Energiepolitik > Erneuerbare Energie
Ökonomische Aspekte eines neuen Stromsystemdesigns, neues Strommarktdesign
superhaase:
--- Zitat von: Black am 24. Juli 2013, 15:15:51 ---Eine Kapazitätsvergütung bzw. Kapazitätsumlage wäre schon bizarr denn:
Man führt eine EEG Förderung ein, die den Anteil konventioneller Energie zurückdrängt und weiter zurückdrängen soll (bis auf 20 % lt. EEG). Die Kosten hierfür trägt der Stromkunde.
Mit wachsendem EEG Anteil wird plötzlich die "gesicherte Kapazität" die früher selbstverständlich war zu einem relevanten geldwerten Faktor. Plötzlich soll für etwas, dass früher selbstverständlich war gesondert Geld gezahlt werden.
--- Ende Zitat ---
Ich erachte das nicht als bizarr, sondern als eine logische Entwicklung.
--- Zitat ---Der Verbraucher zahlt also eine EEG Umlage, die EEG Strom fördert und dann zusätzlich noch eine Kapazitätsumlage, weil durch die EEG Förderung die Kapazität plötzlich nicht mehr gesichert sein soll. Der Verbraucher subventioniert also gleichzeitig die erneuerbaren Energien und die konventionellen Energien über eine eigene Umlage. Beide Abgaben schaukeln sich dabei auch noch hoch.
--- Ende Zitat ---
Ein gegenseitiges Hochschaukeln erschließt sich mir nicht.
Und was heißt hier "Subventionieren der konv. Energien"?
Es wird für eine Dienstleistung, nämlich die Bereitstellung einer abrufbaren Kraftwerksleistung, ein Preis geboten.
Das gibt es auch schon heute auf dem Regelenergiemarkt, den der Verbraucher über die Netzentgelte vergütet.
Dies wird marktwirtschaftlich über Auktionen geregelt. Der günstigste kommt zu Zug.
Wo kann man da eine Subvention sehen?
Das alles ist also gar nicht so abstrus, wie es manchem auf den ersten Blick erscheinen mag.
Das ganze muss auch nicht unbedingt zu insgesamt höheren Kosten für den Verbraucher führen, wenn man es richtig anpackt und - wie von egn schon angesprochen - gleichzeitig das Merit-Order-Prinzip mit Einheitspreis an der Strombörse abschafft und so die Strommengen insgesamt billiger macht, während man für die früher über die Windfall-Profite der Merit-Order-Preisbildung finanzierte Bereitstellung der Kraftwerkskapazitäten nun halt getrennt (in Auktionen ermittelte) Preise zahlen muss.
Es sollten natürlich die zum Zuge kommenden Kraftwerke auch nur die Kapazitätsprämie erhalten, die sie geboten haben. Auch hier bitte kein Merit-Order-Einheitspreis mit erheblichen Windfall-Profiten. Ferner sollten mehrere Auktionen getrennt nach Flexibilität der Kraftwerksleistung durchgeführt werden, so dass Gaskraftwerke nicht mit Braunkohlekraftwerken konkurrieren müssen. Schließlich gibt es auch unterschiedliche Flexibilitätsanforderungen an die Reservekapazitäten.
Wenn man bedenkt, dass sich an solchen Auktionen auch alle bestehenden Kraftwerke beteiligen können, die bereits abgeschrieben sind und somit nur noch relativ geringe Fixkosten und keine großen Investitionskosten mehr decken müssen, dann können solche Kapazitätsprämien relativ preiswert sein.
Das könnte durch Abschaffung der Windfall-Profite der Merit-Order-Preisbildung bei der Strommengenbörse mehr als kompensiert werden, denke ich (dabei gehe ich davon aus, dass die derzeitige Praxis des schwankenden Braunkohlestromexports zur Abbildung der Residuallastkurve nicht dauerhaft bestand haben kann, sondern in Zukunft sowieso auch wieder höhere Börsenstrompreise nach Merit-Order entstehen würden).
Es würden dann hauptsächlich die bereits bestehenden Kraftwerke einfach noch solange vorgehalten, wie es nötig ist, wobei sie dabei mit fortschreitender Zeit immer seltener zu Einsatz kommen und immer weniger Kohle oder Gas verbrennen müssen. Das würde auch mit den Zielen der Energiewende gut zusammenpassen.
Kraftwerksneubauten wären wohl kaum nötig.
Es ist m.E. sowieso fraglich, ob man alte und ineffiziente fossile Kraftwerke wegen des Umweltschutzes unbedingt durch neue Kraftwerke ersetzen muss, wenn deren Einsatzzeiten sowieso mehr und mehr zurückgehen werden und diese alten Kraftwerke diese Reservekraftwerks-Dienstleistung technisch noch gut erfüllen können. Neue Kraftwerke erfordern hingegen erhebliche Investitionskosten, die möglicherweise gar nicht mehr eingespielt werden können, wenn man diese nicht gleich auf die Kapazitätsprämie umlegt.
Eine Kapazitätsauktion hätte den Vorteil, dass die alten Kraftwerke eben ihre Kapazität kostengünstiger anbieten könnten.
Dies gilt für Braunkohlekraferke ebenso wie für Steinkohle- und Gaskraftwerke.
Volkswirtschaftlich kommt dies wohl insgesamt erheblich günstiger.
Stromfraß:
Also, superhaase, wenn ich das so lese, so kann das alles so sein, muss es aber nicht.
