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Autor Thema: Strom- oder Gaspreise – kurzfristige Preiserhöhung bei Sonderverträgen kann unwirksam sein  (Gelesen 8406 mal)

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Offline DieAdmin

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Zitat
Pressemitteilung der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz
10.02.2012
Strom- oder Gaspreise – kurzfristige Preiserhöhung bei Sonderverträgen kann unwirksam sein

Die kurzfristigen Preiserhöhungen von Strom- und Gasanbietern Anfang des Jahres haben zu etlichen Anfragen und Beschwerden bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz geführt. Die Preisinformation der Versorger \"auf den letzten Drücker\" lässt den Betroffenen wenig Zeit, ihren Vertrag zu kündigen und zu einem günstigeren Versorger zu wechseln, kritisiert Fabian Fehrenbach, Energierechtsexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. In Sonderverträgen kann eine zu kurzfristige Preiserhöhung unwirksam sein.

Das Gesetz verlangt von Strom- und Gasanbietern, dass sie Preiserhöhungen sechs Wochen vor dem ersten Geltungstag öffentlich bekannt geben. Ansonsten werden die Preise nicht wirksam. Zeitgleich sollen Versorger ihre Kunden per Brief informieren. Diese schriftliche Mitteilung ist aber keine Vorraussetzung für eine wirksame Preisänderung. Im Falle einer Preiserhöhung können Kunden ihren Vertrag kündigen. Das Gesetz sieht eine Kündigungsfrist von einem Monat vor. Bei einer sechs Wochen zuvor angekündigten Preisänderung bleiben dem Kunden nur maximal 14 Tage Zeit, um das Versorgungsverhältnis wegen Preisänderung wirksam zu kündigen, so Fehrenbach.
Gesetzliche Grundversorgung liegt vor, wenn Kunden mit ihrem Energieversorger keinen Sondervertrag abgeschlossen haben. Sie werden dann nach den gesetzlichen Vorschriften mit Energie versorgt. Wer in dieser gesetzlichen Versorgung ist, hat ohnehin einen unbefristeten Vertrag und kann jederzeit den Grundversorgungsvertrag kündigen. Daher ergeben sich hier keine größeren Nachteile, wenn man verspätet auf die Preisänderung reagiert.

Ganz anders sieht dies allerdings aus, wenn man einen Sondervertrag mit fester Laufzeit zum Beispiel ein Jahr mit seinem Versorger vereinbart hat. Viele Verbraucher haben gerade solche Sonderverträge mit ihrem Anbieter abgeschlossen. Diese haben oft eine Laufzeit von einem Jahr. Bei diesen Verträgen finden sich die Regelungen zu Preiserhöhungen und Kündigungsmöglichkeiten im Kleingedruckten, den sogenannten allgemeinen Versorgungsbedingungen. Will der Versorger in seinem Kleingedruckten von den gesetzlichen Vorschriften abweichen, so darf er dies nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zum Nachteil des Kunden tun. So sind beispielsweise Preisänderungsmitteilungen per E-Mail ohne öffentliche Bekanntgabe unwirksam. \"Werden dem Kunden in einem Vertrag mit einjähriger Laufzeit nur 14 Tage für einen Versorgerwechsel gewährt, dürfte dies eine klare Benachteiligung des Verbrauchers darstellen. Schafft der Kunde die Kündigung in dieser Zeit nicht, so kann er nicht, wie bei der gesetzlichen Grundversorgung, weiterhin jeden Monat kündigen, sondern muss ein weiteres Jahr zum erhöhten Preis beim alten Versorger bleiben\", so Fehrenbach weiter. Denn in der Praxis veröffentlichen die Anbieter die neuen Preise zwar meist sechs Wochen vorher auf ihrer Internetseite. Die Mitteilung per Brief verschicken sie nach den Erfahrungen der Verbraucherzentrale aber oft leicht verzögert an die Kunden. Wer dann nicht sofort reagiert und zügig kündigt, hat sein Sonderkündigungsrecht nach Auffassung der Versorger verloren und muss bis zur nächsten ordentlichen Kündigungsmöglichkeit warten.

