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Autor Thema: Betroffene nicht wehrlos gegen Nichtzulassung eines Rechtsmittels bei abweichender Rechtsprechung  (Gelesen 24584 mal)

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Offline RR-E-ft

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@Stubafü

Es stellt sich die Frage, was sich denn aus Ihrer Lebenserfahrung für die Erfolgsaussichten einer ganz bestimmten Verfassungsbeschwerde ergeben soll, die unter den genannten Umständen zulässig und nach der bestehenden ständigen Rechtsprechung des BVerfG auch begründet ist.

Ihre Behauptung, dass sich aus der Rechtsprechung des BVerfG für die Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte und Fachgerichte nichts mehr ableitet, deren Beachtung in das Belieben der Richterschaft gestellt sei, ist nicht nachvollziehbar.

Gerichtsentscheidungen, die nach Erschöpfung des Rechtsweges auf einem Verstoß beruhen, werden auf fristgerecht eingelegte und substantiiert begründete Verfassungsbeschwerde vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben und der Staatskasse werden die Kosten eines solchen Verfahrens auferlegt.

Ebenso, wie die Quote erfolgreicher Berufungen gegen seine Entscheidungen in die regelmäßige  fachliche Beurteilung eines Richters einfließen wird, werden auch erfolgreiche Verfassungsbbeschwerden, die einen Verstoß gegen das Willkürverbot feststellen, in dessen regelmäßige  fachliche Beurteilung einfließen, von welcher wiederum dessen zukünftige dienstliche Verwendung und Beförderung abhängen kann.


Zitat
Original von Stubafü

Folgen hat eine Nichtbeachtung dieser Rechtsprechung heute weder für den Richter noch seinen Dienstherrn. Eine diesbezügliche Verfassungsbeschwerde würde - eine vor wenigen Jahren endlich eingeführte verfassungswidrige Umgangsart mit Verfassungsbeschwerden - ohne Angabe von Gründen vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen, denn vom Bundesverfassungsgericht ist die Rechtswidrigkeit solchen Verhaltens schließlich bereits festgestellt.

Das Bundesverfassungsgericht hat insofern seinen Zweck erfüllt, der Rechtsprechung den Anstrich der Untadeligkeit zu geben. Jetzt gilt es nur noch, die Fassade bundesdeutscher Rechtsstaatlichkeit zu polieren.

Damit unterläuft das Bundesverfassungsgericht seine eigene Rechtsprechung  zugunsten der Richterschaft der Fachgerichte.

Aus Ihren vielen Beiträgen im Forum meine ich herausgelesen zu haben, dass Sie wohl der Meinung sind, der Rechtsstaat existiere, wenn überhaupt dann wohl nur auf dem Papier, Art. 20 Abs. 3 GG.

Ich meine nicht, dass sich behaupten ließe, alle Entscheidungen, die Richter in diesem Lande treffen, basierten auf deren Willkür, weil sie diese nicht/ nicht mehr  auf der Grundlage von Recht und Gesetz treffen.

Die Frage ist doch eher, wo wir denn eigentlich letztinstanzliche Gerichtsentscheidungen gegenüber Widerspruchskunden finden, bei denen die Gerichte bewusst von der bestehenden obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichen und deshalb unter willkürlicher Nichtanwendung der einschlägigen ZPO- Vorschriften kein Rechtsmittel zugelassen haben und sodann sogar auf fristgerecht eingelegte und entsprechend begründete Gehörsrüge dieser nicht abgeholfen haben.

Ich meine, dass sich solche in Ausnahmefällen wohl finden werden, dass jedoch eine dagegen gerichtete, fristgerecht eingelegte und substantiiert begründete Verfassungsbeschwerde aus genannten Gründen Aussicht auf Erfolg hat.

Fakt ist, dass auch solche gerichtlichen Willkürentscheidungen dann bestandskräftig werden, wenn dagegen nicht fristgerecht und substantiiert begründet Verfassungsbeschwerde erhoben wird.

Offline Stubafü

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Original von RR-E-ft:
Es stellt sich die Frage, was sich denn aus Ihrer Lebenserfahrung für die Erfolgsaussichten einer
ganz bestimmten Verfassungsbeschwerde ergeben soll, die unter den genannten Umständen
zulässig und nach der bestehenden ständigen Rechtsprechung des BVerfG auch begründet ist.

Die hat Dr. Rolf Lamprecht, vormals SPIEGEL-Korrespondent von 1968 bis 1998 bei den
Obersten Gerichtshöfen des Bundes in Karlsruhe und Mitbegründer und Ehrenvorsitzender der
\"Justizpressekonferenz Karlsruhe\", in seinem Beitrag \"Ist das BVerfG noch gesetzlicher Richter?\"
(NJW 2001, 419) wie folgt beantwortet [unter Bezugnahme auf die Abschiedsrede des
ehemaligen Verfassungsrichters Ernst-Wolfgang Böckenförde (ZRP 1996, 281)]:


7. Mit Blick “auf höchst anfechtbare richterliche Abwehrstrategien” kam Böckenförde zu dem  Schluss:

\"Die Verfassungsbeschwerde als Rechtsbehelf für jedermann, ohne spezialisierten anwaltlichen Beistand, ist hierdurch längst zur Farce geworden\".

Wenn das die Realität wiedergibt – und alles spricht dafür – erübrigt sich jedes weitere \"Plädoyer für die Verfassungsbeschwerde\"
(Lamprecht, NJW 1997, 2219).

Die Prämisse, dass die Verfassungsrichter “jedes Bürger-Petitum nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden”, stimmte wahrscheinlich schon 1997 nicht mehr.

Wer den Bürger heute noch animiert, ins “Mekka der Verfassungspatrioten” aufzubrechen, betreibt eine unentschuldbare Irreführung.

Das Jedermanns-Recht alten Zuschnitts ist mausetot.

Böckenfördes Rat, ein Annahmeverfahren “nach dem Vorbild des US-Supreme Court” einzuführen,
ist zwar nicht Gesetz geworden. Doch es wird klammheimlich längst praktiziert.

Die Annahme einer Beschwerde ist de facto schon heute, wie der scheidende Richter 1996 vorschlug,
\"eine Sache des Ermessens\", sie erfolgt “auf Grund
einer Einschätzung ihrer Bedeutung durch die Richter”.

Warum sollte da nicht Gesetz werden, was Böckenförde dankenswerterweise schon vorformuliert hat:

Sehr aufschlussreich ist auch die \"Mathematik\" Bockenfördes, wieviel Zeit
einem Verfassungsrichter angesichts der damaligen Anzahl von
angenommenen Verfassungsbeschwerden für eine zur Entscheidung angenommene Verfassungsbeschwerde verbleibt: 12,8 Min !!
Siehe hierzu Ziff. 2-3 in NJW 2001, 419!

Zum heutigen Zustand der \"Verfassungsrechtsprechung\" braucht man nur zu googeln unter:

\"Die Causa Voßkuhle\", dortige Klageabweisungsschrift Ziff. 4, ab S. 40

um zu der niederschmetternden Erkenntnis zu gelangen, dass sich über den deutschen
Rechtsstaat jedenfalls niemand mehr Illusionen zu machen braucht. Und über Vosskuhle auch nicht.

Fazit:
Solange eine breite Öffentlichkeit wie selbstverständlich hinnimmt, dass es die Justiz selbst ist die den Rechtsstaat immer wieder missachtet,
wird sich an der mißlichen Situation des rechtssuchenden Bürgers in unserem Lande nichts ändern.

