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Autor Thema: Gerichtsurteile zu Heizkostenabrechnung/BHKW  (Gelesen 19387 mal)

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Offline DieAdmin

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Gerichtsurteile zu Heizkostenabrechnung/BHKW
« am: 23. November 2012, 15:31:31 »
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Zumindest weiß ich, dass wohl im Zusammenhang Heizkostenabrechnung/BHKW da schon Verfahren anhängig waren/sind.
...

Da hatte ich zwar von der Region her näheres im Sinn, aber ich hab mal gestöbert im Netz.

Da gehts um diesen Aufteilungsschlüssel 30:70, der wohl auch üblicherweise genommen wird.

Zitat
...

    Heizkosten eines Blockheizkraftwerkes sind um Stromkosten zu kürzen

    Bei Beheizung durch ein Blockheizkraftwerk wird neben Wärme auch Strom produziert. Die auf die Stromproduktion entfallenden Kosten sind nicht nur abzuziehen, sie sind in der Abrechnung plausibel darzustellen. Der pauschale Ansatz von 70 % für die Wärmeerzeugung und 30 % für die Stromerzeugung ist unzulässig.

    (Amtsgericht Plön, 2 C 1134/08 vom 08.12.2011)
...
http://www.kieler-mieterverein.de/index.php?option=com_content&view=article&id=49&Itemid=52

« Letzte Änderung: 23. November 2012, 15:53:56 von Evitel2004 »

Offline superhaase

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Re: Gerichtsurteile zu Heizkostenabrechnung/BHKW
« Antwort #1 am: 23. November 2012, 16:47:01 »
Ist diese Trennung von Stromerzeugungskosten und Wärmeerzeugungskosten auch für Fernwärme vorgeschrieben?
Sollte es eigentlich.
Müssen die Fernwärmebetreiber dies dann offenlegen?
Sollten sie eigentlich.
Tun sie das aber auch?
Zumindest bei den SWM, deren Fernwärme ich beziehe, ist mir davon nichts bekannt. Es ist auch bei der SWM online nichts zu finden.
Kann man nun einen Fernwärmeversorger, der sowohl Heizkraftwerke als auch reine Heizwerke betreibt, dazu zwingen, die Kostenaufteilung zwischen Wärmeerzeugung und -vertrieb (Verteilung durch Fernwärmenetz) einerseits und Stromerzeugung und -vertrieb andererseits offenzulegen?

Irgendwie müssen ja die Stromerlöse von den Wärmeerzeugungskosten abgezogen werden. Schließlich wäre die Abwärme bei der Stromerzeugung ohne KWK nutzlos und müsste entsorgt werden (Kühlturm / Flußwasser). Die Abwärme aus dem Teil des Brennstoffeinsatzes, der im Heizkraftwerk zur Stromerzeugung genutzt wird, ist ja quasi geschenkt.
Da erscheint mir der aktuelle Arbeitspreis von rund 10 ct/kWh Fernwärme bei den SWM schon arg hoch - bei einem Großabnehmer-Gaspreis von sicher unter 5 ct/kWh und einem Stromerlös von ebenfalls rund 5 ct/kWh und einem GuD-Wirkungsgrad von rund 50%. Die bei den SWM auch eingesetzte Steinkohle in der KWK ist ja wohl eher billiger als 5ct/kWh Primärenergie.
« Letzte Änderung: 23. November 2012, 16:57:04 von superhaase »
8) solar power rules

Offline egn

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Re: Gerichtsurteile zu Heizkostenabrechnung/BHKW
« Antwort #2 am: 25. November 2012, 11:10:29 »
Der Großabnehmer Gaspreis wird sicherlich deutlich niedriger liegen da wahrscheinlich keine Energiesteuer auf Gas zu zahlen ist, das für die Stromerzeugung verwendet wird.

Offline Wolfgang_AW

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Re: Gerichtsurteile zu Heizkostenabrechnung/BHKW
« Antwort #3 am: 12. Dezember 2012, 14:48:51 »
Gerichtsurteile zur Nebenkostenabrechnung Fernwärme/BHKW sind bislang spärlich.

Ich vermute aber, dass sich die Gerichte, wenn es vermehrt zu Contacting bzw. Fernwärmeanschlüssen kommt, sich die Grundlagen der VDI-Richtlinie 2077 Beiblatt 3.1 - Ermittlung der umlagefähigen Erzeugungskosten von KWK-Anlagen zu eigen macht.

