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Autor Thema: Einbau eines Messsystems für Strom gem. § 21d EnWG technisch unmöglich?  (Gelesen 8798 mal)

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Offline RR-E-ft

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Nachdem ein aus DDR- Zeiten stammender Strom-Hausanschluss Ende 2014 komplett erneuert wurde, soll nun die Messeinrichtung ersetzt werden. 

Nach § 21c Abs. 1 EnWG besteht grundsätzlich eine Einbauverpflichtung hinsichtlich eines Messystems.

Ein Messsystem im Sinne dieses Gesetzes ist eine in ein Kommunikationsnetz eingebundene Messeinrichtung zur Erfassung elektrischer Energie, das den tatsächlichen Energieverbrauch und die tatsächliche Nutzungszeit widerspiegelt, § 21d Abs. 1 EnWG.

Laut Aussage des Netzbetreibers Stadtwerke Energie Jena- Pößneck GmbH sei ein Einbau technisch nicht möglich, da entsprechende Messsysteme (smart meter) auf dem Markt noch nicht verfügbar seien.

Technisch möglich ist ein Einbau, wenn Messsysteme, die den gesetzlichen Anforderungen genügen, am Markt verfügbar sind, § 21c Abs. 2 EnWG.

Mit dieser Begründung soll nun - im Jahre 2015 - noch ein Ferraris- Zähler (herkömmlicher Stromzähler) eingebaut werden, bei dem es sich nicht um ein Messsystem handelt, § 21d Abs. 1 EnWG.

Wie wird dies bei anderen Netzbetreibern als Messtellenbetreibern gehandhabt?

Offline Netznutzer

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Ich kenne die weitläufige Begründung, die entspr. Verordnung existiert noch nicht, daher wird nichts installiert, was später evtl. nicht den Vorgaben der Verordnung bzw. des BSI entspricht. Hat für hunderttausende von PV-Anlagen ebenfalls den Vorteil, dass sie noch mit dem schwarzen Ferraris messen dürfen. Aber im Laufe des Jahres soll es dann mit der Verordnung etwas werden. Technisch ist das selbstverständlich problemlos möglich, auf Kundenwunsch bekommt man fast überall intelligente Messsysteme, da trägt schliesslich der Auftraggeber das Risiko, bzw. zahlt auf gesonderten MSB/MDL-Vertrag entsprechend viel Geld.

Gruß

NN

Offline RR-E-ft

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Technisch ist das selbstverständlich problemlos möglich, auf Kundenwunsch bekommt man fast überall intelligente Messsysteme, da trägt schliesslich der Auftraggeber das Risiko, bzw. zahlt auf gesonderten MSB/MDL-Vertrag entsprechend viel Geld.

@Netznutzer

Danke für die Antwort.

Die Frage, was technisch möglich ist, entscheidet vorliegend nicht das Geschick eines Technikers, sondern ausnahmsweise mal der Gesetzgeber.

§ 21c Abs. 2 EnWG bestimmt ausdrücklich:
Zitat
"Technisch möglich ist ein Einbau, wenn Messsysteme, die den gesetzlichen Anforderungen genügen, am Markt verfügbar sind."

Nun gibt es die entsprechenden Verordnungen gem. § 21i Abs. 1 Nr. 3  und 12 EnWG immer noch nicht.

Folglich weiß man auch nicht, wie damit die in § 21c Absatz 5, § 21d, § 21e und § 21f genannten Anforderungen näher auszugestaltet und weitere bundesweit einheitliche technische Mindestanforderungen sowie Eigenschaften, Ausstattungsumfang und Funktionalitäten von Messsystemen und Messeinrichtungen für Strom und Gas unter Beachtung der eichrechtlichen Vorgaben vom Verordnungsgeber bestimmt werden.

Es gibt also noch keine besonderen gesetzlichen Anforderungen, so dass eigentlich alle smart meter, die  am Markt verfügbar sind und den eichrechtlichen Vorschriften entsprechen, eingebaut werden könnten, weil sie den derzeitigen gesetzlichen Anforderungen entsprechen. 

Andererseits bestimmt § 21e EnWG:

Zitat
(1) Es dürfen nur Messsysteme verwendet werden, die den eichrechtlichen Vorschriften entsprechen. Zur Gewährleistung von Datenschutz, Datensicherheit und Interoperabilität haben Messsysteme den Anforderungen der Absätze 2 bis 4 zu genügen.
(2) Zur Datenerhebung, -verarbeitung, -speicherung, -prüfung, -übermittlung dürfen ausschließlich solche technischen Systeme und Bestandteile eingesetzt werden, die

1.
    den Anforderungen von Schutzprofilen nach der nach § 21i zu erstellenden Rechtsverordnung entsprechen sowie
2.
    besonderen Anforderungen an die Gewährleistung von Interoperabilität nach der nach § 21i Absatz 1 Nummer 3 und 12 zu erstellenden Rechtsverordnung genügen.