Offline RR-E-ft

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@Stubafü

Wird  nach Guttenbergerscher Art zitiert?

Zitat
   honorine
    28.09.2011 um 11:08 Uhr

8. Vosskuhle und Meinungsfreiheit

Vosskuhle unterhält seit 1999 einen Lehrstuhl an der Uni Freiburg und sitzt zusammen mit Barroso, Schäuble und Zollitsch im Kuratorium der \"Neuen Universitätsstiftung Freiburg\".

Die Universität betreibt z.Zt. eine Unterlassungsklage vor dem Landgericht Freiburg. Mit dieser will die Uni verhindern, dass die kriminellen Freiburger Gepflogenheiten, u. a. Wissenschaftsbetrug und Menschenversuche ohne rechtswirksame Aufklärung usw., öffentlich bekannt werden. Auch will die Universität öffentliche Äusserungen über die prominente Position der Universität Freiburg im Nationalsozialismus unterbinden.

In der Klageabweisungsbegründung vom 11.07.2011 wurden diverse medienbekannte Freiburger Skandale von 1933 bis dato vorgetragen, vgl.

http://www.rentenreform-a...

oder google, Suchbegriff: rentenreform alternative schiewer

Auf S. 2 befindet sich ein Inhaltsverzeichnis. Besonders zu empfehlen Abs. 4 (die Causa Vosskuhle) iVm Abs. 10. Danach dürfte sich über den deutschen Rechtsstaat niemand mehr Illusionen machen. Und über Vosskuhle auch nicht.

Quellen:

http://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-09/europa-verfassungsgericht

http://www.politaia.org/politik/europa/voskuhle-warnt-vor-machtubertragung-in-hinterzimmern-auf-europaische-ebene-und-fordert-volksentscheid/

http://www.net-tribune.de/nt/node/59657/news/Vosskuhle-warnt-vor-Machtuebertragung-auf-europaeische-Ebene?cp=1

Welche Irreführung betreiben Sie denn?

Zitat
Original von Stubafü

Solange eine breite Öffentlichkeit wie selbstverständlich hinnimmt, dass es die Justiz selbst ist die den Rechtsstaat immer wieder missachtet,
wird sich an der mißlichen Situation des rechtssuchenden Bürgers in unserem Lande nichts ändern.

Nicht ersichtlich, was Ihnen da wohl für die breite Öffentlichkeit vorschwebt.
Es ist aber auch vollkommen egal, weil es jedenfalls hier um konkret Betroffene geht.



Fakt ist:

Die Willkürentscheidung eines Gerichts, die darin begründet liegt,
dass es bei Abweichen von bestehender obergerichtlicher und höchstrichterlicher Rechtsprechung
unter Missachtung der einschlägigen Regelungen der ZPO ein Rechtsmittel (Berufung/ Revision) nicht zulässt,
wird jedenfalls bestandskräftig, wenn der davon Betroffene dagegen nicht fristgerecht und entsprechend begründet Verfassungsbeschwerde erhebt,
da nur auf eine solche hin das Bundesverfassungsgericht eine solche Willkürentscheidung eines Gerichts  aufheben kann.

Für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist es jedenfalls notwendig,
dass der Betroffene zuvor gegen die Entscheidung fristgemäß und  mit entsprechender Begründung gem. § 321a ZPO Gehörsrüge erhoben hatte,
das Gericht dieser jedoch nicht abgeholfen hat.

Wer dementsprechend als Betroffener in dieser Situation keine Gehörsrüge und bei deren Nichtabhilfe keine Verfassungsbeschwerde erhebt,
der muss es sich jedenfalls selbst zuschreiben,
dass eine solche Willkürentscheidung eines Gerichts bestandkräftig wird.

Solche willkürliche Gerichtsentscheidungen werden jedenfalls dann bestandskräftig,
wenn der davon Betroffene die ihm vom Rechtsstaat an die Hand gegebenen Möglichkeiten,
sich dagegen zur Wehr zu setzen- aus welchem Verständnis heraus auch immer - nicht ausschöpft.

Man sollte sich nicht nur im entsprechenden Gerichtsverfahren und mithin auch bei der Gehörsrüge,
sondern auch bei der Verfassungsbeschwerde anwaltlich vertreten lassen,
weil es sonst leicht sein kann, dass man den jeweils gestellten formalen und inhaltlichen Anforderungen nicht genügt.

Offline Stubafü

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Original von RR-E-ft:
\"Wird nach Guttenbergerscher Art zitiert?\"
 
@RR-E-ft
Möglicherweise können Sie die Diskussions-Beiträge nicht richtig lesen oder wollen es nicht; ersichtlich zitiere ich zur \"Causa Vosskuhle\" Beiträge von
Forums-Teilnehmern der Badischen Zeitung. Was hat dies also \"mit Guttenbergerscher Art zitieren\" zu tun. Das müssen Sie mir mal näher erläutern. Wer hier wohl \"Irreführung betreibt\", dürfte damit erwiesen sein.

Was noch weiteres gegen Prof. Dr. jur Voßkuhle anhängig ist (war), können Sie (ehe Sie mir weiter rechtsgrundlos \"Irreführung\" vorhalten) nachstehenden Links direkt entnehmen:

http://www.badische-zeitung.de/uniklinik-droht-weitere-millionen-abfindung--25544719.html

S. dort Userbeitrag von \"Biene\" v. 16.01.2010 sowie \"Maxi\" v. 16.10.2010.
Der User \"Sonja\", dessen Beiträge v. d. \"Badischen Zeitung\" (s.u. Link) gelöscht wurden, ist wohl der betroffene/ geschädigte Patient der Uniklinik Freiburg, der das Verfahren gegen Vosskuhle betreibt.

Siehe auch:
http://www.forschungsmafia.de/blog/2010/06/27/klageerzwingungsantrag-gegen-den-bundesverfassungsgerichtsprasidenten-voskuhle/

Herr Danisch von der TH Karlsruhe scheint da über über weitere \"Dossiers\" von Verfassungsrichtern zu verfügen.

Darüber hinaus, Strafanzeige gegen Prof. Voßkuhle durch ehemaligen niedersächsischen Abgeordneten:

Michael Oswald Hoch
Lindemannring 21
38550 Isenbüttel

Tel. 05374 - 604496
E-Mail O.Hoch@web.de

Ferner eine weitere Klage vor dem AG Dortmund eines RA Torsten Ramm u.a. auch gegen Vosskuhle:

http://menschenrechtsverfahren.wordpress.com/2011/12/04/der-anfang-einer-kleinen-revolution/

Darüber hinaus erstaunt es doch sehr, dass Sie den Beitrag von Dr. Rolf Lamprecht in NJW 2001, 419 nebst den dort enthaltenen Feststellungen von Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde zum Zustand der Verfassungsrechtsprechung so kommentarlos hinnehmen.

Offline RR-E-ft

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Zitat
Original von Stubafü

Möglicherweise können Sie die Diskussions-Beiträge nicht richtig lesen oder wollen es nicht; ersichtlich zitiere ich zur \"Causa Vosskuhle\" Beiträge von
Forums-Teilnehmern der Badischen Zeitung. Was hat dies also \"mit Guttenbergerscher Art zitieren\" zu tun. Das müssen Sie mir mal näher erläutern.
Es wird eben nicht ersichtlich, dass u.a. Beiträge Dritter aus einem Forum  der Badischen Zeitung abgekupfert und verwurstet wurden. Zitate sollten immer als solche gekennzeichnet werden, um nicht den Eindruck zu erwecken, es handele sich nicht bloß um zusammengestückelte Lesefrüchte, sondern um das Ergebnis einer eigenen Geistestätigkeit.

