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Autor Thema: KKS- Anlage nachrüsten  (Gelesen 740 mal)

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Offline micdo

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KKS- Anlage nachrüsten
« am: 22. Januar 2023, 10:59:04 »
Hallo zusammen,

bei unserer ersten 10jährigen Inneren Prüfung(2,1t erdgedeckter Tank, ESM Verfahren), die übrigens bestanden wurde, ist als Anmerkung auf dem Prüfbericht folgendes aufgeführt:

- Die Bewertung der Korrosionsgefährdung ist innerhalb von 5 Jahren durch einen Fachbetreib zu wiederholen(BKZ)
- Die nächste IP ist als Schallemisionsprüfung durchzuführen.

Meine Fragen hierzu:
- Was ist der Unterschied zwischen "Bewertung der Korrosionsgefährdung" und der "Inneren Prüfung"?
- Der Prüfer hat über das evtl. Nachrüsten einer KKS Anlage gesprochen.
  * Wer baut eine solche KKS Anlage ein (Nord-Bayern)?
  * Mit welchen Kosten ist hier zu rechnen?
  * Kommen dann noch zusätzlichen Prüfintervalle dazu?

Wer hat Erfahrungen mit einer nachgerüsteten KKS Anlage und hat das den erwünschten Effekt gehabt?

Bin über jeden Bericht, Hinweis dankbar.

Gruß
Michael

Offline TÜV-SV

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Re: KKS- Anlage nachrüsten
« Antwort #1 am: 29. Januar 2023, 13:42:15 »
Die Erklärung ist recht einfach.

Bei der ESM wurde festgestellt, daß die Epoxidharzbeschichtung des Behälters an irgendeiner Stelle nicht in Ordnung ist.
In einem solchen Fall wurde dann durch den Prüfer vor Ort zusätzlich noch der so genannte Bodenkennwert bestimmt, der sich aus verschiedenen Einzelmessungen ergibt.

Daraus hat sich dann ergeben, daß der Bodenkennwert niedrig ist und somit die Korrosionsgefährdung gering ist.
Das ist ein so genannter ESM-Fall 2. Das müßte auch irgendwo in dem ESM-Prüfbericht stehen, der der Prüfbescheinigung angehängt ist.

Grob gesagt heißt das, daß zwar die Epoxidharzbeschichtung des Behälters beschädigt ist, daß aber die Korrosionsgefährdung des Bodens, in dem der Behälter liegt, gering ist. Das für die erdgedeckten Behälter relevante Prüfregelwerk VdTÜV-Merkblatt 373 gibt vor, daß in einem solchen ESM-Fall 2 keine KKS nachgerüstet werden muß. (Einzige Ausnahme ist, wenn es sich um Behälter des Herstellers BAGOM aus bestimmten Baujahren handelt, da es bei diesen einige Produktionsmängel gab.)

Die Prüffrist für die innere Prüfung für den Behälter sollte vom Prüfer in Ihrem Fall dann auch bei 10 Jahre belassen worden sein und nicht auf 5 Jahre verkürzt worden sein. Das müßte ja in Ihrer Bescheinigung stehen.

Ich hoffe, meine Annahmen und Schlußfolgerungen auf das Ergebnis der Prüfung sind bis hierhin richtig?


- Die Bewertung der Korrosionsgefährdung ist innerhalb von 5 Jahren durch einen Fachbetreib zu wiederholen(BKZ)
- Die nächste IP ist als Schallemisionsprüfung durchzuführen.

Meine Fragen hierzu:
- Was ist der Unterschied zwischen "Bewertung der Korrosionsgefährdung" und der "Inneren Prüfung"?

