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Autor Thema: BGH Entscheidung von heute 28.10.2015 i.Sa. Gas  (Gelesen 21507 mal)

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Offline userD0010

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BGH Entscheidung von heute 28.10.2015 i.Sa. Gas
« am: 28. Oktober 2015, 17:18:43 »
@tangocharly
@RR-E-ft
Was sagt uns Nicht-Juristen denn nun das Geschwurbel des BGH ?
Das Gummiband dieser Auslegungen scheint sehr dehnbar.

Offline DieAdmin

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Re: BGH Entscheidung von heute 28.10.2015 i.Sa. Gas
« Antwort #1 am: 28. Oktober 2015, 17:58:00 »
Zu der Entscheidung gibts eine Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V.

BGH-Entscheidung zu Energiepreiserhöhungen ignoriert Europarecht
http://www.energieverbraucher.de/de/site__1700/?contId=16250#con-16250

Offline Black

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Re: BGH Entscheidung von heute 28.10.2015 i.Sa. Gas
« Antwort #2 am: 28. Oktober 2015, 18:19:44 »
Ich gebe einen aus!
Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Matthäus, Kapitel 10, Vers 34

Offline RR-E-ft

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Re: BGH Entscheidung von heute 28.10.2015 i.Sa. Gas
« Antwort #3 am: 28. Oktober 2015, 18:20:29 »
@Black

Sollen wir alle nach Chemnitz kommen?

Offline bolli

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Re: BGH Entscheidung von heute 28.10.2015 i.Sa. Gas
« Antwort #4 am: 29. Oktober 2015, 07:31:06 »
@tangocharly
@RR-E-ft
Was sagt uns Nicht-Juristen denn nun das Geschwurbel des BGH ?
Das Gummiband dieser Auslegungen scheint sehr dehnbar.

Ich gebe einen aus!

Das dürfte dem Eingeweihten genug sagen !

Der VIII. Senat hat mal wieder (seine eigene) Geschichte geschrieben. Das denen nicht schwindelig wird bei ihren "Kreisungen" ist schon verwunderlich.  8)

Offline userD0010

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Re: BGH Entscheidung von heute 28.10.2015 i.Sa. Gas
« Antwort #5 am: 29. Oktober 2015, 08:02:41 »
@bolli  u.a.
Und was haben wir davon ?   Wer steht denn nun auf und macht den EuGH auf diesen Schwachsinn aufmerksam, vor allem, dass der Bundesgerichtshof sich einen Dreck um die Entscheidungen des EuGH schert und meiner Auffassung nach seine Hörigkeit gegenüber den Lobbyisten mit dieser Entscheidung dokumentiert?
Und das möchte sich weiterhin Rechtsstaat nennen !

Übrigens ist es ein absoluter Witz, wenn die Richter(innen) am BHG den EVU damit Tür und Tor für Begründungen zu Preiserhöhungen liefern, indem "gestattet" wird, Bezugs-Kosten-Steigerungen weitergeben zu dürfen   Was sind denn wohl sog. Bezugs-Kosten?  Gehören dazu etwa auch die Anhebungen der sog. Netznutzungsentgelte, die ja im Regelfalle von der linken in die rechte Tasche umgeschichtet werden/wurden?

Eine blamable Vorstellung der Entscheider !
« Letzte Änderung: 29. Oktober 2015, 08:30:38 von h.terbeck »

Offline tangocharly

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Re: BGH Entscheidung von heute 28.10.2015 i.Sa. Gas
« Antwort #6 am: 29. Oktober 2015, 09:55:18 »
Ja wahrlich; ein "Urteil mit Augenmaß".
 
Denn die Verbraucher bleiben nach der Entscheidung des BGH immerhin mit der Versorgungswirtschaft weiter auf Augenhöhe  -   wenn auch nur auf selbiger von Hühneraugen  8).

P.S.: Immer schön cool bleiben; noch liegen die vollständigen Urteilgründe nicht vor. Ob die Verbraucher jetzt nach der BGH-Entscheidung, im Gegensatz zu der Situation nach der EuGH-Entscheidung die Versorger, trocken schlucken müssen, das muß sich erst noch zeigen.

