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Thüringen: Acht Fernwärmeversorger senken ihre Preise
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EviSell:
In Thüringen gehts auch mal nach unten mit den Preisen, aber nicht ganz freiwillig seitens der Fernwärmeversorger:
--- Zitat ---Pünktlich zum Start der Heizperiode haben acht Thüringer Fernwärmeversorger auf Druck des Landeswirtschaftsministeriums ihre Preise gesenkt. „Damit werden die Verbraucher in Thüringen um insgesamt 1,45 Mio. € entlastet“, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Jochen Staschewski (SPD) in Erfurt. Im Schnitt lagen die Preissenkungen bei sechs Prozent.
....
--- Ende Zitat ---
http://www.euwid-energieeffizienz.de/news/energiemaerkte/einzelansicht/Artikel/thueringen-acht-fernwaermeversorger-senken-ihre-preise.html
RR-E-ft:
Der Betrag erscheint doch eher lächerlich gering.
I
--- Zitat --- Im Versorgungsgebiet der Stadtwerke Energie regeln Fernwärmesatzungen den Anschluss an die Versorgung mit Fernwärme in sogenannten Vorranggebieten. In diesen Vorranggebieten ist der Wärmebedarf ausschließlich mit umweltfreundlicher Fernwärme
zu decken. Die Abnehmer unterliegen einem Anschluss- und Benutzungszwang zur Fernwärme, welche dem Fernwärmeversorger eine Monopolstellung verschaffen, die für die Kunden die besondere Gefahr birgt, Opfer eines Preisgestaltungs- und Preishöhenmissbrauchs zu werden (vgl. BGH, Urt. v. 24.09.07 KZR 33/06).
§ 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV bestimmt, dass Preisänderungsklauseln nur so ausgestaltet sein dürfen, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Sie müssen die maßgeblichen Berechnungsfaktoren vollständig und in allgemein verständlicher Form ausweisen. Bei Anwendung der Preisänderungsklauseln ist der prozentuale Anteil des die Brennstoffkosten abdeckenden Preisfaktors an der jeweiligen Preisänderung gesondert auszuweisen.
Der BGH hatte bereits mit Urteil vom 06.04.11 (VIII ZR 273/09) entschieden, dass eine von einem Versorgungsunternehmen, das zur Erzeugung von Fernwärme ausschließlich Erdgas einsetzt, in Fernwärmelieferungsverträgen verwendete Preisanpassungsklausel ist mit den Vorgaben des § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV (Abs. 3 Satz 1 aF) nicht zu vereinbaren und daher unwirksam ist, wenn die Veränderung des verbrauchsabhängigen Arbeitspreises allein an die Preisentwicklung für leichtes Heizöl (HEL) gekoppelt ist.
Im Falle unwirksamer Preisänderungsklauseln können Preisänderungen nicht darauf gestützt werden, einseitige Preisänderungen sind unwirksam, die erhöhten Preise nicht geschuldet und darauf geleistete Zahlungen unterliegen regelmäßig der Rückforderung aus ungerechtfertigter Bereicherung.
Die von den Stadtwerken bis Sommer 2011 verwendete HEL- Preisänderungsklausel spiegelte weder die Kostenentwicklung zutreffend wider, noch berücksichtigte sie die Verhältnisse auf dem Wärmemarkt.
Dem Geschäftsbericht 2011 der Stadtwerke Energie kann entnommen werden:
“Der Fernwärmeabsatz hat sich witterungsbedingt um 71 GWh (15%) auf 415 GWh verringert. Die Umsatzerlöse sind nur um 1,0 Mio. € auf 30,8 Mio. € gesunken, da der durchschnittliche Absatzpreis wegen der zu Beginn 2011 vorgenommenen vertragsgemäßen Anpassung an die Ölnotierungen (HEL) von 65,5 €/MWh um 8,8 €/MWh auf 74,3 €/MWh angehoben wurde. Dagegen ist der durchschnittliche Fernwärmebezugspreis aus dem Heizkraftwerk der E.ON Thüringer Energie AG gegenüber 2010 um 5,1 €/ MWh gesunken.
… Nachdem von der Rechtsprechung auch bei den Fernwärmepreisen eine Kopplung an den HEL- Preis als problematisch eingeschätzt worden war, hat die Gesellschaft im Laufe des Jahres 2011 die Preisanpassung der Fernwärmeverkaufspreise direkt an die Entwicklung der Bezugs-bzw. Erzeugerkosten gebunden.”
Die Stadtwerke haben die Margenerhöhung durch ein Auseinanderdriften von sinkenden Bezugspreisen und drastisch steigenden Absatzpreisen nicht zurückgeführt, sondern entschieden sich dafür, die Fernwärmeverkaufspreise direkt an die Entwicklung der Bezugs- bzw. Erzeugerkosten zu binden.
Die neue Preisänderungsklausel konnte wohl nicht durch einen bloßen Weiterbezug von Fernwärme wirksam in die bestehenden Verträge einbezogen werden, sondern es bedurfte einer ausdrücklichen Einverständniserklärung des Kunden mit der Vertragsänderung. Laut BGH bedarf es selbst im kaufmännischen Verkehr hierfür einer Einbeziehungsvereinbarung (BGH, Urt. v. 15.01.14 VIII ZR 111/13).
