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Autor Thema: Irrelevanz des Einwands nach § 315 BGB  (Gelesen 9251 mal)

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Offline userD0010

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Irrelevanz des Einwands nach § 315 BGB
« am: 27. November 2015, 10:38:43 »
Gegenüber dem Gericht behauptet die Klägervertretung:
.... der Einwand nach § 315 BGB ist aufgrund des bestehenden Wettbewerbs iorrelevant.
Anmerkung:
es handelt sich um einen Grundversorgervertrag, der seit 2005 besteht und gegen dessen nachfolgende "Preisgestaltung" jeweils der Einwand erhoben wurde.
Kann man der Klägervertretung entsprechend Gegensätzliches erwidern?

Offline berghaus

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Re: Irrelevanz des Einwands nach § 315 BGB
« Antwort #1 am: 27. November 2015, 11:43:21 »
Man könnte z.B. fragen: "Wieso das dann?"  :D

berghaus 27.11.15

Offline userD0010

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Re: Irrelevanz des Einwands nach § 315 BGB
« Antwort #2 am: 27. November 2015, 12:16:33 »
@berghaus
Das die uns beiden bekannte hochgeschätzte Anwältin ohne weitere Argumente das lediglich zu fragen, dürfte wenig erfolgreich sein.
Zwar wäre eine komplexe Antwort das letzte I-Tüpfelchen auf all die inzwischen herausgesuchte sog. Glaubhaftmachungen, die präsentiert wurden und mit denen die Hoffnung besteht, dem Gewürge ein Ende zui bereiten.


Offline userD0010

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Re: Irrelevanz des Einwands nach § 315 BGB
« Antwort #3 am: 27. November 2015, 14:11:18 »
@berghaus
Ihrem Hinweis folgend, könnte ich ggf. auf die nachfolgend dargestellten "Behauptungen" immer wieder mit "wieso das denn ???  antworten, wobei dies vermuitlich bei Gericht wenig hilfreich sein wird.
- der ursorpnglich zwischen den Parteien bestehende Sondervertrag wurde, was unstreitig ist, durch die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin im Jahr 2007 mit Wirkung zum 30.11.2007 gekündigt. Die Antragsgegnerin war auch zur Kündigung berechtigt, da unkündbare Dauerschuldverhältnisse nicht existieren
Anmerkung hierzu:   Das Sondervertragsverhältnis ist ein einseitiges Rechtsgeschäft und die gesetzl. Vorschriften zur Vorgehensweise bei derartigen Kündigungen,
nämlich dem KÜndigungsschreiben eine Original-Vollmacht des Unterzeichners des Kündigungsschreiben beizufügen,  wurde nachweislich nicht eingehalten. Somit ist die Kündigung unwirksam, d.h. greift auch nicht zum nächstfolgenden Termin! (vgl. § 174 BGB) Hinweis. Den Eingang des Widerspruchs gegen die Kündigung hat man eingeräumt.
Hier die jeweiligen "Vorträge":
- sofern die Klägerin behauptet, die Kündigungsfrist habe sich auf drei Monate zum Ende des jeweiligen Abrechnungsjahres belaufen, kann dies nur bestritten werden.
   Insofern mag die Klägerin den Vertrag in vollständiger Form vorlegen.
   Sollte nach Vorlage des Vertrages zuzugeben sein, dass die mit Schreiben vom 08.10.2007  ausgesprochene Kündigung nicht fristgerecht zum 30.11.2007
    erklärt worden sein, so wäre die Kndigung jedoch zum 21.10.2008 wirksam geworden, da zu diesem Zeitpunkt das nächste Abrechnungsjahr endete.
    Zu diesem Datum ist die Kündigung auch wirksam geworden, da die Rechtsvorgängerin der Klägerin die Kündigung vom 08.0.2007 hilfsweise zum nächstmöglichen
     Termin ausgesprochen hatte.
- die Klägervertretung musste inzwischen zugeben, eine "schlecht lesbare" Kopie des damaligen Original-Vertrages erhalten zu haben,
-  die Klägervertretung musste inzwischen zugeben, dass der Mandantin sehr wohl Kopien des Original-Vertrages bekannt seien,
-  die Klägervertretung musste inzwischen auch eingestehen, dass ihrer Mandantschaft ebenfalls  eine komplette Abschrift des Original-Vertrages vorläge.
- die Klägervertretung musste inwischen eingesteheh, dass das damalige Kündigungsschreiben durch einen sog. Werksstudenten verfasst und unterschrieben
   worden sei, den man mit entsprechenden Vollmachten ausgestattet habe.
2. Die Klägervertreterin behauptet weiterhin, dass jeweils der  "vereinbarte" Anfangspreis ausweislich höchstrichterlicher Rechtssprechung nicht der Billigkeitskontrolle
     unterliege.
3.  Im Falle Gas-Sondervertrag kann wahrlich wegen nicht rechtskonformer Kündigung keinesfalls von irgendeinem vereinbarten Anfangspreis ausgegangen werden,
      denn der vertraglich vereinbarte Gaspreis gem. Vertrag vom 01.08.1990  -auch mangels rechtsgültiger Preisanpassungsklausel- weiter gültig.
4.   Im Falle Strom-Grundversorgung kann wahrlich nicht von einem Ende 2007 vereinbarten Anfangspreis asgegangen werden, zumal die Klägerin auch von einer
       sog. Preisregelung per 01.01.2007 spricht.
5.    Thema laufende Abschläge
       Die Klägervertreterin schwadroniert zwar von Jahresrechnungen, die zu keinem Zeitpunkt auf der Basis  einer Preisregelung angeblich vereinbarten Preise
       produziert worden seien, bezieht sich aber bei der Forderung fälliger Abschlagzahlungen auf den Original-Rechnungen, gegen die der Eiunwand gem. § 315 BGB
        erhoben wurde und deren geblligter Rechnungspreis auch vollständig ausgeglichen wurde.
        Dem gegenüber führt die Klägervertretung aus, dass die mittels Original-Vertrag "errechneten" Abschlagzahlungen schulidg geblieben seien.

