Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Beginn der Verjährung manipulierbar ?  (Gelesen 21285 mal)

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Offline Christian Guhl

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Beginn der Verjährung manipulierbar ?
« am: 06. Oktober 2012, 12:23:38 »
Wer Eon-Avacon kennt, weiss, wie chaotisch die Buchführung dort abläuft. Kaum eine Rechnung ist für den Kunden nachvollziehbar. Um es noch komplizierter zu machen, werden bei Nachfragen dann sogenannte "Kontoübersichten" verschickt. Ich habe mein Leben lang mit Zahlen und Buchhaltung zu tun gehabt, aber da steige selbst ich nicht mehr durch ! Es ist nun wiederholt vorgekommen, dass ohne ersichtlichen Grund korrigierte Jahresabrechnungen von vergangenen Jahren erstellt wurden. Was da genau korrigiert wurde, erschließt sich dem Kunden nicht. Die Erklärungen sind genau so abstrus : "Versehentlich wurden zwei Abrechnungen erstellt, daher mussten diese storniert und eine neue Abrechnung erstellt werden" oder "systemtechnische Gründe". Da diese Korrekturen über Jahre in die Vergangenheit reichen, stellt sich die Frage, wann die Verjährung zu laufen beginnt. Mit der ursprünglichen Abrechnung ? Oder will Eon-Avacon damit erreichen, dass für   Abrechnungen, die kurz vor der Verjährung stehen, die Frist erneut beginnt ?

Offline Harry01

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Re: Beginn der Verjährung manipulierbar ?
« Antwort #1 am: 26. Oktober 2012, 16:32:19 »
Das würde mich jetzt auch interessieren. Ich habe für den einen oder anderen Abrechnungszeitraum auch korrigierte Abrechnungen bekommen, wo kaum drauf zu erkennen ist, was korrigiert wurde.

Offline Harry01

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Re: Beginn der Verjährung manipulierbar ?
« Antwort #2 am: 26. März 2013, 18:58:36 »
Hat zwar etwas gedauert, aber der Verjährungsbeginn dürfte sich nicht durch
bloßes Neuausstellen einer Verbrauchsabrechnung ändern.

Maßgebend ist das Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstand und nicht
der Zeitpunkt, wann er wie oft geltend gemacht wird.

Zumindest verstehe ich so den §199 BGB.

Offline Christian Guhl

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Re: Beginn der Verjährung manipulierbar ?
« Antwort #3 am: 26. März 2013, 19:33:56 »
Maßgebend ist das Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstand und nicht
der Zeitpunkt, wann er wie oft geltend gemacht wird.
Und wann entsteht der Anspruch ? Ich meine, mit Rechnungsstellung.
Bleibt die Frage mit welcher Rechnungsstellung.

Offline khh

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Re: Beginn der Verjährung manipulierbar ?
« Antwort #4 am: 26. März 2013, 19:57:44 »
Und wann entsteht der Anspruch ? Ich meine, mit Rechnungsstellung.
Bleibt die Frage mit welcher Rechnungsstellung.

Das kann doch wohl nur die erstmalige Inrechnungstellung sein. Auch die von E.ON Avacon Vertrieb GmbH in den letzten Jahren geübte Praxis, gekürzte Rechnungsbeträge aus mehreren Vorjahren in jeder neuen Verbrauchsabrechnung wieder als "Weitere offene Beträge" geltend zu machen, sollte eine Verjährung dieser angeblichen "Altforderungen" m.E. nicht verhindern können.
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Offline RR-E-ft

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Re: Beginn der Verjährung manipulierbar ?
« Antwort #5 am: 26. März 2013, 22:38:55 »
Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass die Kaufpreisforderung sofort fällig ist, § 271 BGB.

Hiervon gibt es Ausnahmen:

So ist die Forderung des Grundversorgers (Rechnungen und Abschläge) in der Grund- und Ersatzversorgung gem. § 17 Abs. 1 GVV  zu dem vom Grundversorger angegebenen Zeitpunkt, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung fällig.

Eine dem § 17 Abs. 1 GVV entsprechende Regelung kann in Sonderverträge vertraglich einbezogen werdenb und wird regelmäßig einbezogen. Eine vertragliche Regelung, die zu Lasten des Kunden vom Leitbild des § 17 Abs. 1 GVV abweicht, wäre wohl sogar kritisch zu hinterfragen.

Dann kommt es für die Fälligkeit auf den erstmaligen Zugang der entsprechenden Zahlungsaufforderung an, mit welcher die Zahlung der Forderung verlangt wird.
Diese Fälligkeit ist maßgeblich für den Beginn des Verjährungslaufs (kein Beginn der Verjährung vor Fälligkeit).

Offline Harry01

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Re: Beginn der Verjährung manipulierbar ?
« Antwort #6 am: 28. März 2013, 21:29:54 »
Und wann entsteht der Anspruch ? Ich meine, mit Rechnungsstellung.
Bleibt die Frage mit welcher Rechnungsstellung.
Entsteht der Anspruch nicht eigentlich schon zum Zeitpunkt der Abnahme aus der Abnahmestelle,
also mit Erbringung der Leistung?

Mit der Berechnung in der (erstmaligen) Jahresabrechnung, also nach der Zählerablesung, wird der Anspruch doch lediglich nur noch geltend gemacht
und mit weiteren Rechnungen nur ggf. nochmal nachgebessert, ohne daß her eine Verjährungsfrist von Neuem startet.

Dann kommt es für die Fälligkeit auf den erstmaligen Zugang der entsprechenden Zahlungsaufforderung an, mit welcher die Zahlung der Forderung verlangt wird.
Diese Fälligkeit ist maßgeblich für den Beginn des Verjährungslaufs (kein Beginn der Verjährung vor Fälligkeit).
Was ist denn mit den Abschlagszahlungen? Der Anspruch entsteht doch auch schon während der Abnahme der Leistung
und die Abschläge sind doch auch schon mit dem in der Vorjahresrechnung festgesetztem Datum fällig und werden bei
Nichtzahlung angemahnt. Beginnt nicht schon hier mit Ablauf des Jahres der Anspruchsentstehung die Verjährung,
unabhängig ob eine Jahresverbrauchsabrechnung erstellt wird?


Offline khh

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Re: Beginn der Verjährung manipulierbar ?
« Antwort #7 am: 28. März 2013, 23:49:08 »
@ Harry01,

maßgeblich für den Verjährungsverlauf ist die Fälligkeit der Forderung gemäß erstmaliger Zahlungsaufforderung durch den Versorger (siehe vorstehender Beitrag von RR-E-ft).

Die Abschlagszahlungen haben diesbzgl. keine Bedeutung  -  siehe:
Zitat
BGH, Urt. v. 23.05.12 Az. VIII ZR 210/11 - Leitsatz
Die Verjährung von Rückzahlungsansprüchen wegen Gaspreisüberzahlungen beginnt nicht bereits mit den jeweils geleisteten Abschlagszahlungen, sondern erst mit der anschließenden Erteilung der Jahresabrechnung zu laufen.

Für Verbraucher und für Versorger kann kein unterschiedlicher Verjährungsverlauf gelten !
« Letzte Änderung: 29. März 2013, 00:02:28 von khh »
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Offline Harry01

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Re: Beginn der Verjährung manipulierbar ?
« Antwort #8 am: 29. März 2013, 09:21:10 »
@ Harry01,

maßgeblich für den Verjährungsverlauf ist die Fälligkeit der Forderung gemäß erstmaliger Zahlungsaufforderung durch den Versorger (siehe vorstehender Beitrag von RR-E-ft).

Ist irgendwie in Bezug auf die Fälligkeit bei Energieabnahme und auf die laufenden Abschlagszahlungen nicht eindeutig. Die Fälligkeit der Abschlagszahlungen wurde doch durch den Versorger schon im Voraus bestimmt. Mit dem festgesetzten Datum ist der Abschlag m.E. schon fällig, ohne daß noch eine separate Zahlungsaufforderung entsteht. Wird der Abschlag nicht gezahlt, fordert der Versorger durch Mahnung zur Zahlung auf.

Offline bolli

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Re: Beginn der Verjährung manipulierbar ?
« Antwort #9 am: 02. April 2013, 07:41:42 »
Die Fälligkeit der Abschläge und die Fälligkeit der Hauptforderung für verbrauchte Energie sind zwei unterschiedliche paar Schuhe, die am Ende lediglich gegeneinander aufgerechnet werden. Schließlich ist der Abschlag nur eine auf der Basis einer Schätzung basierende "Forderung", die noch nichts mit einem verbrauchten Gegenwert (Energie) zu tun hat.

Sie können schon glauben, dass derzeit die herrschende Rechtsmeinung ist, dass die eigentliche Forderung mit der Hauptrechnung fällig gestellt wird und dieses der maßgebliche Zeitpunkt für die Berechnung der Verjährung ist. Wurde schon hundertfach vor den Gerichten durchgespielt.  ;)

Wenn Sie's immmer noch nicht glauben können, suchen Sie einen Anwalt Ihres Vertrauens auf und besprechen Sie dieses mit dem.