P.S. mult.: Auch schön das Bild, welches der vorstehend aufgeführte thread vermittelt:
  • BGH schenkt (den Verbrauchern) einen ein;
  • @Black schenkt einen aus.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline Black

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Re: BGH Entscheidung von heute 28.10.2015 i.Sa. Gas
« Antwort #7 am: 29. Oktober 2015, 10:41:30 »
Der BGH hat letztendlich nur korrigiert, was der deutsche Gesetzgeber verbockt hatte. Es ist nicht die Schuld des Energieversorgers, wenn der Gesetzgeber bei der Gestaltung der Grundversorgungsverordnungen europäisches Recht nicht ausreichend umgesetzt hat. Nach dem Willen des EuGH wären die Grundversorgungspreise quasi eingefroren gewesen, weil es an einem wirksamen Änderungsrecht gefehlt hätte. Gleichzeitig bestand ein Kontrahierungszwang des Grundversorgers ohne Möglichkeit der ordentlichen Vertragskündigung.

Wenn wir mal einen Augenblick die dogmatischen Probleme (mit denen ohnehin nur Juristen etwas anfangen können) außer acht lassen, hat der BGH nur entschieden, dass deutsche Grundversorger berechtigt waren eigene Kostensteigerungen weiterzugeben. eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
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Offline RR-E-ft

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Re: BGH Entscheidung von heute 28.10.2015 i.Sa. Gas
« Antwort #8 am: 29. Oktober 2015, 11:28:49 »
Wenn Deutschland in Gestalt des Bundesgerichtshofes den Energieversorgern im Wege ergänzender Vertragsauslegung ein Preisänderungsrecht einräumt, welches nicht mit den EU- Richtlinien vereinbar ist, so wird dieses wohl ebensowenig Bestand haben können, wie das vom deutschen Gesetz- bzw. Versordnungsgeber eingeräumte Preisänderungsrecht, welches laut EuGH mit den EU- Richtlinien nicht vereinbar war und deshalb unwirksam ist.

Auch in Deutschland ist alle  staatliche Gewalt an europäisches Recht gebunden, die Rechtsprechung des  BGH deshalb nicht weniger als die Gesetzgebung des deutschen Gesetzgebers!

Es ist deshalb wohl nur ein schlechter Witz, dass der BGH im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung den Versorgern ein nur an die Billigkeit gebundenes einseitiges Preisänderungsrecht einräumen will, nachdem der EuGH ein solches - gesetzlich eingeräumtes-  Preisänderungsrecht auf die Vorlage des BGH mit den Richtlinien für nicht vereinbar und unwirksam erklärt hat.

Der BGH muss sich demanch insoweit wohl für mehr berechtigt als der deutsche Gesetzgeber halten, wenn er sich selbst - anders als den Gesetzgeber- nicht durch die EU- Richtlinie eingeschränkt sieht.
Der BGH ist bei Lichte betrachtet insoweit jedoch ebenso eingeschränkt  wie der deutsche Gesetzgeber.

Zweifelsohne führt die Unwirksamkeit des gesetzlichen Preisänderungsrechts zu einer Vertragslücke hinsichtlich eines vertragswesentlichen Punktes. Unstreitig ist auch, dass der Kontrahierungszwang und die eingeschränkte Kündigungsmöglichkeit eine ergänzende Vertragsauslegung erfordern.

Der BGH muss wissen, dass er selbst an die EU- Richtlinie gebunden ist, undzwar auch bei einer ergänzenden Vertragsauslegung.

Im Wege ergänzender Vertragsauslegung kann der BGH deshalb wohl lediglich ein solches Preisänderungsrecht einräumen, welches mit der EU- Richtlinie vereinbar ist, welches also vorsieht, dass der Kunde rechtzeitig vorher über Art, Anlass und Umfang der Preisänderung, über sein außerordentliches Kündigungsrecht und über die Möglichkeit der gerichtlichen Kontrolle der Preisänderung informiert wird, so dass der Kunde diese Rechte ausüben kann.