Inzwischen liegen hier vier Versionen der jew. behaupteten Jahresrechnungen vor im Vergleich zu den jeweiligen Original-Rechnungen

Mit Spannung darf im Termin zu all den Punkten die Antwort erwartet werden.
« Letzte Änderung: 27. November 2015, 16:35:29 von h.terbeck »

Offline bolli

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Re: Irrelevanz des Einwands nach § 315 BGB
« Antwort #4 am: 27. November 2015, 14:21:43 »
In der Grundversorgung gibt es im Gegensatz zum Sondervertrag keinen Wettbewerb. Wenn ich mich als Verbraucher nicht auf individuell vereinbarte Vertragsregelungen einlassen will (Sondervertrag), so bleibt mir nur der Weg in die Grundversorgung, da hier die gesetzlichen Regelungen gelten, die der Versorger nicht nach eigenem Gusto abändern kann.

Im Gegensatz zum Sondervertrag, wo Preise unter den Vertragspartnern individuell vereinbart werden und die Preisanpassung über vertragliche Preisanpassungsklauseln geschieht, funktioniert dieses in der Grundversorgung über einseitig festgesetzte Preise, deren Billigkeit mittels § 315 BGB aber überprüft werden kann (leider ohne den Anfangspreis, da dieser über eine lex VIII. BGH-Senat angeblich von dieser Überprüfung ausgenommen ist).

Insofern ist für mich da keine Vergleichbarkeit gegeben. Ich meine, so was in der Art hätte der BGH in der Vergangenheit auch schon mal entschieden. Werde da mal schauen, wenn den Herren Anwälten da nicht vorher was zu einfällt.

Offline RR-E-ft

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Re: Irrelevanz des Einwands nach § 315 BGB
« Antwort #5 am: 27. November 2015, 16:36:31 »
Der (3 Jahre rückwirkend mögliche) Preiswiderspruch ist bei Grundversorgungsverträgen relevant, vgl. nur BGH, Urt. v. 28.10.15 Az. VIII ZR 13/12 und VIII ZR 158/11.