\"Darauf dürften die Versorger mit dieser Vorgehensweise spekulieren. Was in der gesetzlichen Versorgung zulässig ist, ist nicht automatisch auch bei Sonderverträgen so. Eine sehr kurzfristig mitgeteilte Preisänderung kann daher im Sondervertrag durchaus unwirksam sein\", so die Auffassung der Verbraucherzentrale. \"Das muss aber gerichtlich noch geprüft werden\", stellt Fehrenbach abschließend fest. Klärung in dieser Angelegenheit verspricht eine Gerichtsentscheidung des europäischen Gerichtshofs (EuGH). Dieser prüft derzeit, inwiefern die gesetzlichen Regelungen für Preisänderungen rechtmäßig sind. Sollte der EuGH zu der Auffassung gelangen, dass die gesetzlichen Vorschriften für Preisänderungen keine rechtliche Grundlage darstellen, so könnten Verbraucher unter Umständen weitreichende Rückforderungsansprüchen gegen ihre Energieversorger geltend machen.
VZ-RLP

http://www.verbraucherzentrale-rlp.de/UNIQ132990081512024/link1029631A.html

Offline berghaus

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Die Preiserhöhungen setzen sich ja aus echten Preiserhöhungen des Versorgers und sogenannten ‚gesetzlichen Preisbestandteilen‘ zusammen.

Durch geschickte Vermischung von Netto- und Bruttopreisen, bei der Anwerbung, im Vertrag, bei der Mitteilung oder dem Verschweigen von gesetzlichen und ‚ungesetzlichen‘ Preiserhöhungen und in der Jahresabrechnung verliert der Verbraucher die Übersicht und wagt selten einen Widerspruch.

Unglaubliches und unglaublichen Schriftverkehr mit den Stadtwerken Duisburg (Rheinpower) könnte ich hier berichten, wenn es nicht zu aufwendig wäre.
Frei nach dem Motto: In der Rubrik „Häufige Fragen“ helfen wir Ihnen gerne weiter: Transparent, schnell und einfach.

Die Geschäftsbedingungen in Verträgen mit einjähriger Laufzeit und einmonatiger Kündigungsfrist lassen in der Regel keine außerordentliche Kündigung zu, wenn nur gesetzliche Preisbestandteile erhöht werden.
Diese können nach den AGB jederzeit auf den Preis aufgeschlagen werden. Siehe hier bei Rheinpower.
Die diesbezügliche Erhöhung wird, wenn überhaupt, 14 Tage nach Ablauf des Kündigungszeitpunkts mitgeteilt.
Die gesetzlichen Preisbestandteile seien bei den „Häufigen Fragen“ einsehbar. Sind sie aber nicht.

Mein neuer Versorger ab 01.02.12, 1.2.3energie (Pfalzwerke) geben die Erhöhung der ‚gesetzlichen Preisbestandteile‘ sogar ohne Ankündigung weiter. Sie tauchen dann erst in der Jahresrechnung auf.

Ich glaube hier gibt es noch ein neues Feld in Bezug auf intransparente, unzulässige und damit unwirksame Klauseln zu beackern.

Siehe auch Urteil des OLG Hamm vom 08.11.2011 Az.: I-4 U 58/11 hier

Auf geht’s!

berghaus 23.02.12

Offline egn

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Meines Wissen müssen aber die gesetzlichen Bestandteile, auf die sich der Versorger bei der Preiserhöhung beruft, bei Vertragsabschluss klar beim Namen und in ihrer Höhe benannt werden. Nur so ist für den Verbraucher ein Kontrolle möglich ob die Preiserhöhung korrekt ist, oder ob der andere Anteil erhöht wurde und so eine Sonderkündigung möglich ist.

Offline bolli

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Zitat
Original von egn
Meines Wissen müssen aber die gesetzlichen Bestandteile, auf die sich der Versorger bei der Preiserhöhung beruft, bei Vertragsabschluss klar beim Namen und in ihrer Höhe benannt werden.
Ob diese Bestandteile tatsächlich namenstlich UND in der Höhe BEI VERTRAGSSCHLUSS benannt sein müssen, wüsste ich nicht, wo so was schon mal entschieden wurde. Jedoch muss der Versorger auf jeden Fall angeben, aufgrund WELCHER Erhöhung gesetzlicher (oder gesetzesähnlicher) Preisbestandteile er seine Preise um wieviel erhöht. Dann kann der Verbraucher schauen, ob die Angaben des Versorgers stimmen.
Des weiteren müssen bei Vertragsabschlüssen kurz vor dem Erhöhungszeitpunkt, wenn diese Tatsachen schon bekannt und verabschiedet sind, diese Erhöhungen in die künftigen Preise bereits eingerechnet un dem Verbraucher mitgeteilt werden.

Kann man dann die Veränderungen der Preise diese Preiserhöhungen nicht mit den gesetzlichen Abgabenänderungen überein bringen, dürfte eine unzulässige Preiserhöhung vorliegen, die entweder nicht komplett bezahlt zu werden braucht oder ein Sonderkündigungsrecht auslöst.

 

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