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Autor Thema: Sperrung Gas bei nicht belastetem Anschluß  (Gelesen 26166 mal)

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Re: Sperrung Gas bei nicht belastetem Anschluß
« Antwort #15 am: 18. Februar 2014, 09:44:03 »
Ich halte die Androhung einer Liefersperre anstelle einer zivilrechtlichen Klage (in dem vorliegenden Fall noch ganz besonders) - nach wie vor - für rechtswidrig und würde sie als Nötigung bezeichnen.
Was ist da im vorliegendne Fall denn "ganz besonders"?

Es handelt sich offensichtlich um eine offene, nicht strittige Forderung für geliefertes Gas. Es gibt für den Versorger keine hinreichende Zahlungsaussicht da die Zahlung verweigert wird. Der Verweigerungsgrund ist eindeutig der Sphäre des Verbrauchers zuzuordnen.

Wer Schulden beim Bäcker hat weil der vor Monaten gekaufte Kuchen immer noch nicht bezahlt wurde muß nach wiederholter Mahnung vom Bäcker nicht weiter mit Frühstücksbrötchen beliefert werden.

Wer glaubt, das sei Nötigung, kann ja zur Polizei gehen und den Bäcker anzeigen.

Offline bolli

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Re: Sperrung Gas bei nicht belastetem Anschluß
« Antwort #16 am: 18. Februar 2014, 10:50:49 »
Wer glaubt, das sei Nötigung, kann ja zur Polizei gehen und den Bäcker anzeigen.
Sie kennen aber schon den Unterschied zwischen Brötchen und der Energieversorgung ?  :o

Wenn Sie sich mal das von RR-E-ft verlinkte Urteil anschauen, werden Sie feststellen, dass das von Ihnen für so selbstverständlich gehaltene Verhalten wohl nicht so selbstverständlich ist, sonst hätte das OLG Celle ja nicht so ausführlich darlegen müssen, warum es in diesem Fall ausnahmsweise doch zulässig sei. Ob es im vorliegenden Fall tatsächlich zulässig ist, steht wohl noch SEHR in Zweifel. Aber wie immer bekommt man Klarheit nur vor Gericht. Ich würde es mir auf jeden Fall auch nicht Gefallen lassen. Vertrag ist zwar Vertrag, aber der eine hat eben nicht zwangsläufig mit dem anderen zu tun. Sonst kommt nachher auch noch der neben dem Bäcker wohnende Metzger und liefert mir  mein Wurstpaket nicht mehr, weil ich den Bäcker nicht bezahlt habe.  ;)

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Re: Sperrung Gas bei nicht belastetem Anschluß
« Antwort #17 am: 18. Februar 2014, 11:24:22 »
Sie kennen aber schon den Unterschied zwischen Brötchen und der Energieversorgung ?  :o
Wenn Sie sich mal das von RR-E-ft verlinkte Urteil anschauen, werden Sie feststellen, dass das von Ihnen für so selbstverständlich gehaltene Verhalten wohl nicht so selbstverständlich ist, sonst hätte das OLG Celle ja nicht so ausführlich darlegen müssen, warum es in diesem Fall ausnahmsweise doch zulässig sei. Ob es im vorliegenden Fall tatsächlich zulässig ist, steht wohl noch SEHR in Zweifel. Aber wie immer bekommt man Klarheit nur vor Gericht. Ich würde es mir auf jeden Fall auch nicht Gefallen lassen. Vertrag ist zwar Vertrag, aber der eine hat eben nicht zwangsläufig mit dem anderen zu tun. Sonst kommt nachher auch noch der neben dem Bäcker wohnende Metzger und liefert mir  mein Wurstpaket nicht mehr, weil ich den Bäcker nicht bezahlt habe.  ;)
@bolli, den Unterschied zwischen Brötchen und der Energieversorgung kenne ich. Sie sollten aber auch zwischen Bäcker und Metzger unterscheiden. Wenn der Bäcker auch der Metzger ist und Sie keine Brötchen und kein Wurstpaket mehr bekommen ist das bedauerlich, aber trotzdem keine Nötigung.
 
