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"Wer den Preisprotest also fortführt, muss jetzt eher damit rechnen, durch seinen Versorger verklagt zu werden, da die Versorger darauf hoffen, dass viele Gerichte kritiklos dem BGH folgen werden."
Zu dem BGH-Leitsatzurteil vom 6.4.2016 unter Aktenzeichen VIII ZR 79/15 finden Sie schöne Besprechungen von Professor Dr. Kurt Markert und Wilhelm Zimmerlin hier im Forum in der Rubrik „Gerichtsurteile zum Energiepreis-Protest“ unter dem Titel „BGH, Urt. v. 6.4.16 Az. VIII ZR 79/15 Erg. Vertragsauslegung= kundenfreundlich“, siehe http://forum.energienetz.de/index.php/topic,20132. In Prozessen mit einem ähnlichen Fall muss jeder einzelne Verbraucher diese Argumente von seinem Rechtsanwalt vortragen lassen und damit Zweifel bei seinem Gericht schüren, ob die Rechtsprechung des VIII. BGH-Zivilsenates mit dem Grundgesetz und mit den europäischen Richtlinien vereinbaren lässt. Die Zweifel müssen so groß werden, dass das Gericht sich zu einer Vorlage an den EuGH genötigt sieht, statt einfach die verbraucherfeindlichen Leitsätze der BGH-Urteile u. a. vom 28.10.2015 und 6.4.2016 zur Grundlage seines eigenen Entscheidung zu machen. Eine derartige Vorlage hat auch den Vorteil, dass das vom Gericht angerufene Bundesverfassungsgericht sich mit der Sache befassen und entscheiden muss. Bei der immer noch unveröffentlichten Verfassungsbeschwerde des Bundes der Energieverbraucher ist mir nicht bekannt, ob die Verfassungsbeschwerde überhaupt zur Entscheidung angenommen wurde oder ob die Beschwerde wie so viele andere ohne jede Begründung inzwischen einfach zurückgewiesen wird. Selbst im positiven Fall der Annahme ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts frühestens 2017 zu erwarten, wahrscheinlich sogar erst 2018. Mit freundlichen GrüßenLothar GutscheEmail: lothar.gutsche@arcor.de
Angenommen, man folgt dem BGH-Urteil und hält dessen Auffassung für richtig (was ich nicht tue, aber nur mal angenommen). Dann wäre ja noch immer im Sinne des Verbraucherschutzes zumindest zu prüfen, ob tatsächlich lediglich die Kostensteigerungen weitergegeben wurden. Darüber hinaus wäre noch immer zu prüfen, ob das EVU Kostensenkungen weitergegeben hat. Dürfte das dem EVU nicht immer noch relativ schwer fallen bzw. lieber von ihm vermieden werden? Gerade wenn das EVU - anders als bei obigen BGH-Urteil - in der Rolle des Klägers ohnehin höhere Beweispflichten hat? Gerade die letzten Jahre sind die Ölpreise drastisch gesunken und die Gaspreise aber konstant geblieben, wie eine Studie der "Grünen" zeigt. Wobei ich mal unterstelle, dass tatsächlich nicht nur Kostensteigerungen weitergegeben wurde... sonst macht die ganze Überlegung natürlich keinen Sinn.
Ich würde an Stelle des EVU dennoch vermeiden wollen, dass der Nachweis überhaupt erst geführt werden muss. Nicht umsonst haben sämtliche EVUs in der mittlerweile langen Geschichte des Energiepreisprotestes sich bislang nie in die Preiskalkulationskarten schauen lassen. Ein Präzedenzfall wäre höchst unangenehm und wir unterstellen ja mal, dass tatsächlich nicht nur Kostensteigerungen weitergegeben wurden bzw. Preissenkungen nicht weitergegeben wurden an den Kunden. Es gilt also vor den Augen der Öffentlichkeit geschickt zu lügen.
"Der Versorger wird natürlich nur für die Zeiträume Klage erheben, für die er eine korrekte Preiskalkulation belegen kann".Wie meinen Sie das? Er kann sich das doch nicht aussuchen, welche Jahre er belegt bzw. welche nicht. Es würde um die in einem bestimmten Gerichtsfall relevanten Jahre gehen, z.B. drei bestimmte, noch nicht verjährte Jahre.
Natürlich führt man als EVU den Nachweis nicht aus Spass an der Freude, sondern nur wenn er unvermeidbar ist. Aber zwischen der Überprüfung der Billigkeit und der vollständigen Offenlegung der Preiskalkulation ist noch viel Raum. Lügen ist da eine eher schlechte Idee. Wer die Klage erhebt kann sehr wohl aussuchen, welche Lieferjahre er einklagt und welche nicht. Und Kläger ist in dieser Sache im Regelfall das EVU.
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