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Autor Thema: Umfrage:Wie hat Erdgas Schwaben bei Boykott reagiert?  (Gelesen 6173 mal)

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Offline energiemichel

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Umfrage:Wie hat Erdgas Schwaben bei Boykott reagiert?
« am: 17. Dezember 2004, 01:53:43 »
Hi Leute !
Wer hat die 8%ige Preiserhöhung d. Erdgas Schwaben vom Okt. 2004 nach §315 BGB nicht bezahlt und wie hat das Unternehmen reagiert? Bin nämlich immer noch am überlegen, ob ich denen das jetzt zurückbuche und widerspruch einlege (siehe meine letzte Anfrage). Ist es übrigens juristisch gesehen UNBEDINGT notwendig, denen 2% zuzugestehen oder gehts auch ohne?? Wie viele Kunden beteiligen sich überhaupt ca. beim Boykott der Erdgas Schwaben? Vielen dank im Voraus für Ihre Antworten!

Offline Cremer

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Umfrage:Wie hat Erdgas Schwaben bei Boykott reagiert?
« Antwort #1 am: 17. Dezember 2004, 07:26:08 »
@energiemichel

1.)
Widerspruch hätten sie schon längst nach §315BGB einlegen sollen, dies wurde beeits mehrfach hier im Forum erörtert u.a. auch von Rechtsanwalt Fricke. Ich hatte bei uns bereits nach Publikwerden eines Artikels aus der Tagespresse am 16.9.04 Widerspruch zur Preiserhöhung zum 1.10.04, ferner nach offizieller Veröffentlichung der Stadtwerke am 30.9.04 erneut mit Bezug auf mein Schreiben v.16.9.04 eingelegt.

2.)
Ausdrücklich müssen Siehinweisen, dass Sie nur 2% Mehrpreisbegehren akzeptieren. Sonst ist es eine totalverweigerung und der versorger hat das Recht auf Einklagen und/oder eine Versorgungssperre zu vollziehen. Ist auch bereits mehrfach hier im Forum erläutert worden; Sie können dies nachlesen.

Schöne weihnachtliche Grüße aus Bad Kreuznach
MFG
Gerd Cremer
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Offline RR-E-ft

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Umfrage:Wie hat Erdgas Schwaben bei Boykott reagiert?
« Antwort #2 am: 17. Dezember 2004, 12:20:53 »
Eine Totalverweigerung liegt nur vor, wenn gar nichts mehr bezahlt wird.

Die Preise waren wohl schon bisher zu hoch, vgl. letzte \"Energiedepesche\" Heft 4/2004, S. 25.

Die Preiserhöhung der Ferngasgesellschaften zum 01.10.2004 um 4 % (Wingas, VNG Leipzig, Eon Ruhrgas) konnte wohl nur zu einer Preiserhöhung von 1,2 % führen, da der Erdgasbezug nur ca. ein Drittel an den Endverbraucherpreisen ausmacht.

Mit den von den Verbraucherzentralen vorgeschlagenen zwei Prozent billigt man also wohl schon mehr zu, als es der Billigkeit entsprechen würde.

Man kann auch einfach den alten Preis weiterzahlen. Das Risiko in Bezug auf den Streitwert und die Kosten einer juristischen Auseinandersetzung dürfte sich dadaurch nicht erheblich ändern.

Bei einem geringen Streitwert ist das Risiko anteilig gesehen sogar höher, weil die Gerichts- und Anwaltskosten degressiv gestaltet sind.

Bei einem Streitwert bis 300 EUR beträgt das Kostenrisiko im Falle des Unterliegens 237,50 EUR, abgestellt auf die anfallenden Gerichts- und Anwaltskosten, wenn auf jeder Seite ein Anwalt beteiligt ist.

Dieses Risiko ist genauso groß, wenn man sich nur um einen Euro streitet (siehe: Streitwert bis 300 EUR).

Mithin ist das Risiko oftmals das selbe, ob man nun zwei Prozent zubilligt oder nicht.

Nach dem Einwand der Unbilligkeit ist der gesamte Erhöhungsbetrag nicht zur Zahlung fällig.

Wenn vor einem Zahlungsprozess des Versorgers jedoch die Kalkulation nicht nachvollziehbar offengelegt wurde, sondern erst im Prozess und der Kunde hiernach zu der Überzeugung gelangt, dass die Preiserhöhung angemessen war, kann er die Klageforderung noch sofort anerkennen im Sinne von § 93 ZPO.

Der Kunde hat dann entsprechend seines Anerkenntnisses den streitigen Betrag zu zahlen, den der Versorger sowieso haben wollte.

