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Autor Thema: Sperrandrohung der EMB trotz Preiswiderspruch  (Gelesen 11502 mal)

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Offline Emile Bronte

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Sperrandrohung der EMB trotz Preiswiderspruch
« am: 15. Januar 2014, 16:09:27 »
Seit 2005 widerspreche ich regelmäßig den Preisen und Abrechnungen der EMB. Heute erreichte mich ein Mahnschreiben mit Androhung einer Versorgungssperre. Per 1.11. hat mich die EMB in die Ersatzversorgung eingestuft. Auch diesen Preisen habe ich widersprochen und Rechnungsbeträge sowie Abschläge gekürzt sowie sie aufgefordert, die Preiskalkulation offenzulegen. Bis dato haben sie sich geweigert, dies zu tun.

Meine Fragen sind folgende:
1. Spielt die Einstufung in die Grundversorgung eine Rolle auf die Fälligkeit der Forderungen?
2. Ist eine Sperre rechtlich durchsetzbar, auch, wenn ich mich auf den Nachweis der Billigkeit beziehe?
3. Welche Rolle spielt die Verjährung?

Die nächsten Schritte sind mir bekannt, so wie konkrete Sperrankündigung abwarten, Schutzschrift, einstweilige anordnung bei Gericht. Es geht mir darum, ob die Gesamtforderung oder Teile davon fällig gestellt werden können.

Viel erfolg beim Protest

Emile

Offline khh

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Re: Sperrandrohung der EMB trotz Preiswiderspruch
« Antwort #1 am: 15. Januar 2014, 17:25:38 »
Wurde denn der Altvertrag (Grundversorgung oder Sondervertrag?) von der EMB überhaupt
form- und fristgerecht (prüfe Vertragsbedingungen/AGB) zum 31.10.2013 gekündigt?

Zu Ihren Fragen: Berechtigte Forderungen sind fällig nach erstmaliger Inrechnungstellung zu dem vom Gläubiger bestimmten Zeitpunkt, ohne Fristnennung nach 30 Tagen. Die Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre (§ 195 BGB), beginnend mit Ablauf des Kalenderjahres (§ 199 BGB). Erstmalig vor 2011 geltend gemachte Forderungen sind folglich jetzt verjährt (gem. § 214 BGB "Einrede der Verjährung" für Schuldner möglich).

Achtung: Viele Versorger führen für Kunden ein sogen. "Kontokorrent", in dem alte vermeintliche Forderungen immer wieder vorgetragen werden. Außerdem ist gängige Praxis, dass Zahlungen des Kunden mit der jeweils ältesten Forderung verrechnet wurden/werden (vgl. § 366 Abs. 2 BGB). Für ein wirksames Kontokorrent zu einem Energieliefervertrag mangelt es regelmäßig bereits an einer notwendigen Kontokorrentvereinbarung. Vom Kunden zwecksbestimmt geleistete Zahlungen kann der Versorger ohnehin nicht anderweitig verwenden (vgl. 366 Abs. 1 BGB). Ein Preisprotest bewirkt, dass nach erstmaligem Widerspruch selbst nicht zweckbestimmt geleistete Zahlungen vom Versorger NICHT für strittige Forderungen verwendet werden dürfen. 
 
« Letzte Änderung: 15. Januar 2014, 17:44:18 von khh »
Aussagen zu Rechtsfragen sind als persönliche Einschätzung/Meinung zu verstehen.
Rechtliche Beratung ist allein gesetzlich befugten Personen/Institutionen vorbehalten.

Offline EviSell

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Re: Sperrandrohung der EMB trotz Preiswiderspruch
« Antwort #2 am: 15. Januar 2014, 17:32:52 »
@Emile Bronte,

wenn man in der Ersatzversorgung (!Nicht Grundversorgung!) ist, hat man 3 Monate Zeit, sich einen neuen Versorger zu suchen. Das sollten Sie dann auch machen, sonst stehen Sie wohl ab den 1. Februar ohne Gas da.
Die Gassperre erfolgt dann nicht wegen dem Unbilligkeitseinwand, sondern weil für die Zeit nach der Ersatzversorgung kein Lieferant für die Verbrauchsstelle gemeldet ist.

Unabhängig davon, hat EMB nach wievor die Möglichkeit, den einbehaltenden Differenzbetrag einzuklagen. Was davon verjährt ist, welchen Status das Lieferverhältnis (Sondervertrag/Grundversorgung) hat, kann dann sicherlich konkret ein Rechtsanwalt beantworten. Zu der EMB gabs auch schon Urteile.
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Offline khh

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Re: Sperrandrohung der EMB trotz Preiswiderspruch
« Antwort #3 am: 15. Januar 2014, 17:50:37 »
... wenn man in der Ersatzversorgung (!Nicht Grundversorgung!) ist, hat man 3 Monate Zeit, sich einen neuen Versorger zu suchen. ...

In der Ersatzversorgung kann man aber nur sein, wenn der Vorvertrag wirksam gekündigt wurde (per "eingestuft" geht das jedenfalls nicht) ;). Das ist daher m.E. vorab zu klären.
 
Und folgt, wenn kein neuer Versorger beauftragt wird, auf die max. 3-monatige Ersatzversorgung nicht automatisch die (üblicherweise preisgleiche) Grundversorgung? :-\


Nachtrag

@ Emile Bronte,
falls Sie berechtigterweise seit 01.11.2013 in der Ersatzversorgung beliefert werden, dann kann dem neuen Anfangspreis gemäß BGH-Rechtsprechung wohl NICHT wirksam widersprochen werden. Kürzungen dieser Preisforderungen könnten also eine Versorgungssperre rechtfertigen! Wenn Ihre Vertragssituation nicht umgehend geklärt werden kann, dann diesen sicherlich kleinen Teil Ihrer Zahlungskürzung vielleicht besser "unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" überweisen.

Gruß khh
« Letzte Änderung: 15. Januar 2014, 18:33:51 von khh »
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Offline RR-E-ft

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Re: Sperrandrohung der EMB trotz Preiswiderspruch
« Antwort #4 am: 15. Januar 2014, 18:37:59 »
Der zuvor mit EMB bestehende Gasliefervertrag muss wirksam beendet worden sein, was regelmäßig durch eine Kündigung erfolgt.

Voraussetzung einer Ersatzversorgung ist, dass die Belieferung erfolgt, ohne dass ein Gasliefervertrag abgeschlossen wurde, sei es auch nur als konkludenter Vertragsabschluss durch Energieentnahme als Haushaltskunde gem. § 2 Abs. 2 GasGVV.

Zum 01.11.13 darf demnach kein Vertrag mehr bestanden haben und es darf auch kein neuer Grundversorgungsvertrag durch Energieentnahme als Haushaltskunde zustande gekommen sein.

Die Ersatzversorgung kann täglich beendet werden, indem der Kunde einen Gasliefervertrag mit einem Lieferanten abschließt. Eine Kündigungsfrist muss nicht eingehalten werden. Einer angedrohten Versorgungseinstellung lässt sich also jedenfalls dadurch entgehen, dass man mit einem anderen Lieferanten einen möglichst sofort beginnenden Gasliefervertrag für die betroffene Verbrauchsstelle abschließt.

Ob die Androhung der Versorgungseinstellung rechtmäßig ist, hängt gem. § 19 Abs. 2 GasGVV unter anderem davon ab, ob Zahlungsverpflichtungen verletzt wurden.

Eine Unbilligkeitseinrede kann sich nur gegen eine einseitige Preis(neu)festsetzung des Lieferanten richten.

Fraglich ist deshalb, ob der vom Grundversorger für die aktuelle Belieferung beanspruchte Gaspreis von diesem einseitig festgesetzt oder aber vertraglich vereinbart wurde bzw. als vereinbart gilt, wie dies bei dem zu Beginn eines durch Energieentnahme konkludent vereinbarten Gaspreis der Fall sein soll (vgl. BGH, Urt. v. 22.02.12 Az. VIII ZR 34/11 Rn. 38 ff. m.w.N).

Für die Vergangenheit könnte eine Verletzung der Zahlungspflicht dann vorliegen, wenn im vorherigen Vewrtragsverhältnis vereinbarte oder als vereinbart geltende Energiepreis (bzw. auf diesem beruhende Verbrauchsabrechnungen und Abschlagsforderungen) bei Fälligkeit nicht bezahlt wurde.

