Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: Wasserpreis Erhöhung: Mitstreiter gesucht  (Gelesen 9425 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline TomH

  • Wenigschreiber
  • Beiträge: 7
  • Karma: +0/-0
Wasserpreis Erhöhung: Mitstreiter gesucht
« am: 03. Januar 2012, 14:05:51 »
Hallo zusammen,

die Stadtwerke Bochum haben nun auch zum 01.01.2012 die Wasserpreise angehoben,
siehe auch hier: http://www.lokalkompass.de/bochum/politik/bestrafung-steigenden-umweltbewusstseins-das-paradox-des-jahres-2012-d122512.html

Hat sich schon jemand mit den Möglichkeiten eines Widerspruchs befasst?
Geht hier auch was im Sinne von Unbilligkeit und §315 BGB oder so...?

Mitstreiter gesucht!

tomh

Offline tangocharly

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.139
  • Karma: +5/-0
Wasserpreis Erhöhung: Mitstreiter gesucht
« Antwort #1 am: 05. Januar 2012, 21:26:51 »
Die Versorgungsverhältnisse im Bereich Wasser können öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich gestaltet sein. Die von Ihnen aufgeworfene Frage kommt allerdings nur im Fall der privatrechtlichen Versorgung in Betracht.

Die Antwort auf Ihre Frage richtet sich danach, ob das Versorgungsverhältnis nach § 1 Abs. 1 AVBWasserV im Rahmen der Allg. Versorgung oder nach § 1 Abs. 3 AVBWasserV als Sondervertragsverhältnis gestaltet ist.

Ich vermute mal stark, dass bei Ihnen die Allg. Versorgung gegeben ist (§ 1 Abs. 1).

In diesem Fall ist sicherlich der § 315 BGB angezeigt, wenn das Versorgungsunternehmen eine Preisänderung ankündigt und dem folgend die Billigkeitskontrolle. Die Einzelheiten können Sie im Wesentlichen im Forum nachlesen (Bereiche Gas u. Strom).

Im anderen Fall stehen Sie aber auch nicht rechtlos da, denn die Angemessenheit und die Transparenz der Preisänderungsklausel des Versorgungsunternehmens ist nach den Kriterien gem. § 24 Abs. 3 AVBWasserV zu kontrollieren.

Der § 30 AVBWasserV steht Ihrer Reaktion dem Versorger gegenüber nicht im Wege. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind die Bestimmungen des § 30 AVB auf vertragsrechtliche Einwendungen nicht anwendbar (vgl. BGH, 06.04.2011, Az.: VIII ZR 66/09).
Die Einwendungen gem. § 315 BGB und gem. § 307 BGB können Ihnen somit vom Versorger nciht aus der Hand geschlagen werden.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

Offline TomH

  • Wenigschreiber
  • Beiträge: 7
  • Karma: +0/-0
Wasserpreis Erhöhung: Mitstreiter gesucht
« Antwort #2 am: 06. Januar 2012, 09:12:21 »
Hallo tangocharly,

vielen Dank für diese Informationen.
Es handelt sich mE auf jeden Fall um ein privatwirtschaftliches Verhältnis. Es geht ja um die Wasserversorgung für meinen Privathaushalt im Einfamilienhaus.

Welches Versorgungsverhältnis ich habe? Keine Ahnung: das Wasser kommt aus dem Hahn :-)).aber wieder ernst werden.
Wie kann ich erfahren, ob bei mir ein solches im Rahmen der allgemeinen Versorgung § 1 Abs. 1 AVBWasserV oder nach § 1 Abs. 3 AVBWasserV vorliegt? Einfach bei den Stadtwerken nachfragen?

Oder ist die Frage zunächst mal irrelevant, da ich ja sowieso die Möglichkeiten des Widerspruchs - und vielleicht auch der Verweigerung habe - und den alten Preis weiterzahle? Ich suche auch verzweifelt ein Musterschreiben, welches ich an meinen Versorger senden könnte.
Hat da mal jemand was gesehen? Gefunden habe ich nur das hier: http://www.verbraucherzentrale-berlin.de/pdf/musterbrief_wasserpreis.pdf
Ist aber schon älter.

MfG
tomh

Offline tangocharly

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.139
  • Karma: +5/-0
Wasserpreis Erhöhung: Mitstreiter gesucht
« Antwort #3 am: 06. Januar 2012, 17:54:05 »
(1) Dass Ihr Privathaushalt mit Wasser versorgt wird, ist nicht ausschlaggebend.
Entscheidend ist, ob die Kommune hierzu eine öffentlich-rechtliche Satzung erlassen und damit das Versorgungsverhältnis öffentlich-rechtlich geregelt hat. Die Einzelheiten des Versorgungsverhältnisses müssen dann aber gem. § 35 AVBWasserV mit den Bedingungen dieser Versorgungsverordnung abgestimmt sein.

Ihre Kommune beruft sich aber vollinhaltlich auf die Versorgungsbedingungen gem. AVBWasserV, d.h. auf ein privatrechtliches Versorgungsverhältnis.

(2) Wenn Sie Wasser schlicht aus dem Netz der Kommune entnehmen, dann liegt ein Fall des § 1 Abs. 1 AVBWasserV vor (Allg. Versorgung).
Anders könnte es nur sein (§ 1 Abs. 3 AVB), wenn Sie von Ihrem Versorger von den Regelungen der AVB abweichende Vertragsbedingungen angeboten bekommen hätten und diese von Ihnen - nach ausführlicher Prüfung  ;) - ausdrücklich akzeptiert worden wären (§ 305 Abs. 2 BGB).


Zusammenfassung:
(1) Zunächst mal alle Leitz-Ordner in IHrem Haushalt auf den Kopf stellen und dort prüfen, was Ihnen in den letzten JAhren an Post seitens IHres Versorgers ins Haus flatterte. Wenn Ihnen dabei Verdächtiges auffallen sollte, dann in sich gehen und prüfen, ob man vielleicht hierauf geantwortet haben könnte.
(2) Wenn Sie Ihr Protestschreiben expedieren, wozu IHnen auf der Homepage des BdE Musterformulare angeboten werden, welche halt ein bisschen auf das Wasser angepasst werden müssen, dann sollten Sie sich möglichst bald darüber ins Klare kommen, ob Sie die Überzahlungen der letzten Zeit rückfordern wollen. Denn in diesem Punkt findet sich bislang noch eine recht unübersichtliche Rechtsprechung über die Frage, wann die Verjährung dieser Ansprüche beginne.
(3) Das letztgenannte Problem sollte Sie allerdings nicht davon abhalten, sobald Sie sich über die Möglichkeit (Notwendigkeit) einer solchen Intervention Gedanken machen, einen kompetenten Rechtsanwalt aufzusuchen.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz