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Autor Thema: Anklage von RWE  (Gelesen 56796 mal)

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Offline RR-E-ft

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Re: Anklage von RWE
« Antwort #120 am: 17. April 2015, 13:05:15 »
@bolli

Die Frage, ob ein Sondervertrag stillschweigend zustande kommen kann, wurde unter Grundsatzfragen vor Jahren umfangreich kontrovers diskutiert.

Im Prozess wird es regelmäßig der Kunde sein, der sich darauf berufen muss, dass dem Versorger im konkreten Vertragsverhältnis kein Preisanpassungsrecht wirksam eingeräumt wurde. Nachdem der Kunde die wirksame Einräumung eines Preisänderungsrechts bestritten hat, kann Folgendes zum Tragen kommen

BGH, Urt. v. 22.02.12 Az. VIII ZR 34/11 Rn. 35
Zitat
Ein solches gesetzliches Preisänderungsrecht besteht ferner dann nicht, wenn das Versorgungsunternehmen - wie hier - dazu übergeht, einen Kunden, der bis dahin als Tarifkunde oder im Rahmen der Grundversorgung beliefert worden ist, aus dessen Sicht außerhalb der Allgemeinen Tarife/Preise unter Inanspruchnahme von Vertragsfreiheit zu Sonderpreisen zu versorgen. Denn ein Recht zur einseitigen Änderung von Preisen, die keine Allgemeinen Tarife/Preise sind, regeln § 4 AVBGasV/§ 5 Abs. 2 GasGVV nicht (Senatsurteile vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, aaO Rn. 24 f.; vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, WM 2011, 1632 Rn. 33).

Die insoweit maßgebliche Auslegung knüpft die Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers an (vgl. BGH, Urt.v. 09.02.11 VIII ZR 295/09 Rn. 23).

Offline khh

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Re: Klage von RWE
« Antwort #121 am: 17. April 2015, 21:37:49 »
Ich halte es für mehr als problematisch, das Vertragsrecht auf diese Weise quasi auszuhöhlen. Wenn ich einmal zu erkennen gegeben habe, dass ich nicht zu Sonderkonditionen beliefert werden möchte ..., und dann eben ein Grundversorgungsvertragsverhältnis zustande gekommen ist, so kann es doch wohl nicht hinkommen, dass alleine durch "unterschieben eines Sondertarifes" ohne meine ausdrückliche Zustimmung (mittels Unterschrift) ein solches Sondervertragsverhältnis begründet wird, und das auch nur, indem zukünftig nach diesem "Sondertarif" abgerechnet wird. ... eine klar "geäußerte" Entscheidung des Verbrauchers für die Grundversorgung (durch Nichtunterzeichnung des Sondervertrages) bis auf Widerruf durch ihn (durch eine Unterzeichnung eines Sondervertrages) zu akzeptieren und sollte nicht durch die Rechtssprechung durch Umdeutung verdreht werden (können).
... Manchmal hat man das Gefühl, man bräuchte den Gesetzgeber nicht mehr, weil man ja die Rechtssprechung hat, die alles passend (für wen ?) weiterentwickelt (wenn denn nicht die Grundgesetzliche Gewaltenteilung da wäre  ;) ).

Mein reden: Eine BGH-Grundsatzentscheidung mit Bestimmung bspw. der "Sicht" des Kunden ist ja OK, wenn keine eindeutige Willenserklärung vorliegt und/oder lediglich von Konkludenz auszugehen ist. Liegt aber ein gesetzlich konkret geregelter Sachverhalt vor  - Nichtannahme eines Angebots, hier sogar mit einer vom Antragenden be-stimmten Frist für die Annahme (Rechtsfolge vgl. 148 BGB) -  sollten doch wohl die individuellen Gegebenheiten zu entscheiden sein (wäre der entsprechende Vortrag in einer Klageerwiderung wirklich aussichtslos gewesen :-\ ?).

Dass bei der zum EuGH-Urteil 2014 anstehenden BGH-Umsetzung (6 Mon. sind bald wieder ergenislos verstrichen :() eine ergänzende Vertragsauslegung herauskommen kann, mit der "GRS" sogar schlechter gestellt sein könnte, glaube ich kaum. Hatte der EuGH nicht eine Begrenzung der Rückwirkung im Urteil ausgeschlossen? Auch dürften die Grundversorger eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz wg. des Urteils kaum belegen können, jedenfalls hab ich nicht mitbekommen, dass z.B. RWE wegen der von "GRS" gekürzten 900 € Insolvenz beantrag hat (zudem dürfte es künftig Gas und Strom auch ohne die jetzigen Versorger geben).

"Gerecht und billig Denkende" können manchmal schon den Glauben an die Rechtsprechung oder den Verbraucherschutz verlieren (und womöglich könnte sich manch einer auch in seiner subjektiven Meinung bestätigt sehen, dass anwaltliches Engagement maßgeblich vom Streitwert bestimmt wird ;)).
 
 
« Letzte Änderung: 18. April 2015, 09:07:55 von khh »
Aussagen zu Rechtsfragen sind als persönliche Einschätzung/Meinung zu verstehen.
Rechtliche Beratung ist allein gesetzlich befugten Personen/Institutionen vorbehalten.

Offline GasRatSuchender

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Re: Anklage von RWE
« Antwort #122 am: 24. April 2015, 12:09:55 »
Kurz zu Info:

Wie khh schon geschrieben hat
Zitat
Es geht nicht weiter, @GasRatSuchender hat "das Handtuch geworfen" und wird sich nicht verteidigen.
Mein Rechtsanwalt hat mir ein Risiko von 50% vorhergesagt.
Ich entschloss mich zur Kostenminimierung. Laut Anwalt hieß es Klage nicht erwidern.
Heute habe ich vom Gericht mein Versäumnisurteil erhalten. Ich muss die Forderung von 940,- und zusätzlich 27,- Zinsen bezahlen. Danach kommt der Honorar vom Anwalt noch mal drauf.

Im Falle vom Worst-Case müsste ich 770,- bezahlen.
Wieso dies der günstiger Weg für mich war, kann ich nicht nachvollziehen. Im schlimmsten Fall müsste ich ca. 350,- mehr bezahlen, als jetzt. Mann hoffte natürlich, dass auch etwas zu meinen Gunsten entschieden würde....

Na gut...., jetzt ist es vorbei!!!  :)

Ich habe mich schon für einen anderen Versorger entschieden. Und ich plane später auf Pellets umzusteigen.

 

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