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Ölpreise wieder rückläufig

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wulfus:
Siehe verivox.de!

Bin gespannt, wie die Großversorger bzw. Ölpreisbindungsverfechter demnächst ihre Gaspreiserhöhungen begründen werden.

wulfus

Hennessy:
Die Begründung für Arbeitspreiserhöhungen/-senkungen ist auf Grund der vieldiskutierten Ölpreisbindung immer dieselbe: Preisänderungen für HEL (Leichtes Heizöl).

Die Heizölnotierungen für die Gasbezugskosten hängen den aktuellen Werten immer 3 bis 6 Monate hinterher. Die Zusammenhänge sind auf dieser Homepage an vielen Stellen dargestellt. Auf Grund der Preisbildung können die anstehenden Preiserhöhungen zum 1.
Januar und voraussichtlicher weiterer Preisänderungen nur mit den Heizölnotierungen der vergangenen Monate erklärt und begründet werden.

Wenn RR-E-ft mit seinen Behauptungen Recht hat, dass diese Preisbindungen auf der Bezugsseite rechtswidrig sind, wird es nicht zu den angekündigten Preiserhöhungen kommen. Wenn doch, muss man einige Behauptungen in diesem Forum nochmals in Frage stellen.

Ich weiss, dass das was ich gerade geschrieben habe, hier keiner hören und akzeptieren will - es trifft nicht die Erwartungshaltung von Energiekunden, aber es ist die immer noch gültige Preisbildungssystematik!

RR-E-ft:
@Hennessy

Es ist bekanntlich an den Gasversorgern selbst, sich auf die Europarechts- und Kartellrechtswidrigkeit der bestehenden, herrschenden Preisbildungsmechanismen zu berufen undzwar mit Rückendeckung des Bundeskartellamtes und der EU- Kommission, vgl. hierzu nur die letzten Stellungnahmen der EU.

Entsprechendes ist bisher jedoch noch nicht bekannt geworden.

Das kann niemand sonst für Sie leisten. Warum das viel zitierte Urteil des OLG Rostock auf falschen Tatsachen gründet, können Sie im Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamtes nachlesen (Vorlieferanten gewähren Nachlass zum Ausgleich des Doppelbesteuerungseffekts, Ölpreisbindung nicht mehr zeitgemäß etc. pp.).

Auch die entsprechenden Dissertationen zum Thema sind Ihnen aus den Beiträgen bekannt. Die Stellungnahmen der Monopolkommission, insbesondere von Basedow zu der Problematik sind ebenso veröffentlicht.

Nach alldem ist es an Ihnen, die Nagelprobe zu machen.
Wir wissen, dass Sie sich dadurch in der Branche wohl keine Freunde machen können und dass ausgesprochen viel Mut dazu gehört.

Insoweit geben Sie die Erwartungshaltung der Energieverbraucher- auch Ihnen gegenüber - zutreffend wieder. Es möchte sich kaum jemand mit dem vorhandenen System abfinden.


Wenn man sich jedoch nicht selbst entsprechend zur Wehr setzt und eine gerichtliche Klärung über diese Fragen sucht, kann man nicht andererseits behaupten, der bisherige Preisbildungsmechanismus sei weiterhin zulässig.

Sollten Sie sich entsprechend entschließen, aktiv zur Klärung der Rechtsfragen beizutragen, stehe ich Ihnen auch gern unterstützend zur Verfügung.

Ich habe- wie viele andere - eine fundierte Rechtsmeinung gewonnen.

Nur ist es in unserem Rechtssystem nun einmal nicht möglich, als Außenstehender auf die Feststellung der Unwirksamkeit entsprechender Vertragswerke zu klagen. Der Streit kann deshalb nur innerhalb der Branche selbst ausgefochten werden.

Richtig ist, dass im bisherigen System, welches ich für unzulässig halte,  nach verschiedenen Maßstäben (relevante Monate 3/6/3 oder anders, Bindungsgrad....) auf die zurückliegenden HEL- Notierungen Bezug genommen wird, sich deshalb aktuell fallende Notierungen erst später auswirken können.

Nach Auffassung des Bundeskartellamtes funktioniert die Preisbindung bei steiegenden HEL- Notierungen besser als bei sinkenden.

Wenn man sich jedoch sklavisch an diese bestehenden Verträge hält, dann sind weiter steigende Erdgasbezugspreise bereits seit längerem auch nach dem Ausmaß aufgrund der Umsetzung der Klauseln und der bekannten HEL- Notierungen der vergangnen Monate für jeden einzelnen Gasversorger so sicher wie das Amen in der Kirche und damit längst bekannt.

Jeder Gasversorger könnte die Preiserhöhungen in Umsetzung solcher Klauseln bereits klar benennen. Es sei denn, in den Verträgen gäbe es ein Ermessen, welches jedoch in den Grenzen des § 315 BGB auszuüben wäre.....

Im Gegensatz dazu tun aber viele Gasversorger so, als müssten sie noch rechnen oder eine Entscheidung darüber, ob überhaupt erhöht wird, sei noch nicht gefallen, vgl. RWE:

http://www.welt.de/data/2005/11/17/804735.html

Die Stellungnahme von RWE zu weiteren Gaspreiserhöhungen suggeriert, dass es bei den Produzenten Spielräume gäbe, die ausgeschöpft werden könnten. Tatsächlich soll es in den langfristigen Verträgen mit den Produzenten jedoch gar keinen Spielraum geben. Gerade mit einer entsprechenden Zwangsläufigkeit wurden die zurückliegenden Preiserhöhungen zu rechtfertigen gesucht.

Was gilt denn nun?

Dieses Phänomen ließe sich ja dann wohl auch nicht erklären.

Wenn ich mit meinen Rechtsauffassungen vollständig neben der Sache liegen sollte, wie Sie es ggf. zu suggerieren suchen, dann wäre die bekanntlich jetzt eingetretene Situation gar nicht erst entstanden, die Gasversorger hätten ganz schnell eine gerichtliche Klärung gesucht.

Immerhin schwante dem Vorstandsvorsitzenden der E.ON Ruhrgas wohl schon in einem SPIEGEL- Interview  vor über einem Jahr (SPIEGEL vom 06.09.2004, S. 26) eine Klagewelle bisher nicht gekannten Ausmaßes.

Allein der Umstand, dass sie dies nicht getan haben und erst Verbraucher mit Sammelklagen die Gerichte anrufen mussten und weiter müssen, spricht wohl für sich.

Im Übrigen sollten wir unsere Blicke weiter nach Heilbronn und Hamburg richten. Vielleicht finden sich auch unbefangene Richter am Landgericht Bremen, die sich dem aktuellen Streit über die Gaspreiserhöhungen annehmen können.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/wirtschaft/500968.html
http://www.verivox.de/News/ArticleDetails.asp?aid=12125
http://www.verivox.de/News/ArticleDetails.asp?aid=12116

Wir wollen nicht einseitg sein:

Deshalb vielen Dank dafür, dass auch Sie Ihre Kunden sicher mit Energie versorgen. Ob dies auch preisgünstig erfolgt, bedarf ggf. einer Klärung.

Auch Stadtwerke dürfen sich nicht darauf beschränken, zu monieren, dass sie einem Kartell ausgeliefert sind, sie müssen sich vielmehr im eigenen Interesse und im Interesse der Kunden mit allen zu Gebote stehenden Mitteln dagegen zur Wehr setzen:

Stadtwerke Ingolstadt: Wir sind einem Kartell ausgeliefert




Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Hennessy:
@ RR-E-ft

Ich darf Sie zitieren aus Absolute Entwicklung der Erdgasimportpreise !!!

--- Zitat ---Das hohe Preisniveau hängt demnach nicht nur von einer Preisbindung ab, die durchaus sehr differenziert betrachtet und eingeschätzt wird.
--- Ende Zitat ---

Trotz dieser  eigenen Aussage, fallen Sie immer wieder in die alte Argumentation zurück. Auch wenn es nicht schmeckt: alleine auf Basis der jetzigen Entwicklung abzuleiten, dass die über mehrere Jahrzehnte akzeptierte Preisbildung rechtswidrig ist, kann weder richtig noch in Übereinstimmung mit geltendem Recht sein. Herr Böge hätte alle Instrumente in der Hand eine solche Preisbildung zu untersagen, wenn sie rechts-/kartellrechtswidrig wäre - und wie ich ihn kenne, hätte er dies auch getan! Hat er es? Nein! Warum nicht?