Um Voßkuhle und was man dem alles zum Vorwurf machen wollte, geht es doch hier in der Diskussion überhaupt nicht!

Zitat
Original von Stubafü

Darüber hinaus erstaunt es doch sehr, dass Sie den Beitrag von Dr. Rolf Lamprecht in NJW 2001, 419 nebst den dort enthaltenen Feststellungen von Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde zum Zustand der Verfassungsrechtsprechung so kommentarlos hinnehmen.
Wurden denn die nachfolgenden NJW und andere Fachzeitschriften  überhaupt nach einem Kommentar von mir durchgesehen?
Auch ich habe weder Zeit noch Lust, noch Veranlassung alles zu kommentieren, was irgendwo von irgendwem veröffentlicht wurde,
was niemanden, der nicht von Natur aus eine Wundertüte ist, erstaunen sollte.

Lamprecht (NJW 2001, 419) befasst sich damit, dass die Richter des BVerfG in zunehmendem Maße Tätigkeiten auf eine immer größere Zahl ihrer wissenschaftlichen Mitarbeiter (Hiwis) übertragen (müssen). Diese wissenschaftlichen Mitarbeiter sind wie auch bei anderen Bundesgerichten (zB. am Bundesgerichtshof) dorthin als wissenschaftliche Mitarbeiter abgeordnete Richter an LG und OLG, die ihrerseits auf überdurchschnittliche Leistungen in ihrer Dezernatstätigkeit verweisen können.  In Anbetracht des dadurch bewirkten immer größeren Einflusses der Hiwis als Ghostwriter stellt Lamprecht die Frage, ob das Bundesverfassungericht überhaupt  noch der gesetzliche Richter sei.  Vorgeschlagen wird dabei, die Zahl der anzunehmenden Verfassungsbeschwerden im Vornherein derart zu limitieren, dass die Richter des BVerfG ihre Arbeit wieder selbst ohne die Hiwis bewältigen können, was auch die für die Hiwis benötigten Büroflächen reduzieren würde. Siehe auch Lamprecht, Rolf \"Ich gehe bis nach Karlsruhe\", SPIEGEL- Verlag 2011, S. 32 ff.

Aber auch darum geht es hier in der Diskussion überhaupt nicht.

Zitat
Original von RR-E-ft

Fakt ist:

Die Willkürentscheidung eines Gerichts, die darin begründet liegt,
dass es bei Abweichen von bestehender obergerichtlicher und höchstrichterlicher Rechtsprechung
unter Missachtung der einschlägigen Regelungen der ZPO ein Rechtsmittel (Berufung/ Revision) nicht zulässt,
wird jedenfalls bestandskräftig, wenn der davon Betroffene dagegen nicht fristgerecht und entsprechend begründet Verfassungsbeschwerde erhebt,
da nur auf eine solche hin das Bundesverfassungsgericht eine solche Willkürentscheidung eines Gerichts  aufheben kann.

Für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist es jedenfalls notwendig,
dass der Betroffene zuvor gegen die Entscheidung fristgemäß und  mit entsprechender Begründung gem. § 321a ZPO Gehörsrüge erhoben hatte,
das Gericht dieser jedoch nicht abgeholfen hat.

Wer dementsprechend als Betroffener in dieser Situation keine Gehörsrüge und bei deren Nichtabhilfe keine Verfassungsbeschwerde erhebt,
der muss es sich jedenfalls selbst zuschreiben,
dass eine solche Willkürentscheidung eines Gerichts bestandkräftig wird.

Solche willkürliche Gerichtsentscheidungen werden jedenfalls dann bestandskräftig,
wenn der davon Betroffene die ihm vom Rechtsstaat an die Hand gegebenen Möglichkeiten,
sich dagegen zur Wehr zu setzen- aus welchem Verständnis heraus auch immer - nicht ausschöpft.

Man sollte sich nicht nur im entsprechenden Gerichtsverfahren und mithin auch bei der Gehörsrüge,
sondern auch bei der Verfassungsbeschwerde anwaltlich vertreten lassen,
weil es sonst leicht sein kann, dass man den jeweils gestellten formalen und inhaltlichen Anforderungen nicht genügt.

Eine gute Verfassungsbeschwerde ist so abgefasst, dass sie möglichst unverändert als Entscheidung des BVerfG übernommen werden kann.
Auch das ist eine Kunst, die man erlernen kann.

Offline Stubafü

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@RR-E-ft

Man kann, was Ihre Apperzeptionsfähigkeit betrifft, in diesem speziellen Fall wohl keine großen Ansprüche an Sie stellen, denn die von Ihnen gezogenen Schlüsse sind schlichtweg dolos.

Auch mir ist nicht entgangen, dass der Beitrag von Dr. Rolf Lamprecht in NJW 2001, 419 letztlich in der Frage gipfelt, ob mit der damaligen Annahmepraxis, die sich von der heutigen in keinster Weise unterscheidet, dem Beschwerdeführer der vom Grundgesetz garantierte gesetzliche Richter verwehrt wird.

Sie sollten sich mehr auf den zweiten Teil meines Satzes konzentrieren der da heißt:

\" .........nebst den dort enthaltenen Feststellungen von Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde zum Zustand der Verfassungsrechtsprechung so kommentarlos hinnehmen.\"

Ernst-Wolfgang Bockenförde sagte in der von mir zitierten Quelle bspw. so bedeutende Sätze wie:

7. Mit Blick \"auf höchst anfechtbare richterliche Abwehrstrategien\" kam Böckenförde zu dem Schluss:

\"Die Verfassungsbeschwerde als Rechtsbehelf für jedermann, ohne spezialisierten anwaltlichen Beistand, ist hierdurch längst zur Farce geworden\".

Die Annahme einer Beschwerde ist de facto schon heute, wie der scheidende Richter 1996 vorschlug,

 \"eine Sache des Ermessens\", sie erfolgt \"auf Grund einer Einschätzung ihrer Bedeutung durch die Richter\".

Woher wollen Sie -als sich hier gerierender Oberguru der Rechtswissenschaften-die Gewissheit haben respektive Ihrem Mandanten garantieren können, dass ausgerechnet Ihre spezielle Sache von den ersichtlich nicht gesetzlichen Richtern als \"bedeutend eingeschätzt\" und damit ermessensfehlerfrei zur Entscheidung angenommen wird mit dem Ergebnis, dass der Beschwerde letztlich dann auch abgeholfen wird.

Meine Empfehlung wäre daher, dass Sie sich bei Ihren speziellen Themen hier im Forum erst den nachstehenden Rat von Dr. Lamprecht verinnerlichen sollten, ehe sie diese im Forum veröffentlichen:
 
\"Wer den Bürger heute noch animiert, ins \"Mekka der Verfassungspatrioten\" aufzubrechen, betreibt eine unentschuldbare Irreführung.\"

Ich versichere hiermit ausdrücklich, dass die obigen Beiträge, soweit diese nicht gesondert als Zitat eines Dritten ausgewiesen sind, weder \"abgekupfert noch verwustet\" und \"das Ergebnis meiner eigenen Geistestätigkeit\" sind.