Offline Harry01

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Re: Beginn der Verjährung manipulierbar ?
« Antwort #10 am: 02. April 2013, 10:38:21 »
Wurde schon hundertfach vor den Gerichten durchgespielt.  ;)
Ja und genau das ist das Problem. Beim hundertundersten Mal hat es nicht funktioniert. Das hiesige Gericht
hat hier eine ganz andere, eigene Auffassung, was Verjährungsfristen betrifft. Zwar nicht speziell in so einer
Konstellation von Abschlägen und Schlußrechnungen in Bezug auf einen Energieversorger, aber im Bekanntenkreis
wurde ein Fall an mich herangetragen, der vom Gesetz her ganz eindeutig verjährt ist, weil eine Firma eine
Rechnungsstellungsfrist versäumt hat. Auch der beratende Anwalt ist der Auffassung, daß die Forderung wegen
verspäteter Rechnungsstellung verjährt ist, zumal der Kläger nicht einmal den rechtzeitigen Zugang der Rechnung
beweisen konnte. Der Richter hat das aber ganz anders gesehen. Ohne auf den deatailliert begründeten
Verjährungseinwand weiter einzugehen, hat er ein Forderungsverfahren einfach fortgesetzt. Und genau dieser
Richter entscheidet auch in Sachen EON. Es ist gar nicht so abwegig, daß hier mit einer "manipulierten" Rechnung
der Neubeginn einer Verjährungsfrist zuerkannt würde, wenn sich EON darauf beruft.

Deshalb hinterfrage ich das ja so kritisch.

Wenn Sie's immmer noch nicht glauben können, suchen Sie einen Anwalt Ihres Vertrauens auf und besprechen Sie dieses mit dem.

Mit glauben oder nicht galuben hat das nichts zu tun. Es sind Erfahruingswerte, zumindest was die Schlußrechnungen
und die hiesige gerichtliche Auffassung zur Verjährung angeht. Ich brauche keinen Anwalt zu suchen, weil ein Anwalt
mit diesen Sachen bereits beauftragt ist. Und ja, der Anwalt ist durchaus fähig, er kann den Richter in seinen
Entscheidungen aber auch nicht einschätzen.

Offline khh

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Re: Beginn der Verjährung manipulierbar ?
« Antwort #11 am: 02. April 2013, 10:56:04 »
@Harry01,

vermengen Sie hier womöglich zwei völlig unterschiedliche Sachverhalte?

Auf welche "Rechnungsstellungsfrist" beruft sich denn der beratende Anwalt in dem zitierten Verfahren?
Aussagen zu Rechtsfragen sind als persönliche Einschätzung/Meinung zu verstehen.
Rechtliche Beratung ist allein gesetzlich befugten Personen/Institutionen vorbehalten.

Offline Harry01

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Re: Beginn der Verjährung manipulierbar ?
« Antwort #12 am: 02. April 2013, 11:24:58 »
Auf welche "Rechnungsstellungsfrist" beruft sich denn der beratende Anwalt in dem zitierten Verfahren?

Auf die Zustellungsfrist der Schlußrechnung, in der plötzlich noch Leitungen auftauchen, die strittig sind,
weil sie nie erbracht wurden bzw. vom Kunden selbst erledigt wurden. Es wurden rechtzeitig Zwischenrechnungen
gestellt und auch beglichen. Die Firma will mit Ende der Verjährung noch eine Schlußrechnung gestellt haben, die aber
niemand erhalten hat. Es geht da nicht nur um ein paar Tage der Fristüberschreitung, sondern um mehrere Monate.
Dem Richter ist es offensichtlich egal, ob die rechtzeitige Zustellung nachgewiesen werden kann oder nicht.

Offline khh

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Re: Beginn der Verjährung manipulierbar ?
« Antwort #13 am: 02. April 2013, 11:42:58 »
Mit "Rechnungsstellungsfrist" hab ich immer noch ein Verständnisproblem.

Verjähren können m.E. doch nur Forderungen, die mit einer Rechnung fällig gestellt worden sind !?
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Offline Harry01

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Re: Beginn der Verjährung manipulierbar ?
« Antwort #14 am: 02. April 2013, 11:56:07 »
Verjähren können m.E. doch nur Forderungen, die mit einer Rechnung fällig gestellt worden sind !?

Forderungen sind m.E. immer mit Rechnungsstellung fällig.

Hier wurden vermeintlich Leistungen erbracht, die noch nicht berechnet wurden und die
mit Stellung der Schlußrechnung geltend gemacht werden sollten. Diese Rechnung jedoch
ist nie angekommen. Sie hätte bis zum 31.12. des betreffenden Jahres gestellt sein müssen,
also der Kunde hätte sie bis dahin erhalten müssen. Das geschah nicht.

Im Vorliegenden Fall geht es also um die Fristüberschreitung der Rechnungsstellung und nicht
um die um die Verjährung der Forderungen aus dieser Rechnung, die in dem Fall ja auch strittig sind.
Der Richter hat hier das Verfahren nicht wegen verspäteter Rechnungsstellung beendet, sondern
es einfach fortgesetzt, ohne dies näher zu begründen.

 

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