Der BGH hält sich bislang bedeckt und führt in dem Urteil VIII ZR 202/06 vom 27.06.2007 aus:
 
"RN 12 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien die kompletten vom Versorgungsunternehmen berechneten Kosten einschließlich der darin enthaltenen Investitions- und Verwaltungskosten und des Unternehmergewinns des Lieferanten umlagefähig.
RN 19 a) Für die Berechtigung zur Umlegung von Betriebskosten genügt eine Verweisung im Mietvertrag auf die Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung (II. BV), sofern es sich nicht um "sonstige Betriebskosten" im Sinne von Nr. 17 der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. BV handelt."

Der Mieterbund führt in seiner Broschüre "Die zweite Miete" (Stand Dez 2010) S. 72 zu den Kosten aus:

"Bezieht der Vermieter Fern- oder Nahwärme, muss er zwar nach der Heizkostenverordnung abrechnen, er darf aber den Wärmepreis ansetzen. In der Heizkostenabrechnung dürfen aber keine der in Kapitel 11 beschrieben Heiznebenkosten auftauchen. Eine Ausnahme bilden bei Fernwärme die Betriebsstromkosten für die Umwälzpumpe und die Messung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Andere Kosten, wie z.B. Bedienung, Überwachung und Pflege der Anlage, Prüfung der Betriebsbereitschaft und -sicherheit einschließlich der Einstellung durch einen Fachmann, Reinigung der Anlage und des Betriebsraums, dürfen nicht berechnet werden."

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang_AW
„Es hat sich bewährt, an das Gute im Menschen zu glauben, aber sich auf das Schlechte zu verlassen.“

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Offline Wolfgang_AW

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Re: Gerichtsurteile zu Heizkostenabrechnung/BHKW
« Antwort #4 am: 22. März 2013, 13:02:24 »
Einkaufspreis oder Selbstkosten: Strom- und Wärmeerzeugung durch ein Blockheizkraftwerk im selbstgenutzten Einfamilienhaus

Zitat
Zur Frage der Bemessung des Eigenverbrauches hat der Bundesfinanzhof (BFH) am 27.2.2013 eine neue Entscheidung veröffentlicht (Az. XI R 3/10). Der BFH widerspricht damit der Auffassung der Finanzverwaltung, wie der Eigenverbrauch von Strom und Wärme aus dem eigenen Blockheizkraftwerk (BHKW) umsatzsteuerlich zu bemessen ist (vgl. z.B. Abschn. 2.5 Abs. 9 UStAE) und stellt im Gegensatz zur gelebten Praxis auch klar, dass Abwärme, die aus technischen Gründen nicht zur Heizung nutzbar ist, nicht der Umsatzbesteuerung unterliegt.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang_AW
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(Alfred Polgar)

Offline EviSell

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Re: Gerichtsurteile zu Heizkostenabrechnung/BHKW
« Antwort #5 am: 05. April 2014, 11:45:53 »
Das im Eröffnungsbeitrag erwähnte Urteil des AG Plön vom 8. Dezember 2011 · Az. 2 C 1134/08 hat endlich den Weg in die Veröffentlichung geschafft.

Zitat
...
Dies liegt zum einen daran, dass Kosten eingestellt worden sind, die schlicht nicht umlagefähig sind - hier Wartungskosten, zum anderen aber daran, dass schlicht nicht eingestellt worden ist, dass die eingesetzte Energie nicht ausschließlich zur Wärmeerzeugung dient und nicht 1: 1 bei den Mietern ankommt, sondern dass die Beheizung durch ein Blockheizkraftwerk erfolgt, das zur Beheizung der gesamten Anlage genutzt wird und neben Wärme auch Strom produziert wird.

Die auf die Stromproduktion entfallenden Kosten sind nicht nur abzuziehen, sie sind in der Abrechnung auch plausibel darzustellen.

Es reicht damit nicht, wenn der Kläger pauschal 70 % für die Wärmeerzeugung und 30 % für die Stromerzeugung annimmt. Im Gegenteil ist der auf die Stromerzeugung entfallenden Anteil exakt zu berechnen, insbesondere nach Ölverbrauch und den anteilig auf Reinigungsund Servicekosten aufzuschlüsseln.
...

http://openjur.de/u/684636.html

An dieser Stelle ein großes Dankeschön an openJur für die Ausdauer und Mühen, damit das Urteil im Volltext der Öffentlichkeit zur Verfügung steht. :)
« Letzte Änderung: 05. April 2014, 12:17:11 von EviSell »
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