Energiepreis-Protest > EWE
EWE
ESG-Rebell:
--- Zitat ---Der Missbrauchseinwand gem. §§ 19,20 GWB setzt substantiierten Vortrag zur Frage des Marktmissbrauches voraus. Das bedeutet aber auch gleichzeitig, dass man eine bekannte Preiskalkulation detailliert bestreitet oder aber anhand dieser Kalkulation den Missbrauch dadurch nachweist, dass das Unternehmen zu hohe Gewinne einfährt oder Kostensenkungen nicht weitergibt.
--- Ende Zitat ---
Besteht keine Möglichkeit, einen Missbrauch auch anhand anderer Fakten zu substantiieren?
Beispielsweise ist die GVS der Vorlieferant der EnBW Gas GmbH (EGG); beides Töchter der EnBW AG. Gleichzeitig sind (oder waren) die Geschäftsführer der GVS und EGG Vorstandsmitglieder der EnBW AG. Zwischen diesen Firmen kann keinerlei Preisverhandlung stattfinden, weil die EnBW ihren Töchtern die Preise schlichtweg diktieren kann.
Dennoch berufen sich sowohl die EGG als übrigens auch deren Tochter Erdgas Südwest GmbH (ESG) auf Bezugspreiserhöhungen seitens der GVS bzw. EGG.
Damit wäre folgende groteske Situation zur Umgehung des §315 möglich:
Die GVS erhöht ihre Preise um 100 Euro/kWh. Die EGG erhöht ihre Preise freundlicherweise aber nur um 99,95 Euro/kWh und lässt ein neues PwC-Gutachten mit den neuen Zahlen ausdrucken. Dies hätte noch Anfang des Jahres konsequenterweise vor vielen Gerichten Bestand haben müssen.
Kann man also nicht schlüssig argumentieren, dass die Preise bestimmter Firmenkonsortien quasi konstruktionsbedingt garnicht angemessen sein können auch wenn man deren konkrete Kalkulation nicht nachweisen kann?
RR-E-ft:
@Uwes
Ich trage Eulen nach Athen:
Die angegriffenen Preiserhöhungen sind unwirksam, wenn es
a) überhaupt an einem Recht zur einseitigen Leistungs(neu)bestimmung
fehlt
oder
b) ein solches Recht zwar besteht, jedoch nicht in den Grenzen der
Billigkeit gem. § 315 BGB ausgeübt wurde.
Soweit ersichtlich hatte der Versorger selbst bestritten, dass ihm überhaupt ein vertragliches einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt sei.
Daran müsste er sich festhalten lassen, so dass es kein Recht zu Preiserhöhungen gibt.
Ein solches Recht folgt jedenfalls nicht aus den Vorschriften des GWB.
Soweit sich der Versorger auf einen Preisänderungsvorbehalt in den AGB beruft, beurteilt sich die Frage, ob ein solcher wirksam vertraglich vereinbart wurde, nach §§ 305, 307 BGB.
Auch die Beantwortung dieser Fragen lässt sich nicht nach GWB- Vorschriften beurteilen.
Besteht indes ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, findet § 315 BGB direkte Anwendung.
Im Tatbestand des § 315 BGB findet sich kein Hinweis darauf, dass dieser nur auf marktbeherrschende Unternehmen Anwendung fände.
Die Frage des Billigkeitsmaßstabes kann schon deshalb nicht von der Frage einer marktbeherrschenden Stellung abhängen, weil die Vorschrift des § 315 BGB auch dann Anwendung findet, wenn der Leistungsbestimmungsberechtigte eine solche Stellung gerade nicht inne hat (Vermieter, Arbeitgeber, Patentanwalt etc. pp.).
Deshalb ist schlicht keine kartellrechtliche Vorfrage denkbar, zumal sich die Kläger zur Stützung des Klageanspruches wohl auch nicht auf GWB- Vorschriften berufen haben werden.
Es liegt immer in der Entscheidung des Klägers, welchen Sachverhalt er zur Entscheidung des Gerichts stellt, § 308 ZPO.
Es kann nicht Sache der Beklagten sein, sich darauf zu berufen, sie habe (k)eine marktbeherrschende Stellung inne, diese jedenfalls nicht missbräuchlich ausgenutzt, um somit die Zuständigkeit zu bestimmen.
Mit gleicher Begründung könnten demnächst alle bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten Kartellsachen werden, wenn sich die beklagte Partei allein immer darauf beruft, gar keine marktbeherrschende Stellung inne zu haben und diese zudem jedenfalls nicht missbräuchlich ausgenutzt zu haben.