Demnach muss bei rechtzeitigem Widerspruch des Kunden durch das Gericht geprüft werden, ob Preiserhöhungen durch einen enstprechenden Kostenanstieg gerechtfertigt waren.

Offline userD0010

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Re: Irrelevanz des Einwands nach § 315 BGB
« Antwort #6 am: 27. November 2015, 17:32:49 »
@RR-E-ft
Zitat:
Der (3 Jahre rückwirkend mögliche) Preiswiderspruch........

Und welcher Grundsatz gilt, wenn man ab dem Jahr 2006 regelmäßig jährlich widersprochen hat bis dato ?  Ist dann ggf. eine Rückwirkung von 3 Jahren anzunehmen und der Kläger aufzufordern, entsprechende Nachweise über Kostenanstiege dem Gericht vorzulegen?

Offline RR-E-ft

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Re: Irrelevanz des Einwands nach § 315 BGB
« Antwort #7 am: 28. November 2015, 00:03:35 »
Erst seit 2004 verstieß § 4 AVBV bzw. § 5 GVV gegen die EU-Richtlinien und war deshalb unwirksam.
Von da an kann die - nicht unumstrittene - ergänzende Vertragsauslegung entsprechend der genannten Urteile vom 28.10.15 greifen. Ein Erstwiderspruch 2006 kann deshalb nur bis 2004 (Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinien) greifen.

Wenn § 5 Gvv 2014 nicht gegen die Richtlinie verstößt und deshalb wirksam ein gesetzliches Leistungsbestimmungsrecht einräumt, so unterfallen die darauf gestützten einseitigen Preisänderungen wieder unmittelbar § 315 BGB, so dass man wieder zügig widersprechen sollte, wenn man eine gerichtliche Billigkeitskontrolle der auf diese Norm gestützten einseitigen Preisänderungen möchte.

Ein Widerspruch hat in jedem Falle Relevanz, weil sonst auch eine unbillige Preiserhöhung wirksam (verbindlich) werden können soll.

Offline userD0010

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Re: Irrelevanz des Einwands nach § 315 BGB
« Antwort #8 am: 28. November 2015, 09:51:02 »
@ RR-E-ft
Angenommen, man erhält erst in 2010 Kenntnis von unberechtigten Preiserhöhungen in den Vorjahren und meldet zu dem Zeitpunkt bereits Anspruch auf Erstattung der Differenz zwischen vertraglichem Preis und den zwischenzeitlich unberechtigten Erhöhungen an, dann dürfte doch gem. § 199 Abs.4 BGB zum Zeitpunkt 2010 die Verjährungsfrist von 10 Jahren greifen.
Folgt man dieser These, so müssten ggf. alle Preiserhöhungsdifferenzen ab 2000  einen Erstattungsanspruch begründen.

Offline RR-E-ft

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Re: Irrelevanz des Einwands nach § 315 BGB
« Antwort #9 am: 28. November 2015, 11:17:30 »
Soweit es um Grundversorgung gehen sollte,  ist zu empfehlen, die genannten Urteile vom 28.10.15 und dabei besonders die Passagen zur - freilich nicht unumstrittenen-  ergänzenden Vertragsauslegung zu lesen.

Auch für Sonderverträge gibt es vom BGH eine -freilich nicht unumstrittene- ergänzende Vertragsauslegung, die gegenüber der Grundversorgung etwas anders ausfällt (vgl. BGH, Urt. v. 3.12.14 Az. VIII ZR 370/13).

Nach diesen ergänzenden Vertragsauslegungen kommt es jeweils auf eine Kenntnis des Kunden  nicht an. 

Offline tangocharly

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Re: Irrelevanz des Einwands nach § 315 BGB
« Antwort #10 am: 30. November 2015, 21:16:32 »
Wenn ich das richtig sehe, geht es in diesem thread um die "Irrelevanz des Einwands nach 315" und nicht um die Verjährung.

