Forum des Bundes der Energieverbraucher

Autor Thema: BGH, Urt. v. 12.01.12 VIII ZR 95/11 Widerrufsbelehrung bei einem Energielieferungsvertrag  (Gelesen 4492 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.


Offline RR-E-ft

  • Moderator
  • Forenmitglied
  • *****
  • Beiträge: 17.078
  • Karma: +15/-2
  • Geschlecht: Männlich
Zitat
Original von tangocharly
Die Entscheidung des BGH vom 25.01.2012 liegt nun vor.

Der BGH hat den Sachverhalt nicht zur Vorabentscheidung durch den EuGH vorgelegt. Hierfür bestand keine Veranlassung, weil der Widerruf in diesem Fall verfristet war (so der BGH).

Dass die Angabe einer Postfachadresse keine Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Belehrung über die Widerrufsmöglichkeit darstellt, weshalb in diesem Fall auch die Frist zum Widerruf ihren Lauf nehmen konnte, war das eigentliche Problem dieses Falles.

Hätte sich dieses Problem anders dargestellt; oder wäre der Widerruf innerhalb der 14-Tages-Frist erfolgt, dann wäre ein weiterer Fall zum EuGH gewandert. Somit ist diese (für eine Reihe anderer Fälle) entscheidungserhebliche Vorfrage bisher immer noch ungeklärt.

Offline tangocharly

  • Forenmitglied
  • Beiträge: 1.139
  • Karma: +5/-0
Die Problemlage hat sich bereits 2009 entwickelt.

In dem Beschluß vom 19.03.2009 hat sich der BGH dieser ausführlich angenommen und dem EuGH die Vorlagefrage vorgelegt.

Zitat
Hier geht es zu den Entscheidungsgründen des Vorlagebeschlusses des BGH vom 19.03.2009  

Und das Problem des Widerrufs nach Lieferung und nach Verbrauch wird in Tz 23 der Entscheidung abgehandelt:  

Zitat:  e) Falls ein Widerrufsrecht des Verbrauchers jedenfalls nach Aufnahme der Lieferung von Strom und Gas durch Art. 6 Abs. 3 Spiegelstrich 3 Fall 3 der Richtlinie ausgeschlossen ist, kommt es für den hier zu entscheidenden Fall schließlich auf die Frage an, ob ein Widerrufsrecht zumindest bis zu diesem Zeitpunkt besteht. Dafür könnte sprechen, dass der Eignung der Ware zur Rücksendung vor Lieferung keine Bedeutung zukommt. Andererseits stellt Art. 6 Abs. 3 Spiegelstrich 3 Fall 3 der Richtlinie seinem Wortlaut nach nicht auf die Lieferung von nicht zur Rücksendung geeigneter Ware, sondern darauf ab, ob ein Vertrag zur Lieferung von Waren vorliegt, die aufgrund ihrer Beschaffen-heit nicht für eine Rücksendung geeignet sind. Außerdem ist das Bestehen eines Widerrufsrechtes - nur - vor der Lieferung zur Verwirklichung des oben (unter d) beschriebenen Sinns und Zwecks des Widerrufsrechts ungeeignet.   Natürlich läßt sich ein Verbrauch von Strom oder Gas nicht mehr rückgängig machen.  Das Problem liegt aber bei solchen Widerrufsrechten halt darin, dass die gesetzlichen Regeln so ausgestaltet wurden, wonach ein (widerrufbarer) Vertrag in diesen Fällen erst dann wirksam wird, wenn kein Widerruf innerhalb der Widerrufsfrist erfolgt. Bis zu diesem Zeitpunkt hängt der Lieferant \"in der Luft\". Und -gesetzt den Fall, ein Widerrufsrecht besteht- sein Rückgabe-Anspruch eben solange auch.  Wenn aber der Wortlaut des nationalen Gesetzes und der Wortlaut der Gemeinschaftsrichtlinie zu diesem Fall nichts verlauten, dann wird man sich schon schwer tun, diese Bestimmungen zu \"verbiegen\" und das Problem der Lieferung und des Verbrauchs über das Institut der Bereicherung abzuwickeln (§ 818 Abs. 3 BGB).

Am 20.04.2010 setzte dann der BGH schließlich einen Schlußstrich unter diese Vorlagefrage.
<<Der Preis für die Freiheit ist die Verantwortung>>

 

Bund der Energieverbraucher e.V. | Impressum & Datenschutz