleiche Unwägbarkeit verspüren auch die Versorger.
Nur wäre für diese eine rechtskräftige Klageabweisung insgesamt katastrophaler...

Deshalb hat wohl niemand ein Interesse daran, den Streit ohne Möglichkeit eines Rechtsmittels durch einen Amtsrichter entscheiden zu lassen. Die Chancen dort stehen aus genannten Gründen 50 : 50.

Man könnte auch würfeln oder aber ein Streichholz ziehen....

Eben dies ist gemeint mit \"Vor Gericht und auf hoher See\". Recht haben, recht bekommen und Recht durchsetzen sind verschiedene Paar Schuhe.

Gerade auch um den Amtsgerichten zukünftig den Weg zu weisen und Orientierung zu geben, gibt es die Sammelklagen, welche in der Rechtsprechung der höheren Gerichte für Klarheit sorgen sollen.

Jedoch gibt es - wie aufgezeigt - prozessuale Unterschiede zwischen einer Feststellungsklage und einer Zahlungsklage. Deshalb kann die Rechtsprechung des LG Heilbronn nicht 1:1 auf einen Prozess, welcher die Zahlungsklage des EVU zum Gegenstand hat, übertragen werden.

Wenn Sie also ganz sicher gehen wollten, müssten Sie vollständig zahlen. Dann können Sie fast vollständige Gewissheit haben, dass der Versorger das Geld hat und auch nie wieder herausgeben muss. Das Geld ist dann ganz sicher weg.

Korrekt ausgedrückt ist das Geld gar nicht weg, sondern nur bei den anderen.

Wer also größtmögliche Sicherheit will, wählt diesen Weg.

In der Presse können Sie dann irgendwann lesen, ein deutscher Konzern habe einen spanischen Versorger gekauft. Der Kaufpreis in Milliardenhöhe wurde in bar bezahlt. Wie beruhigend.

Jurisprudenz ist etwas anderes als Mathematik.
Selbst in der Mathematik gibt es oft keine eineindeutigen Lösungen.

Es ist zum ersten Mal der Fall, dass sich Verbraucher, nachdem sie über ihre Rechte informiert wurden, gegen zu hohe Energiepreisein in großem Stil zur Wehr setzen.

Dementsprechend gering ist bisher noch die Anzahl entsprechender Gerichtsentscheidungen. Das ändert sich gerade und der Trend dabei ist aus meiner Sicht eindeutig.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline Wusel

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Wenn der Versorger nur Einkaufspreissteigerungen weitergibt?
« Antwort #14 am: 07. März 2006, 12:25:57 »
Wann ist eigentlich das Urteil vom LG Hamburg (Sammelklage gegen EON Hanse) zu erwarten?

Das hätte doch Modellcharakter.

Gruß
Wusel

 

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