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Autor Thema: BGH: Preiskalkulation reicht als Billigkeitsnachweis nicht !  (Gelesen 4328 mal)

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Offline RR-E-ft

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[ VII-ZR-170-67  30-06-1969 ; 4-C-774-05 ; KZR-36-04  18-10-2005 ]

Aus folgendem BGH- Urteil ergibt sich, dass im Anwendungsbereich des § 315 BGB  immer den Leistungsbestimmungsberechtigten die vollständige Darlegungs- und Beweislast trifft und zudem bis zum Nachweis überhaupt nichts zur Zahlung fällig ist.

Der BGH macht deutlich, dass der Bestimmungsgegner/ das Bestimmungsopfer überhaupt nichts zur Unbilligkeit vortragen muss.

Dies wurde im "Lichtblick"- Urteil des BGH vom 18.10.2005 - KZR 36/04 nochmals bestätigt.
Ganz deutlich wird dies in einem Urteil des LG Köln (RdE 2004, 306) ausgeführt.


Im vom BGH seinerzeit konkret entschiedenen Fall reichte auch eine Offenlegung der Kalkulation des Klägers als Nachweis der Billigkeit noch nicht aus, weil dabei nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die Kalkulation schon auf zu hohen Kosten beruhte.

Das ist wohl auch hinsichtlich des interessanten Aspekts überteuerter Vorlieferantenpreise und Netzkosten in den aktuellen Auseinandersetzungen der Fall.


Bei Energiepreisen spricht man in diesem Zusammenhang davon, dass nur die Kosten einer energiewirtschaftlich-rationellen Betriebsführung in Ansatz gebracht werden dürfen.

Also nicht etwa solche Kosten für täglich/ wöchentliche Großanzeigen/ Plakataktionen mit fragwürdigem Aussagegehalt und überteuerte Vorlieferantenpreise.

Der BGH stellte in dieser Entscheidung klar, dass der Vertragspartner des Leistungsbestimmungsberechtigten gerade nicht darlegen muss, was an der Kalkulation des Leistungsbestimmungsberechtigten  etwa zu beanstanden sei.



Das Urteil aus dem Jahre 1969, dessen Sachverhalt aus dem Bereich des Maschinenbaus stammt im Wortlaut hier:

http://www.raepower.de/PDF/19690630%20BGH%20VII%20ZR%20170-67.pdf


Wichtig sind insbesondere die Ausführungen auf Seite 9/10; S. 11 unter b); auf Seite 14 unter 1.) und auf Seite 16.

Dieses Urteil kann also durchaus dafür herangezogen werden, dass die "Offenlegung der Preiskalkulation" durch die Gasversorger noch keineswegs den nach § 315 BGB erforderlichen Nachweis der Billigkeit erbracht hat und deshalb weiter nur der Teil des Preises fällig ist, welcher nicht als unbillig gerügt wurde.

Auch "unabhängige" Wirtschaftsprüfertestate sind deshalb vollkommen belanglos und für den Gasversorger unbehelflich.

Zugleich wird wohl klar, an welchem Mangel das Urteil des LG Heilbronn nach der BGH- Rechtsprechung leidet.

Auch im Hamburger Prozess könnte diese höchstrichterliche Rechtsprechung eine Rolle spielen.

Und auch andernorts:

http://www.energieverbraucher.de/files.php?dl_mg_id=556&file=dl_mg_1133022767.pdf




Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

 

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