Offline RR-E-ft

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Original von Stubafü
@RR-E-ft

Man kann, was Ihre Apperzeptionsfähigkeit betrifft, in diesem speziellen Fall wohl keine großen Ansprüche an Sie stellen, denn die von Ihnen gezogenen Schlüsse sind schlichtweg dolos.

@Stubafü

Ihre  Fähigkeit zur Sachlichkeit erscheint ebenso wie die allgemeinverständliche Ausdrucksweise beneidenswert.
Wo lernt man so etwas?

Wir wollen es uns bei Lichte betrachten.

Sie meinen wohl, weil die Verfassungsbeschwerde gem. § 93a BVerfGG  der Annahme bedarf,
sollte man von der Erhebung einer solchen von Anfang an Abstand nehmen,
weil deren Annahme nicht vollkommen gewiss [garantiert] sei?

Diesen sicheren Schluss wollen Sie aus Lesefrüchten gezogen haben?!

Zitat
Original von Stubafü

Meine Empfehlung wäre daher, dass Sie sich bei Ihren speziellen Themen hier im Forum erst den nachstehenden Rat von Dr. Lamprecht verinnerlichen sollten, ehe sie diese im Forum veröffentlichen:
 
\"Wer den Bürger heute noch animiert, ins \"Mekka der Verfassungspatrioten\" aufzubrechen, betreibt eine unentschuldbare Irreführung.\"

Wäre das nicht eine unentschuldbare Irreführung nach dieser Logik,
weil dann niemand mehr Verfassungsbeschwerde erheben würde,
selbst wenn seine Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet ist?!

Wenn man schon offensichtlich begründete Verfassungsbeschwerden nicht erheben sollte,
dann müsste man freilich Verfassungsbeschwerden in allen anderen Fällen erst recht  vergessen.

Steht das nicht im diametralen Widerspruch zu Ihrem eigenen Fazit?!

Zitat
Original von Stubafü

Fazit:
Solange eine breite Öffentlichkeit wie selbstverständlich hinnimmt, dass es die Justiz selbst ist die den Rechtsstaat immer wieder missachtet,
wird sich an der mißlichen Situation des rechtssuchenden Bürgers in unserem Lande nichts ändern.

Hier geriert sich niemand als Guru oder gar Oberguru.

So nüchtern wie sachlich betrachtet, ergibt sich Folgendes:

Im konkreten Fall  steht unter den genannten Zulässigkeitserfordernissen eine Entscheidung gem. §§ 93c Abs. 1 Satz 1, 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG im Beschlusswege  folgenden Inhalts zu erwarten:

Zitat
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen Fragen bereits entschieden (vgl. nur BVerfGE 74, 228 <234>; 96, 189 <203>; BVerfGK 11, 235 <237 ff.>; 12, 298 <300 ff.>). Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.

1. Das angegriffene Urteil verstößt gegen die Rechtsschutzgarantie aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

2. Nachdem das angegriffene Urteil jedenfalls die Rechtsschutzgarantie verletzt, bedürfen die weiteren von der Beschwerdeführerin erhobenen Rügen keiner Entscheidung.

3. Das Urteil  ist hiernach gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an das Gericht zurückzuverweisen. Der ebenfalls angegriffene Beschluss wird damit gegenstandslos.

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG lässt so gut wie kein Ermessen.
Die Verfassungsbeschwerde ist zur Entscheidung anzunehmen,....

Gem. § 93c Abs. 1 BVerfGG kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde durch Beschluss stattgeben,
wenn die maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden wurde
und die Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet ist.

Wie aufgezeigt ist die maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits mehrfach entschieden worden.  

Es ist Sache des damit beauftragten Anwalts, anhand der bereits vorhandenen Entscheidungen des BVerfG die Verfassungsbeschwerde so abzufassen,
dass ohne weiteres ersichtlich wird, dass diese offensichtlich begründet ist.

Warum das BVerfG deshalb in einem solchen Fall der Verfassungsbeschwerde nicht gem. § 93c Abs. 1 BVerfGG durch Beschluss stattgeben sollte, ist nicht ersichtlich.

Es gibt nämlich in der konkreten Konstallation solche Beschluss- Stattgaben fast \"am laufenden Band\".
Derart offensichtlich begründete Verfassungsbeschwerden werden vom BVerfG im Beschlusswege regelmäßig \"durchgewinkt\".

Statt allem anderen sollte man doch bitte zunächst die hier zitierten Entscheidungen des BVerfG lesen.

Zitat
Original von RR-E-ft

BVerfG, 1 BvR 172/04 vom 26.5.2004


Zitat
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die entscheidungserheblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind vom Bundesverfassungsgericht schon entschieden (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93 c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor.

1. Das angegriffene Urteil ist, soweit das Amtsgericht darin die Berufung nicht zugelassen hat, mit Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Bedeutung als Willkürverbot nicht vereinbar.


a) Willkürlich ist ein Richterspruch, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Fehlerhafte Auslegung eines Gesetzes allein macht eine Gerichtsentscheidung allerdings nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet wird. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Schuldhaftes Handeln des Richters ist nicht erforderlich (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>).


b) Nach diesem Maßstab steht die Nichtzulassung der Berufung im angegriffenen Urteil des Amtsgerichts mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht im Einklang.


Der Beschwerdeführer beantragte vor Erlass dieses Urteils die Berufung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 ZPO). Das Amtsgericht hat bei seiner Entscheidung, dem nicht zu entsprechen, diesen Zulassungsgrund nicht erwähnt und ihn auch in dem weiter angegriffenen Beschluss nicht erörtert. Es hat in diesem Beschluss vielmehr ausgeführt, die Berufung sei beim Vorliegen eines berufungsunfähigen Urteils nur zuzulassen, wenn eine für den Rechtsstreit entscheidungserhebliche Rechtsfrage durch das Berufungsgericht noch nicht geklärt sei (vgl. § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO), und diese Voraussetzung für das Ausgangsverfahren mit der Begründung verneint, das Berufungsgericht habe die maßgebliche Rechtsfrage - wenn auch abweichend vom Amtsgericht - schon entschieden.

Damit wird der Zulassungsgrund des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 ZPO übergangen. Dieser war im Ausgangsverfahren einschlägig. Danach ist die Berufung durch das Gericht des ersten Rechtszugs zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Damit soll ausweislich der Gesetzesmaterialien vermieden werden, dass im Zuständigkeitsbereich eines Berufungsgerichts schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen (vgl. BTDrucks 14/4722, S. 93 i.V.m. S. 104; vgl. auch Rimmelspacher, in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, Aktualisierungsband ZPO-Reform 2002, 2. Aufl. 2002, § 511 Rn. 73). Von solchen Unterschieden ist bei Abweichung von der Entscheidung eines höherrangigen Gerichts in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage nach überwiegender Auffassung auszugehen, wenn die Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung ist, weil sie in einer Mehrzahl von Fällen auftreten kann (vgl. BTDrucks 14/4722, S. 93; Rimmelspacher, a.a.O., § 511 Rn. 74 ff. i.V.m. Rn. 68; enger, soweit ersichtlich nur, Reichold, in: Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 25. Aufl. 2003, § 511 Rn. 21: nur bei Abweichung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs oder eines Oberlandesgerichts).


