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Autor Thema: Stadtwerke am See (ehemals Technische Werke Friedrichshafen ua)  (Gelesen 5729 mal)

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Offline mathaub

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Rechtsstreit 3 C 208/15 AG Grünstadt

Die AGB der Stadtwerke am See, verwendet noch von den Technischen Werke Friedrichshafen GmbH (TWF) – Marke Bodensee Energie – für den Eigenverbrauch von Energie (Strom/Gas), Stand 01.01.2011, sehen unter Ziffer 6 eine ganze Reihe von Preisanpassungsbestimmungen und unter Ziffer 7 Bestimmungen zur „Preisfixierung“ vor.

Sachverhalt:

Zwischen den Parteien war ein Arbeitspreis von netto 0,1749 €/kWh und ein Grundpreis von netto 71,43 € vereinbart für den Zeitraum vom 01.05.2012 bis zum 30.04.2013.

Dieser Preis ergibt sich aus der Bestätigung des Liefervertrages.

Ferner war auf dem Auftragsformular Spar Strom oben rechts vermerkt:

Arbeitspreis Cent/kWh: 20,81 brutto *
Grundpreis Euro/Jahr: 85,00 brutto

*Komplettpreis inkl. 19% MwSt., Stromsteuer, EEG- und KWK-Abgaben sowie die §19 StromNEV-Umlage


Die Beklagten haben der Schlussrechnung der Rechtsnachfolgerin der Technischen Werke Friedrichshafen, nachfolgend Klägerin Stadtwerke am See, widersprochen. Nach der Schlussrechnung hat die Klägerin einen Arbeitspreis von netto 0,204472 € / kWh abgerechnet. Die Beklagten haben jedoch nur den vereinbarten Preis von netto 0,1749€/ kWh bezahlt.

Die Klägerin hat daraufhin Zahlungsklage hinsichtlich des daraus resultierenden Differenzbetrages erhoben.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass sich eine Befugnis zur Preisänderung aus Ziffer 7 der AGB ergibt.

Die Klägerin hat vorgetragen, dass aus Ziffer 7.1. der AGB ersichtlich ist, dass die Preisfixierung einen Gesamtpreis enthält, der sich aus dem reinen Energiepreis, den Kosten für Messung und Ablesung, dem Netzzugangsentgelt, der Konzessionsabgabe, den Zuschlägen nach dem KWKG und den Kosten für den Messstellenbetrieb zusammensetzt.

Gemäß Ziffer 7.1. der AGB, die auf Ziffer 6.6 der AGB verweist, ist eine Preisanpassung nicht möglich, soweit es um Kosten nach dem KWKG geht. Sämtliche sonstige Stromnebenkosten seien davon gerade nicht erfasst.

Gemäß Ziffer 7.3. beinhalte die Preisfixierung gerade nicht die Energiesteuer, Stromsteuer, die Umsatzsteuer und neu hinzutretende Steuern, Abgaben und hoheitlich auferlegte allgemein verbindliche Belastungen.
Insoweit seien auch die Ziffern 6.2 bis 6.5 der AGB anwendbar, sodass es der Klägerin möglich sei, die in den AGB enthaltenen Stromnebenkosten an den Endverbraucher weiterzugeben.

Dem sind die Beklagten entgegen getreten.

Eine Preiserhöhung wurde den Beklagten zu keiner Zeit mitgeteilt. Ebenso wurden die Beklagten nicht darüber belehrt, dass und innerhalb welcher Frist sie kündigen können, um so einer Preiserhöhung zu entgehen.

Die Beklagten haben zudem die Intransparenz der AGB gemäß §307 BGB gerügt.

Vorläufige Auffassung des Gerichts:

Nach vorläufiger Auffassung des Gerichts wurde zwischen den Parteien für den Zeitraum vom 01.05.2012 bis zum 30.04.2013 ein Festpreis in Höhe von netto 0,1749 €/ kWh (brutto 0,2081 €/ kWh) vereinbart.

Das Gericht weist maßgeblich auf den Aufdruck auf dem Auftragsformular und die Auftragsbestätigung hin.

Eine nachträgliche Änderungsbefugnis der Klägerin sieht das Gericht im Hinblick auf §307 BGB als kritisch an, da sowohl das Auftragsformular als auch die Auftragsbestätigung so zu verstehen sind, dass ein Fest-/Komplettpreis vereinbart worden ist. Insoweit könne während der Vertragslaufzeit von einem Jahr der Arbeitspreis nicht erhöht werden. Widersprüchlichkeiten würden zu Lasten des Verwenders der AGB gehen.


Zwischenzeitlich liegt das unanfechtbare Endurteil des AG Grünstadt vor. Es wird dem BdEV zur Verfügung gestellt. Die Klage der Stadtwerke am See wurde vollumfänglich abgewiesen.

17.08.2016
mathaub

 

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