So ganz passt der verlinkte Fall ja nicht. Jedenfalls ist die Sperre keine Nötigung und das trifft auch hier zu. Die Zahlung wird ohne rechtlichen Grund verweigert ...:
Zitat
Unabhängig von den vorstehend gemachten Ausführungen kommt die Annahme einer Unverhältnismäßigkeit vorliegend aber von vornherein nicht in Betracht, da die Beklagte ohne rechtlichen Grund die Zahlung verweigert und sie den durch eine Liefersperre entstehenden Zustand durch vertragsgemäßes Verhalten selbst abwenden oder beseitigen kann.

Offline Didakt

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Re: Sperrung Gas bei nicht belastetem Anschluß
« Antwort #18 am: 18. Februar 2014, 11:29:35 »
In den vorstehenden Bewertungen (zu Antworten # 11 u. # 13) kommt wieder einmal eine Lex PLUS specialis moralis mit dem Inhalt der Vermischung von Moral und Recht, oder auch anders gesagt von Recht und Rechtsempfinden zum Ausdruck. Im Prinzip ja menschlich und auch nachvollziehbar.

Im vorliegenden Fall geht es um zwei in rechtlicher Hinsicht getrennt voneinander zu bewertende Tatbestände. Auch wenn es nicht gefallen sollte, moralische Gesichtspunkte und eine vorverurteilende Kritik müssen bei der rechtlichen Beurteilung der Sachverhalte außen vor bleiben. Eine vorauseilenden Schuldzuweisung ist hier fehl am Platz. Es zählen ausschließlich Fakten. Also sollte man sich daran halten und die Moralpauke in der Schublade lassen!

1. Wer kennt die genauen Fakten/Gründe für den Zahlungsrückstand aus dem beendeten/nicht mehr existierenden Vertrags-/Lieferverhältnis.
Der Usererin @ claudi77 ist sicher bewusst, dass sie sich bei einer andauernden Zahlungsverweigerung letztlich der Zahlungsklage des Gläubigers aussetzt. Sie prozessiert in dieser Sache aber wohl bereits gegen den ehemaligen Hausverwalter. Was ist da vorgefallen? Sind da möglicherweise Veruntreuungen vorgekommen, die zu den Zahlungsrückständen führten, für die evtl. ein Dritter gerade zu stehen hat und dies etwa den vorübergehenden Zahlungsaufschub begründet?

Die Einstellung der Gasversorgung setzt gem. § 19 Abs. 2 GasGVV oder einer entsprechenden AGB-Bestimmung eine Verletzung der Zahlungspflicht aus dem geltenden Gaslieferverhältnis voraus. Ein solches Verhältnis besteht aber nicht mehr. Der Gasversorger kann ergo daraus kein Recht auf eine Liefersperre mehr ableiten!

2. Abgeleitet aus dem von @ RR-E-ft weiter oben angeführten OLG-Urteil und seinen Anmerkungen dazu sind auch für den in diesem Thread fraglichen Fall folgende Gesichtspunkte ins Feld zu führen, die ich zum Teil (wegen Einarbeitung in diesen Beitrag) ohne Sinnverfälschung leicht abgeändert, sonst aber wortwörtlich zitiere:

„Der Versorger muss sich wohl entgegenhalten lassen, warum er es überhaupt zum Auflaufen hoher Zahlungsrückstände für Energielieferungen mit Strom und Gas hat kommen lassen und nicht frühzeitig von der Möglichkeit der Versorgungseinstellung von Strom gem. § 19 Abs. 2 StromGVV und Gas gem. § 19 Abs. 2 GasGVV Gebrauch gemacht hatte.

Daran, dass bisher hohe Forderungen aus Energielieferungen aufgelaufen sind, trägt der Versorger ein gewisses Mitverschulden, wenn er nicht frühzeitig von seiner Möglichkeit zur Einstellung der Energieversorgung Gebrauch gemacht hatte.
Dass aufgelaufene Zahlungsrückstände uneinbringlich sind, ist regelmäßig das unternehmerische Risiko des Versorgers, der von den Möglichkeiten des Verlangens von Vorauszahlungen/ Sicherheiten keinen Gebrauch gemacht hat.

