Noch einmal die Vorlagefrage in BGH VIII ZR 71/10 (und jetzt komplett:
Ist Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b und/oder c der Richtlinie
2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003
über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung
der Richtlinie 98/30/EG dahin auszulegen, dass eine nationale gesetzliche
Regelung über Preisänderungen in Erdgaslieferungsverträgen mit Haushalts-Kunden, die im Rahmen der allgemeinen Versorgungspflicht beliefert werden (Tarifkunden), den Anforderungen an das erforderliche Maß an Transparenz genügt, wenn in ihr Anlass, Voraussetzungen und Umfang einer Preisänderung zwar nicht wiedergegeben sind, jedoch sichergestellt ist, dass das Gasversorgungsunternehmen seinen Kunden jede Preiserhöhung mit angemessener Frist im Voraus mitteilt und den Kunden das Recht zusteht, sich durch Kündigung vom Vertrag zu lösen, wenn sie die ihnen mitgeteilten geänderten Bedingungen nicht akzeptieren wollen?
Der 8. ZS-BGH hatte nach
einer gesetzlichen nationalen Regelung gefragt und hierauf eine (uneingeschränkte) Antwort vom Gerichtshof erhalten. Somit ist
jede nationale Regelung, welche sich mit der angefragten Befugnis zur Preiserhöhung befaßt, vom Auslegungsergebnis des Gerichtshofs erfaßt.
Das "drum-herum-Gerede" des BGH, womit er schließlich bei seiner "ergänzenden Vertragsauslegung" aufschlug, ist daher - will man die Rechtsprechung des Gerichtshofs wirklich Ernst nehmen - völlig überflüssig. Dass dieses Instrument der "ergänzenden Vertragsauslegung" als solches, reines Richterrecht darstellt, vermag die Basis für eine solche Auslegung auch nicht transparenter zu machen.
Der Versorger ist aus der Transparenzmaxime, welche dem hohen unionsrechtlichen Verbraucherschutz dient, verpflichtet, dem Kunden im Rahmen der Transparenzerfordernisse aus Anlage A zu Art. 3 der RiLi, diese Aufklärung zu liefern.
Völlig klar ist hierbei, dass der Verbraucher nun nicht in der "Hol-Schuld" liegt, sondern der Versorger hat eine "Bring-Schuld".
Wäre es anders, dann müßte der Rechtsberater des Verbrauchers und/oder der Richter diese Aufklärung liefern, was unter dem, durch Richterrecht entwickelten, Kriterium einer "Anpassung ohne Gewinnerhöhung" zu verstehen sei.
Der Verbraucher muss nach den Transparenzerfordernissen bereits bei Ankündigung der Anpassung in der Lage sein, wenigstens in groben Zügen nachzuvollziehen, "wohin die Post geht". Die Frage, ob ein Prozess zur Prüfung der Anpassung erforderlich wird, stellt sich bis dahin nicht. Und wenn sie sich dann später dennoch stellt, dann steht der Verbraucher, mit dem Modell der "ergänzenden Vertragsauslegung" erneut da, wo er schon bisher stand - d.h. bar jeder Erkenntnis, ob sich ein Prozess gegen den Versorger wirtschaftlich rechtfertigen läßt.