Wenn es um die Dimensionierung des Heizkessels (heute richtiger: Wärmeerzeuger) geht, wird m.E. immer noch der Fehler gemacht, dass diese nur allzu häufig hoffnungslos überdimensioniert für die zu erwärmenden Räumlichkeiten sind. In früheren Zeiten führte dies zu einem unerwünschten Takten des Geräts, besonders in der Übergangszeit. Dies verhindert weitgehend eine bei Brennwertgeräten gewollte Kondensation und somit sparsamen Betrieb.
Zu dieser Überdimensionierung des Heizgeräts kommt es meist deshalb, weil häufig nur eine überschlagsmäßige Heizlastberechnung ohne Einbeziehung der gebäudespezifischen Eigenschaften (Wärmedämmung, Fensterflächen, Ausrichtung des Gebäudes, Klimazone etc.) erfolgt. Grundlage für die Auswahl der Heizgerätegröße ist da nicht selten die zu beheizende Quadratmeterzahl zuzüglich eines „Sicherheitsaufschlags“. Schließlich möchte sich kein Heizi von seinen Auftraggebern sagen lassen, dass sie in ihrer Wohnung frieren. Und somit hängen gemäß eigenen Beobachtungen in vielen Einfamilienhäusern in der Größenordnung 120 – 150 qm, die in den vergangenen 20 Jahren gebaut wurden, Heizgeräte mit einer Leistung von 18 kW und größer an der Wand. Ausgehend von der Annahme, dass diese Häuser wesentlich besser isoliert sind als noch Mitte des vorigen Jahrhunderts kann in diesen Fällen von einer hoffnungslosen Überdimensionierung des Heizgerätes ausgegangen werden, die die Möglichkeiten der Energieeinsparung eines modernen Brennwertgerätes nicht oder nur unzureichend nutzt.
Zwei weitere Faktoren sind zu berücksichtigen: Wird eine Heizlastberechnung nach DIN EN 12831 vorgenommen, wird dabei zumeist die Warmwasserbereitung mit einem Ww-Speicher in die Berechnung einbezogen, was u.U. zu der Auswahl der nächst größeren Kesselleistung führt. Bei den heute üblichen elektronischen Kesselregelungen ist dies aber vollkommen überflüssig. Ausgehend von der Tatsache, dass bei richtiger Auslegung (= Größe des Ww-Speichers) dieser täglich nur einmal aufgeladen wird lässt sich die Regelung so programmieren, dass die Aufladung ausschließlich nachts erfolgt, wenn kein Vollastbetrieb des Heizkreislaufs erforderlich ist.
Dann wäre da noch die Norm- Außentemperatur als auch eine mit den Auftraggebern zu vereinbarende Norm-Innentemperatur zu nennen, auf die sich die Heizlastberechnung gem. DIN EN 12831 bezieht. Mit der Norm-Außentemperatur ist die tiefste Temperatur einer Kälteperiode gemeint, welche sich zehnmal innerhalb von 20 Jahren über einen Zeitraum von mindestens zwei aufeinanderfolgenden Tagen gehalten haben muss. Während dieser angenommenen Kälteperiode muss der Wärmeerzeuger in der Lage sein, die Räumlichkeiten konstant mit auf die vereinbarte Norm-Innentemperatur zu erwärmen. Für den Raum Berlin beträgt die Norm-Außentemperatur als Berechnungsgrundlage übrigens -14°C. Diese (anzunehmende) Temperatur ist im Beiblatt zur DIN EN 12831 für über 500 deutsche Städte festgelegt.
Ich schreibe dies so ausführlich um zu verdeutlichen, wie die Größen für die Heizgeräte errechnet werden. Natürlich spielen da viele weitere Faktoren eine Rolle.
Aufgrund der Tatsache, dass unsere modernen Wohngebäude aus energetischer Sicht in den vergangenen Jahrzehnten enorme Fortschritte gemacht haben und im Gegensatz zu Häusern, die vor 40/50 Jahren errichtet wurden viel besser und länger in der Lage sind, Wärme zu speichern und nicht so schnell durch die Wände und Fenster nach draußen abgeben erscheint mir die Einbeziehung der Norm-Außentemperatur nach der derzeitigen DIN-Norm nicht mehr zeitgemäß.