Der Versorger trägt dabei jedoch die gesamten Prozesskosten, weil der Kunde keine Veranlassung zu Klage gab.

Immerhin hätte der Versorger ja schon zuvor seine Kalkulation nachvollziehbar offen legen können. Dann wäre das Problem ohne Klage aus der welt gewesen.

Bei einem Kunden mit Gasherd kann das bedeuten, dass er anerkennt, die 50 EUR/ Jahr, welche aus der Preiserhöhung resultieren, mehr zu zahlen.

Der Versorger hat Prozesskosten in Höhe von 237,50 EUR zu tragen.

Dann hat der Versorger nicht nur seine Kalkulation offen gelegt, sondern das ganze rechnet sich auch gar nicht für ihn.

Darum und weil die Versorger wohl aus gutem Grund offensichtlich Angst haben, ihre Kalkulation offen zu legen, wird es wohl in absehbarer Zeit zu keinen entsprechenden Klagen kommen; es sei denn die Aktion nimmt solche Ausmaße an, dass die Versorger die Differenzen nicht mehr kompensieren können.

Zudem werden sich die Kunden, die immer noch vollständig zahlen doch wohl die berechtigte Frage stellen, ob sie die Dummen sind, die Zeche für die anderen mit bezahlen, weil die Versorger nicht klagen.

Bevor die Versorger ihre Kalkulationen offen legen, werden sie sich hoffentlich ebenfalls unter Berufung auf Unbilligkeit gegen die Preiserhöhungen ihrer Vorlieferanten zur Wehr setzen.

Das ist viel einfacher und effektiver.
Einzelne Stadtwerke erwägen dies bereits.

Hierzu sollten diese ausdrücklich ermutigt werden:

Der Kunde, der beim Gas den Versorger nicht wechseln kann, kann aber in Aussicht stellen, wenn er von dem selben Versorger auch mit Strom beliefert wird, aus Protest gegen die Gaspreiserhöhung zu einem anderen Stromlieferanten zu wechseln.

Allein die Verbraucher haben die Macht zur Veränderung in einer Marktwirtschaft, weil sie sich entscheiden können, mit wem sie Verträge abschließen und wem sie deshalb dafür Geld zahlen.

So manchem Stadtwerksdirektor dürfte bei der Vorstellung schwindlig werden, dass alle Stromkunden aus Protest ihren Versorger wechseln.


Freundliche Grüße
aus Jena


Thomas Fricke
Rechtsanwalt

Offline energiemichel

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Umfrage:Wie hat Erdgas Schwaben bei Boykott reagiert?
« Antwort #3 am: 18. Dezember 2004, 01:10:48 »
@ RA Fricke
Vielen Dank für Ihre Ausführungen! Das hilft mir wirklich weiter, denn ich habe jetzt die Einzugsermächtigung gekündigt, die überzahlten Beträge rückgebucht und dem Gasversorger mit Musterschreiben angekündigt, nach §315 nur noch nach den alten Tarifen, u. zwar OHNE die 2% Erhöhung zu zahlen, denn Sie haben ja recht,daß die Preise ohnehin schon weit überhöht sind...  Ich bin bloß gespannt, wie Erdgas Schwaben reagieren wird. Im Falle der Drohung mit Gassperre kann ich ja eine einstweilige Verfügung erlassen bzw. Anzeige erstatten, wenn ich das recht verstanden habe? Ich werde jedenfalls hier berichten, wie`s bei mir weitergeht und ggfs. hier Rat suchen.
Übrigens finde ich die ganze Aktion auch deshalb schon gut, weil man sich hier endlich mal GANZ KONKRET gegen die von vielen beklagte Abzocke in D zur Wehr setzen kann, statt sich nur blöde Aufkleber aufs Heck zu heften!!!
Viele Grüsse nach Jena und weiter so !!!

Offline energiemichel

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Umfrage:Wie hat Erdgas Schwaben bei Boykott reagiert?
« Antwort #4 am: 18. Dezember 2004, 01:20:33 »
@ Cremer
Ich hab die 2% absichtlich nicht überwiesen, Begründung siehe Beitrag RA Fricke. ich hoffe, er irrt sich nicht...
Daß ich mit der Sache ein wenig hinterher bin hat aber nichts an der Durchführbarkeit mehr ändern können. Ein wenig mulmig ists einem trotzdem zumute, wenn man sowas zum ersten Mal macht, aber ich hoffe daß ich bei Euch weitere Untrestützung finden kann...
Viele Grüsse nach Bad Kreuznach aus Schwaben!

 

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