Die Einräumung eines solchen europarechtlich zulässigen Preisänderungsrechts durch den BGH  ist allemal besser als kein wirksam eingeräumtes Preisänderungsrecht.

Man muss den befassten Gerichten deshalb dringend vor Augen führen, dass auch sie selbst an europäisches Recht gebunden sind und deshalb im Wege ergänzender Vertragsauslegung allenfalls ein solches Preisänderungsrecht einräumen können, welches mit der EU- Richtlinie vereinbar ist. Soweit ein Gericht demgegenüber die Rechtsprechung des BGH anwenden wollte, müsste man deshalb eine Vorlage zum EuGH beantragen/ anregen.
 
« Letzte Änderung: 29. Oktober 2015, 12:18:54 von RR-E-ft »

Offline Black

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Re: BGH Entscheidung von heute 28.10.2015 i.Sa. Gas
« Antwort #9 am: 29. Oktober 2015, 13:07:01 »
Die Rechtsprechung des BGH beraubt den Kunden ja keiner Rechte. Der BGH sorgt nur dafür, dass die Verletzung von Hinweispflichten auf diese bestehenden Rechte nicht gleich zur Unwirksamkeit der Preisanpassung führt. Das mag man jetzt fair finden oder nicht.

Die Preisprotestbewegung hatte in der Vergangenheit immer bekundet gegen überhöhte Preise kämpfen zu wollen. Zuletzt hatte sie lediglich nur noch dafür gekämpft, dass es aus formalen Gründen keine wirksamen Preisanpassungen geben dürfe.
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Offline RR-E-ft

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Re: BGH Entscheidung von heute 28.10.2015 i.Sa. Gas
« Antwort #10 am: 29. Oktober 2015, 13:25:54 »
Der BGH räumt den Versorgern ein  Preisänderungsrecht ein, welches nicht mit der EU- Richtlinie vereinbar ist, und greift damit selbstverständlich in die Rechte der Kunden ein.

Der BGH billigt den Versorgern ein Recht zu, welches bei Anwendung der EU- Richtlinie nicht zur Anwendung kommen darf.

Es ist doch wohl ein Unding, dass der BGH an die Stelle einer- laut EuGH wegen Verstoß gegen eine EU- Richtlinie unwirksamen - gesetzlichen Regelung im Wege ergänzender Vertragsauslegung eine inhaltsgleiche Regelung setzen will, die slebstverständlich ebenso nicht mit der EU- Richtlinie vereinbar ist.

Dadurch wird die Anwendung der EU- Richtlinie wie auch die Rechtsprechung des EuGH im Ergebnis ausgehebelt. Wie  weit lässt sich Recht eigentlich biegen?

Zudem:

Die unwirksame Regelung des § 4 AVBGasV verlangte immerhin noch eine öffentliche Bekanntgabe als Wirksamkeitsvoraussetzung, wovon bei dem Recht aus ergänzender Vertragsauslegung wohl erst gar keine Rede ist. Dann soll das Recht aus ergänzender Vertragsauslegung wohl weiter reichen als das ersetzte Recht aus der laut EuGH  unwirksamen gesetzlichen Regelung... 
« Letzte Änderung: 29. Oktober 2015, 13:50:54 von RR-E-ft »

Offline tangocharly

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Re: BGH Entscheidung von heute 28.10.2015 i.Sa. Gas
« Antwort #11 am: 29. Oktober 2015, 16:02:21 »
@Black

Es existiert im Recht, zumal im Zivilrecht, keine Selbstverständlichkeit, sondern existieren nur Normen, entweder gesetzliche oder vertragliche Regelungen.

Und da hat der BGH einen beliebten (oder besser beliebigen) Trick angewandt, indem er auf die gesetzlichen Regelungen gem. §§ 133, 157 BGB rekurriert hat. Genauso gut hätte der BGH, um die vom EuGH aufgezeigte "Lücke des Systems" aufzufüllen, auf die Präambel der Verfassung rekurrieren können.

Im vorliegenden Fall geht es um Rechtsanwendung und nicht um Rechts(er)findung.