Hier hat das Amtsgericht mit der Frage nach den Anforderungen an die Aufschlüsselung einer Kraftfahrzeugsachverständigenrechnung eine Rechtsfrage entschieden, die eine Vielzahl von Verkehrsunfallsachen betrifft und äußerst umstritten sowie höchstrichterlich offensichtlich noch nicht geklärt ist (vgl. dazu Heinrichs, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 63. Aufl. 2004, § 315 Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist es von der ihm erklärtermaßen bekannten Rechtsprechung des zuständigen Berufungsgerichts abgewichen. Indem es die Berufung nicht zugelassen hat, hat es damit eine Sicherung der Rechtseinheitlichkeit im Zuständigkeitsbereich dieses Berufungsgerichts vereitelt.


Mit der vom Amtsgericht im angegriffenen Beschluss erörterten sachlichen Unabhängigkeit des Gerichts (Art. 97 Abs. 1 GG) hat die Frage der Zulassung der Berufung nichts zu tun. Der Amtsrichter war unbeschadet der Pflicht, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 ZPO die Berufung zuzulassen (\"lässt ... zu\"; vgl. auch Rimmelspacher, a.a.O., § 511 Rn. 79; Albers, in: Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 62. Aufl. 2004, § 511 Rn. 25) nicht gehindert, von der Rechtsauffassung des übergeordneten Berufungsgerichts inhaltlich abzuweichen.


2. Da die Nichtzulassung der Berufung durch das Amtsgericht auf dem festgestellten Verfassungsverstoß beruht, ist das angegriffene Urteil insoweit gemäß § 93 c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Der ebenfalls angegriffene Beschluss des Gerichts wird damit gegenstandslos.

Siehe auch:

BVerfG 1 BvR 1991/09 vom 26.04.10



Zitat
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen Fragen bereits entschieden (vgl. nur BVerfGE 74, 228 <234>; 96, 189 <203>; BVerfGK 11, 235 <237 ff.>; 12, 298 <300 ff.>). Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.

1. Das angegriffene Urteil verstößt gegen die Rechtsschutzgarantie aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.


a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes, das für bürgerlichrechtliche Streitigkeiten aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten ist (vgl. BVerfGE 54, 277 <291>; 80, 103 <107>; 85, 337 <345>; stRspr), beeinflusst die Auslegung und Anwendung der Bestimmungen, die für die Eröffnung eines Rechtswegs und die Beschreitung eines Instanzenzugs von Bedeutung sind. Hat der Gesetzgeber sich für die Eröffnung einer weiteren Instanz entschieden und sieht die betreffende Prozessordnung dementsprechend ein Rechtsmittel vor, so darf der Zugang dazu nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 69, 381 <385>; 74, 228 <234>; 77, 275 <284>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar sind die den Zugang zum Rechtsmittel erschwerende Auslegung und Anwendung der einschlägigen zivilprozessualen Vorschriften dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen sind, sich damit als objektiv willkürlich erweisen und dadurch den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar einschränken (vgl. zu § 522 Abs. 2 ZPO: BVerfGK 11, 235 <237 ff.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. November 2008 - 1 BvR 2587/06 -, NJW 2009, S. 572 <573>).

b) Dies ist hier bei der (unterlassenen) Anwendung des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Alt. 3 ZPO der Fall. Nach dieser Vorschrift lässt das Gericht des ersten Rechtszugs die Berufung zu, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Damit soll ausweislich der Gesetzesmaterialien vermieden werden, dass im Zuständigkeitsbereich eines Berufungsgerichts schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen (vgl. BTDrucks 14/4722, S. 93, 104). Von solchen Unterschieden ist bei Abweichung von der Entscheidung eines höherrangigen Gerichts in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage insbesondere dann auszugehen, wenn die Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung ist, weil sie in einer Mehrzahl von Fällen auftreten kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 26. Mai 2004 - 1 BvR 172/04 -, NJW 2004, S. 2584 <2585> m.w.N.). Die willkürliche Nichtzulassung der Berufung in solchen Fällen verletzt Grundrechte des im Ausgangsverfahren Unterliegenden (vgl. BVerfGK 12, 298 <301 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 26. Mai 2004, a.a.O. [jeweils: Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG]; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 21. Januar 2009 - 1 BvR 2524/06 -, NVwZ 2009, S. 515 <516>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, juris [jeweils: Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG im Verwaltungsrechtsstreit]; BVerfGK 2, 202 <204> [Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch willkürliche Nichtzulassung der Revision]; vgl. auch BerlVerfGH, Beschluss vom 1. April 2008 - VerfGH 203/06 -, NJW 2008, S. 3420 [Verletzung der mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG übereinstimmenden Vorschrift der Landesverfassung]).

Diese Rechtslage hat das Amtsgericht verkannt. Trotz Ausführungen der Beschwerdeführerin im Replikschriftsatz zur Rechtsprechung mehrerer Landgerichte zu § 19a UrhG hat sich das Amtsgericht einer hiervon abweichenden Auffassung einer Kammer des Landgerichts Berlin (Urteil vom 2. Oktober 2007 - 15 S 1/07 -, GRUR-RR 2008, S. 387) angeschlossen. Dabei hat es offensichtlich auch übersehen, dass das unmittelbar übergeordnete Landgericht Hamburg sich mit Urteil vom 17. April 2009 - 308 O 612/08 - (n.v.) ebenfalls ausdrücklich gegen die Meinung der Kammer des Landgerichts Berlin und für die herrschende Meinung entschieden hatte. Auch das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hatte in seinem im einstweiligen Rechtsschutz ergangenen Beschluss vom 23. November 2006 (- 5 W 168/06 -, ZUM 2007, S. 917 <918>), den das Amtsgericht selbst zitiert, festgehalten, urheberrechtlich geschützte Kartografien seien weiterhin öffentlich zugänglich, auch wenn die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung oder Kenntnisnahme durch Dritte deswegen äußerst gering sei, weil die Kartografie im Zeitpunkt der Abmahnung nicht (mehr) in eine Homepage eingebunden gewesen sei. Letzteres schließt nach dieser Rechtsprechung die Dringlichkeit aus, also den Anordnungsgrund im Sinne von § 935 ZPO, nicht jedoch den Tatbestand des § 19a UrhG (so jüngst noch einmal klarstellend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 8. Februar 2010 - 5 W 5/10 -, juris). Hinsichtlich der Hamburger Gerichte ist insoweit von einer ständigen Rechtsprechung auszugehen (vgl. noch Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteile vom 9. April 2008 - 5 U 151/07 -, BeckRS 2008, 21349, und - 5 U 124/07 -, GRUR-RR 2008, S. 383 <384>; ebenso jetzt auch LG Berlin, Urteil vom 30. März 2010 - 15 O 341/09 -, n.v.).


Es stand dem Amtsgericht frei, wie geschehen zu entscheiden; es hätte dann allerdings von Amts wegen die Berufung zulassen müssen. Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage betrifft eine Vielzahl von Urheberrechtsstreitigkeiten der hier fraglichen Art, wie schon die von der Beschwerdeführerin teilweise bereits im Ausgangsverfahren zitierten Urteile in Parallelfällen zeigen.
c) Es kann offen bleiben, ob die Berufung auch deswegen hätte zugelassen werden müssen, weil das Amtsgericht in der Frage der Störerhaftung des Beklagten eine nach Darstellung der Beschwerdeführerin von der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 180, 134) abweichende Position eingenommen hat.

2. Nachdem das angegriffene Urteil jedenfalls die Rechtsschutzgarantie verletzt, bedürfen die weiteren von der Beschwerdeführerin erhobenen Rügen keiner Entscheidung.


