Original von huepenbeker
Seit etwa 10 Jahren weist die Lufttemperatur weltweit einen insgesamt abnehmenden Trend auf ...
Ach ja?
Belege?
Ich hab eben mal die Welttemperaturmessdaten von der NASA (
http://data.giss.nasa.gov/gistemp/tabledata_v3/GLB.Ts+dSST.txt) angesehen:
Year | Ja Fe Ma Ap My Jn Jl Ag Sp Oc No De | Mean | Year
1997 | 27 33 49 33 31 52 28 34 44 52 58 56 | 41 | 1997
1998 | 55 83 59 56 66 72 65 64 42 40 45 51 | 58 | 1998
1999 | 42 60 27 25 22 35 30 28 30 33 29 34 | 33 | 1999
2000 | 18 53 50 52 30 37 36 39 35 19 28 24 | 35 | 2000
2001 | 38 41 54 42 52 44 52 46 49 46 65 51 | 48 | 2001
2002 | 70 70 87 55 56 47 56 45 52 50 50 37 | 56 | 2002
2003 | 67 50 52 48 52 41 48 63 60 67 49 68 | 55 | 2003
2004 | 53 66 58 51 35 34 19 42 47 60 66 46 | 48 | 2004
2005 | 68 55 67 62 55 57 54 57 67 72 64 63 | 62 | 2005
2006 | 48 63 58 44 41 54 42 63 54 60 64 72 | 55 | 2006
2007 | 88 63 64 67 61 53 55 55 51 54 48 39 | 58 | 2007
2008 | 15 25 65 43 41 34 53 35 53 55 58 48 | 44 | 2008
2009 | 54 46 47 48 55 61 65 55 64 60 67 60 | 57 | 2009
2010 | 68 74 85 76 65 56 49 53 53 63 71 43 | 63 | 2010
2011 | 44 42 56 55 42 50 65 65 50 55 48 45 | 51 | 2011
2012 | 36
Year | Ja Fe Ma Ap My Jn Jl Ag Sp Oc No De | Mean | Year
Divide by 100 to get changes in degrees Celsius (deg-C).
Die Zahlen drücken 1/100°C über dem 30-jährigen Mittel von 1951-1980 aus, das hier also als Referenzwert gilt und mit 00 = 0,00°C eingetragen würde.
Die weltweite Durchschnittstemperatur im Januar 2012 lag also laut dieser Tabelle 0,36°C über der weltweiten Durchschnittstemperatur des 30-Jahres-Zeitraums von Jan 1951 bis Dez 1980.
Die weltweite Durchschnittstemperatur im gesamten Jahr 2011 lag 0,51°C über dieser weltweiten 30-Jahres-Durchschnittstemperatur von 1951 bis 1980.
So ist diese Tabelle zu lesen.
Betrachtet man die rechte Zahl des Jahresdurchschnitts, so sieht man in dem 10-Jahresraum von 2001 bis 2011 eine \"Fast-Stagnation\", das ist eine Temperaturzunahme von 0,48°C auf 0,51°C.
Für den Zeitraum 2000 -2010 ergibt sich ein Anstieg von 0,35°C auf 0,63°C. Also ein deutlicher Anstieg.
Wo ist nun der Trend zu einer Abkühlung seit 2000, wie behauptet?
Ich kann ihn nicht finden.
Interessant ist, dass es von 1998, das bis dahin das wärmste Jahr überhaupt war, bis 2008, das ein außerordentlich kaltes Jahr war, eine echte deutliche Temperatursenkung von 0,58°C auf 0,44°C stattfand. Damals ging die Diskussion um eine angebliche Abkühlung der Weltdurchschnittstemperatur los. Wie sich aber in den folgenden Jahren 2009 und 2010 gezeigt hat, war das Jahr 2008 nur ein statistischer Ausreißer, wie sie schon immer im Bereich der natürlichen kurzfristigen Schwankungen vorkamen. 2010 war dann wieder das wärmste Jahr in der Aufzeichnungsgeschichte.
Nimmt man zum Vergleich den 10-Jahreszeitraum von 1997-2007, ergibt sich ein Anstieg von 0,41°C auf 0,58°C, und für den Jahreszeitraum 1999-2009 ergibt sich ein Anstieg von 0,33°C auf 0,57°C. Beides deutliche Steigerungen. Daran sieht man, wie die Verschiebung des betrachteten Zeitraums um jeweils nur ein Jahr nach vorne oder hinten die Aussage komplett ins Gegenteil verkehrt.
