Quelle:
http://www.strom-magazin.de (Professionals)
RUSSISCHER GASSTREIT
30.12.2005, 14:52 Uhr
Deutsche Gasversorgung nicht in Gefahr / Speicher reichen 75 Tage
Die Versorgung Deutschlands mit Erdgas ist ungeachtet des Gasstreits zwischen Russland und der Ukraine auf absehbare Zeit gesichert. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums verwies am Freitag in Berlin auf die Möglichkeit des Umstiegs auf andere Quellen im Fall eines Exportstopps.
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Wenn 36 Prozent der Erdgaslieferungen nach Deutschland durch einen Lieferstopp entfallen, sich das Angebot also derart verknappt und in Deutschland auf eine unverändert hohe Nachfrage trifft, hat dies wohl die selbe Wirkung, als wenn eine um 36 Prozent erhöhte Nachfrage auf ein gleichbleibend hohes Angebot träfe.
Beides würde die Preisbildung über Angebot und Nachfrage auf einem Markt mit gleichen Resultaten beeinflussen und zu steigenden Preisen führen.
Solches bleibt indes aus. Die Verknappung des Angebotes lässt keine zusätzliche Preisexpolosion besorgen. Jedenfalls ist davon (bisher) nirgends die Rede....
Dann stellt sich jedoch die Frage, ob umgekehrt die dramatisch angestiegenen Gaspreise überhaupt auf eine angeblich dramatisch gestiegene Energienachfrage in Asien zurückführen ließen, die angeblich zu einer entsprechenden Verknappung und damit zu höhreren Preisen führen sollte.
Weiter wird ersichtlich, dass die für Deutschland bedeutsamen Entwicklungen auf dem Markt (Verknappung des Angebots um 36 Prozent wäre außerordentlich erheblich) u. a. durch die umfassend vorhandenen Speichervorräte. zu einem Großteil ausgeglichen werden können.
Preisentwicklungen werden also nicht \"fallbeilartig\" auf dem deutschen Markt weitergegeben, da Kompensationsmöglichkeiten bestehen.
Angenommen, es würde jetzt 75 Tage lang anstatt Erdgas aus Russland zu aktuell hohen Preisen Erdgas aus den Speichervorräten geliefert, dann könnte man ggf. fragen, wann denn die Speicher zu welchen Gasbezugspreisen gefüllt wurden und ob das jetzt gelieferte Speichergas nicht billiger sein müsste als das Importgas, eben weil es noch weit billiger importiert wurde.
Natürlich verursacht auch die Speicherung Kosten und selbstverständlich müssten die Speicher, die als Puffer und Reserve in Krisenseiten oder Zeiten hoher Nachfrage dienen sollen, wieder aufgefüllt werden - mit neu bezogenem Gas.
Gleichwohl wird ersichtlich, dass das aktuell in der Heizperiode verkaufte Erdgas nicht vollständig aus Importen zu den aktuell hohen Importpreisen stammt, sondern zu einem Großteil bereits in Vorperioden zu weit geringeren Preisen importiert worden sein muss.
Oft ist der Bezug aus dem Ausland in den Sommermonaten höher als in den Wintermonaten....
Deshalb wäre es ggf. noch nicht einmal gerechtfertigt, die gestiegenen Erdgasimportpreise 1:1 über die gesamte Wertschöpfungs- und Lieferkette an die Verbraucher weiterzugeben, undzwar selbst dann, wenn die Erdgaspreise vor dem Anstieg der Erdgasimportpreise angemessen und billig gewesen wären.....
Die Speicherkapazitäten führen eben dazu, dass Preisentwicklungen ausgeglichen werden können, so wie ein Heizölkunde sich durch geschickte Vorratshaltung einen Vorteil gegenüber der Preisentwicklung beim Heizöl verschaffen kann...
Wenn nun tatsächlich an die Ukraine kein Erdgas mehr geliefert würde und deshalb die hohe Nachfrage in diesem Land nicht befriedigt werden bräuchte, steht bei gleichbleibender Förderung jedoch auch aktuell ein viel größeres Angebot an Erdgas zur Befriedigung der übrigen Energienachfrage zur Verfügung.
Man könnte auch zu dem Schluss kommen, dass dadurch ggf. die Preise aktuell sinken müssten.
Denn das Erdgas, welches aktuell gefördert wird, müsste ja weiterhin abgesetzt werden. Von einer Drosselung der Förderung war ja keine Rede, sondern nur von einer Drosselung der Lieferungen über die durch die Ukraine verlaufenden Pipelines.
Das weiterhin, wohl unverändert geförderte Erdgas soll über Pipelines, die durch Weißrussland verlaufen, nach Westeuropa abgesetzt werden.
Offensichtlich wird auch, dass vollkommen unabhängig der weltweiten Energienachfrage Gasprom-Gas zu vollkommen unterschiedlichen Bedingungen geliefert wird, nach Deutschland angeblich mit Ölpreisbindung (möglicherweise auch an Kohlepreise gekoppelt), nach Großbritannien, der Ukraine und anderswohin wohl ohne eine solche Kopplung....
Erst nachdem sich u.a. für Lieferungen nach Deutschland mit Preiskopplung einen hohes Preisniveau herausgebildet hat, verweist man nun auch Länder wie die Ukraine auf dieses hohe Preisniveau als \"marktüblich\".
Man könnte die Frage stellen, was nun zuerst da wa, Henne oder Ei.
Ist nun die Ölpreisbindung marktüblich - wohl nicht, wenn sie nicht überall gleichermaßen praktiziert wird- oder soll diese überhaupt erst zu einem marktüblich hohem Preisniveau führen?
Man könnte ja auch denken, die steuer- und abgabenbereinigten Erdgaspreise in Großbritannien (ohne Preiskopplung) auf weit niedrigerem Niveau seien marktüblich, mögen diese auch auf weit geringerem Preisniveau größeren Schwankungen unterworfen sein.
Man könnte ja auch die Überlegung anstellen, dass das Preisniveau in Westeurope heute nicht so hoch läge, wenn man sich nicht auf die Preiskopplung eingelassen hätte- zu der es offensichtlich Alternativen gab. Dann könnte man heute die Ukraine nicht auf dieses hohe Preisniveau, welches auf der Preiskopplung gründen soll, verweisen.
Freundliche Grüße
aus Jena
Thomas Fricke
Rechtsanwalt