Legt man die Entscheidung des OLG Celle zu Grunde, könnte der Versorger auch demjenigen Kunden, der ‒ aus welchen Gründen auch immer, z. B. wegen einer angedrohten Einstellung der Energieversorgung ‒ den Lieferantenwechsel vollzogen hatte, solange die Gasversorgung vorenthalten, bis seine Forderungen aus vorangegangenen Energielieferungen (der Vergangenheit) befriedigt wurden.

Die Versorgungseinstellung als spezielle Ausformung des Zurückbehaltungsrechts soll den Versorger vor dem weiteren Auflaufen von unbezahlten Forderungen schützen. Es soll ihm jedoch kein Druckmittel zur Durchsetzung bereits entstandener Forderungen verschaffen.“

Und zum Schluss die wichtigste Feststellung: „Jeder einzelne Liefervertrag hat folglich einen eigenen Zweck.“

Das geplante Vorgehen des Versorgers geht deshalb ins Leere!
« Letzte Änderung: 18. Februar 2014, 11:34:30 von Didakt »

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Re: Sperrung Gas bei nicht belastetem Anschluß
« Antwort #19 am: 18. Februar 2014, 12:38:44 »
In den vorstehenden Bewertungen (zu Antworten # 11 u. # 13) kommt wieder einmal eine Lex PLUS specialis moralis mit dem Inhalt der Vermischung von Moral und Recht, oder auch anders gesagt von Recht und Rechtsempfinden zum Ausdruck. Im Prinzip ja menschlich und auch nachvollziehbar.
....
Die Versorgungseinstellung als spezielle Ausformung des Zurückbehaltungsrechts soll den Versorger vor dem weiteren Auflaufen von unbezahlten Forderungen schützen. Es soll ihm jedoch kein Druckmittel zur Durchsetzung bereits entstandener Forderungen verschaffen.“

Und zum Schluss die wichtigste Feststellung: „Jeder einzelne Liefervertrag hat folglich einen eigenen Zweck.“
Das geplante Vorgehen des Versorgers geht deshalb ins Leere!
Ach ja, die "specialis moralis". In welchem Pargraphen wird denn die von Ihnen davor (#12) monierte Gradlinigkeit juristisch beleuchtet? Wer hat denn "specialis moralis" ins Spiel gebracht? Davor ging es noch um Recht: #11

@Didakt, bei soviel Fett, fehlt jetzt nur noch Ihre Garantie für @claudi77! ;)

Offline bolli

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Re: Sperrung Gas bei nicht belastetem Anschluß
« Antwort #20 am: 18. Februar 2014, 16:03:05 »
Wenn der Bäcker auch der Metzger ist und Sie keine Brötchen und kein Wurstpaket mehr bekommen ist das bedauerlich, aber trotzdem keine Nötigung.
Ich wüsste nicht, dass ich mich hier schon mal dazu ausgelassen habe, dass das Verhalten des versorgers den Tatbestand der Nötigung erfüllt.  8) Ich empfehle das Aufziehen einer Brille.  Ich habe mich lediglich dazu geäußert, dass hier zwei unterschiedliche Versorgungsverträge vorliegen und es fraglich ist, inwieweit man die Forderungen gegeneinander aufrechnen kann bzw. ob man aufgrund von Forderungen aus dem einen Vertragsverhältnis Konsequenzen der vorliegenden Art für das andere Verhältnis ziehen kann.

Zitat
Unabhängig von den vorstehend gemachten Ausführungen kommt die Annahme einer Unverhältnismäßigkeit vorliegend aber von vornherein nicht in Betracht, da die Beklagte ohne rechtlichen Grund die Zahlung verweigert und sie den durch eine Liefersperre entstehenden Zustand durch vertragsgemäßes Verhalten selbst abwenden oder beseitigen kann.

