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Autor Thema: Wissenschaftler fordern Ende der Ökostromförderung  (Gelesen 4906 mal)

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Wissenschaftler fordern Ende der Ökostromförderung
« am: 26. März 2015, 19:42:07 »
http://www.welt.de/wirtschaft/energie/article138825708/Wissenschaftler-fordern-Ende-der-Oekostromfoerderung.html

Was seit Jahren u.a. auch hier vertreten wird:

Zitat
Denn das Erneuerbare-Energien-Gesetz zur Subventionierung der Ökostromproduktion halten die Wissenschaftsakademien für wenig tauglich, ja sogar hinderlich auf dem Weg zu mehr Klimaschutz. Die zusätzliche Förderung erneuerbarer Energien jenseits des Emissionshandels erhöhe die Kosten des Klimaschutzes "teilweise erheblich, ohne einen direkten Beitrag zum Abbau von Klimagasen zu leisten", heißt es im Akademiekonzept.

EEG ist ein einziges Subventionsprogramm für marode Installateurbetriebe, Landwirte und Besserverdiener. Es hat und hatte wahrhaftig nie etwas mit Klimaschutz zu tun. Beruhigung des kleinen Umweltverschmutzungsschuldbewußtseins unter dem Deckmantel des EEG's.

Eine echte Erfolgsstory!

Gruß

NN

Offline superhaase

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Re: Wissenschaftler fordern Ende der Ökostromförderung
« Antwort #1 am: 27. März 2015, 07:51:10 »
Aha. Da haben die "marktliberalen Wissenschaftler" (Zitat Artikel) also endlich eingesehen, dass der CO2-Handel nicht mit Marktgesetzen funktioniert (weil politisch aus nationalem Protektionismus sabotiert) und fordern nun einen Mindestpreis für CO2-Zertifikate.
Also eine Art CO2-Steuer.
Dieses Eingeständnis ist ja schon mal ein Fortschritt.

Was allerdings die "marktliberalen Wissenschaftler" bei Ihrer Theorie "nur der Markt kann ein Heilmittel sein" (wenn nun auch stärker durch einen Mindestpreis reguliert) wieder vergessen:
Wenn durch den CO2-Handel immer nur in die gerade billigste CO2-Vermeidungstechnik investiert wird, sind einige Ziele der Energiewende gar nicht erreichbar: Es würde beim Kraftwerkspark einseitig nur z.B. in Onshore-Windkraft and den windreichsten Standorten investiert, weil Anfangs am billigsten. Dabei weiß man, dass eine solche Stromversorgung allein aus Onshore-Windkraft problematisch ist (Speicheraufwand und Vernetzungsaufwand), und ein Mix aus verschiedenen erneuerbaren Quellen viele Vorteile hat und langfristig günstiger kommt. Die PV z.B. wäre nie genutzt, weiterentwickelt und zur Marktreife gebracht worden, obwohl sie neben der Windkraft die erneuerbare Energie mit dem größten Ertragspotential in Deutschland ist und heute schon billiger sein könnte als die Windkraft (wenn man die PV-Förderung beenden und die Eigenverbrauchsabgabe wieder abschaffen würde) und noch weitere Vorteile bietet: sehr verbrauchsnahe Erzeugung und antizyklische Ergänzung zur Windkraft, was den Netz- und Speicheraufwand im Gesamtsystem reduziert und somit die Stromkosten in Zukunft erheblich verringert.

Die "marktliberalen Wissenschaftler" haben halt von der Thematik Energiewende zu wenig Ahnung und rennen mit marktliberalen Scheuklappen durch die Welt, wobei sie dann trotzdem meinen, ohne sich über weitere Zusammenhänge informieren zu müssen hätten sie die Weisheit mit dem Löffel gefressen und ihre marktliberalen Weisheiten wären hilfreich. Dabei sollten diese Leute seit der durch ihre marktliberalen Weisheiten ausgelösten Weltwirtschaftskrise 2008 doch auch gelernt haben, dass der Markt nicht alles richtet. Lernfähigkeit und womöglich etwas mehr Selbsthinterfragung? Fehlanzeige.

Wie ich diese marktliberalen Wissenschaftler liebe!
« Letzte Änderung: 27. März 2015, 07:57:58 von superhaase »
8) solar power rules

Offline Wolfgang_AW

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Re: Wissenschaftler fordern Ende der Ökostromförderung
« Antwort #2 am: 27. März 2015, 21:07:48 »
Sicher kann man an der Studie einiges kritisieren, wenn man sich aber die Mühe macht sie auch durchzulesen, findet man unter europapolitischer Betrachtung auch vieles Richtige.

Der Aussage in der Stellungnahme <Die Energiewende europäisch integrieren> lese ich mit Skepsis. Klar ist aber auch, dass Deutschland allein die Welt nicht rettet.

Zitat
Angesichts der globalen Dimension des Klimaproblems sind rein nationale Maßnahmen mit dem Ziel des Klimaschutzes jedoch wirkungslos, sofern sie nicht zu globalen Veränderungen führen. (...) Die Europäische Union (EU) – nicht jedoch einzelne Mitgliedsstaaten – kann bei diesem Bemühen eine zentrale Rolle spielen.

Die EU setzt nun mal aus 28 Einzelstaaten zusammen, daher muss zunächst einmal jedes einzelne Land (Energiepolitik liegt (noch) in nationalen Händen) zur Minderung der CO2-Emissionen beitragen.
Würden sich die einzelnen Länder darauf zurückzuziehen und dem St.Florians-Prinzip anhängen, dann wäre bis heute nichts erreicht.