Hinzu kommt, dass in unserer Klimazone, wahrscheinlich bedingt durch den Klimawandel, unsere winter immer milder und Temperaturen jenseits von -10° C. immer seltener werden.
Ich weiß, was jetzt dem einen oder anderen Leser auf der Zunge liegt: Ja, es gibt seit einigen Jahren modulierende Heizgeräte, die keine konstante Wärme erzeugen sondern diese mit Hilfe einer modulierenden Flammengröße dem jeweiligen Wärmebedarf anpassen, so dass es nicht mehr zu so häufigen Takten des Geräts kommt. Ganz verhindern kann man das Takten nicht. Dies ist vom Modulationsgrad des jeweiligen Geräts abhängig.
Grundsätzlich ist diese Überlegung richtig. Dennoch ist es meiner Überzeugung nach besser, auch bei modulierenden Geräten nicht über die wirklich benötigte Größe hinauszugehen. Auch ein modulierendes Heizgerät arbeitet im unteren bis mittleren Leistungsbereich nicht mit dem optimalen Wirkungsgrad. Wenn dem nicht so wäre, hätten die Hersteller dieser Geräte nicht ein so leistungsmäßig fein abgestuftes Geräteprogramm in ihrem Angebot.
Ausgehend von diesen Annahmen und Erkenntnissen meinerseits habe ich mich auf ein zugegeben gewagtes Experiment eingelassen: Unser Wohnhaus wurde im Jahr 2000 erbaut. Es handelt sich um ein Winkel-Walmdachbungalow, 1,5-geschossig mit 250 qm Wohn- und Nutzfläche. Im Dachgeschoss befindet sich eine Einliegerwohnung, in der früher unsere Kinder und jetzt unsere Eltern wohnen.
Das Haus ist zweischalig ausgeführt (24 cm Ytong, 12 cm Glaswolle in 15 cm Hohlschicht, Klinkerverblendung). Im Dach befindet sich eine 20/22 cm Vollsparrendämmung.
Im vergangenen Jahr wurde wurde das Heizgerät ausgetauscht. Zuvor taktete ein Vießmann Vitodens 300 mit 18 kW wild vor sich hin und kam nur selten in den Kondensationsbetrieb. Da habe ich jetzt ohne erneute Berechnung der Heizlast nach DIN jetzt einfach die 11 kW-Version (bei 50/30 °C.) einbauen lassen. Mein Heizungsbauer wollte sich von mir eine Erklärung unterschreiben lassen, dass ich im Falle einer unzureichenden Erwärmung des Hauses während Frostperioden keine Regressansprüche geltend machen kann (was er letztlich aber vergaß).
Das Ende vom Lied: Alles ist gut. Die Bude ist warm. Nicht einmal musste ich in wenig genutzten Zimmern die Heizung herunterdrehen, um den Wohnbereich wie gewohnt gemütlich erwärmen zu können. Und meine Frau mag es gern besonders warm.
Zugegeben, unser derzeitiger Winter hat uns noch keine Rekord-Minustemperaturen beschert. Dennoch bin ich sicher, dass ich mit dem 11 kW-Gerät gut bedient bin. Bis jetzt lief das Gerät noch kein einziges Mal im Vollastbetrieb, außer bei der Speicheraufladung.
Aus diesen meinen Erfahrungen behaupte ich, dass heute jedes normale Einfamilienhaus in der Größe von 120 – 150 qm und darüber hinaus gut mit dem Heizgerät mit der kleinsten Leistungsgröße des jeweiligen Heizgeräteherstellers zurechtkommt. Sicher ist vielleicht nicht jedes Haus so gut isoliert wie das unsere. Dafür beheizen wir aber auch 250 qm mit zwei Bädern.
Übrigens hat auch ein Kollege von mir bereits vor zwei Jahren seine Heizungsanlage saniert. Dabei kam bei 150 qm eine Elco Thision mit 9 kW zum Einsatz. Probleme: keine.