3. Das Urteil des Amtsgerichts ist hiernach gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Der ebenfalls angegriffene Beschluss wird damit gegenstandslos.

Auch Dr. Rolf Lamprecht lässt sich vielleicht zB.  telefonisch dazu befragen, ob man ihn wohl richtig verstanden habe,
dass man als Bürger selbst offensichtlich begründete Verfassungsbeschwerden anwaltlich vertreten besser nicht mehr erheben sollte.

Angesichts seiner aktuellen Publikationen schwer vorstellbar.

Offline bolli

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Meiner Meinung nach kann man sich an dieser Stelle eine weitere Diskussion sparen, da sie anscheinend außer persönlichen Angriffen kaum neue Argumente bringt.

In der reinen Theorie kann RR-E-ft ja möglicherweise Recht haben, dass es Wehrmöglichkeiten gibt, aber in der Praxis scheinen diese, warum auch immer, eher selten tatsächlich zur Anwendung zu kommen, wie die Statistik von Lothar Gutsche zeigt.

Ob es nun daran liegt, dass sich viele Verfassungsbeschwerden (VB) mit anderen Themen als so eindeutigen Fällen wie der verletzten Rechtswegegarantie beschäftigen oder ob es etwa daran liegt, dass mehr Anwälte als gedacht nicht so bewandert in der ordnungesgemäßen Abfassung von VB sind oder ob in der Mehrzahl der Fälle gar die Anwälte erst gar nicht bemüht wurden und deshalb der ordnungsgemäße Weg nicht eingehalten wurde, ist wohl auf die schnelle nicht zu klären.

Ich habe an unseren Gerichten auf jeden Fall schon einiges an Willkür der entsprechenden Richter erlebt, wo auch dagegen gerichtete \"Widersprüche\" oder anderweitige Rechtsmittel nichts gebracht haben. Und meiner Meinung nach ist diese \"Versagensquote\", wie ich sie mal nennen will, zu hoch und die betreffenden Leute werden oftmals durch das System zu sehr gedeckt. Das ist übrings in den meisten Verwaltungssystemen so (und das ist keine Verschwörungstheorie sondern Insiderwissen  ;)).

Daher muss man sich als Betroffener mit dieser Problematik befassen und da nützen theoretische Ausführungen wenig, auch wenn sie mit einigen entsprechenden Entscheidungen unterlegt sind. Der Gegenbeweis ist aufgrund fehlender Begründungen bei der Nichtannahme der VB ja nicht  zu erbringen, da man nicht weiss, warum der VB nicht stattgegeben wurde.

Allerdings wüsste ich schon mal, wen ich mit einer entsprechenden VB, so sie denn bei mir anstünde, beauftragen würde. Und wenn er ja so vertraut mit der Materie ist, sollte zumindest die ordnungsgemäße Vorlage ja schon mal kein Hinderungsgrund für eine Stattgabe meiner VB sein.  ;)

Offline RR-E-ft

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Die von Herrn Dr. Gutsche benannte - zutreffende - Statistik besagt zu unserer Problematik überhaupt nichts.

Man wird selten in die Situation kommen, eine solche offensichtlich begründete Verfassungsbeschwerde erheben zu müssen.

Wenn in den eigenen Schriftsätzen die bestehende obergerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung detailliert aufgezeigt wurde, ist zwar nicht ausgeschlossen, dass das Gericht davon abweicht.

Das Gericht hat in einem solchen Fall jedoch nach den einschlägigen Vorschriften der ZPO, sofern die Beschwer der Partei 600 EUR nicht übersteigt und deshalb eine Berufung ohnehin zulässig ist,
ein Rechtmittel von Amts wegen zuzulassen.
Das wird das Gericht erst recht nicht übersehen,
wenn die Zulassung eines Rechtsmittels entsprechend begründet sogar von der betroffenen Partei beantragt wurde.

Gemessen an allen Entscheidungen kommt es selten vor, dass Gerichte die einschlägigen ZPO- Vorschriften nicht beachten.

Wird das Rechtsmittel in einem solchen eher seltenen Fall nicht zugelassen und deshalb  hiergegen fristgerecht und entsprechend begründet Gehörsrüge
mit dem Hinweis auf eine sonst notwendige Verfassungsbeschwerde und die ständige Rspr. des BVerfG erhoben,
wird das Gericht dieser nur in seltenen Ausnahmefällen nicht abhelfen.

Und erst in diesem äußerst seltenen Fall, dass selbst einer entsprechenden zulässigen und begründeten Gehörsrüge nicht abgeholfen wurde,
ist der Betroffene in der Situation, dass er die offensichtlich begründete Verfassungsbeschwerde fristgemäß und entsprechend begründet erheben muss,
um noch zu einer Aufhebung der offensichtlichen Willkürentscheidung des Gerichts zu gelangen.

Das BVerfG muss die Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde nicht begründen,
weshalb eine solche Begründung bei offensichtlich unzulässigen oder offensichtlich unbegründeten Verfassungsbeschwerden regelmäßig unterbleibt.

Offensichtlich unzulässig wäre die Verfassungsbeschwerde vorliegend, wenn für den Betroffenen ein Rechtsmittel ohne Zulassung eröffnet war
oder wenn man wegen der Nichtzulassung eines Rechtsmittels nicht zuvor fristgemäß Gehörsrüge erhoben und die Entscheidung darüber abgewartet hätte.

In ganz seltenen Fällen wird dem Beschwerdeführer wegen einer offensichtlich unzulässigen
oder offensichtlich unbegründeten Verfassungsbeschwerde eine Missbrauchsgebühr auferlegt.

Werden Verfassungsbeschwerden nicht angenommen, die nicht offensichtlich unzulässig oder nicht offensichtlich unbegründet sind,
wird die Ablehnungsentscheidung regelmäßig begründet.
Diese Begründungen können sogar recht umfangreich ausfallen.

Es ist nicht so, dass alle Gerichte vollkommen willkürlich und deshalb für den Betroffenen unvorhersehbar verfahren.

Um Willkürentscheidungen auzuschließen, erscheint es jedenfalls sinnvoll und geboten,
bereits in den Schriftsätzen die bestehende obergerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung detailliert aufzuzeigen und für den Fall, dass das Gericht davon abweichen sollte,
wo notwendig die Zulassung eines Rechtsmittels zu beantragen mit dem deutlichen Hinweis darauf, dass die Nichtzulassung in einem solchen Fall laut BVerfG offensichtlich Willkür wäre.

Man fängt also nicht erst dann mit der entsprechenden Argumentation an, wenn die Verfassungsbeschwerde schon erhoben werden muss!

Soll heißen:

Nachdem sich die höchstrichterliche Rechtsprechung zu der uns interessierenden Widerspruchsproblematik für die betroffenen Kunden in jüngster Zeit  so erfreulich komplex ausdifferenziert hat,
sollte man nicht unbedingt darauf vertrauen, dass das Gericht das maßgebliche Recht (noch) kennt (iura novit curia).

Offline bolli

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Zitat
Original von RR-E-ft
Wenn in den eigenen Schriftsätzen die bestehende obergerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung detailliert aufgezeigt wurde, ist zwar nicht ausgeschlossen, dass das Gericht davon abweicht.