(Familiensachen bleiben wohl bei den Familiengerichten, auch wenn etwa einer der Ehepartner geltend machen will, er sei in seiner ehelichen Monopolstellung beeinträchtigt worden.) :D
Zudem hatten die Versorger zuvor vehement bestritten, überhaupt eine marktbeherrschende Stellung inne zu haben (einheitlicher Wärmemarkt, ggf. sogar weltweiter Energiemarkt).
Das Absurde liegt darin, dass den Klägern von der Beklagten wohl unterstellt wurde, diese hätten dieser den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vorgeworfen und allein deshalb sei das Kartellgericht zuständig.
Nach alldem gibt es keine kartellrechtlichen Vorfragen, nach denen der Sachverhalt nach §§ 305 ff., ggf. § 315 BGB zu beurteilen wäre.
Die Voraussetzungen für das Aussetzen des Verfahrens liegen schlicht nicht vor.
Es handelt sich wohl eher um eine nach § 19 IV GG unzulässige Justizverweigerung.
@ESG-Rebell
Möglicherweise ist Ihnen in der Diskussion entgangen, dass es immer nur im Interesse des Versorgers liegt, die Zuständigkeit eines Kartellgerichts zu begründen.
Verbraucher streben dies nicht an, weil sie eine Verhandlung vor einer Kammer mit drei Berufsrichtern wünschen, die eine juristische Ausbildung erfahren haben.
Kartellkammern sind nur mit einem Berufsrichter als Vorsitzendem ausgestattet, der von den ehrenamtlichen Richtern, die von der IHK gestellt werden o.ä. und gerade keine solche Ausbildung genossen haben, überstimmt werden kann.
Es gibt noch weitere Gründe.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
uwes:
@Fricke
es geht nicht darum, ob das Gericht die Frage der Billigkeitseinwendung mit Erwägungen stützt, die im BGB ihren Niederschlag gefunden haben.
Es geht darum, dass die Kläger in den Sammelverfahren behauptet haben, es läge Preismissbrauch vor. Das ist ein Einwand nach §§ 19,20 GWB.
Wie wir ja alle wissen, ist der Billigkeitseinwand vom Gericht neben den kartellrechtlichen Regelungen bzw. unberührt von diesen zu prüfen.
Es ist aber nicht zuständigkeitsbegründend oder -ablehnend, wenn ein Gericht "nur" den Billigkeitseiwand prüft, ohne den kartellrechtlichen Apsekt zu berücksichtigen.
Maßgeblich ist, dass der Kläger seinen Vortrag auch auf Kartellrecht stützt. Keine Rolle spielt, wenn der Anspruch daneben auch aus anderen zivilrechtlichen Gründen abgeleitet wird.
Das soll angeblich vorliegend der Fall sein.
RR-E-ft:
@Uwes
Wenn der Vortrag der Kläger den Anspruch auch auf einen Missbrauchsvorwurf im kartellrechtlichen Sinne stützt, dann dürfte tatsächlich das Kartellgericht zuständig sein, weil es für diese Frage - ausschließlich - zuständig wäre.
Ein für die Klage insgesamt unzuständiges Gericht kann sicher nicht allein über einen Teilaspekt, der in seine Zuständigkeit fiele, entscheiden.
Fraglich ist dann, ob man von diesem Teil des Vortrags durch ausdrückliche Erklärung etwa noch abrücken kann und sollte, um die Verweisung entbehrlich zu machen und zügig zu einer Entscheidung zu kommen.
Hinsichtlich eines kartellrechtlichen Preishöhenmissbrauchs tragen die Kläger die Darlegungs- und Beweislast, anders als bei der Frage der Billigkeit einseitig bestimmter Tarife.....
Die Frage der sachlichen Zuständigkeit ist sicher die Frage eines Zwischenstreits.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt
uwes:
--- Zitat von: \"RR-E-ft\" ---Wenn der Vortrag der Kläger den Anspruch auch auf einen Missbrauchsvorwurf im kartellrechtlichen Sinne stützt...
--- Ende Zitat ---
Ich bin der Auffassung, dass z.Zt. niemand mit Erfolg substantielles zu diesem Thema vortragen kann. Die Preiskalkulation der Versorger ist den Beteiligten ja nicht bekannt. M.E. ist dieser Umstand auch völlig unerheblich. Der Billigkeitseinwand geht erheblich weiter. Im Rahmen der Billigkeitsprüfung wird das Gericht zu prüfen haben, ob der Preis angemessen ist. Der Preismissbrauch ist nur bei erheblich über dem Durchschnitt liegender Gewinnkalkulationen anzunehmen.
Mit dem Billigkeitseinwand kommen diejenigen, auf deren Rechtsverhältnis zum Versorger § 315 BGB anzuwenden ist also weiter.
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