In der Energiekrise machen Grundversorger geltend, dass ihnen die Belieferung von Neukunden wirtschaftlich unzumutbar sei, wenn sie für deren Versorgung Energie kurzfristig zu exorbitanten Marktpreisen nachbeschaffen müssten, die mit den veröffentlichten Allgemeinen Preisen nicht abgedeckt werden können. Die Preisspaltung zwischen Neu- und Bestandskunden, wie sie zu Beginn der Energiekrise von einigen praktiziert wurde, ist mittlerweile gem. § 36 Abs. 1 Satz 2 EnWG gesetzlich untersagt. Im Gegenzug wurde die Ersatzversorgung gem. § 38 EnWG vom 30.07.22 neu gefasst, erhöhte Allgemeine Preise auch für Haushaltskunden zugelassen:
https://rewis.io/aktuell/synopsen/enwg/10037/2Energieversorgungsunternehmen dürfen bei den Allgemeinen Bedingungen und Allgemeinen Preisen nicht nach dem Zeitpunkt des Zustandekommens des Grundversorgungsvertrages unterscheiden.
4Die Pflicht zur Grundversorgung besteht nicht, wenn die Versorgung für das Energieversorgungsunternehmen aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist.
Wenn der Versorger gem. § 36 Abs. 1 Satz 4 EnWG geltend machen kann, (ausnahmsweise) zur Grundversorgung nicht verpflichtet zu sein, weil ihm die Grundversorgung der betreffenden Entnahmestelle wirtschaftlich unzumutbar ist, so hat der davon betroffene Haushaltskunde (wenigstens) einen Anspruch auf Ersatzversorgung gem. § 38 Abs. 1 EnWG.
Die Verweisung in § 38 Abs. 1 Satz 3 EnWG
In den Fällen des § 36 Absatz 1 Satz 5 besteht ein Anspruch des Haushaltskunden auf Ersatzversorgung.
zielt indes auf § 36 Abs. 1 Satz 5 EnWG statt auf § 36 Abs. 1 Satz 4 EnWG, was ein Redaktionsversehen sein mag.
Denn § 36 Abs. 1 Satz 5 EnWG setzt seinerseits wohl voraus, dass eine Ersatzversorgung gem. § 38 Abs. 1 EnWG begonnen hat.
Es erscheint unsinnig, einen gesetzlichen Anspruch auf Ersatzversorgung gem. § 38 Abs. 1 EnWG daran zu knüpfen, dass eine ebensolche bereits begonnen hat.
5Die Pflicht zur Grundversorgung besteht zudem nicht für die Dauer von drei Monaten seit dem Beginn einer Ersatzversorgung nach § 38 Absatz 1, sofern der Haushaltskunde bereits zuvor an der betroffenen Entnahmestelle beliefert wurde und die Entnahmestelle dem bisherigen Lieferanten aufgrund einer Kündigung des Netznutzungs- oder Bilanzkreisvertrages nicht mehr zugeordnet werden konnte. 6Ein konkludenter Vertragsschluss durch Entnahme von Energie ist für die betroffene Entnahmestelle für diesen Zeitraum ausgeschlossen.
Die Regelung in § 36 Abs. 1 Satz 5 EnWG, wonach die Grundversorgungspflicht für die Dauer von drei Monaten seit Beginn einer Ersatzversorgung gem. § 38 Abs. 1 EnWG nicht besteht, setzt u. a. (kumulativ) voraus, dass die Entnahmestelle dem bisherigen Lieferanten aufgrund einer Kündigung des Netznutzungs- oder Bilanzkreisvertrages nicht mehr zugeordnet werden konnte.
Dies betrifft also nicht den Fall der Kündigung eines Sondervertrages durch den Kunden, um in die Grundversorgung zurückzukehren.
Die Regelung in § 36 Abs. 1 Satz 6 EnWG, wonach der konkludente Vertragsabschluss für die betroffene Entnahmestelle für diesen Zeitraum ausgeschlossen ist, bezieht sich wiederum auf den vorhergehenden Satz 5, weil nur darin von einem Zeitraum (drei Monate seit Beginn einer Ersatzversorgung) die Rede ist.
Sie bezieht sich also nicht auf die Fälle des § 36 Abs. 1 Satz 4 EnWG.
Innerhalb von längstens drei Monaten Ersatzversorgung sollte der Versorger zudem die Voraussetzungen dafür geschaffen haben können, dass ihm die Grundversorgung der betreffenden Entnahmestelle nicht wirtschaftlich unzumutbar ist, so dass er sich dann gegenüber dem betroffenen Kunden nicht mehr gem. § 36 Abs. 1 Satz 4 EnWG auf die wirtschaftliche Unzumutbarkeit berufen kann.