(3) Die an der Datenübermittlung beteiligten Stellen haben dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zur Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit zu treffen, die insbesondere die Vertraulichkeit und Integrität der Daten sowie die Feststellbarkeit der Identität der übermittelnden Stelle gewährleisten. Im Falle der Nutzung allgemein zugänglicher Kommunikationsnetze sind Verschlüsselungsverfahren anzuwenden, die dem jeweiligen Stand der Technik entsprechen. Näheres wird in einer Rechtsverordnung nach § 21i Absatz 1 Nummer 4 geregelt.

(4) Es dürfen nur Messsysteme eingebaut werden, bei denen die Einhaltung der Anforderungen des Schutzprofils in einem Zertifizierungsverfahren zuvor festgestellt wurde, welches die Verlässlichkeit von außerhalb der Messeinrichtung aufbereiteten Daten, die Sicherheits- und die Interoperabilitätsanforderungen umfasst. Zertifikate können befristet, beschränkt oder mit Auflagen versehen vergeben werden. Einzelheiten zur Ausgestaltung des Verfahrens regelt die Rechtsverordnung nach § 21i Absatz 1 Nummer 3 und 12.

(5) Messsysteme, die den Anforderungen der Absätze 2 und 4 nicht entsprechen, dürfen noch bis zum 31. Dezember 2014 eingebaut und bis zu acht Jahre ab Einbau genutzt werden,

Und so bleibt die Frage, ob der Einbau eines Messsystems für Strom derzeit  bereits (bzw. noch) im Sinne des § 21c Abs. 2 EnWG technisch möglich ist.


« Letzte Änderung: 15. Januar 2015, 12:30:03 von RR-E-ft »

Offline Netznutzer

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Zitat
Nun gibt es die entsprechenden Verordnungen gem. § 21i Abs. 1 Nr. 3  und 12 EnWG immer noch nicht. Folglich weiß man auch nicht, wie damit die in § 21c Absatz 5, § 21d, § 21e und § 21f genannten Anforderungen näher auszugestaltet und weitere bundesweit einheitliche technische Mindestanforderungen sowie Eigenschaften, Ausstattungsumfang und Funktionalitäten von Messsystemen und Messeinrichtungen für Strom und Gas unter Beachtung der eichrechtlichen Vorgaben vom Verordnungsgeber bestimmt werden.

Wenn man Vorträge besucht wird immer darauf hingewiesen, dass das eingebaute System auf jeden Fall bis zum Ende der Eichperiode am Einbauort verbleiben darf, auch wenn es evtl. nicht den später erstellten Verordnungen/Vorschriften entspricht.

Das Risiko, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung Hunderte oder Tausende von Messsystemen im Lager zu haben, die dann entsorgt werden müssten, ist den Messstellenbetreibern zu groß. Daher wird abgewartet.

Gruß

NN

Offline RR-E-ft

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Nach §  21e Abs. 5 EnWG durften Messsysteme, welche die Anforderungen nicht erfüllen - unter weiteren Voraussetzungen - jedenfalls nur bis zum 31.12.14 eingebaut werden.

Nun werden beim genannten Netzbetreiber gar keine Messsysteme im Sinne des § 21d Abs. 1 EnWG mehr  eingebaut, sondern an deren Stelle nur Ferraris- Zähler.   

Offline PLUS

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...Nun werden beim genannten Netzbetreiber gar keine Messsysteme im Sinne des § 21d Abs. 1 EnWG mehr  eingebaut, sondern an deren Stelle nur Ferraris- Zähler.
Gesetz hin, Verordnung her, damit wäre ich zufrieden, was spricht denn schon für die "Smarten Zähler"?
Es ist Zeit für die nächste Novellierung. Gerne freiwillig wer das unbedingt möchte. Zwang nein! >:(

Das Desaster mit den "Smarten Stromzählern"

Intelligente Zähler werden sie auch genannt. Studien ohne Ende. Vielleicht gelingt es ja mit der nächsten Studie damit wenigstens einen smarten IQ-Test durchzuführen. Sorry, aber die Zähler sind so intelligent wie diese "Energiewende" im Ganzen.  ;)

 

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