Hier muss man fein unterscheiden zwischen Kritik, Unmut über steigende Energiepreise und geltendem Recht - da bedürfte es keiner Klage eines Dritten, um Änderungen zu erzielen.

RR-E-ft:
@Hennessy


Ich differenziere sehr wohl.

Es wurde bereits herausgestellt, dass Ölpreisbindung nicht gleich Ölpreisbindung ist (Preisuntergrenze, Preisobergrenze, Bindungsgrad, EAP, AP 2 ....).

Das Bundeskartellamt hat sich noch nicht abschließend festgelegt, gegen die Ölpreisbindung als solche einzuschreiten, prüft dies jedoch nach eigenem Bekunden derzeit.

Mit Verbotsverfügungen einschreiten will das Bundeskartellamt gegen die langfristigen Lieferverträge, eben weil diese europarechts- und kartellrechtswidrig sind und nicht etwa weil Herr Dr. Böge persönlich mit einzelnen Unternehmen \"offene Rechnungen zu begleichen\" hat.

Das Bundeskartellamt erhält dabei Unterstützung von der EU, der Regierung und aller im Bundestag vertrenen Parteien.

(Die Voten der UNO und des Papstes wurden wohl nicht eingeholt).

Wenn diese Langfristverträge verboten und nichtig sind, kommt es auch gar nicht darauf an, was nun gerade Inhalt dieser Verträge ist.

Denn diese Verträge sind ja dann per se nichtig undzwar nicht erst für die Zukunft. Nach dem Urteil des OLG Düsseldorf in Sachen Thyssengas/ STAWAG sind diese Verträge bereits seit April 1998 nichtig.

Auf diese Rechtsprechung und geltendes Recht  und nicht etwa auf einen Unmut gegen steigende Energiepreise stützt sich das Bundeskartellamt.

Dies soll nach Aussagen des Bundeskartellamtes bisher 75 Prozent der bestehenden Bezugsverträge betreffen.

Und nun stellt sich die berechtigte Frage, wie man auf nichtige Bezugsverträge überhaupt Preiserhöhungen stützen wollte.

Es handelt sich um das selbe Problem wie bei der Unwirksamkeit vertraglicher Preisanpassungsklauseln:

Auf die Unbilligkeit kommt es dann gar nicht erst an.

Wenn die Bezugsverträge allein wegen der Deckungsverpflichtungen und der langen Laufzeiten europarechts- und  kartellrechtswidrig und deshalb verboten und nichtig sind, können wir die Frage der Ölpreisbindung als solche getrost ausklammern.

Die Preiserhöhungen in den Bezugsverträgen haben dann schlicht keine rechtliche Legitimation.

Und wir wissen doch alle:

Das Bundeskartellemt arbeitet mit Hochdruck an den ersten Verbotsverfügungen, die von den entsprechenden Unternehmen auch schon erwartet werden. Alle wissen, dass es vor Gericht zu einem Showdown kommen wird und deshalb duie Verfügungen besonders gründlich erarbeitet werden müssen.

Deshalb hat das Bundeskartellamt bisher noch nicht. Zuvor herrschte ja noch allzu lange über Jahre hinweg Diplomatie, als wenn sich jemand freiwillig von seinen Pfründen trennen würde.

Erst war von einem Gegenhalten die Rede, dann von \"freiwilligen Selbstverpflichtungen\", ohne dass die akut bestehenden Probleme gelöst wurden.

Die EU- Kommission hat herausgesetellt, dass das hohe Energiepreisniveau und die laufenden Preiserhöhungen nicht (allein) auf eine steigende Energienachfrage etc. gründen, sondern auf übersteigerter Marktmacht weniger Anbieter.

Auch wenn konkrete namen bisher noch nicht genannt wurden, weiß doch ein jeder, wer in Deutschland damit gemeint sein wird.

Sicher nicht die Stadtwerke XY, mögen diese auch vor Ort in einigen Bereichen eine Monopolstellung haben und sich selbst eine Monopolrendite genehmigen.



Freundliche Grüße
aus Jena



Thomas Fricke
Rechtsanwalt

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