Für eine tatsächlich seriöse Beurteilung ist es mit vagen Behauptungen und Mutmaßungen nicht getan. Da müssten schon belastbare Zahlen her. Es macht ja keinen Sinn, ein offensichtlich nicht mehr für die Zukunft taugliches System einfach abzulösen und nach einer gewissen Zeit stellt man fest: oje, das ist es auch nicht. Wenn ich als Verbraucher zur Kasse gebeten werde, ist es mir letztlich egal, ob sich das EEG-Umlage, Netzentgelt oder anders nennt. Ich will wissen, was ich mit meinem Geld finanziere und ob ich das richtig finde. Wenn dem nicht so ist, dann ist was nicht in Ordnung.
Wenn ich die Energiewende will, weil ich sie richtig finde, bin ich auch bereit, dafür meinen Obulus zu zahlen. Allerdings nicht in beliebiger Höhe. Da hat jeder seine Schmerzgrenze und bei manchen ist sie bereits überschritten.
superhaase:
--- Zitat von: Stromfraß am 24. Juli 2013, 16:53:21 ---Also, superhaase, wenn ich das so lese, so kann das alles so sein, muss es aber nicht.
Für eine tatsächlich seriöse Beurteilung ist es mit vagen Behauptungen und Mutmaßungen nicht getan. Da müssten schon belastbare Zahlen her.
--- Ende Zitat ---
Ja, sicher.
Das wäre Aufgabe der Bundesregierung.
Black:
--- Zitat von: superhaase am 24. Juli 2013, 16:31:53 ---Und was heißt hier "Subventionieren der konv. Energien"?
Es wird für eine Dienstleistung, nämlich die Bereitstellung einer abrufbaren Kraftwerksleistung, ein Preis geboten.
--- Ende Zitat ---
Eine Dienstleistung, die früher kostenlos bereits im Produkt inbegriffen war. Sie zahlen also künftig eine Summe X für den bezogenen Strom + einem Aufschlag für die "besondere Dienstleistung", dass dieser Strom "gesichert bereitsgestellt" wurde.
Abrufbare Kraftwerksleistung haben derzeit nur Biomasseanlagen (wo beim Zuwachs bereits das Ende der Fahnenstange erreicht scheint) und eben die konventionellen Kraftwerke. Diese können nun eine besondere Vergütung für die "Bereitstellung" verlangen.
--- Zitat von: superhaase am 24. Juli 2013, 16:31:53 ---Ein gegenseitiges Hochschaukeln erschließt sich mir nicht.
--- Ende Zitat ---
Das geht so: Der Anteil an EEG Strom am Strommix nimmt zu. Dies führt zu einer Verteuerung des Endkundenpreises (steigende EEG Umlage). Der höhere EEG Anteil führt zu einer Verringerung an Strom aus Erzeugung mit gesicherter Kapazität. Da gesicherte Kapazität abnimmt, aber einen Marktwert besitzt steigt der Wert und damit die Kapazitätsvergütung an. Diese wird umgelegt über eine Kapazitätsumlage, die den Strompreis noch einmal verteuert.
superhaase:
--- Zitat von: Black am 25. Juli 2013, 11:30:08 ---Eine Dienstleistung, die früher kostenlos bereits im Produkt inbegriffen war.
--- Ende Zitat ---
Inbegriffen aufgrund der überhöhten Windfall-Profite die sich bei der Merit-Order-Einheitspreisbildung ergeben.
Wie aber egn schon so schön treffend festgestellt hat, hat spätestens bei Einführung eines Kapazitätsmarktes das Merit-Order-Modell jegliche Berechtigung verloren, sofern sie diese je gehabt hat - was ich bestreite.
--- Zitat ---Sie zahlen also künftig eine Summe X für den bezogenen Strom + einem Aufschlag für die "besondere Dienstleistung", dass dieser Strom "gesichert bereitsgestellt" wurde.
--- Ende Zitat ---
Wenn der Merit-order-Einheitspreis mit seinen Windfall-Profiten abgeschafft würde, würden die Strombezugspreise als Durchschnittspreise der angebotenen Stromerzeuger (jeweils etwas über deren Grenzkosten) insgesamt wohl deutlich billiger im Vergleich zu früher (die jetzige Situation mit dem schwankenden Braunkohlestromexport zur Abbildung der Residuallastkurve kann nicht bestand haben - die Börsenstrompreise werden wieder steigen und mit ihnen die Windfall-Profite).
Ich denke, es könnte sich insgesamt sogar eine Verbilligung ergeben.
--- Zitat ---Das geht so: Der Anteil an EEG Strom am Strommix nimmt zu. Dies führt zu einer Verteuerung des Endkundenpreises (steigende EEG Umlage). Der höhere EEG Anteil führt zu einer Verringerung an Strom aus Erzeugung mit gesicherter Kapazität. Da gesicherte Kapazität abnimmt, aber einen Marktwert besitzt steigt der Wert und damit die Kapazitätsvergütung an. Diese wird umgelegt über eine Kapazitätsumlage, die den Strompreis noch einmal verteuert.
--- Ende Zitat ---
Das sind ganz einfach zwei parallele Effekte der Preissteigerung. Ein gegenseitiges Hochschaukeln, also eine positive Rückkopplung, wie ein Elektrotechniker wie ich sagen würde ;), ist das nicht.
Ein Hochschaukeln wäre erst dann gegeben, wenn die erhobene Kapazitätsumlage ihrerseits wieder eine Steigerung der EEG-Umlage zur Folge hätte, und dann die gestiegene EEG-Umlage ihrerseits wieder eine steigende Kapazitätsumlage erzwingen würde.
Beides ist aber nicht ersichtlich.
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
[*] Vorherige Sete
Zur normalen Ansicht wechseln