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EuGH, Urt. v. 23.10.14 Rs. C-359/11 und C-400/11 Preisänderung Grundversorgung

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RR-E-ft:
Auch m.E. gibt es zwischen Grundversorgung und Sonderverträgen einen Unterschied:

Bei Sonderverträgen geht es um transparente Preisänderungsklauseln, welche die Wahrung des ursprünglich vertraglich vereinbarten Äquivalenzverhältnisses sicherstellen sollen.

Bei der Grundversorgung darf es m.E. (entgegen BGH, Urt. v.19.11.08 Az. VIII ZR 138/07, juris Tz. 25) nicht um die Wahrung eines bisherigen Äquivalenzverhältnisses gehen, wenn dieses bereits deshalb unangemessen war, weil es einen unzulässig hohen Gewinnanteil des Versorgers enthielt.

Die gesetzliche Preisbestimmungspflicht der Grundversorger gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1  EnWG geht m.E. vielmehr  dahin, zugunsten der besonders zu schützenden Kleinkunden jeweils  denjenigen angemessenen Preis zu bestimmen, der ihnen tatsächlich eine möglichst preisgünstige Versorgung gewährleistet (vgl. Fricke ZNER 2011, 130 ff.).

War der bisher vom Grundversorger festgesetzte und veröffentlichte Grundversorgungstarif schon unangemessen hoch, weil er einen unangemessen hohen Gewinnanteil enthielt, so muss ein neues Äquivalenzverhältnis gebildet werden, welches für den Grundversorger fortan nur noch einen angemessenen Gewinnanteil am veröffentlichten Preis enthält.

Bei Sonderverträgen herrscht Vertragsfreiheit und die Parteien können den Anfangspreis im Rahmen der Gesetze m.E. so hoch vereinbaren, wie sie wollen, was hochpreisige Markenstrategien miteinschließen kann. Bei der Grundversorgung ist es grundlegend anders:

Der vom Versorger zu bestimmende Allgemeine Preis muss den betroffenen Kunden von Anfang an eine möglichst preisgünstige Versorgung gewährleisten.

Während Sonderverträge grundsätzlich auch ohne Preisänderungsklauseln ausklommen können, so dass man es mit Fixpreisverträgen zu tun hat, bei welchen Chancen und Risiken gleich verteilt sein können, sind die Versorger bei der Grundversorgung  gem. §§ 36 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 EnWG verpflichtet, die Allgemeinen Preise immer wieder neu jeweils zu bestimmen, so dass sie den betroffenen Kunden tatsächlich von Anfang an eine möglichst preisgünstige Versorgung gewährleisten.

tangocharly:
@ RR-E-ft

Irgendwie scheint die folgende Zitatstelle nicht richtig zu passen:


--- Zitat ---Wurde mit den betroffenen gesetzlichen Regelungen jedoch den Versorgern ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht schon nicht wirksam eingeräumt, so soll es auch laut BGH  weder auf einen Widerspruch des Kunden noch auf die Billigkeit ankommen (vgl. BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10, juris Tz. 8 f.)
--- Ende Zitat ---


Vermutlich meinten Sie:

BGH, 23.04.2013, Az.: VIII ZR 324/12, Tz. 7

Übrigens (so Az.: VIII ZR 211/10, Tz. 20) wären durchaus auch die "geltenden Preise u. Tarife" auf die Transparenzanforderungen des Anhangs A Buchst. c zu prüfen (was allerdings nicht Gegenstand des Verfahrens C-359/11 ist).  Wenn aber die  Transparenzanforderungen für Preisanpassungen schon zweifelhaft sind (nach GA Wahl), dann kommt doch schon die Frage auf, wie bei einem durch Realakt begründeten Vertragsschluss Transparenz (von hinein fließenden Vertragsbedingungen) attestiert werden soll, welche keiner kennt und niemand gelesen hat.
Aber das stellt ja auch -teilweise- eine andere Platte dar; wo man dem Sonderkunden gibt (§ 305 BGB) und dem Tarifkunden nimmt bzw. Letzteren auf fiktive Vereinbarungen einschwört

RR-E-ft:
@tangocharly

Aus Tz. 8 bei BGH, B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10 geht hervor, weshalb das Berufungsgericht selbst bei einer Monopolstellung des Energieversorgers eine Billigkeitskontrolle für ausgeschlossen hielt: Die einseitig erhöhten Preise seien dadurch, dass innerhalb angemessener Frist ein Widerspruch unterblieb, längstens zu vereinbarten Preisen geworden.

Demgegenüber stellt der BGH in Tz. 9 ff. aaO. klar, dass die Frage, ob dem Energieversorger ein einseitiges Preisanpassungsrecht überhaupt wirksam eingeräumt wurde, streitentscheidend ist.

Streitentscheidend kann es darauf jedoch nur dann ankommen, wenn es bei Unwirksamkeit des Preisanpassungsrechts des Versorgers  auf einen innerhalb angemessener Frist eingelegten Widerspruch des Kunden streitentscheidend nicht erst ankommt.

Aus Tz. 17 geht hervor, dass dann, wenn dem Energieversorger gesetzlich oder vertraglich ein einseitiges Preisanpassungsrecht [wirksam!] eingeräumt wurde, eine auf dieser Grundlage vorgenommene einseitige Preiserhöhung der Billigkeitskontrolle als einseitige Leistungsbestimmung der gerichtlichen Billigkeitskontrolle gem. § 315 Abs. 3 BGB unterliegt, sofern und soweit es sich nicht um vereinbarte Preise handelt.

Im Umkehrschluss bedeutet dies:

Wurde dem Energieversorger ein Preisanpassungsrecht nicht [wirksam!] eingeräumt, nämlich weil sich die entsprechende gesetzliche Bestimmung oder vertragliche Abrede als unwirksam erweist, so kommt es auf die Frage der Billigkeit der vom Versorger vorgenommenen einseitigen Leistungsbestimmung (nach Lesart BGH: Preisänderung, Preiserhöhung) nicht erst an.

Ebenso, wie es in diesem Fall grundsätzlich nicht auf einen Widerspruch gegen die ohne Rechtsgrundlage vorgenommene einseitige Leistungsbestimmung ankommt ( siehe oben; vgl. auch BGH, Urt. v. 20.07.05 Az. VIII ZR 199/04).   

uwes:

--- Zitat von: energienetz am 13. Mai 2014, 12:30:41 ---Prof. Dr. Kurt Markert
....und der neutralen und ausgewogenen Stellungnahme der EU-Kommission entsprechend entscheidet.

--- Ende Zitat ---

Kennt diese Stellungnahme jemand? Ich würde diese gerne lesen. Auf der Seite des Gerichtshofs ist aktuell nur die Begründung des GA für seine Schlussanträge zu finden.

energienetz:
Hier ist die Stellungnahme der Kommission
http://www.energieverbraucher.de/files_db/1403022149_722__12.pdf
 

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