Von einem Trend zu niedrigeren globalen Temparaturen kann also keine Rede sein. Es gab schon immer kurzfristige Schwankungen der Jahres-Durchschnittstemperaturen. Auch aus früheren Jahren lassen sich Zeiträume von 10 Jahren mit einem relativ warmen Anfangsjahr und einem relativ kalten Endjahr herauspicken, die scheinbar eine fallende Tendenz aufweisen.
Wissenschaftlich ist das aber völlig unseriös, weil es Grundsätze der Wissenschaft der Statistik missachtet.
Alle Graphiken und Statistiken von sog. Klimaskeptikern, die eine angebliche Abkühlung belegen sollen, beruhen auf dem unseriösen Herauspicken eines willkürlichen Zeitraums und Missachtung der Notwendigkeit, statistische Schwankungen auszumitteln.
Aufgrund der statistischen Schwankungen der Jahresdurchschnittstemperaturen ist es nur sinnvoll, mehrjährige Durchschnitte zu betrachten, wenn man eine Trendaussage treffen will.
Eine Möglichkeit sind z.B. mehrjährige gleitende Durchschnitte.
Also machen wir doch mal den \"Lackmustest\" und bilden gleitende 10-Jahres-Durchschnitte und 15-Jahres-Durchschnitte über die NASA-Temperaturdaten für die letzten 40 Jahre.
Das kann nun jeder anhand des obigen Links und der dort veröffentlichten Daten selbst nachrechnen.
Mein Ergebnis:
Gleitende Jahresdurchschnitte der Welt-Jahresdurchschnittstemperatur
in 1/100°C im Vergleich zum 30-jährigen Druchschnitt 1951-1980
Jahr | 10J-Durchschn. | 15J-Durchschn.
1970 | -1,3 | -0,7
1971 | -3,1 | -0,2
1972 | -3,6 | -0,8
1973 | -3,0 | -0,4
1974 | -1,8 | -1,4
1975 | -1,0 | -1,6
1976 | -2,3 | -3,1
1977 | -0,9 | -2,5
1978 | 0,0 | -2,8
1979 | 0,2 | -0,7
1980 | 2,0 | 1,4
1981 | 5,7 | 3,3
1982 | 6,3 | 3,7
1983 | 7,5 | 5,8
1984 | 9,4 | 5,9
1985 | 10,3 | 6,1
1986 | 13,2 | 7,7
1987 | 14,7 | 9,7
1988 | 17,6 | 10,9
1989 | 18,7 | 12,9
1990 | 20,3 | 15,6
1991 | 21,2 | 19,0
1992 | 22,0 | 19,0
1993 | 20,8 | 19,7
1994 | 22,2 | 20,6
1995 | 25,6 | 21,9
1996 | 27,3 | 22,1
1997 | 28,6 | 24,5
1998 | 31,1 | 26,7
1999 | 32,3 | 28,2
2000 | 32,2 | 30,2
2001 | 33,5 | 32,5
2002 | 37,8 | 34,4
2003 | 41,9 | 35,9
2004 | 44,3 | 37,7
2005 | 46,6 | 39,4
2006 | 49,1 | 40,7
2007 | 50,8 | 43,7
2008 | 49,4 | 45,7
2009 | 51,8 | 47,9
2010 | 54,6 | 49,5
2011 | 54,9 | 50,9
Jahr | 10J-Durchschn. | 15J-Durchschn.
Wie man sieht, ergibt sich bei den gleitenden 10-Jahres-Durchschnitten keineswegs ein Trend zu fallenden Temperaturen. Die drei letzten Zahlen für 2009, 2010 und 2011 sind auch die höchsten Zahlen.
Noch klarer ist die Situation bei den gleitenden 15-Jahres-Durchschnitten, hier ergibt sich seit 1978 eine monoton steigende Kurve.
Eindeutig liegt auch die Durchschnittstemperatur von 10 Jahren immer höher als diejenige, wenn man noch die vorangehenden 5 Jahre hinzunimmt (in der gleichen Zeile eingetragene 15-Jahres-Durchschnittstemperatur).
Bildet man nun z.B. die Differenz von zwei 15-Jahres-Durchschnittstemperaturen, die 10 Jahre auseinander liegen (also 2011 und 2001 ergibt dann 50,9 - 32,5 = 18,4) so findet sich jeweils ein gemittelter Temperaturanstieg für jeweils 10 Jahre Zeitdifferenz wie folgt:
1980 | 2,1 = 0,021°C Anstieg in 10 Jahren
1981 | 3,5
1982 | 4,5
1983 | 6,2
1984 | 7,3
1985 | 7,7
1986 | 10,9
1987 | 12,2
1988 | 13,7
1989 | 13,7
1990 | 14,2
1991 | 15,7
1992 | 15,3
1993 | 13,9
1994 | 14,7
1995 | 15,7
1996 | 14,4
1997 | 14,9
1998 | 15,7
1999 | 15,3
2000 | 14,6
2001 | 13,5
2002 | 15,4
2003 | 16,2
2004 | 17,1
2005 | 17,5
2006 | 18,6
2007 | 19,2
2008 | 19,1
2009 | 19,7
2010 | 19,3
2011 | 18,4 = 0,184°C Anstieg in 10 Jahren
Wenn man wie hier gezeigt die statistischen Schwankungen herausmittelt, so dass man zu einigermaßen glatten Kurven kommt, um überhaupt erst eine Trendaussage treffen zu können, dann ist von einem Trend zur Abkühlung überhaupt nichts zu sehen.
