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Autor Thema: EWE kündigt Online-Verträge widerrechtlich "außerordentlich"  (Gelesen 19409 mal)

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Offline RR-E-ft

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Re: EWE kündigt Online-Verträge widerrechtlich "außerordentlich"
« Antwort #15 am: 17. Dezember 2014, 13:26:33 »
EWE hat die betroffenen Verträge zum 31.12.14 bedingungslos außerordentlich gekündigt.
Wären die Kündigungen wirksam, so wären die bisherigen Verträge zum Ablauf des 31.12.14 wirksam beendet.
In diesem Fall wäre Raum für den (stillschweigenden) Abschluss eines Grundversorgungsvertrages durch Haushaltskunden ab dem 01.01.15.

Ein solcher (stillschweigender) Vertragsabschluss soll innerhalb einer Frist von 14 Tagen seit Vertragsabschluss widerrufen werden können.
Im Fall des wirksamen Widerrufs gilt der Vertrag als nicht geschlossen.
Die bezogene Energie ist gleichwohl zu bezahlen.

Ein (stillschweigend neu abgeschlossener) Grundversorgungsvertrag kann vom Kunden auch jederzeit mit einer Frist von zwei Wochen ordentlich gekündigt werden (vgl. § 20 StromGVV).
« Letzte Änderung: 17. Dezember 2014, 18:56:17 von RR-E-ft »

Offline Didakt

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Re: EWE kündigt Online-Verträge widerrechtlich "außerordentlich"
« Antwort #16 am: 17. Dezember 2014, 18:02:15 »
Zitat von: @ Janto aus Antwort # 1
Hier der Text der Änderungskündigung. Möge sich jeder ein Bild von der Rechtmäßigkeit dieser außerordentlichen Kündigung machen:
…Sollten Sie eine Belieferung zu den neuen Bedingungen ab 1. Januar 2015 nicht wünschen, teilen Sie uns dies bitte zeitnah mit. Wir bieten Ihnen gerne eine Produktalternative von EWE an. Unabhängig davon, wie Sie sich entscheiden: Ihre Energieversorgung ist in jedem Fall im Rahmen der gesetzlichen Grundversorgung gesichert.

Zitat von: @ Janto aus Antwort # 8
...Aber wenn es einen einfacheren Weg gibt, aus den Verträgen rauszukommen ...

Zitat von: @ Janto aus Antwort # 13 zu Antwort # 14 von @ RR-E-ft
Ehrlich gesagt ist das nicht "allein maßgeblich", im Moment sogar eher uninteressant.
Genauso wenig "maßgeblich" und interessant wie, dass die Verträge von EWE vermutlich nicht wirksam gekündigt wurden.
Wir nutzen die Kündigung ja gerade aus und wollen sie ausnutzen!...

EWE hat die betroffenen Verträge zum 31.12.14 bedingungslos außerordentlich gekündigt.
Wären die Kündigungen wirksam, so wären die bisherigen Verträge zum Ablauf des 31.12.14 wirksam beendet.
In diesem Fall wäre Raum für den (stillschweigenden) Abschluss eines Grundversorgungsvertrages durch Haushaltskunden ab dem 01.01.15. ...

In diesem Fall wäre deshalb auch Raum für den Abschluss eines Sondervertrages durch Haushaltskunden ab dem 01.01.15.

Unverständlich, weshalb die „Widerrufsfrist“ überhaupt ins Spiel gebracht wird. Wenn Kunden aus Ihren Verträgen heraus wollen, hätten sie doch dann sofort - schon Ende November - der EWE mitteilen können, dass sie eine Belieferung zu den neuen Bedingungen ab 01.01.2015 nicht zustimmen und sich sofort einen neuen Lieferanten suchen können. Wo ist also das Problem?



Offline khh

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Re: EWE kündigt Online-Verträge widerrechtlich "außerordentlich"
« Antwort #17 am: 17. Dezember 2014, 23:34:55 »
... Unverständlich, weshalb die „Widerrufsfrist“ überhaupt ins Spiel gebracht wird. ...

