BGH, Urt. v. 09.05.12 Az. XII ZR 79/10 zur Zulässigkeit einer Entgeltanpassungsklausel nach BilligkeitIn einem gewerblichen Mietvertrag hält eine Klausel, die dem Vermieter ein Leistungsbestimmungsrecht dahingehend einräumt, bei einer Änderung der ortsüblichen oder angemessenen Miete den vom Mieter zusätzlich oder weniger zu zahlenden Betrag nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) festzusetzen, der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB stand.
Folgende AGB- Klausel in einem gewerblichen Mietvertrag soll der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB standhalten:
Die WSV prüft nach Ablauf von jeweils drei Jahren, erstmals zum 1. Januar 1999, ob das Nutzungsentgelt noch ortsüblich oder sonst angemessen ist. Bei einer Änderung setzt sie den zusätzlich oder den weniger zu zahlenden Betrag nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) fest und teilt dem Nutzer die Höhe des künftig zu zahlenden Nutzungsentgelts mit.
Die Entscheidung scheint - ohne sich mit dieser hinreichend auseinanderzusetzen- im Widerspruch zur sonstigen Rechtsprechung des BGH zu stehen.
Dies betrifft die Auslegung, eine Vorbehaltsklausel zur Anpassung nach billigem Ermessen enthalte von sich aus auch eine Verpflichtung zur Anpassung zu Gunsten des anderen Vertragsteils und der Vertragspartner sei durch eine gerichtliche Billigkeitskontrolle hinreichend geschützt.
BGH, Urt. v. 19.10.1999 Az. XI ZR 8/99 = BGHZ 106, 49 = NJW 2000, 651
Einseitige Bestimmungsvorbehalte für Entgelte sind mit dem Transparenzgebot nur vereinbar, wenn sie bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig sind sowie Anlass, Richtlinien und Grenzen möglichst konkret angeben.
Nach dem Transparenzegebot sind Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartener möglichst klar und überschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass AGB wirtschaftliche Benachteiligungen und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Deshalb verstoßen Anpassungsklauseln, die dem Verwender ein uneingeschränktes Änderungsrecht vorbehalten, ohne dass der Kunde vorhersehen kann, unter welchenh Vorausetzungen und in welchem Umfang ihn höhere und weitere Gebühren treffen, gegen das Trasnparenzgebot und sind unwirksam.
BGH, Urt. v. 13.07.04 Az. KZR 10/03 unter II. 6, juris
Die Unangemessenheit der Klausel läßt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht mit dem Argument ausräumen, eine einseitige Leistungsbestimmung habe gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen und sei andernfalls unverbindlich. § 315 BGB scheidet als unmittelbare Rechtfertigung einer Klausel schon deshalb aus, weil die Vorschrift eine wirksame Anwendungsvereinbarung bereits voraussetzt und die Entscheidung über die Wirksamkeitder Vertragsklausel sich ausschließlich nach den Angemessenheitsmaßstäben des § 307 BGB, § 9 AGBG richtet (BGHZ 89, 206, 213). Auch als inhaltliche Beschränkung des Anwendungsbereichs einer Klausel läßt sich derin § 315 BGB enthaltene Rechtsgedanke nicht verwerten, weil der weite Spielraum der Billigkeit nicht den an die Eingrenzung und Konkretisierung einer Formularbestimmung zu stellenden Anforderungen genügt (BGHZ 89 aaO).
BGH, Urt. v. 21.04.09 Az. XI ZR 55/08, juris Rn. 28:
Zum anderen folgt die unangemessene Benachteiligung auch daraus, dass der Klausel eine dem Preiserhöhungsrecht der Beklagten im Falle von Kostensteigerungen entsprechende spiegelbildliche Verpflichtung zur Weitergabe von Kostenminderungen an die Kunden nicht zu entnehmen ist. Eine solche ergibt sich nicht aus der in Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB verwendeten Formulierung \"werden (…) geändert\". Damit wird bei der gebotenen \"kundenfeindlichsten\" Auslegung nur zum Ausdruck gebracht, dass etwas geschehen wird bzw. soll. Einer solchen Ankündigung kann eine bindende Verpflichtung der Beklagten, eine Preisänderung vorzunehmen, indes nicht entnommen werden, zumal auch dafür die Voraussetzungen nicht genannt werden. Dies gilt vorliegend umso mehr, als die Preisanpassung \"nach ... billigen Ermessen\" erfolgen soll. Nach der im Verbandsprozess vorzunehmenden \"kundenfeindlichsten\" Auslegung ist indes dann, wenn eine Preisanpassungsklausel - wie hier - nicht deutlich auch als Pflicht des Verwenders zur Preisanpassung ausgestaltet ist, zu seinen Lasten davon auszugehen, dass sie eine solche Verpflichtung auch nicht beinhaltet (vgl. BGHZ 176, 244, Tz. 20 f.).
BGH, Urt. v. 21.04.09 Az. XI ZR 78/08, juris Rn. 38
Lässt eine Preis- und Zinsänderungsklausel weiter den Kunden darüber im Unklaren, ob und in welchem Umfang das Kreditinstitut zu einer Anpassung berechtigt oder zu seinen Gunsten verpflichtet ist, läuft auch die dem Kunden eingeräumte Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle weitgehend leer. Kommt es erst gar nicht zu einer gebotenen Herabsetzung des Preises oder Zinssatzes, versagt sie für gewöhnlich, weil der Kunde mangels hinreichenden Anhalts schon eine solche Verpflichtung des Verwenders zumeist nicht zu erkennen vermag. Erfolgt eine Preis- oder Zinsanpassung zu seinen Ungunsten, fehlt ihm die Beurteilungsgrundlage, ob sich die Anpassung im Rahmen des der Bank zustehenden Gestaltungsspielraumes bewegt oder ein Verfahren nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB mit Erfolg betrieben werden kann (Habersack, WM 2001, 753, 757).