Das Gericht hat in einem solchen Fall jedoch nach den einschlägigen Vorschriften der ZPO, sofern die Beschwer der Partei 600 EUR nicht übersteigt und deshalb eine Berufung ohnehin zulässig ist,
ein Rechtmittel von Amts wegen zuzulassen.
Das wird das Gericht erst recht nicht übersehen,
wenn die Zulassung eines Rechtsmittels entsprechend begründet sogar von der betroffenen Partei beantragt wurde.
Das ständige Wiederholen verinnerlicht zwar UNS hier im Forum diese Ihre Aussage immer mehr, aber die betroffenen Richter, zumal wenn sie nicht im Energierecht tätig sind (aber wohl auch sonst ehernicht) wird sie wohl nicht erreichen.

Zitat
Original von RR-E-ft
Gemessen an allen Entscheidungen kommt es selten vor, dass Gerichte die einschlägigen ZPO- Vorschriften nicht beachten.
Ich befürchte, ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, dass Sie wohl kaum einen allumfassenden Überblick über solche \"Fehlentscheidungen\" an Untergerichten haben, zumal wenn hiergegen nicht weiter vorgegangen wird. Darüber hinaus hilft mir als Betroffenem wenig, wenn ich im Rahmen der \"Relativitätstheorie\" bezogen auf die Gesamtheit der Fälle ein Einzelfall mit meinem \"Fehlurteil\" bin. Ich befürchte, da gibt\'s noch nicht mal nen Lutscher für.

Ich habe in wenigen Jahren meiner beruflichen Tätigkeit, die mich mit Gerichtsverfahren in Berührung brachten, mehrfach solche Fälle erleben müssen (und das nur bei 3-4 Untergerichten). Da sträuben sich einem manchmal nur die Nackenhaare. Aber ich bin ja kein Jurist und darf mir daher kein Urteil erlauben. Aber selbst gestandene Juristen haben oftmals nur ungläubig mit dem Kopf geschüttelt.

Ich will damit nur sagen, dass selbst bei klarster Sachlage (leider) nicht immer der Recht bekommt, der Recht hat, selbst wenn er den tollsten Anwalt mit den tollsten Begründungen, Schriftsätzen, Sachvorträgen und sonstigem Schnickschnack hat. DAS ist Lebensrealität und da bringen auch Sie, Herr Fricke, mich nicht von ab. Aber versprochen, Sie sind gespeichert.  :D

Man sollte den Verbrauchern da nicht zuviel Mut machen, zumal, wenn sie das Kostenrisiko (natürlich nur im Falle des Verlierens) selbst tragen müssen.

Zitat
Original von RR-E-ft
Die von Herrn Dr. Gutsche benannte - zutreffende - Statistik besagt zu unserer Problematik überhaupt nichts.
Das ist das schöne an Statistiken, dem einen sagen sie nichts und der andere liest alles aus ihnen.  :D

Offline RR-E-ft

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Zitat
Original von bolli

Das ständige Wiederholen verinnerlicht zwar UNS hier im Forum diese Ihre Aussage immer mehr, aber die betroffenen Richter, zumal wenn sie nicht im Energierecht tätig sind (aber wohl auch sonst ehernicht) wird sie wohl nicht erreichen.

Es gibt doch bei den auf dem Gebiet tätigen Rechtsanwälten laufend Erfahrung darüber, ob Gerichte mit dem mittlerweile bekannten Argument Versorgerwechsel möglich, bewusst von der bestehenden obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichen, der Frage der wirksamen Einräumung eines Preisänderungsrechts des Versorgers und der Frage der Billigkeit derselben bei Widerspruchskunden deshalb keine streitentscheidende Bedeutung mehr beimessen, und ob sie dabei entgegen der einschlägigen Normen der ZPO für den Betroffenen ein Rechtsmittel zulassen oder nicht und ob sie dort, wo sie das Rechtsmittel rechtswidrig nicht zugelassen hatten auch auf eine fristgegemäße und entsprechend begründete Gehörsrüge hin dieser nicht abgeholfen hatten, so dass die Voraussetzungen dafür vorlagen, dass die betroffenen Verbraucher deshalb eine offensichtlich begründete Verfassungsbeschwerde erheben mussten, wenn sie die Willkürentscheidung des Gerichts nicht bestandskräftig werden lassen wollten.

Und dazu ist mir selbst bei erdenklich großer Radartechnik noch kein einziger Fall bekannt geworden, wo dies so gelaufen wäre.

In allen mir bekannt gewordenen Fällen wurde für die betroffenen Verbraucher dann jedenfalls ein entsprechendes Rechtsmittel zugelassen, wenn es nicht ohnehin bereits eröffnet war.

Und erst dann stellt sich doch die Frage, wie wahrscheinlich es nach Erfahrungswerten ist, dass eine dagegen erhobene zulässige und offensichtlich begründete Verfassungsbeschwerde nicht angenommen wird.

Im übertragenen Sinne geht es um die Frage, wie wahrscheinlich es ist, dass man auf den Yeti trifft, und wenn man im sehr unwahrscheinlichen Falle doch auf ihn treffen sollte, ob es dann eine Möglichkeit gibt, diesen erfolgreich abzuwehren.

Warum wir überhaupt darüber reden:

Es gibt nämlich  wohl mittlerweile  Betroffene, die den Yeti nicht nur fürchten, sondern ihm im übertragenen Sinne sogar aus Furcht vorsorglich alles Futter auf einen Opferplatz rausstellen, indem sie ihre bisherige, langjährige Rechtsverteidigung einstellen, nach Jahren der Zahlungskürzung trotz guter Erfolgsaussichten alles vom Versorger geforderte Geld - auch ohne Rücksicht darauf, ob etwaige Zahlungsansprüche des Versorgers  bereits verjährt sind - nunmehr plötzlich zahlen, belanglos ob nun unter Rückforderungsvorbehalt oder ohne. Die zahlen aus Furcht, ohne dass sie bisher überhaupt verklagt wurden.

Darum ging und geht es mir.

Und das ist nun wirklich keine Frage, die irgendeinen Richter interessiert!

Wer möchte, soll dem Yeti alles schon Errungene opfern!
Kein Richter dieser Welt wird dagegen einschreiten.
Garantiert.

Offline RR-E-ft

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Bekanntermaßen der letzte Stand beim BGH:

BGH, B. v. 24.01.12 VIII ZR 236/10 Aussetzung bei Tarifkunden bis zur EuGH- Entscheidung


Zitat
BGH, B. v. 24.01.12 Az. VIII ZR 236/10, juris:

Die Klägerin bezieht von der Beklagten, einem regionalen Gasversorgungsunternehmen, seit 1998 leitungsgebunden Erdgas für ihren privaten Haushalt und wendet sich im Wege der Feststellungsklage gegen mehrere Gaspreisanpassungen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.

Das Berufungsgericht hat - ebenso wie das Landgericht - die Klägerin als Tarifkundin qualifiziert und vor diesem Hintergrund angenommen, dass der Beklagten ein einseitiges Preisänderungsrecht gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV beziehungsweise § 5 Abs. 2 GasGVV zugestanden habe. Eine Billigkeitskontrolle der angegriffenen Preiserhöhungen hat das Berufungsgericht abgelehnt, da die Klägerin den einseitigen Preisanpassungen der Beklagten nicht innerhalb angemessener Zeit widersprochen habe.

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde wendet sich die Klägerin zunächst unter verschiedenen Gesichtspunkten gegen die Qualifikation des Vertragsverhältnisses als Tarifkundenvertrag und bezweifelt ferner, ob die im Tarifkundenverhältnis geltenden gesetzlichen Preisänderungsrechte des § 4 AVBGasV beziehungsweise § 5 GasGVV den europarechtlichen Transparenzvorgaben genügen.