Das Urteil hat aber nicht nur den von Ihnen verlinken Begrüdungsteil, sondern auch noch andere Passagen:
Zitat
29
Diese Voraussetzungen werden von der ganz überwiegenden Rechtsprechung und Literatur im Fall der Einstellung der Versorgung wegen Rückständen aus anderen Versorgungssparten jedenfalls dann bejaht, wenn - wie unstreitig vorliegend der Fall - die Versorgung zwischen denselben Parteien erfolgt, über denselben Hausanschluss, im selben Lebensbereich und zu demselben Zweck, nämlich der Versorgung ein- und derselben Wohnung des Versorgungsnehmers (vgl. z. B. OLG Celle, Urteil vom 12. Mai 2010 - 8 U 206/09, juris Rn. 36; LG Bremen, Urteil vom 4. Juni 2007 - 4 O 623/07, juris Rn. 24; LG Saarbrücken, Urteil vom 2. August 2002 - 13 AS 19/02, juris Rn. 10; LG Magdeburg, Urteil vom 2. Juli 1996 - 2 S 250/96, juris Rn. 8; Schütte/Horstkotte, a. a. O., § 33 AVBWasserV Rn. 80 f.; anderer Ansicht dagegen: AG Kerpen, Urteil vom 24. März 2009 - 22 C 20/08, juris Rn. 27; AG Lübeck, Urteil vom 6. November 2006 - 22 C 2737/06, juris Rn. 29; Sanders, RdE 1981, 146, 149; Herrmann in Herrmann/Recknagel/ Schmidt-Salzer, Kommentar zu den Allgemeinen Versorgungsbedingungen, Stand 1984, § 33 AVBV Rn. 28).

30

    Der Senat schließt sich der o. g. herrschenden Auffassung an. Jedenfalls dann, wenn - wie unstreitig vorliegend gegeben - die Versorgung aus unterschiedlichen Energiesparten zwischen denselben Parteien über denselben Hausanschluss erfolgt und einem einheitlichen Zweck dient, nämlich der Versorgung ein- und derselben Wohnung, sind die unterschiedlichen Versorgungen zur Befriedigung von gleichartigen Bedürfnissen in einem solchen Maße bestimmt, dass es gegen Treu und Glauben verstoßen würde, die Versorgung aus der einen Sparte für dieselbe Wohnung des Versorgungsnehmers ohne Rücksicht auf Zahlungsrückstände aus einer anderen Versorgungssparte zu beanspruchen.
(die Fett-Formatierungen sind von mir angebracht)

Wer will, kann da gewisse Einschränkungen erkennen, zu denen zumindest noch nicht Stellung genommen wurde. Wenn Sie da schon eine für sich absolute Sichtweise entwickeln, ist das Ihre Sache. Aber diese MUSS nicht denknotwendig auch die eines Gerichtes sein. ICH kenne die Entscheidung eines Gerichts in einem möglichen Verfahren auf Basis eines Sachverhalts, wie hier dargestellt, auf jeden Fall auch noch nicht und kann daher nur alternative Denkmodelle aufzeigen.


Offline PLUS

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Re: Sperrung Gas bei nicht belastetem Anschluß
« Antwort #21 am: 18. Februar 2014, 16:38:46 »
Wenn der Bäcker auch der Metzger ist und Sie keine Brötchen und kein Wurstpaket mehr bekommen ist das bedauerlich, aber trotzdem keine Nötigung.
Ich wüsste nicht, dass ich mich hier schon mal dazu ausgelassen habe, dass das Verhalten des versorgers den Tatbestand der Nötigung erfüllt.  8) Ich empfehle das Aufziehen einer Brille.
. . .
Das Urteil hat aber nicht nur den von Ihnen verlinken Begrüdungsteil, sondern auch noch andere Passagen:
. . .
Wer will, kann da gewisse Einschränkungen erkennen, zu denen zumindest noch nicht Stellung genommen wurde. Wenn Sie da schon eine für sich absolute Sichtweise entwickeln, ist das Ihre Sache. Aber diese MUSS nicht denknotwendig auch die eines Gerichtes sein. ICH kenne die Entscheidung eines Gerichts in einem möglichen Verfahren auf Basis eines Sachverhalts, wie hier dargestellt, auf jeden Fall auch noch nicht und kann daher nur alternative Denkmodelle aufzeigen.
Aber aber, @bolli, Sie haben doch dazu Stellung genommen #16. Sollte das keine Verteidigung der Nötigungs-These sein? Dann war das doch sehr missverständlich.