Im Gegenteil zeigt diese letzte Vergleichsreihe der 10-jährigen Differenzen zwischen den gleitenden 15-Jahres-Durchschnitten, dass sich langfrisitig sogar eine Beschleunigung des Temperaturanstiegs abzeichnet.
Soviel zu der Behauptung, es gäbe einen Trend zu sinkenden globalen Temperaturen. Diese beruht auf einem willkürlichen bzw. gezielten Herausgreifen kurzfristiger statistischer Schwankungen und ist somit wissenschaftlich nicht haltbar. Wenn Professoren sich auf solche Aussagen stützen, dann sind sie entweder oberflächlich und haben das nicht nachgeprüft, oder aber sie haben von Grundkenntnissen der Statistik und somit von der Wissenschaft keine Ahnung. Beides ist kein gutes Zeugnis für sie.
Zu dem verlinkten Videobeitrag von Prof. Kirstein möchte ich nur sagen: Ein Verschwörungstheoretiker, wie er im Buche steht: \"Ich sage das nicht selbst, sondern zitieren nur andere, die schon in Pension sind und die sich das daher sagen trauen, weil sie keine Konsequenzen mehr zu fürchten haben\". :tongue:
Auch das typische Waldsterben-Argument ist von den Verschwörungstheoretikern und Klimaskeptikern bekannt: \"Was wurde uns in den 80ern Angst gemacht vor dem Waldsterben. Und was ist heute: kein Waldsterben hat stattgefunden.\"
Als ob es keine (erhebllich Geld kostenden) Maßnahmen gegeben hätte, die den saueren Regen vermindert haben (Rauchgasentschwefelung).
Derlei \"Maschen\" sind einige in diesem Vortrag zu hören.
Ansonsten ist dieser Vortrag ja nur eine Ansammlung von Zitaten von Klimaskeptikern, ohne aber genauere Hintergründe oder gar Ansätze für Belege oder Glaubwürdigkeit der Aussagen darzulegen.
Insgesamt also ist der Vortrag wissenschaftlich und sachlich ziemlich inhaltsfrei, mehr eine oberflächliche Ansammlung von Vorwürfen und eine recht polemisierende Veranstaltung.
Wie bei den meisten Verschwörungstheoretikern gipfelt der Vortrag in der Feststellung, der Klimawandel würde nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, sondern wäre eine \"verkündete religiöse Wahrheit\", und jeder, der diese bezweifelt, würde diffarmiert.
Die Standard-Masche.
Komischerweise trifft dieser Vorwurf aber ausgerechnet auf solche Klimaskeptiker wie den Herrn Prof. Kirstein ganz besonders gut zu, denn er bringt ja keinerlei nachvollziehbare Fakten, sondern trickst mit Pseudovergleichen (Waldsterben), baut so eine unbelegte \"religiöse Wahrheit\" auf und diffarmiert alle Wissenschaftler, die seiner religiösen Wahrheit \"den Klimawandel gibt es nicht\" widersprechen.
Interessant sind die Einlassungen anfangs zu dem Fernbleiben eines eingeladenen Prof.-Kollegen. Da haben sich wohl manche geniert, bei so einem unwissenschaftlichen und polemisierenden Vortrag als offizieller Gast zu erscheinen. :tongue:
Fazit:
Egal in welchem Forum und in welchen Medien ich bisher Vorträge mit dem Tenor \"die globale Temperatur nimmt ab\" oder \"den Klimawandel gibt es nicht\" gesehen habe, konnte keiner davon mit nachvollziehbaren und glaubhaften Fakten (die nicht schon nach kurzer Recherche und eigenen Berechnungen widerlegt waren) Zweifel an dem anthropogenen Klimawandel streuen, die über die vom IPCC selbst gemachten Einschränkungen (der IPCC gibt ja auch nur eine \"sehr wahrscheinliche Vermutung\" ab) hinausgehen.
Also an der Klimaskeptiker-Front nichts Neues.
ciao,
sh