Das vorliegende Verfahren ist gemäß § 148 ZPO analog bis zu der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in dem dort anhängigen Verfahren C-359/11 auszusetzen.

1. Der Senat hat durch Beschluss vom 18. Mai 2011 in dem Verfahren VIII ZR 71/10 (ZIP 2011, 1620 ff.) dem Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) folgende Frage zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV vorgelegt:

Ist Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b und/oder c der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG dahin auszulegen, dass eine nationale gesetzliche Regelung über Preisänderungen in Erdgaslieferungsverträgen mit Haushalts-Kunden, die im Rahmen der allgemeinen Versorgungspflicht belie-fert werden (Tarifkunden), den Anforderungen an das erforderliche Maß an Transparenz genügt, wenn in ihr Anlass, Voraussetzungen und Umfang einer Preisänderung zwar nicht wiedergegeben sind, jedoch sichergestellt ist, dass das Gasversorgungsunternehmen seinen Kunden jede Preiserhöhung mit angemessener Frist im Voraus mitteilt und den Kunden das Recht zusteht, sich durch Kündigung vom Vertrag zu lösen, wenn sie die ihnen mitgeteilten geänderten Bedingungen nicht akzeptieren wollen?

2. Diese Frage ist auch im vorliegenden Fall entscheidungserheblich.


BGH, B. v. 24.01.12 VIII ZR 158/11 Aussetzung bei Tarifkunden bis zur Entscheidung des EuGH


Zitat
BGH, B. v. 24.01.12 Az. VIII ZR 158/11, juris:

Die Klägerin, ein regionales Gasversorgungsunternehmen, beliefert den Beklagten seit 2002 leitungsgebunden mit Erdgas. Sie änderte den Arbeitspreis für das von ihr gelieferte Gas zwischen Oktober 2004 und April 2007 mehrfach; der Beklagte erhob hiergegen Widerspruch. Mit ihrer Klage hat die Klägerin unter anderem die Zahlung des rückständigen Betrags aus den Jahresabrechnungen für die Jahre 2004 bis 2008 begehrt. Das Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben.

Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.

Das Berufungsgericht hat - ebenso wie das Landgericht - den Beklagten als Tarifkunden qualifiziert und vor diesem Hintergrund angenommen, dass der Klägerin ein einseitiges Preisänderungsrecht gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV beziehungsweise § 5 Abs. 2 GasGVV zugestanden habe.

Die von der Klägerin vorgenommenen Preiserhöhungen hat das Berufungsgericht nach Durchführung einer Beweisaufnahme als billig im Sinne des § 315 BGB angesehen.

1. Der Senat hat durch Beschluss vom 18. Mai 2011 in dem Verfahren VIII ZR 71/10 (ZIP 2011, 1620 ff.) dem Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) folgende Frage zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV vorgelegt:

Ist Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b und/oder c der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG dahin auszulegen, dass eine nationale gesetzliche Regelung über Preisänderungen in Erdgaslieferungsverträgen mit Haushalts-Kunden, die im Rahmen der allgemeinen Versorgungspflicht beliefert werden (Tarifkunden), den Anforderungen an das erforderliche Maß an Transparenz genügt, wenn in ihr Anlass, Voraussetzungen und Umfang einer Preisänderung zwar nicht wiedergegeben sind, jedoch sichergestellt ist, dass das Gasversorgungsunternehmen seinen Kunden jede Preiserhöhung mit angemessener Frist im Voraus mitteilt und den Kunden das Recht zusteht, sich durch Kündigung vom Vertrag zu lösen, wenn sie die ihnen mitgeteilten geänderten Bedingungen nicht akzeptieren wollen?

2. Diese Frage ist auch im vorliegenden Fall entscheidungserheblich.

Der BGH hält die Frage der wirksamen Einräumung eines Preisänderungsrechts und für den Fall der wirksamen Einräumung eines solchen bei Widerspruchskunden die Frage der Billigkeit jedenfalls für entscheidungserheblich, bei Gas- und bei Stromkunden (vgl. BGH, B. v. 18.05.11 Az. VIII ZR 71/10 und B. v. 29.06.11 Az. VIII ZR 211/10).

BGH, B. v. 24.01.12 Az. VIII ZR 236/10 deutet gar darauf hin, dass es auf Preiswidersprüche in angemessener Frist für die Wirksamkeit der einseitigen Preisänderungen des Versorgers gegenüber Tarifkunden dann nicht ankommt, wenn das gesetzliche Preisänderungsrecht europarechtwidrig und unwirksam ist.

Offline marten

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@RR-E-ft


Was Sie ausführen klingt theoretisch ja ganz logisch.
Als Laie kann ich die Erfolgsaussichten von Verfassungsbeschwerden jetzt schwerlich beurteilen.
Die Verfahrensweisen sollten den vom Bde empfohlenen Anwälten eigentlich bekannt sein.

Ausser ihren Stellungnahmen hier im Forum, haben wir vom BdE, oder anderen Anwälten meiner Kenntnis hierzu nichts gehört.

Fakt ist, das aufgrund „der örtlichen Rechtlage“ den Betroffenen die jahrelang  ihre Rechnung gekürzt haben, von fachlich besonders qualifizierten vom Bde empfohlenen Rechtsanwälten, die Kürzung von Abschlägen, ausdrücklich nicht empfohlen wurde.

Diese These wird vom Bde argumentativ ja noch unterstützt.

„Probleme beim Preisprotest“

Wenn ich jetzt gegen die anderslautende Empfehlung meiner Anwältin die Abschläge kürze, und dann den Prozesskostenfonds in Anspruch nehmen will weil ich von meinem Versorger verklagt werde, dann kann ich mir die Antwort schon denken.

Dann stehe ich alleine da.
Einen ersten Vorgeschmack habe ich ja schon erlebt.

Ich sage nur Kommunikationsprobleme.

Nein danke.

gruss

marten

Offline RR-E-ft

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Ich bin froh, dass es ganz logisch klingt. Es war nämlich auch so gemeint. Logisch. ;)

Ich habe den Thread in eine gesonderte Diskussionsplattform unserer Kollegen eingestellt und diese darum gebeten, sich an der hiesigen Diskussion zu beteiligen.

Jeder Betroffene hat selbst die Möglichkeit, seinen eigenen Anwalt zur Diskussion unter dem hiesigen Thread Betroffene nicht wehrlos gegen Nichtzulassung eines Rechtsmittels bei abweichender Rechtsprechung einzuladen.
Damit werden auch solche Kollegen erreicht, die nicht an der gesonderten Diskussionsplattform teilnehmen.

Offline Kampfzwerg

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Zitat
Original von RR-E-ft
Ich habe den Thread in eine gesonderte Diskussionsplattform unserer Kollegen eingestellt und diese darum gebeten, sich an der hiesigen Diskussion zu beteiligen.
...
Damit werden auch solche Kollegen erreicht, die nicht an der gesonderten Diskussionsplattform teilnehmen.
Das Interesse Ihrer Kollegen an einer hiesigen Diskussion scheint bis dato sehr überschaubar zu sein.
Vielleicht sehen diese aber auch schlicht keine Veranlassung, weil es in der Realität an entsprechenden Fällen fehlt und ihnen die Zeit nicht sinnvoll angelegt erscheint.
Demnach wären bestimmte Teile von NRW wohl doch eine Insel  ;)

 

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