Da bei der ESM jetzt schon festgestellt wurde, daß die Beschichtung des Behälters nicht in Ordnung ist und die Beschichtung sich ja nicht von selbst repariert, macht es keinen Sinn, bei der nächsten inneren Prüfung in 10 Jahren nochmal eine ESM durchzuführen, da man ja schon weiß, daß die Beschichtung beschädigt ist.
Deswegen steht im Prüfbericht richtigerweise, daß in 10 Jahren das alternative Prüfverfahren "Schallemissionsprüfung" zum Einsatz kommen soll. Diese Schallemissionsprüfung funktioniert komplett anders als die ESM und ist quasi eine Art Druckprüfung, die aber normalerweise auch nicht länger als 60 bis 90 Minuten dauert.

Das ist vom VdTÜV-Merkblatzt 373 erst mal so vorgegeben. Das ist aber erst in 10 Jahren relevant und kann ihnen bis dahin erst mal egal sein. Vielleicht ändert sich das VdTÜV-Merkblatt 373 bis dahin auch noch oder es gibt dann in 10 Jahren neue Prüfverfahren.

Der Satz Die Bewertung der Korrosionsgefährdung ist innerhalb von 5 Jahren durch einen Fachbetreib zu wiederholen(BKZ)
steht formal in Ihrem ESM-Prüfbericht drin, da das vom VdTÜV-Merkblatt 373 in einem ESM-Fall 2 so vorgegeben wird.
Das heißt nicht, daß die ganze ESM oder innere Prüfung nochmal in 5 Jahren durchgeführt werden sollte, sondern daß nur dieser Bodenkennwert (entspricht Korrosionsgefährdung) in 5 Jahren nochmal gemessen werden soll, um nochmal sicherzustellen, daß der Boden wirklich nur eine geringe Korrosivität besitzt. Diese Bodenkennwertmessung dauernd normalerweise nicht länger als 5 bis 10 Minuten.

Ob Sie diese Bodenkennwertmessung in 5 Jahren nochmal durchführen lassen, bleibt im Grunde Ihnen selbst überlassen.
Ich weiß, daß nicht mal die verschiedenen grossen Gasversorger aktuell in einem ESM-Fall 2 tatsächlich nach 5 Jahren diese Messung nochmal wiederholen lassen.
Die Forderung steht zwar in den Prüfberichten beim ESM-Fall 2 überall drin, aber in der Praxis macht das bisher tatsächlich keiner.

Normalerweise läuft das bei Ihnen dann jetzt so ab, daß einfach weiterhin alle 10 Jahre die innere Prüfung durchgeführt wird, daß dann aber eben keine ESM mehr durchgeführt wird, sondern eine Schallemissionsprüfung. Ansonsten ändert sich für Sie nichts.


- Der Prüfer hat über das evtl. Nachrüsten einer KKS Anlage gesprochen.
  * Wer baut eine solche KKS Anlage ein (Nord-Bayern)?
  * Mit welchen Kosten ist hier zu rechnen?
  * Kommen dann noch zusätzlichen Prüfintervalle dazu?

In Deutschland gibt es einen grossen Anbieter für KKS-Anlagen für kleine Flüssiggasbehälter (meist galvanische KKS-Anlagen), die quasi fast schon ein Monopol haben. Das ist die Firma Ronschke. Es gibt wenige kleine alternative Anbieter dafür, aber den Löwenanteil der betreffenden KKS-Anlagen baut Ronschke ein.
Laut meiner Erfahrungen wird allein schon für den Einbau der galvanischen KKS-Anlage Ronschke sicherlich brutto um die 1.000 Euro oder mehr in Rechnung stellen.

Wenn der Behälter eine solche KKS-Anlage hat, muß diese dann alle 2 Jahre von einer Fachfirma geprüft werden, zusätzlich zur inneren Prüfung des TÜVs alle 10 Jahre. Das wird dann alle 2 Jahre wohl meist auch wieder die Firma Ronschke sein. Was so eine Prüfung alle 2 Jahre kostet, weiß ich nicht. Aber inkl. Anfahrtskosten, 15 Minuten Prüfung vor Ort, Erstellung des Prüfberichts etc. wird das wohl nicht unter 150 bis 200 Euro alle 2 Jahre liegen. Das weiß ich aber nicht genau, kann aber jeder selber mal vernünftig überschlagen.

