[ VIII-ZR-38-05 21-09-2005 ; KZR-36-04 18-10-2005 ]
http://www.energieverbraucher.de/de/site/Hilfe/Container-Urteilssammlung/site__2125/http://www.energieverbraucher.de/de/site/Hilfe/Container-Urteilssammlung/site__1619/Das Lichtblick- Urteil, unbedingt lesen !
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=cbc88909907ea1d6a7691f937130a068&client=3&nr=34761&pos=7&anz=13Wichtig sind die Ausführungen unter Textziffern 9,
10,
14 die auch auf Stromtarifpreise und Erdgaspreise übertragen werden können.
Denn auch dort sollen die Kunden die nach § 4 AVBV
jeweils geltenden Tarife des EVU bezahlen.
Die Preise werden in diesem Bereich nie individuell ausgehandelt, sondern immer vom EVU vorgegeben. Die zur Anwendung kommenden Preisblätter bestehen immer schon, auch wenn man Neukunde wird hat der Versorger schon Preise bestimmt, die man dann nur annehmen kann oder eben nicht.
Das ursprüngliche Entgelt bei Vertragsabschluss
ist daher nicht weniger einseitig bestimmt, als die künftige Höhe des Entgelts.
Es wäre eine künstliche Aufspaltung der äußerlich und inhaltlich einheitlichen Preisvereinbarung und führte zu Zufallsergebnissen, wollte man einen vereinbarten Anfangspreis von (vom Zeitpunkt der ersten ausdrücklichen oder stillschweigend vorgesehenen Neuberechnung an maßgeblichen) einseitig bestimmten Folgepreis unterscheiden. Demzufolge sind die Preise des EVU (mit Ausnahme dritter Stromhändler im fremden Netgebiet) immer schon von Anfang an einseitig bestimmt, wenn der Versorger bei Vertragsabschluss den Kunden auf seine gerade geltenden Preisblätter verweist.
Nur wenn der Ausgangspreis in einem
Sondervertrag individuell ausgehandelt wurde und sodann dem EVU für die Zukunft mit einer Preisänderungsklausel ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vertraglich eingeräumt wird, findet die zivilrechtliche Billigkeitskontrolle lediglich auf die späteren Preisänderungen in
direkter Anwendung des § §15 BGB statt (so schon LG Potsdam, RdE 2004, 304 für Strompreise).
Entscheidend Textziffer 11:
Zufolge des ihr eingeräumten Leistungsbestimmungsrechts ist die Beklagte verpflichtet, die Entgeltbestimmung nach billigem Ermessen zu treffen.Und sodann Textziffer 13:
Zum anderen muss sich die Preisbildung daran orientieren, dass die Bedingungen guter fachlicher Praxis einer möglichst sicheren, preisgünstigen und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas im Interesse der Allgemeinheit (§ 1 EnWG a.F.) und darüber hinaus der Gewährleistung wirksamen Wettbewerbs dienen sollen.Und sodann Textziffer 14:
Das Berufungsgericht hätte daher prüfen müssen, ob die Entgeltbestimmung der Beklagten in diesem Sinne billigem Ermessen entspricht, da sie nach § 315 Abs. 3 BGB nur dann für die Klägerin verbindlich ist.Ganz bedeutend sind die Ausführungen unter Textziffer
19:
Nicht die andere Vertragspartei hat die Unbilligkeit der Leistungsbestimmung darzulegen, vielmehr hat derjenige, dem das Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt ist und der typischerweise auch allein dazu in der Lage ist, die Billigkeit seiner Bestimmung darzutun[/i].Der VIII. Senat weist entgegen der Rechtsprechung des X. Zivilsenats nochmals darauf hin, dass sich
im Rückforderungsprozess die Darlegungs-und Beweislast kehren kann.
Der VIII. Senat nimmt dabei nochmals Bezug auf seine Entscheidungen vom 30.04.2003, aus denen gerade auch hervorgeht, dass § 30 AVBV den Einwand der Unbilligkeit nicht umfasst.
Der erkennende Senat sah keinerlei Veranlassung angesichts der Entscheidung des X. Zivilsenats vom 05.07.2005, mit welcher er sich auseinandersetzte, hieran etwa Abstriche zu machen.
Mithin wurde das in Bezug genommene Urteil vom 30.04.2003 nochmals bekräftigt und bestätigt.
In Textziffer 20 wird nochmals klargestellt, dass eine behördliche Tarifgenehmigung für die zivilrechtliche Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB nicht präjudiziell ist. Dies insbesondere hinsichtlich behördlich genehmigter Strompreise nach BTOElt.