Selbst im Falle einer wirksamen Einbeziehungsvereinbarung hinsichtlich der seit Sommer 2011 von den Stadtwerken verwendeten neuen Preisänderungsklausel verstößt diese gegen § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV und ist unwirksam, da sie allein auf die Kostenentwicklung abstellt, nicht aber die Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigt.
Dies wird sogleich aus dem Geschäftsbericht 2012 der Stadtwerke Energie ersichtlich:
„Der Fernwärmeabsatz hat sich witterungsbedingt um 14 GWh (3%) auf 429 GWh erhöht.
Die Umsatzerlöse sind dem gegenüber überproportional um 3,3 Mio. € auf 34,1 Mio. € angestiegen, da der durchschnittliche Absatzpreis von 74,30 €/MWh auf 79,60 €/MWh im Rahmen der Preisanpassung angehoben wurde.
Der durchschnittliche Fernwärmebezugspreis aus dem Heizkraftwerk der E.ON Thüringer Energie AG ist gegenüber 2011 um 2,60 €/MWh angestiegen.“
„Der Fernwärmebezugsvertrag mit der E.ON Thüringer Energie AG (ETE) läuft im Jahr 2024 aus. Der in 2012 verlängerte Vertrag sieht in den Folgejahren steigende Fernwärmebezugskosten vor, die, mit Ausnahme der Jahre 2022 bis 2024, an Mindestabnahmeverpflichtungen gekoppelt sind.
Risiken bestehen darin, dass die höheren Bezugskosten nicht vollständig an die Kunden durchgereicht werden können und somit zu Margenverlusten führen können.
In Jena stiegen der Fernwärme-Arbeitspreis zum 1. Januar 2013 um etwa 6,5% und der Leistungspreis um rund 8% an. Ursache dafür sind nahezu ausschließlich die Kostensteigerungen im Fernwärmebezug von der ETE.
Deutlich geringer war die Steigerung des Arbeitspreises der Grünen Wärme in Hermsdorf; sie fiel mit 1,7% beim Arbeitspreis und etwa gleich bleibendem Leistungspreis sehr moderat aus. Der Fernwärme-Arbeitspreis in Pößneck ist hingegen sogar um rund 6% gesunken bei ebenfalls nahezu gleich gebliebenem Leistungspreis. Hintergrund dieser Entwicklung ist die Kopplung des Arbeitspreises der in Pößneck selbst aus Erdgas hergestellten Fernwärme an die Erdgaspreise für Heizgaskunden, die in 2012 gesunken waren.“
Wieder stiegen die Absatzpreise stärker als die Fernwärmebezugspreise und wurde dadurch ein überproportionaler Anstieg der Umsatzerlöse erzielt. Schließlich wurden sogar mit der E.ON Thüringer Energie steigende Fernwärmebezugskosten in den Folgejahren vereinbart, unabhängig davon, wie sich die Brennstoffkosten für Erdgas und die Verhältnisse auf dem Wärmemarkt entwickeln. So waren in Pößneck die Fernwärmepreise mit sinkenden Gaspreisen für Heizgaskunden gesunken.
Aus dem Geschäftsbericht 2013 der Stadtwerke Energie:
„Die Fernwärmeabgabepreise sind an die Entwicklung der Bezugskosten (Standort Jena) und der Brennstoffkosten der Erzeugung (Standorte Pößneck und Blankenhain) gekoppelt.
In Jena wurden zum Jahreswechsel der Arbeitspreis um 4 % und der Leistungspreis um 11 % angehoben. Der Preisanpassungsspielraum ist damit nicht ausgeschöpft worden. Es wird ein auf das 1. Halbjahr 2014 befristeter Nachlass auf den Arbeitspreis in Höhe von 2,50 €/MWh eingeräumt. In Pößneck wurden auf Basis der Kopplung an den Erdgaspreis
der Arbeitspreis um 0,24 % und der Leistungspreis um 0,04 %zum 1. Januar 2014 abgesenkt. Der Fernwärmeabsatz hat sich witterungsbedingt um 29 GWh (7 %) auf 458 GWh erhöht. Die Umsatzerlöse sind überproportional um 5,9 Mio. € auf 40,0 Mio. € angestiegen, da der durchschnittliche Absatzpreis von 79,60 €/MWh auf 87,30 €/MWh im
Rahmen der Preisanpassung angehoben wurde.“
Dem Geschäftsbericht der Thüringer Energie AG 2013 lässt sich entnehmen:
„Der mit der Stadtwerke Energie Jena-Pößneck GmbH in 2012 verlängerte Fernwärmelieferungsvertrag wurde 2013 noch einmal nachverhandelt, um dem drohenden Wegfall eines Fernwärmekunden, der die benötigte Wärme in Eigenversorgungsanlagen realisieren wollte, abzuwenden.“
Abnehmer, die jetzt durch einen einfachen Widerspruch noch die Unwirksamkeit der zu Beginn 2011 erfolgten Preisanpassungen geltend machen können, sparen allein beim Arbeitspreis 21,80 €/ MWh.
--- Ende Zitat ---
Juchizer:
Es ist gut, dass sich Landeswirtschaftsministerium um die Preise kümmert.
userD0010:
@Juchizer
Toller Kommentar ! AUA
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