Zu Letzterem haben wir eine andere Institution in unserem Lande. Und wenn dem BGH das Lamento der Versorgerwirtschaft gefallen haben mag, welches beim EuGH im Winde verhallt ist, dann dürfte auch dort aufgefallen sein, dass in dem eng begrenzen Bereich der Wirkungen des Spruchs des EuGH niemand "vor die Hunde geht", der sich über Jahrzehnte an den erzielten Gewinnen satt gefressen hat.
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Offline Black

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Re: BGH Entscheidung von heute 28.10.2015 i.Sa. Gas
« Antwort #12 am: 29. Oktober 2015, 18:45:04 »
Übrigens verstehe ich diese Passage in der Pressemitteilung des Bundes der Energieveraucher nicht so ganz:

Zitat
Es ist nun an den Landes- und Oberlandesgerichten, dieses Urteil erneut zum Gegenstand einer EuGH-Entscheidung zu machen. In rechtlichen Auseinandersetzungen, in der ein Gericht in letzter Instanz entscheidet, hat der Verbraucher sogar einen Anspruch auf eine solche Vorlageentscheidung, sofern Zweifel an der Europarechtskonformität der BGH-Entscheidung bestehen. Andernfalls würde der gesetzliche Richter entzogen, was einen Verstoß gegen Artikel 101 Abs (1) des Grundgesetzes darstellen würde.

Wer soll das was nochmal dem EuGH vorlegen? Die Landes- und Oberlandesgerichte?
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Offline userD0010

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Re: BGH Entscheidung von heute 28.10.2015 i.Sa. Gas
« Antwort #13 am: 29. Oktober 2015, 19:30:07 »
Oh, wie elegant mogelt man sich aus dem Problem heraus. Da sollen Landes- und/oder Oberlandesgerichte dem BGH vor´s Schienenbein treten ob der gestrigen Entscheidung, und was geschieht mit all den Protestlnern, die gegenüber ihren Versorgern bereits das Nachsehen hatten?

Der Bürger ist ob der Entscheidung der "Großkopferten" der Gekniffene und den EVU ist mal wieder Tür und Tor für ihr Tun geöffnet bzw. widereröffnet.

Offline RR-E-ft

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Re: BGH Entscheidung von heute 28.10.2015 i.Sa. Gas
« Antwort #14 am: 29. Oktober 2015, 19:50:10 »
Nach Art. 267 AEUV kann jedes Gericht ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH beantragen, wenn es für die Streitentscheidung auf die Auslegung europäischer Rechtsnormen ankommt. Ein Gericht muss in einem solchen  Fall die Sache zur Vorabentscheidung dem EuGH vorlegen, wenn gegen seine Entscheidung kein Rechtsmittel gegeben ist.

Es stellt sich wohl die Frage, ob die Bestimmungen der Gas-Richtlinie dahin auszulegen sind, dass die vom BGH nunmehr im Wege ergänzender Vertragsauslegung eingeräumte Regelung  über Preisänderungen den Anforderungen der Richtlinie an das erforderliche Maß an Transparenz genügt.

Ein junger ambitionierter Amtsrichter könnte diese Frage in einem geeigneten Verfahren wohl dem EuGH zur Vorabentscheidung vorlegen.

Es muss sichergestellt werden, dass durch nationale Rechtsakte (Gesetzgeber, Behörden, Gerichte) wie die Einräumung eines einfachen Preisänderungsrechts - etwa im Wege ergänzender Vertragsauslegung durch ein nationales Gericht - nicht gegen die Bestimmungen der EU- Richtlinie verstoßen wird.

Durch diesen Rechtsakt der  Einräumung eines einfachen Preisänderungsrechts im Wege ergänzender Vertragsauslegung könnten die Versorger ihre Preise doch ändern ohne die von der Gas- Richtlinie verlangte Transparenz einzuhalten, welche laut EuGH nur dadurch gewahrt werden kann, dass die Kunden vorher informiert werden über Anlass und Umfang der Preisänderung, ein bestehendes Sonderkündigungsrecht und die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung.


 
« Letzte Änderung: 29. Oktober 2015, 20:26:27 von RR-E-ft »

 

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