Energiepreis-Protest > Grundsatzfragen
Rückforderung überzahlter Gaspreise gestaltet sich zäh
khh:
--- Zitat von: Didakt am 19. November 2014, 15:33:09 ---
--- Zitat von: Energietourist am 19. November 2014, 14:06:39 ---... Können diese Leute auch noch was tun, oder haben sie einfach Pech gehabt?
--- Ende Zitat ---
Sie haben einfach Pech gehabt! >:( ... Prozessuale Wirkung gerichtlicher Entscheidungen ...
--- Ende Zitat ---
Ob noch etwas möglich ist, sollte ein Anwalt beantworten können - siehe Link "Rechtskraft":
--- Zitat ---Bei einer Teilklage wird nur der abgeurteilte Teil von der Rechtskraft erfasst, wenn der Anspruch teilbar ist (z.B. Zahlungsklage) ...
--- Ende Zitat ---
uwes:
--- Zitat von: Didakt am 19. November 2014, 15:33:09 ---Sie haben einfach Pech gehabt! >:( Das lag aber nicht nur an der damaligen Gesetzes-/Rechtslage, sondern auch an inkompetenten Richtern, die wenig Ahnung vom Energierecht hatten!
--- Ende Zitat ---
Kein Richter - insbesondere im Amtsgericht - hat das für diese Art von Rechtsstreitgkeiten eforderliche Spezialwissen. Es ist die Aufgabe des Rechtsanwalts des Kunden, dem Gericht die wesentlichen rechtlichen Gegebenheiten vorab mitzuteilen.
In vielen Fällen ist das nicht erfolgt, zumal ich selbst eingestehen muss, dass die Rechtsprechung gerade in diesem Sektor nun wirklich nicht vorhergesehen werden konnte. Ich selbst habe noch bis in das Jahr 2006 die Auffassung vertreten, dass ein Kunde den Preisänderungen gem. § 315 BGB nicht widersprechen muss, weil schließlich Schweigen des Verbrauchers keinerlei Erklärungswert hatte. Der VIII. Zivilsenat hat mich eines besseren belehrt und jetzt nach der Entscheidung des EuGH ist alles doch wohl wieder nicht mehr notwendig.
Wer hatte geahnt, dass sich der BGH bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Folgen unwirksamer Preisänderungsklauseln in Sonderverträgen auf die - nunmehr hinlänglich bekannte - Fristenlösung festlegen würde, die jetzt - nach den Entscheidungen des EuGH auch keinen Bestand mehr haben dürften.
Zu erahnen war lediglich die Konsequenz der 10- jährigen Verjährungszeit - ab 2011 - aus der Auseinandersetzung der Bankkunden mit den Bearbeitungsentgelten für Verbraucherkredite. Das ist aber nicht der VIII. sondern der XI. Zivilsenat gewesen.
Nun habe ich den VIII. Zivilsenat in meinem obigen Beitrag nicht despektierlich sondern wegen des Einfallsreichtums den Zivil(rechtserfindungs-)senat genannt. Ich denke, dass angesichts der Rechtsprechung in den letzten 10 Jahren im Energielieferungsrecht diese Benennung nicht ganz ab von der - rechtlichen - Realität liegt.
uwes:
Liegt ein rechtskräftiges Urteil vor, so ist die Wiederaufnahme des Verfahrens unter "Durchbrechung des Rechtskraftprinzips" nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich (http://www.rechtslexikon-online.de/Wiederaufnahme_des_Verfahrens.html), die hier aber alle nicht vorliegen. Nur weil ein Gericht zu einer anderen Auslegung eines Rechtssatzes gelangt, können nicht alle Verfahren, die auf der andersartigen Auslegung beruhen, wieder aufgenommen werden.
Didakt:
--- Zitat von: uwes am 19. November 2014, 19:00:21 ---Nun habe ich den VIII. Zivilsenat in meinem obigen Beitrag nicht despektierlich sondern wegen des Einfallsreichtums den Zivil(rechtserfindungs-)senat genannt. Ich denke, dass angesichts der Rechtsprechung in den letzten 10 Jahren im Energielieferungsrecht diese Benennung nicht ganz ab von der - rechtlichen - Realität liegt.
--- Ende Zitat ---
Sie haben den VIII. zu Recht als solchen bezeichnet. Als Alternative böte sich auch noch "Formulierungserfindungsakrobatiksenat" an. ;) Auch für einen Laien sagenhaft, was diese höchsten Rechtsexperten - insbesondere einer aus dem Team - sich um den heißen Brei gedreht haben. Und jetzt liegt einen Scherbenhaufen vor Ihnen, und sie haben sicher ein gewaltiges Problem damit, diesen zu entsorgen.
