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Autor Thema: BGH, Urt. v. 1.6.22 Az. VIII ZR 287/20 Leitsatzentscheidung Fernwärme  (Gelesen 2415 mal)

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Das Urteil des BGH vom 1.6.22 Az. VIII ZR 287/20  Leitsatzentscheidung Fernwärme ist veröffentlicht:

https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=7&nr=130538&pos=219&anz=851

Zitat
BGB §§ 306, 134; AVBFernwärmeV § 24 Abs. 4 (in der bis zum 4. Oktober 2021
geltenden Fassung); KlauselRL 13/93 Art. 6 Abs. 1

a) Bei Preisänderungsklauseln in Fernwärmelieferungsverträgen gebietet das Trans-
parenzgebot in § 24 Abs. 4 Satz 2 AVBFernwärmeV eine Erläuterung der Zusam-
mensetzung der Bezugspreise des Fernwärmeversorgungsunternehmens, also ins-
besondere der diesen zugrundeliegenden vertraglichen und preislichen Bestimmun-
gen oder auch die namentliche Bezeichnung des Bezugslieferanten, nicht. Diese
Gesichtspunkte können allerdings für die Prüfung der inhaltlichen Angemessenheit
von gegenüber den Endkunden verwendeten Preisänderungsklauseln nach § 24
Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV von Bedeutung sein.

b) Anders als eine Preisänderungsklausel zum Grund- oder Bereitstellungspreis, mit
dem die langfristigen Investitions- und Vorhaltekosten des Versorgers abgegolten
werden, die sich grundsätzlich unabhängig von den Verhältnissen am Wärmemarkt
entwickeln, muss eine Preisänderungsklausel zum Arbeitspreis, mit dem die vom
Kunden abgenommene Wärmemenge vergütet wird, nach § 24 Abs. 4 Satz 1 AVB-
FernwärmeV zwingend auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt an-
gemessen berücksichtigen (Bestätigung und Fortführung des Senatsurteils vom
6. April 2022 - VIII ZR 295/20, juris Rn. 29 f.).

c) Die in Energieversorgungsstreitigkeiten entwickelte sogenannte Dreijahreslösung
des Senats vermeidet die bei einer Gesamtnichtigkeit des Versorgungsvertrags für
den Kunden eintretenden nachteiligen Folgen einer bereicherungsrechtlichen
(Rück-)Abwicklung, indem sie entsprechend den auch nach der jüngeren Recht-
sprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu beachtenden Zielsetzun-
gen von Art. 6 Abs. 1 der Klausel-Richtlinie 93/13/EWG darauf angelegt ist, die nach
dem Vertrag bestehende formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der
Vertragsparteien unter Heranziehung und Gewichtung ihrer Interessen durch eine
materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und auf diese Weise ein Gleichgewicht der
Rechte und Pflichten tatsächlich wiederherzustellen (Bestätigung und Fortführung
der Senatsurteile vom 23. Januar 2013 - VIII ZR 80/12, NJW 2013, 991 Rn. 33 ff.,
und VIII ZR 52/12, juris Rn. 31 ff.; vom 6. April 2016 - VIII ZR 79/15, BGHZ 209, 337
Rn. 23, 38).

BGH, Urteil vom 1. Juni 2022 - VIII ZR 287/20 - LG Berlin
AG Schöneberg


 

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