Naja, "Bezahlbare Energie e.V." möchte möglichst viele der potentiellen Wechsler erreichen
-  siehe hier:  www.bezahlbare-energie.de  unter "AKTUELL"

Zitat
"Änderungskündigung" für 450.000 EWE-Kunden
Nutzen Sie diese Chance!
Widersprechen Sie der Vertragsannahme und
wechseln Sie zu einem günstigeren Anbieter!

und zwei Wochen zusätzliche Zeit durch ein Widerrufsrecht kann da nur zweckdienlich sein ;) !
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Offline bolli

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Re: EWE kündigt Online-Verträge widerrechtlich "außerordentlich"
« Antwort #18 am: 18. Dezember 2014, 08:18:20 »
Tja, aber nicht alles, was man sich wünscht, muss auch eintreten.

Wenn EWE den Vertrag des Kunden über den 1.1. hinaus weiterführt (nach deren Lesart: Kündigung alter und Beginn neuer Vertrag), obwohl er die neuen AGB nicht schriftlich anerkannt hat, bleibt das so lange deren Sache, bis der Kunde sich dagegen wehrt, ggf. mit dem Versuch der Ausnutzung einer "zusätzlichen Widerrufsfrist" ala janto.  Sollte EWE dann darauf nicht eingehen, bleibt nur der Gang vor Gericht und hier könnte dann herauskommen, dass weder der alte Vertrag weitergeführt noch ein neuer Sondervertrag begründet wurde und daher das Konstrukt von RR-E-ft zum Tragen kommt und der Kunde sich in der teuren Grundversorgung befindet. Ob er dann einen Schaden geltend machen kann für das in der teureren Grundversorgung zuviel gezahlte Geld, erscheint fraglich. Insofern kann man nur dazu raten, rechtzeitig Widerspruch einzulegen.

Offline khh

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Re: EWE kündigt Online-Verträge widerrechtlich "außerordentlich"
« Antwort #19 am: 18. Dezember 2014, 15:14:29 »
Tja, aber nicht alles, was man sich wünscht, muss auch ...

... (rechtlich abgesichert) machbar sein, denn die Rechtslage ist ja wohl zweifelsfrei wie in Antwort #5 aufgezeigt  -  Auszug:

[...]
Die außerordentliche Kündigung ist unzulässig, da keine Gründe zur außerordentlichen Kündigung vorliegen. ...
[...]
Die unwirksame außerordentliche Kündigung wird nicht in eine wirksame ordentliche Kündigung umgedeutet werden können.
Ein entsprechender Wille, das Vertragsverhältnis jedenfalls, wenn auch nur ordentlich unter Einhaltung der regulären Kündigungsfrist beenden zu wollen, ist aus der Erklärung nicht ersichtlich.

Der bisherige Vertrag läuft mangels wirksamer Kündigung somit zu ungeänderten Bedingungen ungekündigt weiter.
Weil dadurch aber noch ein ungekündigtes Vertragsverhältnis besteht, kann im schweigenden Weiterbezug von Energie auch keine stillschweigende Annahme eines neuen Vertragsangebotes gesehen werden (weder als Sondervertrag noch als Grundversorgung).
[...]
Kunden werden sich auch noch nach Jahren darauf berufen können, dass der bisherige Vertrag zum 31.12.14 nicht wirksam gekündigt wurde, ...


Bzgl. der "Wunschvorstellung" von janto (schnellstmöglich raus aus dem teuren EWE-Vertrag) bin ich etwas irritiert durch diese Aussage:
[...]
Wessen Vertrag ... mit Ablauf des 31.12.14 endet und wer noch keinen neuen Vertrag mit einem anderen Anbieter mit Vertragsbeginn ab dem 01.01.15 abgeschlossen hat, der könnte als Haushaltskunde allein durch den Energiebezug nach dem 31.12.14 aus dem Netz einen neuen Grundversorgungsvertrag stillschweigend (konkludent) abschließen (vg. § 2 Abs. 2 StromGVV).
[..]
(Unterstreichung durch khh)

Wenn ein Kunde das von EWE eingeräumte 1. Sonderkündigungsrecht bis zum 31.12.14 oder 2. Widerrufsrecht bis zum 14.01.15 wahrnimmt und die sofortige Anschlussbelieferung durch einen neuen Versorger zeitlich nicht mehr darstellbar ist (vielfach dürfte das so sein), was folgt dann für die "Übergangszeit" ?