Um die Frage richtig zu beantworten, dann sehe ich das so, das m.E. der 8.ZS-BGH sich vom 315 verabschiedet hat, indem er zur Zauberformel der "ergänzenden Vertragsauslegung" (-eVa-) griff. Das bringt er auch recht deutlich in der Entscheidung vom 28.10.15 (Az.: VIII ZR 158/11 ) zum Ausdruck:
Zitat
96
Wenn das Berufungsgericht bereits auf dieser Grundlage im Rahmen des § 287 Abs. 2 ZPO, dessen Voraussetzungen es zutreffend bejaht hat, zu der Überzeugung gelangt ist, dass die von der Klägerin vorgetragenen Bezugskostensteigerungen tatsächlich in diesem Umfang erfolgt sind und ihnen keine Einsparungen in anderen Kostenpositionen gegenüberstehen, durfte es rechtsfehlerfrei davon absehen, auch noch den von der Klägerin zusätzlich angebotenen Sachverständigenbeweis zu erheben.

97
(2) Entgegen der Auffassung der Revision gilt für die von ihr - ohne nähere Bezeichnung des Beweisantrags - geforderte Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Zwecke des Gegenbeweises nichts anderes.

98
Zwar darf nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Beweisantrag nicht deshalb abgelehnt werden, weil das Gericht das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits als erwiesen ansieht (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 259 f.; Beschluss vom 16. April 2015 - IX ZR 195/14, juris Rn. 9; jeweils mwN). Das Berufungsgericht durfte hier indes im Rahmen des § 287 Abs. 2 ZPO von der Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Zwecke des Gegenbeweises absehen, da
der Beklagte die vorbezeichneten Anknüpfungstatsachen nicht qualifiziert angegriffen hat (vgl. hierzu Musielak/Voit/Foerste, aaO Rn. 10; vgl. auch BGH, Urteil vom 17. April 1997 - X ZR 2/96, NJW-RR 1998, 331 unter III 1 und 3). Das von der Revision insoweit in Bezug genommene Vorbringen des Beklagten in den Tatsacheninstanzen ist zudem nicht mit einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens unterlegt.
.

Dieses in diesem Punkt hin-und-her-argumentiere, ob 315 oder eVa, greife, weil schon das Berufungsgericht hier nicht differenziert hatte, wäre zwar nicht weiter dramatisch (weil die Prüfung nach Ermessen vorzunehmen sei), hätte der 8. ZS-BGH nicht noch frivoler weise in die Regelungen der Darlehens- und Beweislast eingegriffen.
Warum ?
Jetzt muß der Kunde "qualifiziert" vortragen und die Anknüpfungstatsachen qualifiziert angreifen und sogar noch einen ausdrücklichen Beweisantrag (Sachverständigengutachten) stellen, welcher sich konkret auf diese Angriffe stützt.
Und wenn er dies dann versucht, z.B. dass der Versorger keine alternativen Einkaufsbemühungen unternommen hat, dann setzt ihm der 8.ZS-BGH "den Stuhl wieder vor die Tür", weil darüber nichts nachgeprüft wird. Geschweige denn, dass der Verbraucher im Zweifel seine Gegengeschütze schon vom Ansatz her hierzu nicht in Position bringen kann.
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Offline userD0010

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Re: Irrelevanz des Einwands nach § 315 BGB
« Antwort #11 am: 01. Dezember 2015, 07:31:52 »
Auf welcher Grundlage kann der BGH z.B. den § 315 BGB für unwirksam erklären, wenn es um die Interessen der EVU geht?

Und wie lange will/darf denn der EuGH im Winterschlaf verfallen, bis ihm dieses Getue des BGH sauer aufstößt ?

Offline RR-E-ft

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Re: Irrelevanz des Einwands nach § 315 BGB
« Antwort #12 am: 01. Dezember 2015, 11:41:25 »
Die Frage war, ob die Unbilligkeitseinrede bei einseitigen Preisänderungen noch Relevanz hat.
Eine solche Relevanz besteht weiterhin, wie sich aus den genannten Urteilen unzweifelhaft ergibt.

Der BGH hat § 315 BGB nicht für unwirksam erklärt, sondern wendet diesen innerhalb seiner ergänzenden Vertragsauslegung nicht an. Der EuGH kann keinen Anstroß nehmen, so lange ihm nichts vorgelegt wird.

