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Autor Thema: Sonderkündigungsrecht bei Erhöhung gesetzlicher Abgaben  (Gelesen 25562 mal)

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Offline berghaus

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Sonderkündigungsrecht bei Ermäßigung gesetzlicher Abgaben
« Antwort #30 am: 14. Mai 2015, 12:40:54 »
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Nun ist die Jahresabrechnung  für das erste Lieferjahr da und es ist auch alles in Ordnung einschließlich der Bonusgewährung.

Über die Ersparnis von 1,23 EUR  gegenüber dem Vertragspreis bei einem Verbrauch von rd. 2.200 kWh muss man ja nicht meckern.
Diese ergeben sich, weil ab 01.01.2013 die Summe der Erhöhungen und Ermäßigungen von sieben 'staatlichen Komponenten' in der Summe eine Ermäßigung des Arbeitspreises von 22,332  Ct/kWh (brutto 26,58) um 0,153 (0,1821) ausmachen (angewendet und anzuwenden allerdings nur auf den rechnerisch ermittelten Verbrauch vom 01.01. - 31.03.2015).

In Anbetracht der Rechnung erweist sich meine bisherige Auslegung der AGB von Vattenfall in Bezug auf das Sonderkündigungsrecht bei Vertragsänderungen (Preisänderungen) als unrichtig.

AGB Vattenfall Stand Februar 2014:
§ 5 Preisänderungen
1)  Im Strompreis sind die folgenden Kosten enthalten: USt., Stromst., Netzentgelte, EEG, KWKG, StromNEV, EnWG, AbLaV sowie die Beschaffungs- und Vertriebskosten einschließlich der Kosten für die Abrechnung.
2) Preisänderungen... erfolgen im Wege der einseitigen Leistungsbestimmung in Ausübung billigen Ermessens nach 315 BGB.....
Der Lieferant ist bei Kostensteigerungen berechtigt, bei Kostensenkungen verpflichtet, Kostensteigerungen nur unter Ansatz gegenläufiger Kostensenkungen zu berücksichtigen und eine Saldierung …. vorzunehmen.
3) ….....
4) Änderungen der Preise  werden erst nach brieflicher Mitteilung an den Kunden wirksam, die mindestens sechs Wochen vor der beabsichtigten Änderung erfolgen muss.
5) Ändert der Lieferant die Preise, so hat der Kunde das Recht, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Hierauf wird der Lieferant den Kunden in der brieflichen Mitteilung über die bevorstehende Änderung ausdrücklich hinweisen
6) Abweichend von vorstehenden Absätzen 2 bis 5 werden Änderungen der Umsatzsteuer...ohne Ankündigung und ohne das Recht des Kunden, den vertrag fristlos zu kündigen, an den Kunden weitergegeben.
7), 8 ) …...............
9) Wenn für den vereinbarten Tarif ein Zeitraum als „eingeschränkte Preisgarantie“ vereinbart wurde, so erfolgen für diesem Zeitraum Preisänderungen ausschließlich in den folgenden Fällen:...... EEG, KWKG, StromNEV, EnWG, AbLaV, UST und neue Steuern und Abgaben....


Eingeschränkte Preisgarantie liegt hier vor.

Der Lieferant hat die Preisänderungen nicht sechs Wochen vorher brieflich mitgeteilt. Muss er oder muss er nicht?

Kann man aus der Erwähnung des Ausschlusses des Sonderkündigungsrechtes im Fall des Absatzes 6 schließen, dass es ansonsten bei jeder Preisänderung gilt?

Hätte der Lieferant die Preisänderungen (in der Summe Preisermäßigung) im November 2014 mitgeteilt, hätte der Kunde sicherlich nicht zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens sondergekündigt, um den Bonus nicht zu verlieren.

Nun erfährt der Kunde von der Preisänderung aber erst durch die Rechnung Mitte April 2015.

Hat er nun (noch) ein Sonderkündigungsrecht? Wie gesagt, die fristgerechte Kündigung mit einer Frist von sechs Wochen vor Ablauf des ersten Lieferjahres hatte er leider versäumt.