--- Zitat von: uwes am 19. November 2014, 19:32:13 ---...Liegt ein rechtskräftiges Urteil vor, so ist die Wiederaufnahme des Verfahrens unter "Durchbrechung des Rechtskraftprinzips" nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich..., die hier aber alle nicht vorliegen. Nur weil ein Gericht zu einer anderen Auslegung eines Rechtssatzes gelangt, können nicht alle Verfahren, die auf der andersartigen Auslegung beruhen, wieder aufgenommen werden.
--- Ende Zitat ---
Gut, das Sie es nochmal herausgestellt haben. Auch das gehört wohl zum juristischen Grundwissen. Deshalb muss man auch - ohne sich noch in Haarspalterei zu ergießen - die hier besagten Rechtsstreitigkeiten, die in der Vergangenheit ausgeurteilt wurden und deren Urteile Rechtskraft erlangt haben, ein für allemal als gegeben hinnehmen und darüber kein Wort mehr verlieren.
tangocharly:
@ uwes
Wollte der 8.ZS jetzt wieder mit seiner Sockeltheorie daher kommen, dann läuft er national Gefahr den Rechtsfrieden zu zerstören. Denn spätestens jetzt, nach dem Urteil des Gerichtshofs, ist dem Publikum endgültig klar geworden, was man von der Preispolitik der Versorger zu halten hat. Mit seiner Theorie würde der 8.ZS. diejenigen Bürger erst recht der Dummheit strafen, die sich vor seiner RSpr. verbeugten und sich aus Gründen fehlender Zivilcourage, Angst vor Prozesskosten und -risiken, zur schlichten Zahlung entschlossen. Nicht umsonst wurden Widerspruchskunden ständig als "Rebellen" und in den Prozessen als "Schmarotzer" diffamiert. Es ist nicht jedermanns Sache, so wie dies der 8.ZS. wünschte, in regelmäßigen Abständen Widersprüche gegen die Jahresschlussrechnungen der Versorger abzusondern und im Kürzungsfalle von der Versorgungswirtschaft mit Versorgungssperrandrohungen eingedeckt zu werden.
Die Kraft des Faktischen wurde zur Kraft des Systems.
Dieses System ist jetzt, dank des Gerichshof gestorben. Ein wirksames Preisänderungsrecht besteht nicht. Katharsis ist nicht angesagt - darin muß man dem Votum Markerts beipflichten.
Wenn Sie sich die Entscheidungen des XI. ZS. v. 28.10.14 ansehen, dann werden Sie nachvollziehen können, dass ein (bislang) ähnlicher stoischer Zivilsenat kein Problem gesehen hatte, Bankentgelte von bis 2% der Kreditsumme als wirksam gefordertes Nebenentgelt anzusehen. Wie in den genannten Entscheidungen weiter nachgelesen werden kann, hatte sich bis in das Jahr 2011 eine breite Phalanx an streitbaren Oberlandesgerichten gegen diesen XI. ZS. gestellt, die selbige Bankklauseln in der Klauselkontrolle (§ 307 BGB) durchfallen haben lassen. Es bedurfte erst eines beachtlichen Aufsatzes des Senatsvorsitzenden Nobbe, der dann in den folgenden Entscheidungen verarbeitet und in die RSpr. des XI. ZS. eingearbeitet werden konnte. Deshalb hat sich der XI. ZS. in der "Kenntnis"-Verjährung ja auch auf den Beginn mit Ende 2011 eingeschossen.
So liegt der Fall ja auch hier. Der 8. ZS. hatte noch im Jahr 2011, als er begann die ersten Entscheidungen auszusetzen und dem Gerichtshof vorzulegen, die Meinung vertreten, dass die Preisanpassungen nach § 4 AVB oder § 5 GVV wirksam seien. Bis dahin hat seine RSpr. ein unüberschaubares Sammelsurium an Entscheidungen von Untergerichten bis hin zu Oberlandesgerichten eingestellt, welche dem 8. ZS. mehr oder weniger bedenkenlos gefolgt sind. Genauso konturlos, wie die zitierten Bestimmungen, waren hierbei die gefundenen Entscheidungsbegründungen. Wer wollte es angesichts dieses Wirrwars wem verdenken, wenn sich in der breiten Masse die Stimmung eingestellt hatte ("stell dir vor es ist Krieg, und keiner geht hin").
Ein weiser Spruch lautet: "Ein Gesetz ist ein Netz. Ein Netz mit Maschen, mal engen und mal weiten. In den engen bleiben die Dummen hängen; durch die weiten schlüpfen die Gescheiten".
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