Aus dem CO2-Länderranking 2013 kann man herauslesen, dass die dort erfassten 21 (von 28) europäischen Mitgliedstaaten gemeinsam ihre CO2-Emissionen von 1990 bis 2013 gesenkt haben.
Dazu bedurfte es allerdings Anstrengungen einzelner Staaten.
Trotz beträchtlicher Senkungen einzelner Länder ist die EU mit 3912 Mio t, nach China und den USA,  immer noch der drittgrößte Emittent.
Deutschland liegt im Ranking auf Platz sechs, würden die Emissionen signifkant gesenkt werden, hätte das auch einen, wenn auch geringen, Einfluss auf die Gesamtemissionen.
Jedes Land auf dem Globus zählt. Wir können nicht so tun, als wären China und die USA alleinverantwortlich.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang_AW
„Es hat sich bewährt, an das Gute im Menschen zu glauben, aber sich auf das Schlechte zu verlassen.“

(Alfred Polgar)

Offline superhaase

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Re: Wissenschaftler fordern Ende der Ökostromförderung
« Antwort #3 am: 28. März 2015, 10:52:57 »
Ich will gar nicht bestreiten, dass in der Studie auch Richtiges steht.

Mich stört nur das ewig gleiche markliberale Glaubensbekenntnis vom CO2-Zertifikatehandel als allein sinnvolle Maßnahme, die durch andere Maßnahmen (wie EEG o.ä.) nur unnötig verteuert und beeinträchtigt würde, ohne dass es einen weiteren Nutzen ergeben könnte.
8) solar power rules

Offline Wolfgang_AW

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Re: Wissenschaftler fordern Ende der Ökostromförderung
« Antwort #4 am: 28. März 2015, 15:39:57 »
Mich stört nur das ewig gleiche markliberale Glaubensbekenntnis vom CO2-Zertifikatehandel als allein sinnvolle Maßnahme, die durch andere Maßnahmen (wie EEG o.ä.) nur unnötig verteuert und beeinträchtigt würde, ohne dass es einen weiteren Nutzen ergeben könnte.

Da stimme ich Ihnen zu. Die Autoren scheinen sich selbst aber nicht sicher zu sein, dass der alleinige Zertifkatehandel sich durchsetzen lässt. So heißt es z.B.

Zitat
Unter bestimmten Bedingungen könnte eine europäisch verzahnte Erneuerbaren-Förderung einen Übergang schaffen, bis sich
die EU-Mitgliedsstaaten dazu durchringen, den Emissionshandel zu stärken und Maßnahmen, die sich mit Blick auf den Klimaschutz als ineffektiv erweisen, abzubauen. Wenn dies nicht ernsthaft angestrebt wird, gelangt man im Endeffekt wieder in die Ausgangssituation zurück, in der zwar der Ausbau von Erneuerbaren vorangetrieben wird, dies aber nicht zu einer Emissionsreduktion von Treibhausgasen führt.
...
Eine europäische Förderung der erneuerbaren Energien hätte gegenüber einer nationalen Förderung den Vorteil, dass damit die Kosten der Variabilität reduziert würden und der Preisdruck auf dem europäischen Großhandelsmarkt gemildert werden könnte. Auch der Anreiz zur Subventionierung der fossilen Kraftwerke könnte auf diese Weise gemindert werden. Würde zusätzlich bei den Investoren zumindest die langfristige Erwartung stabilisiert, dass es später zu einem Ausbau des Emissionshandels kommt, wäre dies ein Pfad, der die Schwierigkeiten einer rein national gedachten Energiewende abmildern könnte.

Die ganze Stellungnahme hebt im Grunde auf eine durchgängige europäische Harmonisierung ab und wirbt dafür, dass eine deutliche CO2-Senkung nur im eurpäischen Rahmen Sinn macht. Eine weitere nationale Förderung der EE würde einer CO2-Senkung nicht  weiterhelfen.
Dieses Problem sehen wir ja auch in Deutschland. Obwohl starker Ausbau der EE stiegen die CO2-Emissionen wieder an. Die Kohleländer NRW und Brandenburg stemmen sich vehement gegen einen schnelleren Abbau der Braunkohlekapazitäten.
So sind wir in dieser Hinsicht für andere europäische Staaten wie z.B. Polen sicher auch kein Vorbild.
Hinsichtlich der Versorgungssicherheit und des Strompreises ist wohl jedem Staat das Hemd näher als die Hose.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang_AW
„Es hat sich bewährt, an das Gute im Menschen zu glauben, aber sich auf das Schlechte zu verlassen.“

(Alfred Polgar)

Offline superhaase

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Re: Wissenschaftler fordern Ende der Ökostromförderung
« Antwort #5 am: 28. März 2015, 18:29:30 »
Da stimme ich Ihnen zu. Die Autoren scheinen sich selbst aber nicht sicher zu sein, dass der alleinige Zertifkatehandel sich durchsetzen lässt.
Wie oben von mir schon geschrieben: Es ist schon mal ein Fortschritt, dass die "markliberalen Wissenschaftler" anerkennen, dass der Zertifikatehandel aus national protektionistischen Gründen nicht funktioniert und nie richtig funktiniert hat.

Trotzdem hängen sie dem irrationalen Glauben an, dass in der Theorie ein perfekt funktionierender Zertifikatehandel allein ausreichen würde, um alle Probleme zu lösen und eine nachhaltige und kostengünstige Energieversorgung zu erreichen.
Und genau das ist eben schon falsch und basiert auf Schmalspurwissenschaft mit Scheuklappen und ohne den Willen, die Zusammenhänge etwas breiter zu erfassen.
8) solar power rules

 

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