Dass das verlinkte Urteil mehrere Passagen hat ist unbestritten. Wie schon festgestellt, der Sachverhalt und insbesondere die von Ihnen aufgeführten Passagen passen nicht so ganz zu diesem Fall. Hier ist der Vertragspartner ein Vermieter der mehrere Wohnungen vermietet hat. Dieser Vermieter schuldet dem Versorger Geld für geliefertes Gas. Dass der Erfüllungsgehilfe "Hausverwaltung" das Geld offensichtlich anderweitig verwendet hat, tut hier nichts zur Sache. Das ist eine Angelegenheit zwischen Vermieter und Hausverwalter, der Vermieter schuldet dem Versorger das Geld.

Es geht hier offensichtlich nicht mehr um Austausch und Informationen.  Sinn und Zweck der Übung hier ist es ja wohl, sich vor der Zahlung zu drücken. Vielleicht berichtet die Vermieterin ja dann zur gegebenen Zeit zu Ihrer Genugtuung , ob sie mit der Zahlungsverweigerung letztendlich erfolgreich war. Mit Verbraucherinteressen hat das für mich nicht mehr viel zu tun. Damit ist für mich Schluss dieser unsinnigen rechthaberischen Diskussion.

Offline RR-E-ft

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Re: Sperrung Gas bei nicht belastetem Anschluß
« Antwort #22 am: 19. Februar 2014, 15:19:37 »
Mit der Versorgungseinstellung hält der Versorger seine Leistung zurück, wozu er berechtigt ist, wenn der Betroffene entweder schon keinen Leistungsanspruch gegen den Versorger hat oder aber dem Versorger gegenüber einem Leistungsanspruch des Betroffenen ein Zurückbehaltungsrecht zusteht.

Zurückbehaltungsrechte können sich - wie sonst auch - etwa aus §§ 273, 320, 321 BGB ergeben, siehe
http://richter.lohkamp.info/pages/zivilprozessordnung/zpo-allgemein/zurueckbehaltungsrechte.php

Ausnahmsweise könne diese gesetzlichen Zurückbehaltungsrechte ausgeschlossen oder eingeschränkt sein, nämlich wenn deren Ausübung an weitere Voraussetzungen geknüpft wird, wie dies etwa bei § 19 GasGVV der Fall ist.

Hierfür wiederum muss jedoch § 19 GasGVV auf das betroffene Veretragsverhältnis überhaupt Anwendung finden, sei es, weil es sich um ein Grund- oder Ersatzversorgungsverhältnis handelt, sei es, weil eine dem § 19 GasGVV entsprechende Regel zwischen den Parteien vertraglich vereinbart wurde.

Besteht ein Zurückbehaltungsrecht des Versorgers, ist dieser berechtigt, die Leistung zu verweigern.
Gleiches gilt, wenn § 19 GasGVV anwendbar ist und dessen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.

Offline khh

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Re: Sperrung Gas bei NICHT belastetem Anschluß ?
« Antwort #23 am: 19. Februar 2014, 15:37:06 »
Eine typische Juristen-Aussage: Auf eine sehr konkrete Frage eine wenig konkrete, langatmige und für einen Nicht-Juristen kaum nachvollziehbare Antwort. :(
Aussagen zu Rechtsfragen sind als persönliche Einschätzung/Meinung zu verstehen.
Rechtliche Beratung ist allein gesetzlich befugten Personen/Institutionen vorbehalten.