Siehe auch:

http://forum.energienetz.de/index.php/topic,18685.0.html   
« Letzte Änderung: 15. Januar 2014, 19:05:59 von RR-E-ft »

Offline Emile Bronte

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Re: Sperrandrohung der EMB trotz Preiswiderspruch
« Antwort #5 am: 15. Januar 2014, 20:08:42 »
Tatsächlich hat mich der Versorger den Sondervertrag rechtswirksam gekündigt und mich in die Grundversorgung eingestuft, allerdings ohne mich auf die Möglichkeit der Ersatzversorgung hinzuweisen, um mir die Möglichkeit eines Anbieterwechsels zu gewähren. Dies geschah per 1.11.12. Der Forderung aus der nächsten Verbrauchsabrechnung habe ich gegen die Festsetzung des Preises aus Sondervertrag sowie erstmals aus Grundversorgung widersprochen. Der Forderung aus Sondervertrag habe ich erstmals 2005 widersprochen und die Emb zur Offenlegung ihrer Preiskalkulation aufgefordert. Ein Vertrag wurde meines Wissens nach bei Vertragsbeginn im Jahr 2000 nicht unterzeichnet. AGB wurden uns nicht ausgehändigt. Deshalb bin ich davon ausgegangen, dass der Gaspreis, wie auch bei allen späteren Preiserhöhungen, einseitig festgesetzt wurde.

Ist es nun so, dass allein durch die Gasentnahme ein Vertrag zustande gekommen ist (konkludentes Handeln)? Und bezieht sich das sowohl auf den Sondervertrag als auch auf die Grundversorgung?

Oder anders ausgedrückt: lohnt es sich, gegen die Sperrandrohung Widerspruch einzulegen und ggf. eine einstweilige Anordnung zu erwirken? Wie hoch ist das Risiko, zu unterliegen?

Fragen über Fragen, ich bin stark verunsichert und eigentlich noch nicht viel schlauer  :(

Emile

Offline RR-E-ft

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Re: Sperrandrohung der EMB trotz Preiswiderspruch
« Antwort #6 am: 15. Januar 2014, 21:08:17 »
Wenn der Sondervertrag durch ordentliche Kündigung endete, man zudem selbst Haushaltskunde ist, also die Energie für eigene Zwecke im Haushalt verwendet (§ 3 Nr. 22 EnWG), so konnte nach der Rechtsprechung des BGH allein durch den weiteren Energiebezug konkludent ein neuer Grundversorgungsvertrag begründet werden, dessen Anfangspreis als vereinbart gilt und deshalb selbst keiner Billigkeitskontrolle unterliegen soll und gezahlt werden muss (vgl. BGH, Urt. v. 22.02.12 AZ. VIII ZR 34/11 Rn. 38; Urt. v. 11.12.13 Az. VIII ZR 41/13).

Wurde hiergegen verstoßen, kann eine Verletzung einer Zahlungspflicht im Sinne von § 19 Abs. 2 GasGVV vorliegen, die den Versorger tatsächlich zur Versorgungseinstellung berechtigen kann.

Eine Versorgungseinstellung darf gem. § 19 Abs. 2 GasGVV erst vier Wochen nach Androhung erfolgen.

Auch ein hiervon betroffener Kunde kann den Grundversorgungsvertrag gem. § 20 Abs. 1 GasGVV mit Zweiwochenfrist kündigen, mithin den Lieferanten wechseln, bevor die angedrohte Versorgungseinstellung überhaupt erfolgen darf.   
« Letzte Änderung: 16. Januar 2014, 10:28:34 von RR-E-ft »

Offline khh

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Re: Sperrandrohung der EMB trotz Preiswiderspruch
« Antwort #7 am: 15. Januar 2014, 21:54:55 »
@ Emile Bronte

Für einen erfolgreichen Preisprotest wenig gute Voraussetzungen sind:
- Nicht wissen, ob in 2010 ein Vertrag unterschrieben/abgeschlossen wurde (und falls doch, was für ein Vertrag ggf. abgeschlossen worden ist);
- ebenso nicht wirklich wissen, ob AGB ausgehändigt wurden (und falls doch, ob vor bzw. bei Vertragsabschluss, was für die wirksame Einbeziehung maßgeblich ist – vgl. § 305 BGB);
- und wohl auch nicht wissen, ob der Ursprungsvertrag aus 2000 bis 31.10.2012(?) womöglich verändert wurde, ist eher leichtfertig und nicht ohne Risiko.