Bisher bin ich davon ausgegangen, dass dann die Belieferung durch den zuständigen Grundversorger (überwiegend wird das wohl ebenfalls EWE sein) befristet für längstens 3 Monate im Rahmen der Ersatzversorgung gem. § 38 EnWG zu erfolgen hat, welche ohne ein erneutes Kündigungserfordernis (im Gegensatz zum Grundversorgungsvertrag) durch die Anmeldung des neuen EVU beim Netzbetreiber beendet wird.

Was trifft denn jetzt richtigerweise zu ??  :-\   

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Offline khh

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Re: EWE kündigt Online-Verträge widerrechtlich "außerordentlich"
« Antwort #20 am: 18. Dezember 2014, 17:43:32 »
Hab mal gegoogelt und selbst die Antwort gefunden :

http://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Verbraucher/Vertragsarten/vertragsarten-node.html

Auszug:
Zitat
Was versteht man unter Ersatzversorgung?
(Gesetzliche Grundlage: § 38 EnWG, § 3 Strom GVV, § 3 GasGVV)
Wenn der Energiebezug eines Letztverbrauchers nicht einer Lieferung oder einem bestimmten Liefervertrag zugeordnet werden kann, springt der Grundversorger für die Energielieferung ein. Diese Art der Energielieferung wird als Ersatzversorgung bezeichnet. Dabei handelt es sich um eine gesetzlich angeordnete Notversorgung. Insbesondere ... bei Verzögerungen der Vertragsumstellung beim Lieferantenwechsel kann der Haushaltskunde in die Ersatzversorgung fallen.
[...]
Die Ersatzversorgung beginnt automatisch mit dem Zeitpunkt, in dem der Netzbetreiber eine Abnahmestelle dem Grundversorger zur Ersatzversorgung zuordnet. ...
Der Grundversorger hat dem Kunden unverzüglich nach Kenntnisnahme den Zeitpunkt des Beginns und des Endes der Ersatzversorgung in Textform mitzuteilen. Für die Ersatzversorgung ist kein Vertragsabschluss mit dem Grundversorger als Ersatzversorger nötig.
[...]
Die Ersatzversorgung dauert maximal drei Monate. Während dieser Zeit kann sie vom Verbraucher jederzeit dadurch beendet werden, dass er einen neuen Lieferanten seiner Wahl mit der Belieferung beauftragt. Für die Beendigung der Ersatzversorgung gibt es keine Kündigungsfrist.
[Hervorhebung/Unterstreichung durch khh]
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Offline Didakt

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Re: EWE kündigt Online-Verträge widerrechtlich "außerordentlich"
« Antwort #21 am: 19. Dezember 2014, 17:53:20 »
Zitat von: @ khh in Antwort # 19
Was trifft denn jetzt richtigerweise zu??

@ khh, eine kurze Anmerkung hierzu: Wie vorstehend schon richtigerweise festgestellt, ist es die „Ersatzversorgung“. Stattdessen wird dafür fälschlicherweise wie in diesem Thread, im aktuellen Aufruf von "Bezahlbare Energie e.V." und sehr oft fallweise auch vielfach an anderer Stelle im Forum - und sogar auch von den EVU  :( bewusst - die „Grundversorgung“ missbräuchlich angeführt. Die Ersatzversorgung bietet für den Verbraucher halt den Vorteil, dass sie binnen 3 Monaten problemlos durch diverse Vertragsschlüsse beendet werden kann.

 

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