Wenn der Behälter Ihnen privat gehört, sind das natürlich Ihre privaten Kosten. Wenn der Behälter dem Gasversorger gehört, muß der formal erst mal die Kosten tragen, wird das aber wahrscheinlich in Form eines erhöhten Gaspreises oder einer erhöhten Grundgebühr an Sie durchreichen.

Fazit:
Wenn die KKS-Anlage in der Prüfbescheinigung nicht explizit gefordert ist, würde ich selbst sie auch nicht einbauen. Das macht keiner, weder die grossen Gasversorger noch die Privatkunden, die ich kenne.
Denn die Prüffrist von 10 Jahren haben Sie bei einem ESM-Fall 2 ja so oder so.


Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen.


Mit bestem Gruß,
TÜV-SV
« Letzte Änderung: 29. Januar 2023, 13:46:44 von TÜV-SV »
Zu mir:
- Sachverständiger Dampf- und Drucktechnik bei einem TÜV
- Bisher etwa 3.000 Flüssiggastanks geprüft
- Nehme gern Stellung zu technischen Fragen rund um die wiederkehrende Tankprüfung
- Zu vertraglichen Dingen kann ich nicht viel sagen

Offline micdo

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Re: KKS- Anlage nachrüsten
« Antwort #2 am: 29. Januar 2023, 18:20:17 »
Hallo TÜV-SV!

Vielen Dank für die ausführliche und sehr gut verständliche Erklärung.
Das hilft mir sehr weiter!

ESM - Fall2 habe ich im Prüfbericht gefunden.

Zwei Fragen hätte ich noch:
1.) Bezüglich Tankhersteller BAGOM, welche Baujahre sind hier von den Produktionsmängeln betroffen?
2.) Bezüglich Bodenkennwertmessung in 5 Jahren, wer führt diese durch?

Vorab vielen Dank!

Offline TÜV-SV

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Re: KKS- Anlage nachrüsten
« Antwort #3 am: 30. Januar 2023, 01:15:04 »
Hallo TÜV-SV!

Vielen Dank für die ausführliche und sehr gut verständliche Erklärung.
Das hilft mir sehr weiter!

ESM - Fall2 habe ich im Prüfbericht gefunden.

Zwei Fragen hätte ich noch:
1.) Bezüglich Tankhersteller BAGOM, welche Baujahre sind hier von den Produktionsmängeln betroffen?
2.) Bezüglich Bodenkennwertmessung in 5 Jahren, wer führt diese durch?

Vorab vielen Dank!


1.) Das betrifft viele BAGOM-Behälter aus den Baujahren 2000 oder 2001 bis etwa 2010 oder 2011. Aber es sind nicht alle BAGOM-Behälter aus diesen Baujahren betroffen, sondern nur bestimmte Seriennummern. Die Gasversorger und die TÜVs, die die Behälter prüfen, wissen aber in der Regel, welche Behälter das sind und behandeln das entsprechend bei der Prüfung, wenn ein Behälter davon betroffen ist.

2.) Theoretisch könnte das zum Beispiel die Firma Ronschke machen oder der TÜV, der die ESM an Ihrem Behälter durchgeführt hat. Aber wie gesagt: Ich kenne keinen einzigen Fall, wo diese Messung nach 5 Jahren tatsächlich nochmal beauftragt und durchgeführt wurde, auch wenn es in der Prüfbescheinigung empfohlen war. Nicht mal die grossen Gasversorger beauftragen das. Die innere Prüfung ist so oder so erst nach 10 Jahren wieder fällig.

Mit bestem Gruß,
TÜV-SV
Zu mir:
- Sachverständiger Dampf- und Drucktechnik bei einem TÜV
- Bisher etwa 3.000 Flüssiggastanks geprüft
- Nehme gern Stellung zu technischen Fragen rund um die wiederkehrende Tankprüfung
- Zu vertraglichen Dingen kann ich nicht viel sagen

 

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