Offline RR-E-ft

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Re: Sperrung Gas bei nicht belastetem Anschluß
« Antwort #24 am: 19. Februar 2014, 17:02:45 »
Soweit ersichtlich, bestehen aus einem früheren Lieferverhältnis fällige Ansprüche des Versorgers, die nicht bedient wurden undzwar aus Gründen, die der Versorger nicht zu vertreten hat.

Deshalb könnte dem Versorger an der von der Sperrandrohung betroffenen Abnahmestelle ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB zustehen.

Ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB könnte jedoch durch § 19 GasGVV ausgeschlossen oder eingeschränkt sein.

Fraglich, ob § 19 GasGVV auf das von der Sperrandrohung betroffene Lieferverhältnis überhaupt Anwendung findet. Das wäre dann der Fall, wenn es sich bei dem von der Sperrandrohung betroffenen Lieferverhältnis um ein Grund- oder Ersatzversorgungsverhältnis handelt.

Eine Grundversorgungspflicht des Versorgers besteht gem. § 36 Abs. 1 EnWG  nur gegenüber Haushaltskunden im Sinne des § 3 Nr. 22 EnWG. Eine Ersatzversorgungspflicht des Versorgers besteht gem. § 38 EnWG nur gegenüber Letztverbrauchern,  längstens für drei Monate.

Handelt es sich bei dem betroffenen Lieferverhältnis deshalb um kein Grund- oder Ersatzversorgungsverhältnis, könnte es sich allenfalls um einen Sondervertrag handeln, für den wiederum § 19 GasGVV jedoch nur dann gilt, wenn eine entsprechende Regelung wirksam in den Sondervertrag einbezogen wurde.

Handelt es sich aus genannten Gründen um keine Grund- oder Ersatzversorgung und wurde auch kein Sondervertrag abgeschlossen, hat der Betroffene wohl schon keinen vertraglichen Lieferanspruch gegen den Versorger.

Besteht jedoch ein Lieferanspruch des Betroffenen  aus einem abgeschlossenen Sondervertrag, so könnte einem solchen Lieferanspruch des Betroffenen  ein Zurückbehaltungsrecht des Versorgers aus § 273 BGB wegen der genannten Gründe entgegenstehen, sofern dieses Zurückbehaltungsrecht des Versorgers nicht durch § 19 GasGVV ausgeschlossen bzw. eingeschränkt wird.

Letzteres kann jedoch nur dann der Fall sein, wenn eine Regelung entsprechend § 19 GasGVV überhaupt wirksam in den Sondervertrag einbezogen wurde, weil sie sonst für Sonderverträge nicht gilt.

Wer an einer juristischen Lösung interessiert ist, der kommt wohl um diese Prüfungspunkte nicht herum.   
 
« Letzte Änderung: 19. Februar 2014, 21:17:07 von RR-E-ft »

Offline berghaus

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Sperrung Gas bei nicht belastetem Anschluß
« Antwort #25 am: 19. Februar 2014, 17:47:43 »

Einfache Frage, hoffe ich:

Angenommen, der Versorger meint, der Kunde ist ab Anfang eine Jahres in der Grundversorgung.
Der Kunde ist aber der Ansicht, dass die Kündigung seines Sondervertrages nicht wirksam war und zahlt weiter die niedrigeren Abschläge seines Sondervertrages. Er wartet darauf, dass der Versorger ihn verklagt, damit geklärt wird, ob die Einstufung in die Grundversorgung rechtens war.

Darf der Versorger nun wegen der auflaufende Rückstände in der (vermeintlichen) Grundversorgung die Sperrung androhen oder gar durchführen?

berghaus 19.02.14

Offline khh

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Re: Sperrung Gas bei nicht belastetem Anschluß
« Antwort #26 am: 19. Februar 2014, 17:54:24 »
Für diesen konkret angefragten "Fall" ist mir die Rechtslage unverändert nicht klar. :-\

Sachverhalt ist:
... Das Gas soll mir bei einem Objekt abgedreht werden, für welches keinerlei Zahlungsrückstände bestehen. Zusammengefasst:
- Objekt 1 hat Zahlungsrückstände bei Energieversorger 1 ist aber mittlerweile bei Energieversorger 2;
- Objekt 2 hat KEINE Zahlungsrückstände und ist noch bei Energieversorger 1;
- Energieversorger 1 will Gas sperren an Objekt 2, wg. Zahlungsrückständen von Objekt 1;
Geht das rechtlich? ...