Und könnte der Lieferant sagen: Nee, so nicht, jetzt machen wir die Preisermäßigung für das zweite Lieferjahr rückgängig, wo er sich doch zur Weitergabe von Preisermäßigungen verpflichtet hat?

berghaus 14.05.15

Offline bolli

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Re: Sonderkündigungsrecht bei Ermäßigung gesetzlicher Abgaben
« Antwort #31 am: 18. Mai 2015, 08:45:36 »
In Anbetracht der Rechnung erweist sich meine bisherige Auslegung der AGB von Vattenfall in Bezug auf das Sonderkündigungsrecht bei Vertragsänderungen (Preisänderungen) als unrichtig.
Wichtiger ist doch wohl, was der Gesetzgeber, die Gerichte  bzw. die Schlichtungsstelle Energie zum Sonderkündigungsrecht sagen und dazu steht in den vorherigen Beiträgen, insbesondere in den Beiträgen #2 und #11 von @RR-E-ft einges.

Eingeschränkte Preisgarantie liegt hier vor.

Der Lieferant hat die Preisänderungen nicht sechs Wochen vorher brieflich mitgeteilt. Muss er oder muss er nicht?

Der Lieferant bedient sich eines Tricks, indem er in seinen AGB die gesetzlichen Kosten die dem Verbraucher direkt zu belasten sind, wie z.B. USt, gleichstellt mit z.B. den EEG-Abgaben. Im Gegensatz zur Umsatzsteuer, zu deren direkter Weitergabe er gesetzlich verpflichtet ist, sieht dieses aber bei den EEG- und Netzentgelten anders aus. Diese sind lediglich Kostenbestandteile für ihn wie andere Komponenten auch (z.B. Bürokosten, Mitarbeiter etc.) . Diese lassen sich zwar auf den einzelnen Verbraucher herunterrechnen, da sie mengenmäßig berechnet werden, jedoch sind sie eben mit den anderen Kostenbestandteilen gegeneinander aufzurechnen. Insofern besteht hier keine gesetzliche Verpflichtung bzw. Berechtigung, diese 1:1 automatisch weiterzugeben. Wenn sie denn in der Gesamtbeurteilung zu einer Preisanpassung führen (zu der eine entsprechende Preisanpassungsklausel in den AGB berechtigen KÖNNTE, so denn diese AGB überhaupt wirksam in den Vertrag eingebunden sind), so ist diese dem Kunden laut den AGB entsprechend anzukündigen.

Kann man aus der Erwähnung des Ausschlusses des Sonderkündigungsrechtes im Fall des Absatzes 6 schließen, dass es ansonsten bei jeder Preisänderung gilt?
Selbst die vorhandene Klausel in den AGB besagt nicht, dass diese auch GÜLTIG ist. Wäre nicht die erste, die sich als nicht haltbar erweist. Und ja, ich würde das so sehen.

Hätte der Lieferant die Preisänderungen (in der Summe Preisermäßigung) im November 2014 mitgeteilt, hätte der Kunde sicherlich nicht zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens sondergekündigt, um den Bonus nicht zu verlieren.

Nun erfährt der Kunde von der Preisänderung aber erst durch die Rechnung Mitte April 2015.

Hat er nun (noch) ein Sonderkündigungsrecht? Wie gesagt, die fristgerechte Kündigung mit einer Frist von sechs Wochen vor Ablauf des ersten Lieferjahres hatte er leider versäumt.
Das er seine Frist für eine fristgerechte Kündigung verpasst hat, interessiert hier nicht. Wenn für die Preisanpassung ein Sonderkündigungsrecht bestand, er jedoch über die Preisanpassung nicht die vorgeschriebene schriftliche Mitteilung erhielt, so kann er das Sonderkündigungsrecht natürlich auch erst ausüben, wenn er von der Tatsache der Preisanpassung erfährt. Insofern kann er dieses natürlich auch noch jetzt ausüben und gleichzeitig darauf bestehen, dass er nur bisher gültigen Preise bezahlen muss.
Im übrigen können auch Preissenkungen ein Sonderkündigungsrecht auslösen, da diese j aggf. auch zu gering ausfallen können. Auch dieses wurde hier im Forum an anderer Stelle schon thematisiert.