Warum meinen Sie, ohne jede Kenntnis der AGB und damit der ggf. einzuhaltenden Kündigungsfrist, dass EMB den Sondervertrag(?) rechtswirksam zum 31.10.2012 gekündigt hat? Schauen Sie doch mal in die Abrechnung für den Verbrauch bis 31.10.2012, wie bis dahin der Tarif benannt war. Vielleicht können Ihnen dann Forums-User aus Ihrer Region hier mit der zuletzt geltenden AGB bzw. Kündigungsfrist aushelfen.

Wenn in 2012 in dem Kündigungsschreiben auf die Grundversorgung ab 01.11.2012 hingewiesen wurde, dann können Sie noch mehr von EMB kaum verlangen. Da Sie selbst davon ausgehen, seit 01.11.2012 rechtswirksam in die Grundversorgung eingestuft worden zu sein (und ohne Prüfung der vorgenannten Punkte gegenteiliges auch nicht belegen können), dürfte zu dem ab 01.11.2012 geforderten Anfangpreis eine Unbilligkeitseinrede nicht möglich sein (siehe Ausführungen vom Experten @ RR-E-ft).

Das würde bedeuten, dass ab dem Zeitpunkt mindestens der vorgenannte Anfangspreis zu zahlen ist. Ihre weiteren Widersprüche können sich dann nur auf eventuell danach erfolgte Preiserhöhungen beziehen. Ab 01.11.2012 dürften Sie Ihre Zahlungen also unberechtigt bzw. deutlich zu viel gekürzt haben. Wenn das über 100 Euro ausmacht, dann ist von einer berechtigten Sperrandrohung und ggf. nachfolgenden Anschlusssperre auszugehen.

Nach meiner Einschätzung bedeutet das: Schnellstens 1. die Vertragssituation klären (s.o.) oder 2. die aus Verbrauchszeiträume ab 01.11.2012 resultierenden Forderungen/Rückstände bezahlen oder,  3. die wohl beste Lösung  -  RR-E-ft zitiert: „... mit einem anderen Lieferanten einen möglichst sofort beginnenden Gasliefervertrag für die betroffene Verbrauchsstelle abschließen“ !

Nachtrag: Bei der Auswahl eines neuen Versorgers die wenig seriös agierenden Billigstanbieter meiden (sind in den Vergleichsportalen fast immer ganz vorne gelistet und hier im Forum vielfach benannt!). Bedenken, dass ein sog. "Paket-Angebot" richtig teuer werden kann, wenn man seinen Jahresverbrauch nicht wirklich kennt und ein eventueller (Lock-)Bonus ausschließlich für das 1. Vertragsjahr gezahlt wird!
Wenn man den jährlichen Wechsel nicht scheut, dann findet man hier www.bezahlbare-energie.de brauchbare Anregungen für die Anbieterwahl und für ein Wechselkonzept :).
« Letzte Änderung: 15. Januar 2014, 22:43:03 von khh »
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Offline Emile Bronte

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Re: Sperrandrohung der EMB trotz Preiswiderspruch
« Antwort #8 am: 16. Januar 2014, 17:01:16 »
Danke an alle. Ich werde versuchen, eine einigung mit der EMB zu erzielen.

Emile

Offline khh

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Re: Sperrandrohung der EMB trotz Preiswiderspruch
« Antwort #9 am: 16. Januar 2014, 18:09:46 »
Vorsicht: Eine solche Gesprächsaufnahme für "Einigungsversuche" könnte sich für SIE negativ auswirken bzgl. Verjährung von Forderungen der EMB !!!

Wechseln Sie doch erst einmal schnellstens den Versorger zwecks Vermeidung einer eventuellen Anschlusssperre und dann können Sie in Ruhe die weitere Entwicklung abwarten !

Ergänzungsiehe PM !
« Letzte Änderung: 16. Januar 2014, 19:25:24 von khh »
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