Im BGB heißt es:
Zitat
§ 273 Zurückbehaltungsrecht
(1) Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht).

Hier handelt es sich aber um zwei unterschiedliche Vertrags-Verhältnisse. Oder ist Rechts- und Vertragsverhältnis nicht gleichzusetzen?


@berghaus,

was hat Ihre Frage mit dem von @claudi77 angefragten und hier diskutierten Sachverhalt gemeinsam ?
« Letzte Änderung: 19. Februar 2014, 18:10:53 von khh »
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Offline Didakt

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Re: Sperrung Gas bei nicht belastetem Anschluß
« Antwort #27 am: 19. Februar 2014, 18:29:58 »
@ RR-E-ft

Zitat von: Ihnen (unter Antwort # 24)
Handelt es sich bei dem betroffenen Lieferverhältnis deshalb um kein Grund- oder Ersatzversorgungsverhältnis, könnte es sich allenfalls um einen Sondervertrag handeln, für den wiederum § 19 GasGVV jedoch nur dann gilt, wenn eine entsprechende Regelung wirksam in den Sondervertrag einbezogen wurde.

In den aktuell gültigen AGB meiner Gas-/Stromlieferverträge sowie auch in den Vorgängerversionen ist zwar § 19 GasGVV nicht explizit einbezogen, jedoch entsprechende Regelungen.

Man kann deshalb wohl annehmen, dass dies gängige Praxis der EVU ist.

Wenn also im vorliegenden Fall der gleiche Sachverhalt vorläge, dürfte die angedrohte Versorgungssperre gegen geltendes Recht verstoßen und nicht durchsetzbar sein, und zwar unabhängig von den hier in Frage stehenden unterschiedlichen Vertragsverhältnissen (ein beendeter und ein aktiver Vertrag).

Offline PLUS

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Re: Sperrung Gas bei nicht belastetem Anschluß
« Antwort #28 am: 19. Februar 2014, 19:41:00 »
@ RR-E-ft
....
Wenn also im vorliegenden Fall der gleiche Sachverhalt vorläge, dürfte die angedrohte Versorgungssperre gegen geltendes Recht verstoßen und nicht durchsetzbar sein, und zwar unabhängig von den hier in Frage stehenden unterschiedlichen Vertragsverhältnissen (ein beendeter und ein aktiver Vertrag).
Schwer nachzuvollziehen, was für ein Verhalten in diesem Verbraucherforum verteidigt wird. Geht es hier noch um Verbraucherinteressen oder mit allen Mitteln gegen Versorger?! Wer soll denn das gelieferte Gas bezahlen? Der Versorger und indirekt dann über die Kalkulation andere Verbraucher? Da verstößt nichts gegen geltendes Recht?

Die Konnexität liegt vor, wenn die Ansprüche auf demselben rechtlichen Verhältnis beruhen. Es ist nicht Voraussetzung, dass sich die Ansprüche aus demselben Schuldverhältnis ergeben.

Offline Energietourist

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Re: Sperrung Gas bei nicht belastetem Anschluß
« Antwort #29 am: 19. Februar 2014, 20:22:04 »
Na die Praxis war doch jahrelang, dass von den EVUs erst Altschulden verrechnet wurden, auf diesen Fall bezogen, würde das EVU die Zahlungen für Objekt 2 mit Altschulden für Objekt 1 verrechnen. Dadurch gerät natürlich Objekt 2 in Zahlungsrückstand und das EVU droht mit  Sperrung. Da kenn ich Versorger, die haben ja sogar Stromabschläge mit Zahlungsrückständen bei Gas (oder andersrum) verrechnet, wenn man Gas und Strom vom gleichen Versorger bezog. Das Thema hatten wir doch vor Jahren schon diskutiert und festgestellt, dass soetwas nicht rechtens ist.

 

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