Er sollte sich aber darauf einstellen, dass der Versorger ihm diese bisherigen Preise, so sie denn niederiger sind, nicht freiwillig zugesteht und daher dem Versorger eine bestehende Einzugsermächtigung umgehend entziehen und dann manuell die errechneten Beträge/Abschläge selbst überweisen. Dieses ist dem Versorger genauso schriftlich (mit Nachweis) mitzuteilen wie auch eine eigene Berechnung, was man zukünftig zu zahlen gedenkt.

Und könnte der Lieferant sagen: Nee, so nicht, jetzt machen wir die Preisermäßigung für das zweite Lieferjahr rückgängig, wo er sich doch zur Weitergabe von Preisermäßigungen verpflichtet hat?

Das kann insofern ein kritischer Punkt werden, als ich nach dem, was ich bisher von den Anforderungen des BGH an Preisanpssungsklauseln gelesen habe, meine Zweifel habe, dass diese tatsächlich diesen Anforderungen genügt und daher wirksam ist. Wenn sie aber nicht wirksam ist, darf (muss) der Versorger auch keine Preisanpassungen (logischerweise auch nicht nach unten) auf dieser Basis vornehmen.

Offline berghaus

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RWE- Preisermäßigung bei Pauschalen – Sonderkündigungsrecht
« Antwort #32 am: 18. Juni 2015, 13:41:11 »


Zeitungsanzeige vom 16.06.2015 in der Westfalenpost meines früheren (nicht immer) freundlichen und immer zu teueren Versorgers:

„Veröffentlichung gemäß § 5 (2) Gas- und Stromgrundversorgungsverordung.
Für grund- und ersatzversorgte Kunden werden die Pauschalen z.B. für Sperrungen oder Inkasso gesenkt.
Auf das Sonderkündigungsrecht wird hingewiesen.
Die Kunden werden noch schriftlich benachrichtigt.“

Soweit so gut!

Gilt diese Senkung auch für Sonderkunden?


Oder gibt es bei Sonderkunden nur dann eine Sperrandrohung oder auch Sperrung, wenn die RWE behauptet, den Sondervertrag form- und fristgerecht gekündigt zu haben und sich einen Dreck darum schert, dass wegen dieser Frage gerade eine rechtliche Auseinandersetzung stattfindet?

berghaus 18.06.2015

Offline bolli

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Re: RWE- Preisermäßigung bei Pauschalen – Sonderkündigungsrecht
« Antwort #33 am: 22. Juni 2015, 08:40:39 »

Gilt diese Senkung auch für Sonderkunden?

Sonderkunden haben eine individuelle vertragliche Grundlage mit dem Versorger. Welche Bedingungen dort gelten, ist in der Regel in diesem Vertrag zu suchen. Im vorliegenden Fall müssten wohl die "besonderen Bedingungen für die Grund- und Ersatzversorgung" (so heißen sie z.B. bei meinem Grundversorger) auch Bestandteil des Sondervertrages sein (was bei den Sonderverträgen meines Grundversorgers so geschieht) und dieses Ganze muss dann auch noch rechtswirksam sein.

Oder gibt es bei Sonderkunden nur dann eine Sperrandrohung oder auch Sperrung, wenn die RWE behauptet, den Sondervertrag form- und fristgerecht gekündigt zu haben und sich einen Dreck darum schert, dass wegen dieser Frage gerade eine rechtliche Auseinandersetzung stattfindet?
Im Rechtswesen nennt man so etwas "aufschiebende Wirkung" (oder eben auch nicht). Wenn der Versorger sich von Ihnen lösen möchte, ist es ihm unbenommen, zu kündigen. Sollte sich in einem späteren Rechtsstreit aufgrund Ihres Widerspruchs herausstellen, dass diese Kündigung rechtswidrig war, hat der Versorger Ihnen Schadensersatz zu leisten, falls Ihnen ein solcher entstanden ist. Bestandteil eines solchen ist dann z.B. auch eine Verzinsung von zuviel gezahlten Strompreisen z.B. an den Grundversorger (der Sie ja aufnehmen muss, wenn Sie keinen anderen Versorger suchen/finden).

 

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