Noch etwas zum Thema "mündiger Bürger":
Letztens lief auf ZDF in der Reihe "ZDF zoom" eine Reportage über "geprellte Postbank-Kunden". Es ging um das Gebahren im Postbank-Finanzberaternetz - diese Leute sind auf Provisionsbasis tätig. Darum, wie das Vertrauen der Menschen in die "Institution" Postbank als Ex-"Behörde" ausgenutzt wurde.
Berichtet wurde u.a. von dem Fall eines älteren Herrn, der von einem attraktiven Tagesgeld-Sonderangebot bei der Postbank Gebrauch machen wollte, um das Ersparte für seinen restlichen Lebensabend sicher aber zinsbringend anzulegen.
Stattdessen hat er sich überreden lassen, sein Geld in Schifffonds der höchsten Risikokategorie (!) anzulegen. Das Geld war später so gut wie weg und die Postbank wusch sich wohl von jeder Schuld rein.
Unlauter verhalten hat sich die Bank bzw. deren Außendienst ohne Zweifel, denn sie hat einem Kunden ein riskantes Finanzprodukt vermittelt im Bewusstsein, daß dieses Produkt für die Bedürfnisse des Kunden völlig ungeeignet ist. Hier spielen dann im Nachgang natürlich auch Beraterhaftpflicht und mögliche Regreßansprüche eine Rolle (natürlich waren die Papiere so ausgefertigt, daß der Kunde im Kleingedruckten unterschrieben hatte, gegen ausdrückliche Empfehlung das Finanzprodukt explizit zu wünschen..).
Aber:
Wie kann es denn sein, daß ich mit der Intention, ein Tagesgeldkonto zu eröffnen einen Finanzberater aufsuche und diesen letztlich mit Kaufpapieren für riskante Schifffonds verlasse - alle mutmaßliche Fehlberatung mal dahingestellt?
Alter? Unwissenheit? Treugläubigkeit? Ich weiß ja nicht..
Zu wissen, was man unterschreibt und was nicht, ist eine gewisse elementare Lebensfähigkeit, genau wie sich so auf der Straße zu bewegen, daß man möglichst nicht bestohlen oder überfallen wird. Oder im Supermarkt verdorbenes Obst und Gemüse zu erkennen.
Genausowenig glaube ich, daß ein Kunde, der einen einfachen, soliden, am besten schon seit > 75 Jahren bestehenden, möglichst günstigen Stromversorger sucht, einen komplexen Vertrag bei Care Energy unterschreiben wird.
Und tut er es doch, obwohl dieser Vertrag überhaupt nicht seinen Bedürfnissen entspricht, dann unterschreibt dieser jemand bestimmt auch Zeitungsabos und Handyverträge mit 30€ Grundgebühr und 50 Freiminuten an der Tür..
Da ist m.M.n. dann den Leuten auch wenig zu helfen, es sei denn, wir reden hier wirklich von Geschäftsunfähigkeit, dann sind die Verträge sowieso nichtig.
Wiederum mag es andererseits Leute geben, die bewusst ein solches Produkt wie Care wollen und zuvor sorgfältig die Informationslage und mögliche Risiken abgewägt haben. Das muss man dann auch mal so stehen lassen.
Soviel zum "mündigen Bürger".
Und da, wo es darum geht, daß quasi eine Gefahr für die Allgemeinheit abgestellt werden muß, weil ein Marktteilnehmer massiv, groß angelet und systematisch gegen die Sitten und Regeln des Wettbewerbs verstößt, beispielsweise systematisch täuscht, unlauter lockt .. da sind die Marktwächter gefragt, in Form z.B. der Verbraucherzentrale oder den Regulierern.
Letztere beide halten sich aber jüngst bedächtig still was Care betrifft!
Dafür gäbe es nun auch wieder zig verschiedene Interpretationsmöglichkeiten..
Hat Care jetzt den "Segen" der Verbraucherzentralen, nachdem sie Mitte des Jahres die kritiserten AGB-Passus geändert haben?
Oder sieht man Care immer noch als gefährlich, aber unternimmt nichts / scheut sich? Das wäre bedenklich.
..oder hat man immer noch Bedenken, rechnet aber damit, daß sich das Problem von alleine löst? Das wäre ebenso höchst bedenklich (und ein Stück weit töricht!).
..oder sieht man gerade einfach keinen Grund, in irgend einer Weise einzugreifen?
Spräche alles in gewisser Weise für sich.
Hätte die Bundesnetzagentur gewollt, hätte sie der mk-energy als Stromhändler längst den Betrieb untersagen können. Oder es jedenfalls versuchen.
Zu mehr als dem (noch nicht rechtskräftigen) 50.000€-Bußgeld gegen Kristek wegen Verletzung einer Anzeigepflicht ist es aber bisher ebenfalls nicht gekommen.
Bedeutet, auch die Netzagentur stuft Care offenbar nicht als "grobgefährlich" für Verbraucher oder den Markt ein.
Oder im Stillen etwa doch? Dann gilt das gleiche, wie weiter oben in Bezug auf die Verbraucherzentralen gesagt..