Problematisch erscheint, dass das Preisänderungsrecht aus der ergänzenden Vertragsauslegung wohl noch weniger den Transparenzanforderungen der EU- Richtlinien entspricht als das für unwirksam befundene gesetzliche Preisänderungsrecht, wenn es wohl auch nicht auf eine öffentliche Bekanntgabe ankommt.

Diese Frage wird in einem der am 28.10.15 entschiedenen Fälle zum Bundesverfassungsgericht getragen. Wenn sich ergibt, dass die nationale Regelung, die der BGH mit seiner ergänzenden Vertragsauslegung gefunden hat, möglicherweise nicht mit EU- Recht vereinbar ist, so kann der EuGH als gesetzlicher Richter für die Entscheidung über diese Rechtsfrage angesehen werden und die Nichtvorlage an den EuGH deshalb den Entzug des gesetzlichen Richters und somit einen Grundrechtsverstoß bedeuten.

Im Falle eines Preiswiderspruches und eines einfachen  Bestreitens trägt der Versorger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die (Bezugs-)Kosten entsprechend gestiegen sind und nicht anderweitig kompensiert werden konnten.

Problematisch erscheint, dass dabei wohl die Prüfung entfallen soll, ob der (Bezugs)Kostenanstieg überhaupt zur Anpassung an die Marktverhältnisse auf dem vorgelagerten Markt erforderlich war. Eine solche Prüfung ist bei gesetzlich wirksam eingeräumten Preisänderungsrecht notwendig (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.08 VIII ZR 138/07, juris Rn. 43). Dann müsste das im Falle eines erst im Wege ergänzender Vertragsauslegung eingeräumten Preisänderungsrechts erst recht erforderlich sein.

Man muss wohl davon ausgehen, dass mit § 5 GVV 2014 ein gesetzliches Preisänderungsrecht wieder wirksam eingeräumt wurde,so dass die auf dieses Recht gestützten Preisänderungen wieder - wie gehabt -  der Billigkeitskontrolle in unmittelbarer Anwendung des § 315 BGB unterliegen.

Tatsachenvortrag so substantiiert zu bestreiten, dass gegenbweislich in zulässiger Weise ein Sachverständigengutachten aufgeboten werden kann und wird, war auch bisher schon angezeigt.
« Letzte Änderung: 01. Dezember 2015, 13:09:28 von RR-E-ft »

Offline tangocharly

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Re: Irrelevanz des Einwands nach § 315 BGB
« Antwort #13 am: 01. Dezember 2015, 12:51:34 »
Und dabei wird sich das BVerfG mit Sicherheit an der gefundenen Auslegung des objektiven Vertragswillens beider Parteien durch den 8.ZS in genannter Entscheidung  stören  8):
Zitat
83
(6) Da sich das aus der vorbezeichneten ergänzenden Vertragsauslegung ergebende Preisänderungsrecht der Klägerin allein auf die Weitergabe von (Bezugs-)Kostensteigerungen und -senkungen beschränkt, ist davon auszugehen, dass die Parteien die wirksame Ausübung dieses Rechts vernünftigerweise an keine weiteren als die in § 4 Abs. 2 AVBGasV genannten Voraussetzungen geknüpft hätten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind diese Voraussetzungen hier erfüllt.
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Offline courage

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Re: Irrelevanz des Einwands nach § 315 BGB
« Antwort #14 am: 06. Dezember 2015, 16:28:55 »
... Problematisch erscheint, dass das Preisänderungsrecht aus der ergänzenden Vertragsauslegung wohl noch weniger den Transparenzanforderungen der EU- Richtlinien entspricht als das für unwirksam befundene gesetzliche Preisänderungsrecht, wenn es wohl auch nicht auf eine öffentliche Bekanntgabe ankommt.

Diese Frage wird in einem der am 28.10.15 entschiedenen Fälle zum Bundesverfassungsgericht getragen. ...
Unterstreichung von mir.
Wo findet man eine Fundquelle dafür, dass die Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt wird bzw. wurde?

 

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