Aus Textziffer 30 geht eindeutig hervor, dass § 315 BGB selbst dann zur Anwendung kommt, wenn daneben auch kartellrechtliche Vorschriften zur Anwendung kommen, weil die verschiedenen Prüfungen grundsätzlich
unabhängig voneinander sind.
Damit finden sich alle entsprechenden Aussagen hier im Forum durch den BGH nochmals bestätigt.
Anzumerken ist:
Bei dem o. g. Urteil handelt es sich nicht um Leistungen der Daseinsvorsorge.
Auch war die Klägerin nicht auf die Leistungen der Beklagten angewiesen.Auf all das kommt es also überhaupt nicht an, sondern allein darauf, dass die eine Seite von Anfang an berechtigt ist, die Preise laufend einseitig (neu) zu bestimmen, wie sich aus Textziffern 9, 10 eindeutig ergibt.
Nicht anders liegt der Fall zwischen Energieversorgungsunternehmen und dessen Kunden, jedenfalls im Tarifkundenbereich der Stromversorgung und im Bereich der Erdgasversorgung und da, wo in Sonderverträgen dem EVU das Recht eingeräumt ist, die Preise nachträglich einseitig (neu) zu bestimmen.
Der BGH wendet § 315 BGB
direkt an und nicht etwa entsprechend oder analog, wie die Versorger immer gern suggerieren.
Auf ein Angewiesensein des "Bestimmungsopfers" auf die Leistung kommt es deshalb überhaupt nicht an.Nicht umsonst wird deshalb in Textziffer 10 des Urteils darauf hingewiesen, dass auch
Zinsanpassungsklauseln in den Anwendungsbereich des § 315 BGB fallen.
Die Energieversorger weisen in diesem Zusammenhang gern darauf hin, dass man seinen Stromversorger heute leichter wechseln könne als seine Bank. Im Gasbereich soll das irgendwann auch mal möglich sein.
Darauf, dass ein Kunde seine Bank jederzeit wechseln kann, kommt es jedoch ersichtlich für die Anwendbarkeit des § 315 BGB überhaupt nicht an.Deshalb kann dies auch im Bereich der Energieversorgung keinerlei Rolle spielen.
Wichtig für den Erfolg der negativen Feststellungsklagen bei bereits erfolgten Zahlungen unter Vorbehalt ist schließlich die Zulässigkeit solcher Feststellungsklagen, die gegenüber Rückzahlungsklagen nicht subsidiär sind, wie sich aus Textziffer 22 des Urteils ergibt.
Mit diesem Urteil haben die Energieverbraucher wieder einmal zu ihren Gunsten die notwendigen Klarstellungen der angeblich "unklaren" Rechtslage erfahren, weshalb dieses Urteil von Anfang an außerordentlich begrüßt wurde.
Nun mache sich ein jeder Energieverbraucher Gedanken, wann er etwa mit seinem EVU jemals Preise individuell ausgehandelt hatte, ohne das diese mit bereits bestehenden Preisblättern einseitig vorgegeben und bestimmt wurden.
Dies gilt nach dem BGH- Urteil vom 21.09.2005 zu den Flüssiggasverträgen auch für Preisgleitklauseln und Preisanpassungsklauseln, die vom EVU gegenüber Kunden in Form von AGB einseitig vorgegeben wurden. Auch auf diese finden §§ 307, 315 BGB Anwendung:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=9e3ff72fb3b12691e819e306dd0aef04&client=3&nr=34088&pos=16&anz=24Nur bei vollständig individuellen Vereinbarungen findet eine zivilrechtliche Billigkeitskontrolle in direkter Anwendung des § 315 BGB auf Energiepreise nicht statt.
Energieverbraucher müssen nun ihre nach der Rechtsprechung bestehende starke Rechtsposition nur noch erkennen und nutzen, um sich gegen überhöhte Energiepreise zur Wehr zu setzen.
Man sollte die Unbilligkeit gegen die Gesamtpreise einwenden und das unter Vorbehalt weiterzahlen, was man als gerade angemessen ansieht.
Dann müssen die EVU die Billigkeit der von Anfang an von ihnen einseitig bestimmten Energiepreise jeweils gerichtlich nachweisen, um überhaupt verbindliche Entgeltforderungen zu erlangen.
Schlussendlich haben es damit die Energieverbraucher oft selbst in der Hand, wie hoch ihre derzeitigen Verbindlichkeiten gegenüber den EVU für erfolgte und laufende Energielieferungen sind.
Vgl. auch hier:
http://www.energieverbraucher.de/de/site/News/Pressemitteilungen__1130/NewsDetail__4422/Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt